Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.481/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
2C_481/2017  
 
 
Urteil vom 15. Dezember 2017  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Bundesrichter Haag, 
Gerichtsschreiberin Straub. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch 
Advokat Guido Ehrler, 
 
gegen  
 
Amt für Migration Basel-Landschaft, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Ausschaffungshaft, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Einzelrichter
für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, vom 4. April 2017 (860 17 88). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________ (geboren 1980) ist Staatsangehöriger der Republik Gambia. Er reiste
am 5. Juli 2011 illegal in die Schweiz ein und ersuchte um Asyl. Am 23. April
2012 wies das Bundesamt für Migration (heute Staatssekretariat für Migration
SEM) sein Asylgesuch ab und verfügte seine Wegweisung aus der Schweiz. Am 11.
November 2011 grenzte ihn das Migrationsamt Basel-Stadt aus dem Gebiet des
Kantons Basel-Stadt aus, nachdem er versucht hatte, dort Betäubungsmittel zu
verkaufen. In der Folge missachtete er die Ausgrenzung wiederholt. 
Vom 12. September 2013 bis 6. März 2014 und vom 26. Mai 2014 bis 26. Februar
2015 war A.________ in Ausschaffungshaft (vgl. Urteil 2C_1182/2014 vom 20.
Januar 2015), wobei er am 20. Februar 2015 am Flughafen Zürich den Abflug
verweigerte. Nach seiner Freilassung galt er vom 26. März 2015 bis im Januar
2016 als verschwunden resp. unkontrolliert abgereist. Wegen rechtswidrigen
Aufenthalts und mehrfacher Missachtung der Ausgrenzung war A.________ vom 31.
Mai 2016 bis 19. Oktober 2016 im Strafvollzug. 
Am 7. November 2016 fing die eidgenössische Zollverwaltung eine Postsendung mit
dem gambischen Reisepass von A.________, einem Zertifikat über dessen
Zivilstand und seiner Geburtsbescheinigung ab. Am 31. März 2017 wurde
A.________ verhaftet. Gleichentags wurde ihm der Haftbefehl zur
Ausschaffungshaft eröffnet. 
 
B.   
Mit Urteil vom 4. April 2017 genehmigte das Kantonsgericht Basel-Landschaft auf
Antrag des Amts für Migration Basel-Landschaft die Anordnung der Haft zur
Sicherstellung des Wegweisungsvollzugs für die Dauer von 60 Tagen bis zum 29.
Mai 2017. 
Am 5. April 2017 wurde A.________ per Sonderflug nach Gambia überstellt. 
 
C.   
Mit Eingabe vom 23. Mai 2017 erhebt A.________ Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Er beantragt, das
angefochtene Urteil sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass dieses seine
Rechte aus Art. 8, Art. 12 und Art. 5 Ziff. 1 Bst. f EMRK verletze. 
Das Kantonsgericht Basel-Landschaft verzichtet auf Vernehmlassung. Das Amt für
Migration des Kantons Basel-Landschaft beantragt, die Beschwerde sei
abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Das SEM beantragt ebenfalls die
Beschwerdeabweisung. Der Beschwerdeführer hält nach Kenntnisnahme der
Vernehmlassungsantworten an seinen Anträgen fest. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Gegen den kantonal letztinstanzlichen Entscheid über die Anordnung der
Ausschaffungshaft steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten nach Art. 82 ff. BGG an das Bundesgericht offen (vgl. BGE 142 I
135 E. 1.1.3 S. 139 f. mit Hinweisen).  
 
