Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.487/2017
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
2C_487/2017        

Urteil vom 19. Juni 2017

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichter Donzallaz, Stadelmann,
Gerichtsschreiber Kocher.

Verfahrensbeteiligte
1. A.A.________,
2. B.A.________,
beide vertreten durch Herr Dr. Anton R. Greber,
Beschwerdeführer,

gegen

Kantonales Steueramt Zürich.

Gegenstand
Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Zürich 2012, direkte Bundessteuern 2012
(Revision),

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2.
Abteilung, vom 22. März 2017.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Eheleute A.A.________ (geb. 1957) und B.A.________ geb. C.________
haben steuerrechtlichen Wohnsitz in U.________/ZH. Die Steuererklärung  2011
 reichten sie nicht ein, weshalb das Kantonale Steueramt Zürich (KStA/ZH) zur
Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen schritt. Die Veranlagungsverfügungen
ergaben für die direkte Bundessteuer und die Staats- und Gemeindesteuer des
Kantons Zürich je ein steuerbares Einkommen von Fr. 130'000.--. In der
Steuererklärung  2012, welche die Steuerpflichtigen am 2. Februar 2014
ausfüllten, gaben diese an, der Ehemann sei am 31. Dezember 2012 als Ingenieur
bei der D.________AG beschäftigt gewesen. Sie reichten indes nur einen
Lohnausweis des Ehemannes für das erste Halbjahr 2012 ein. Dieser zeigte
Nettoeinkünfte aus unselbständiger Erwerbstätigkeit von Fr. 195'349.--.
Abgesehen davon deklarierten die Eheleute für das Jahr 2012 keine weiteren
Erwerbseinkünfte oder Ersatzeinkünfte.

1.2. Anlässlich der Veranlagung des Steuerjahrs 2012 forderte das KStA/ZH die
Steuerpflichtigen zunächst am 8. Juli 2014 und nochmals mit Mahnung vom 28.
August 2014 auf, sämtliche Ausweise über Erwerbs- oder Ersatzeinkünfte für das
zweite Halbjahr 2012 einzureichen. Nachdem die Steuerpflichtigen untätig
geblieben waren, nahm das KStA/ZH in den Veranlagungsverfügungen vom 26.
September 2014 einen Ermessenszuschlag von Fr. 195'000.-- vor, was zu einem
steuerbaren Einkommen von Fr. 349'000.-- (Staat und Gemeinde) bzw. Fr.
351'500.-- (Bund) und einem steuerbaren Vermögen von Fr. 5'000.-- führte. Die
Veranlagungsverfügungen erwuchsen unangefochten in Rechtskraft.

1.3. Mit Eingabe vom 18. Januar 2016 ersuchten die Steuerpflichtigen das KStA/
ZH um Revision der Veranlagungsverfügungen vom 26. September 2014. Sie führten
aus, diese seien deutlich zu hoch ausgefallen ("Ermessenswillkür") und daher
nichtig. Der damals 55-jährige Steuerpflichtige habe seine Arbeitsstelle per
Mitte 2012 verloren und sei im zweiten Halbjahr 2012 unbeschäftigt gewesen,
ohne aber Taggelder der Arbeitslosenversicherung zu beziehen. Er sei voll und
ganz mit dem Aufbau einer selbständigen Erwerbstätigkeit beschäftigt gewesen.
Die Steuererklärung habe den Tatsachen entsprochen. Das KStA/ZH trat auf das
Revisionsgesuch nicht ein (Entscheid vom 21. Januar 2016). Die dagegen
gerichteten Rechtsvorkehren blieben erfolglos (Einspracheentscheide vom 30.
März 2016, Entscheide des Steuerrekursgerichts des Kantons Zürich vom 27.
September 2016 und Entscheid SB.2017.00007 / SB.2017.00008 des
Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2. Abteilung, vom 22. März 2017).

1.4. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 23. Mai 2017
beantragen die Steuerpflichtigen die Aufhebung des angefochtenen Entscheids vom
22. März 2017 und die Feststellung, dass die Verfügungen des KStA/ZH vom 26.
September 2014 nichtig seien, eventualiter sei das KStA/ZH zur Vornahme der
Revision der Veranlagungsverfügungen 2012 zu verpflichten, wobei das steuerbare
Einkommen entsprechend der Steuererklärung 2012 festzusetzen sei.
Der Abteilungspräsident als Instruktionsrichter (Art. 32 Abs. 1 BGG [SR
173.110]) hat von Instruktionsmassnahmen abgesehen. Die offensichtlich
unbegründete Beschwerde kann im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2
lit. a BGG entschieden werden.