1.2. Nach Art. 89 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten nur legitimiert, wer u.a. ein schutzwürdiges Interesse an der
Beurteilung seiner Eingabe hat (lit. c). Dieses muss nicht nur bei der
Beschwerdeeinreichung, sondern auch noch im Zeitpunkt der Urteilsfällung
aktuell und praktisch sein. Fällt das aktuelle Interesse im Verlaufe des
Verfahrens dahin, wird die Sache als erledigt erklärt; fehlte es schon bei
Beschwerdeeinreichung, ist auf die Eingabe nicht einzutreten (BGE 142 I 135 E.
1.3.1 S. 143; 139 I 206 E. 1.1 S. 208; 137 I 296 E. 4.2 S. 299). Kommt es vor
Abschluss des bundesgerichtlichen Verfahrens zur Freilassung oder Ausschaffung
des Ausländers, entfällt bzw. fehlt regelmässig das aktuelle und praktische
Interesse an einer Überprüfung des Haftentscheids auf seine Vereinbarkeit mit
dem anwendbaren Recht (vgl. BGE 142 I 135 E. 1.3.1 S. 143; 137 I 296 E. 4.2 S.
299). Ausnahmsweise tritt das Bundesgericht unter Verzicht auf das Erfordernis
des aktuellen praktischen Interesses auf eine Beschwerde ein, wenn sich die
aufgeworfenen Fragen unter gleichen oder ähnlichen Umständen jederzeit wieder
stellen können, eine rechtzeitige Überprüfung im Einzelfall kaum je möglich
wäre und die Beantwortung wegen deren grundsätzlicher Bedeutung im öffentlichen
Interesse liegt (BGE 142 I 135 E. 1.3.1 S. 143; 139 I 206 E. 1.1 S. 208). In
Fällen, in denen durch die EMRK geschützte Ansprüche zur Diskussion stehen,
tritt das Bundesgericht regelmässig auf die Beschwerde ein, auch wenn kein
aktuelles praktisches Interesse mehr besteht (vgl. BGE 142 I 135 E. 1.3.1 S.
143; 139 I 206 E. 1.2.1 S. 208 f.; 137 I 296 E. 4.3 S. 299 f.).  
 
1.3. Der Beschwerdeführer wurde mit Sonderflug vom 5. April 2017 nach Gambia
überstellt und befindet sich somit nicht mehr in Ausschaffungshaft. Er rügt
indes in vertretbarer Weise ("griefs défendables") die Verletzung von Garantien
der EMRK. Ausserdem wirft die Beschwerde Fragen von grundsätzlicher Bedeutung
auf, die sich unter gleichen oder ähnlichen Umständen jederzeit wieder stellen
können, wobei eine rechtzeitige Überprüfung im Einzelfall aufgrund der
gesetzlichen Maximaldauer der Ausschaffungshaft (Art. 79 AuG [SR 142.20]) in
der Regel wohl nicht möglich wäre. Da auch die übrigen
Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die form- und fristgerecht
eingereichte Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten einzutreten
(Art. 42 Abs. 1 und 2, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 89 Abs. 1 Bst. a
und b, Art. 90, Art. 100 Abs. 1 BGG).  
 
1.4. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann
namentlich die Verletzung von Bundes- und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95
lit. a und lit. b BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (
Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen
Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 2 BGG), grundsätzlich nur die
geltend gemachten Vorbringen, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht
geradezu offensichtlich sind (BGE 142 I 135 E. 1.5 S. 144). Die Verletzung von
Grundrechten untersucht das Bundesgericht in jedem Fall nur insoweit, als eine
solche Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (
Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 142 I 135 E. 1.5 S. 144 mit Hinweisen).  
 
2.   
Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe den rechtserheblichen
Sachverhalt unvollständig festgestellt. 
 
2.1. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Die beschwerdeführende
Partei kann die Feststellung des Sachverhalts unter den gleichen
Voraussetzungen beanstanden, wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Dabei gelten, wie bei
den in Art. 106 Abs. 2 BGG genannten Rügen, strenge Anforderungen an die
Begründung (BGE 139 I 72 E. 9.2.3.6 S. 96 mit Hinweis).  
Obwohl nicht ausdrücklich im Gesetz erwähnt, beruht auch eine unvollständige
Sachverhaltsfeststellung auf einer Rechtsverletzung. Was rechtserheblich ist,
bestimmt das materielle Recht; eine in Verkennung der Rechtserheblichkeit
unvollständige Erstellung der für die rechtliche Beurteilung massgeblichen
Tatsachen stellt demzufolge eine Verletzung materiellen Rechts dar (BGE 136 II
65 E. 1.4 S. 68, 134 V 53 E. 4.3 S. 62). 
 
2.2. Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe vorgehabt, seine in der
Schweiz niedergelassene Verlobte serbischer Staatsangehörigkeit zu heiraten.
Nachdem die eidgenössische Zollverwaltung seinen Reisepass, die Geburtsurkunde
und das Zertifikat über seinen Zivilstand an seine Verlobte weitergeleitet
habe, habe diese das Ehevorbereitungsverfahren eingeleitet. Die Unterlagen
seien am 31. Januar 2017 zur Überprüfung und Beglaubigung an die zuständige
schweizerische Botschaft, von dieser an das Eidgenössische Amt für
Zivilstandswesen und anschliessend am 17. März 2017 an das Zivilstandsamt
Basel-Stadt gesandt worden. Bis auf den Nachweis des rechtmässigen Aufenthalts
hätten die für die Eheschliessung erforderlichen Unterlagen alle vorgelegen.  
Das Kantonsgericht habe seine Ausschaffungshaft bestätigt, ohne ihm Fragen zu
seiner vorgesehenen Heirat zu stellen, und überhaupt keine sachverhaltlichen
Feststellungen zum Stand des Ehevorbereitungsverfahrens getroffen. Dies obwohl
der Vertreter des Amts für Migration angegeben habe, in der vorangegangenen
Woche erfahren zu haben, dass der Beschwerdeführer heiraten wolle, und obwohl
aus einer Aktennotiz vom 30. März 2017 ersichtlich gewesen sei, dass das
Zivilstandsamt Basel-Stadt das Amt für Migration deshalb kontaktiert habe. Bei
dieser Sachlage wäre der Richter verpflichtet gewesen, sich über den Stand des
Ehevorbereitungsverfahrens zu erkundigen. Die Frage, ob im Zeitpunkt des
angefochtenen Entscheides die Heirat kurz bevorstand, sei im Hinblick auf die
Rechte des Beschwerdeführers aus Art. 8 und Art. 12 EMRK ein
entscheiderhebliches Beweisthema, sodass sich die mangelnde
Sachverhaltsfeststellung auf den Entscheid auswirke. Das Kantonsgericht habe
somit den Untersuchungsgrundsatz verletzt und den Sachverhalt hinsichtlich
seiner Rechte aus Art. 8 und Art. 12 EMRK unvollständig festgestellt. 
 
2.3. Der Haftrichter hat die Verfügung der Ausländerbehörde auf das Vorliegen
der gesetzlichen Voraussetzungen der Haft hin zu prüfen. Sein Entscheid muss
sich insbesondere auch mit der Verhältnismässigkeit der Haft auseinandersetzen
(BGE 142 I 135 E. 4.1 S. 151; Urteil 2C_218/2013 vom 26. März 2013 E. 5.1). Die
Heiratspläne einer aus der Schweiz weggewiesenen Person stehen dem Vollzug
einer Entfernungsmassnahme bzw. einer im Hinblick darauf angeordneten
Ausschaffungshaft grundsätzlich nicht entgegen. Die Ausschaffungshaft kann sich
aber als unverhältnismässig erweisen, wenn sämtliche notwendigen Papiere
vorliegen, ein Heiratstermin feststeht und innert kurzer Frist mit der
Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zu rechnen ist (vgl. Urteile 2C_218/2013
vom 26. März 2013 E. 5.2; 2C_150/2012 vom 14. Februar 2012 E. 2.2.2 mit
weiteren Hinweisen).  
 