I. Prozessuales

2.

2.1. Die Vorinstanz hat zum Steuerjahr 2012 betreffend die Staats- und
Gemeindesteuern des Kantons Zürich einerseits und die direkte Bundessteuer
anderseits ein einziges Urteil gefällt, was zulässig ist, soweit die zu
entscheidende Rechtsfrage im Bundesrecht und im harmonisierten kantonalen Recht
gleich geregelt ist. Dies trifft hier zu. Ebenso zulässig haben die
Steuerpflichtigen den vorinstanzlichen Entscheid in einer einzigen Beschwerde
angefochten, wobei sie hinreichend zwischen den beiden Steuerarten
unterscheiden (zum Ganzen BGE 142 II 293 E. 1.2 S. 296).

2.2. Die Sachurteilsvoraussetzungen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten liegen vor (Art. 82 lit. a, Art. 83 e contrario, Art. 86 Abs. 1
lit. d und Abs. 2, Art. 89 Abs. 1, Art. 90, Art. 100 Abs. 1 BGG in Verbindung
mit Art. 146 DBG [SR 642.11] und Art. 73 Abs. 2 StHG [SR 642.14]). Auf die
Beschwerde ist einzutreten.

2.3. Das Bundesgericht prüft das Bundesrecht von Amtes wegen (Art. 106 Abs. 1
BGG; BGE 142 I 155 E. 4.4.5 S. 157) und mit uneingeschränkter (voller)
Kognition (Art. 95 lit. a BGG; BGE 141 V 234 E. 2 S. 236).

2.4. Die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten (einschliesslich der
Grundrechte) prüft das Bundesgericht in jedem Fall nur, soweit eine solche Rüge
in der Beschwerde überhaupt vorgebracht und ausreichend begründet worden ist
(qualifizierte Rüge- und Begründungsobliegenheit gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG;
BGE 142 I 99 E. 1.7.2 S. 106).

2.5. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG; BGE 142 I 155 E. 4.4.3
S.156).

II. Direkte Bundessteuer

3.

3.1. Auszugehen ist davon, dass abgaberechtliche Erlasse regelmässig einen
numerus clausus von Rechtsgründen kennen, die es erlauben, auf eine
rechtskräftige Verfügung oder einen rechtskräftigen Entscheid zurückzukommen (
BGE 142 II 433 E. 3.1 S. 437). Ein derartiger Rechtsgrund liegt unter anderem
im Tatbestand der direktsteuerlichen Revision. Gemäss Art. 147 Abs. 1 lit. b
DBG kann die rechtskräftige Veranlagungsverfügung auf Antrag oder von Amtes
wegen zugunsten der steuerpflichtigen Person revidiert werden, wenn die Behörde
erhebliche Tatsachen oder entscheidende Beweismittel, die ihr bekannt waren
oder bekannt sein mussten, ausser acht gelassen oder in anderer Weise
wesentliche Verfahrensgrundsätze verletzt hat. Das besonders streng
ausgebildete abgaberechtliche Legalitätsprinzip (Art. 127 Abs. 1 BV; BGE 142 II
182 E. 2.2.1 S. 186) lässt weder aussergesetzliche noch übergesetzliche
Revisionsgründe zu (vgl. Urteil 2C_1075/2016 / 2C_1076/2016 vom 5. Dezember
2016 E. 3.4).

3.2. Nach den für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz
(Art. 105 Abs. 1 BGG; vorne E. 2.5) füllten die Steuerpflichtigen ihre
Steuererklärung 2012 zwar aus, weshalb auch keine  umfassende Veranlagung nach
pflichtgemässem Ermessen vorzunehmen war (Art. 130 Abs. 2 DBG). Die Angaben
waren aber in sich widersprüchlich. So gaben die Steuerpflichtigen einerseits
an, der Ehemann sei (auch) am 31. Dezember 2012 noch als Ingenieur für den
bisherigen Arbeitgeber tätig gewesen, anderseits legten sie aber einen
Lohnausweis bei, der sich nur auf das erste Halbjahr 2012 erstreckte. Zum
zweiten Halbjahr 2012 fehlte jede Deklaration von Erwerbs- oder
Ersatzeinkünften. Dies fiel bei Vornahme der Veranlagung auf, weshalb das KStA/
ZH in Wahrnehmung der ihm obliegenden Untersuchungspflicht (Art. 123 Abs. 1
DBG) um Klärung ersuchte. Dass die Steuerpflichtigen zur Auskunftserteilung
verpflichtet waren, ergibt sich aus Art. 126 Abs. 2 DBG. Indem sie dies
unterliessen, verstiessen sie gegen ihre Mitwirkungspflichten, was mit Blick
auf das ungeklärte zweite Halbjahr zu einem Ermessenszuschlag führen musste.