2.4. Ob eine Eheschliessung unmittelbar bevorsteht, ist folglich für die
Beurteilung der Verhältnismässigkeit der Ausschaffungshaft von Bedeutung und
somit im vorliegenden Verfahren entscheidwesentlich. Aus den Akten des
Migrationsamts (Aktennotiz vom 30. März 2017) ergibt sich, dass ein
Sachbearbeiter des Zivilstandsamts Basel-Stadt dem Migrationsamt am 29. März
2017 telefonisch mitteilte, der Beschwerdeführer wolle eine Dame mit
Niederlassungbewilligung ehelichen und habe hierzu einen gültigen Reisepass
vorgewiesen. Gemäss dem mit der Beschwerde eingereichten E-Mail dieses
Sachbearbeiters vom 28. April 2017 erhielt das Zivilstandsamt die Dokumente des
Beschwerdeführers zwischen dem 17. und 30. März 2017 überprüft und beglaubigt
aus Bern zurück. Damit wären alle benötigten Zivilstandsunterlagen bereit
gestanden. Das Zivilstandsamt hätte aber vor einer Trauung noch einen Nachweis
des rechtmässigen Aufenthalts von den Migrationsbehörden verlangen müssen.  
Nachdem zweifellos bekannt war und vom Vertreter des Amts für Migration im
Rahmen der Parteiverhandlung vom 4. April 2017 erwähnt wurde, dass der
Beschwerdeführer in der Schweiz heiraten wollte, hätte das Gericht diesen
rechtserheblichen Sachverhalt näher abklären, den Beschwerdeführer zum Stand
des Ehevorbereitungsverfahrens befragen, entsprechende Erwägungen anstellen und
diese in die Urteilsbegründung einfliessen lassen müssen. Der Beschwerdeführer
war damals nicht anwaltlich vertreten, und er bringt glaubhaft vor, im
Zeitpunkt der Parteiverhandlung nicht gewusst zu haben, dass seine Papiere
beglaubigt beim Zivilstandsamt Basel-Stadt eingetroffen waren. Dass er sich in
der Parteiverhandlung auf Nachfrage nicht mehr äusserte, kann ihm daher nicht
angelastet werden. Indem sich die Vorinstanz gar nicht erst mit der geplanten
Eheschliessung auseinandersetzte, hat sie den rechtserheblichen Sachverhalt
offensichtlich unvollständig festgestellt. 
 
2.5. Grundsätzlich ist es Aufgabe des Bundesgerichts als oberste Recht
sprechende Behörde (Art. 1 Abs. 1 BGG), die angefochtenen Entscheide auf die
richtige Rechtsanwendung zu überprüfen; für ergänzende Tatsachen- und
Beweiserhebungen sind hingegen die Sachgerichte zuständig. Angesichts des
Umstands, dass der Beschwerdeführer unterdessen in seine Heimat überstellt
wurde und sich somit nicht mehr in Haft befindet, ist die Rückweisung an die
Vorinstanz zur vollständigen Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts
indes vorliegend nicht mehr angezeigt. Indessen ist festzuhalten, dass der
Haftrichter den Sachverhalt unvollständig festgestellt hat, was im Rahmen der
Kostenfolgen des bundesgerichtlichen Verfahrens berücksichtigt wird. In der
Folge überprüft das Bundesgericht die Rechtmässigkeit der Haft auf der
Grundlage des vervollständigten Sachverhalts hinsichtlich der Heiratspläne des
Beschwerdeführers (Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
3.   
Der Beschwerdeführer bringt weiter vor, die Anordnung der Ausschaffungshaft
habe mangels Haftgründen bzw. wegen fehlender Verhältnismässigkeit Art. 5 Ziff.
1 Bst. f EMRK verletzt. 
 
3.1. Die Anordnung von Ausschaffungshaft stellt einen schwerwiegenden Eingriff
in die persönliche Freiheit gemäss Art. 10 Abs. 2 BV dar (vgl. auch Art. 5
Ziff. 1 Bst. f EMRK; Art. 31 Abs. 1 BV; Art. 9 Abs. 1 des Internationalen Pakts
vom 16. Dezember 1966 über bürgerliche und politische Rechte [UNO-Pakt II, SR
0.103.2]; BGE 142 I 135 E. 4.1 S. 149 f.; 130 II 377 E. 3.1 S. 380 f.; Urteil
2C_517/2016 vom 28. Juni 2016 E. 4.2). Sie bedarf deshalb einer hinreichend
bestimmten, im Gesetz selbst vorgesehenen Grundlage, muss im öffentlichen
Interesse liegen und verhältnismässig sein (Art. 36 Abs. 1-3 BV; BGE 142 I 135
E. 4.1 S. 149 f.; 130 II 377 E. 3.1 S. 380 f.).  
 