3.3. Da der Ehemann weiterhin als Ingenieur tätig gewesen sein will, hatte das
KStA/ZH zwangsläufig davon auszugehen, im zweiten Halbjahr seien weitere
Erwerbseinkünfte geflossen. Ebenso nachvollziehbar nahm das Amt an, dass die
Einkünfte im zweiten Halbjahr von unveränderter Höhe waren. Der
Ermessenszuschlag ist von Bundesrechts wegen weder dem Grundsatz noch der Höhe
nach zu beanstanden. Mit Blick auf Art. 147 Abs. 1 lit. b DBG zeigt sich, dass
das KStA/ZH keinerlei Tatsachen übersehen hat, die ihm bekannt sein mussten.
Das Revisionsgesuch erwies sich daher als unbegründet, weshalb es abzuweisen
war, zumal die gesetzliche Frist (90 Tage nach Entdeckung des Revisionsgrundes,
Art. 148 DBG) ohnehin versäumt worden war, und die Revision ausgeschlossen ist,
wenn der Antragssteller vorbringt, was er bei zumutbarer Sorgfalt schon im
ordentlichen Verfahren hätte geltend machen können (Art. 147 Abs. 2 DBG).

3.4. Soweit die Steuerpflichtigen sich auf die Nichtigkeit der
Veranlagungsverfügungen vom 26. September 2014 berufen, findet auch dies im
Bundesrecht keine Stütze. Ein fehlerbehafteter Verwaltungsakt ist praxisgemäss
nur nichtig, wenn erstens der ihm anhaftende Mangel besonders schwer ist,
zweitens der Mangel offensichtlich oder zumindest leicht erkennbar ist und
zudem drittens die Rechtssicherheit durch die Annahme der Nichtigkeit nicht
ernsthaft gefährdet wird (BGE 138 II 501 E. 3.1 S. 503 f.). Davon kann hier
freilich keine Rede sein: Das KStA/ZH hat, wie dargelegt, die ihm obliegende
Untersuchungspflicht bundesrechtskonform und willkürfrei wahrgenommen. Dies
schliesst die Nichtigkeit von vornherein aus. Schliesslich ist eine
Ermessensveranlagung auch keine strafrechtliche Sanktion, so dass die Rüge der
Steuerpflichtigen betreffend Verletzung von Art. 6 Ziff. 2 EMRK von vornherein
unbegründet ist.

3.5. Für alles Andere kann auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden
(Art. 109 Abs. 3 BGG). Die Beschwerde erweist sich mithin, soweit die direkte
Bundessteuer betreffend, als offensichtlich unbegründet, weshalb sie abzuweisen
ist.

III. Staats- und Gemeindesteuer des Kantons Zürich

4.
Art. 46 Abs. 3 und Art. 51 StHG entsprechen in allen Teilen dem
Bundessteuerrecht (Art. 130 Abs. 2 und Art. 147 DBG). In der Folge hat der
kantonale Gesetzgeber die harmonisierungsrechtlichen Vorgaben vorbehaltlos in
das Steuergesetz (des Kantons Zürich) vom 8. Juni 1997 (StG/ZH; LS 631.1)
überführt. Es kann damit auf das zur direkten Bundessteuer Gesagte verwiesen
werden. Die Beschwerde ist auch unter diesem Gesichtspunkt offensichtlich
unbegründet und abzuweisen.

IV. Kosten und Entschädigung

5.
Nach dem Unterliegerprinzip (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG) sind die Kosten des
bundesgerichtlichen Verfahrens den Steuerpflichtigen aufzuerlegen. Diese tragen
ihren Anteil zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftbarkeit (Art. 66
Abs. 5 BGG). Dem Kanton Zürich, der in seinem amtlichen Wirkungskreis obsiegt,
steht keine Entschädigung zu (Art. 68 Abs. 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird betreffend die direkte Bundessteuer, Steuerjahr 2012,
abgewiesen.

2.
Die Beschwerde wird betreffend die Staats- und Gemeindesteuer des Kantons
Zürich, Steuerjahr 2012, abgewiesen.

3.
Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 3'000.-- werden den
Beschwerdeführern auferlegt. Diese tragen ihren Anteil zu gleichen Teilen und
unter solidarischer Haftbarkeit.

4.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Zürich, 2. Abteilung, und der Eidgenössischen Steuerverwaltung
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 19. Juni 2017

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Kocher

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