3.2. Die Ausschaffungshaft diente vorliegend der Sicherstellung des Vollzugs
der asylrechtlichen Wegweisung. Sie stützte sich auf die Haftgründe von Art. 76
Abs. 1 Bst. b Ziff. 3 und 4 AuG: Wenn ein erstinstanzlicher Weg- oder
Ausweisungsentscheid eröffnet oder eine Landesverweisung ausgesprochen wurde,
kann die zuständige Behörde die betroffene Person zur Sicherstellung des
Vollzugs in Haft nehmen, wenn konkrete Anzeichen befürchten lassen, dass sie
sich der Ausschaffung entziehen will, insbesondere weil sie ihrer
Mitwirkungspflicht nicht nachkommt (Ziff. 3), oder wenn ihr bisheriges
Verhalten darauf schliessen lässt, sie werde sich behördlichen Anordnungen
widersetzen (Ziff. 4).  
Gemäss Art. 80 Abs. 6 Bst. a AuG wird die ausländerrechtliche Haft beendet,
wenn der Haftgrund entfällt oder sich erweist, dass der Vollzug der Weg- oder
Ausweisung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen undurchführbar ist.
Diesfalls lässt sich die Zwangsmassnahme nicht mehr mit einem hängigen
Wegweisungsverfahren rechtfertigen und verstösst gegen Art. 5 Ziff. 1 Bst. f
EMRK (vgl. BGE 130 II 56 E. 4.1.1 S. 59 f.; Urteil 2C_846/2017 vom 30. Oktober
2017 E. 4.3.1). 
 
3.3. Der Beschwerdeführer macht geltend, angesichts der bevorstehenden Heirat
sei davon auszugehen gewesen, er werde sich den Behörden zur Verfügung halten,
um das Bewilligungsverfahren nicht zu gefährden. Seine Inhaftierung sei nicht
erforderlich gewesen.  
Zunächst ist daran zu erinnern, dass kein Verfahren zur Bewilligung des
Aufenthalts des Beschwerdeführers während der Vorbereitung der Eheschliessung
hängig war. Angesichts der geplanten, kurz bevorstehenden Rückschaffung per
Sonderflug und des Umstands, dass sich der Beschwerdeführer in der
Vergangenheit wiederholt unkooperativ zeigte, seine Mitwirkungspflicht
verletzte und die Ausreise verweigerte, ist das Vorliegen konkreter Anzeichen,
welche befürchten lassen, er könnte sich einer Ausschaffung entziehen wollen,
von der Vorinstanz zu Recht bejaht worden. Es kann diesbezüglich auf den
angefochtenen Entscheid verwiesen werden. Der Vollzug der Wegweisung war sodann
weder aus rechtlichen noch aus tatsächlichen Gründen undurchführbar (vgl. E. 4
hiernach). 
 
4.   
Der Beschwerdeführer bringt vor, die Ausschaffungshaft sei unverhältnismässig
gewesen und habe sein Recht auf Ehe (Art. 12 EMRK; Art. 14 BV) und sein Recht
auf Achtung des Familienlebens (Art. 8 EMRK; Art. 13 Abs. 1 BV) verletzt. 
Wie erwähnt stehen Heiratspläne dem Wegweisungsvollzug und einer
Ausschaffungshaft grundsätzlich nicht entgegen (vgl. E. 2.3 hiervor). Die zur
Sicherung des Vollzugs angeordnete ausländerrechtliche Festhaltung ist indes
praxisgemäss unverhältnismässig, wenn sämtliche für die Eheschliessung
notwendigen Papiere bereits vorliegen, ein konkreter Heiratstermin feststeht
und offensichtlich mit der baldigen Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung
gerechnet werden kann (vgl. Urteile 2C_218/2013 vom 26. März 2013 E. 5.2;
2C_150/2012 vom 14. Februar 2012 E. 2.2.2 mit weiteren Hinweisen). Allein der
Umstand, dass Heiratspläne bestehen, hat nicht zur Folge, dass die
Ausschaffungshaft die Rechte aus Art. 8 und Art. 12 EMRK verletzt. 
 
4.1. Vorliegend kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Eheschliessung
unmittelbar bevorstand. Zwar macht der Beschwerdeführer geltend, es hätten bis
auf die Bescheinigung des legalen Aufenthalts sämtliche notwendigen Papiere
vorgelegen. Diese Situation ist insofern mit derjenigen, die dem Urteil 2C_218/
2013 vom 26. März 2013 zugrunde lag, vergleichbar. Der vorliegende Fall
unterscheidet sich hiervon aber insbesondere dadurch, dass sich der
Beschwerdeführer seit Jahren illegal in der Schweiz aufhielt, wogegen der
Beschwerdeführer im Fall 2C_218/2013 nach Abschluss seines Asylverfahrens aus
der Schweiz ausgereist war und erst im Hinblick auf die Heirat zurückkehrte,
nachdem seine Verlobte ein Gesuch um Familiennachzug zwecks Heirat gestellt
hatte. Im Unterschied dazu ist vorliegend unbestritten, dass weder der
Beschwerdeführer noch seine Verlobte eine Aufenthaltsbewilligung zum Zweck der
Heirat beantragt hatten. Dass die Migrationsbehörde mit Blick auf Art. 12 EMRK
und Art. 14 BV gehalten gewesen wäre, ihm zwecks Heirat einen provisorischen
Aufenthaltstitel auszustellen, sofern keine Anzeichen für einen
Rechtsmissbrauch vorgelegen hätten (vgl. BGE 137 I 351 E. 3.7 S. 360), ist
daher nicht von Bedeutung. Sodann bringt auch der Beschwerdeführer nicht vor,
es sei für die beabsichtigte Eheschliessung bereits ein Heiratstermin
festgelegt gewesen. Damit fehlen mehrere Voraussetzungen für die Annahme der
Unverhältnismässigkeit der Ausschaffungshaft. Insoweit ist die Beschwerde
abzuweisen.  
 
4.2. Der Beschwerdeführer beantragt weiter die Feststellung, dass der
angefochtene Entscheid sein Recht auf Achtung des Familienlebens verletze. Er
verweist auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts, wonach aus dem Recht auf
Achtung des Familienlebens gemäss Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 Abs. 1 BV ein
Bewilligungsanspruch abgeleitet werden kann, wenn eine partnerschaftliche
Beziehung seit Langem eheähnlich gelebt wird oder konkrete Hinweise auf eine
unmittelbar bevorstehende Hochzeit hindeuten (vgl. BGE 135 I 143 E. 3.1 S. 148;
Urteile 2C_867/2016 vom 30. März 2017 E. 2.2; 2C_702/2011 vom 23. Februar 2012
E. 3.1). Er legt jedoch nicht dar, inwiefern sein Recht auf Achtung des
Familienlebens durch die im Hinblick auf die Ausschaffung (die als solche nicht
Gegenstand dieses Verfahrens ist) erfolgte Inhaftierung verletzt worden wäre.
Das Feststellungsbegehren genügt damit den Anforderungen von Art. 106 Abs. 2
BGG an die Begründung nicht, sodass darauf nicht einzutreten ist.  
 
5.   
Gestützt auf die vorstehenden Erwägungen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit
die Feststellung, dass seine Rechte aus Art. 5 Ziff. 1 Bst. f und Art. 12 EMRK
verletzt worden seien, beantragt wird. Bezüglich der beantragten Feststellung, 
Art. 8 EMRK sei verletzt worden, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. 
Als unterliegende Partei hat der Beschwerdeführer grundsätzlich keinen Anspruch
auf Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 1 BGG e contrario). Wenigstens teilweise
sah er sich allerdings erst angesichts der rechtsfehlerhaft unvollständigen
Sachverhaltsfeststellung der kantonalen Behörde zur Beschwerde an das
Bundesgericht veranlasst, sodass ihm zulasten des Kantons Basel-Landschaft eine
Parteientschädigung zuzusprechen ist (Art. 68 Abs. 4 i.V.m. Art. 66 Abs. 3 BGG;
BGE 133 I 234 E. 3 S. 248; Urteil 2C_79/2017 vom 13. Februar 2017 E. 4). Es
rechtfertigt sich unter diesen Umständen, auf die Erhebung von Gerichtskosten
zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
und Verbeiständung wird damit gegenstandslos. 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2.   
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.   
Der Kanton Basel-Landschaft hat dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung
von Fr. 2'500.- auszurichten. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Kantonsgericht
Basel-Landschaft, Einzelrichter für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, und dem
Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 15. Dezember 2017 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Die Gerichtsschreiberin: Straub 

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