Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.456/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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2C_456/2017            

 
 
 
Urteil vom 31. Oktober 2017  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Donzallaz, 
nebenamtlicher Bundesrichter Benz, 
Gerichtsschreiber Matter. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.A.________ und B.A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Kantonales Steueramt Aargau, Rechtsdienst, Tellistrasse 67, 5001 Aarau. 
 
Gegenstand 
Staats- und Gemeindesteuern 2013, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 2.
Kammer, vom 3. April 2017 (WBE.2017.19). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
B.A.________ ist Stockwerkeigentümerin von drei Wohnungen in U.________. Die
vierte Wohnung gehört ihrem Sohn. Nach einem Hagelschlag im Juli 2011 ersetzten
die Eheleute A.A.________ und B.A.________ die Fenster der vier Wohnungen und
bezahlten noch im Jahr 2011 die Schlussrechnung vom 12. November 2011 über Fr.
39'646.--. Mit Schadenzusammenstellung vom 13. Mai 2013 übernahm die
Aargauische Gebäudeversicherung von den Kosten einen Betrag von Fr. 7'200.--.
Unter anteilsmässiger Berücksichtigung dieser Rückvergütung erstattete der Sohn
den Eheleuten Fr. 10'480.-- für den auf ihn entfallenden Kostenanteil. 
Im Veranlagungsverfahren 2013 brachten die Eheleute als Liegenschaftskosten
unter anderem den Restbetrag von Fr. 21'966.-- für den Ersatz der Fenster zum
Abzug. Mit Veranlagungsentscheid für die Kantons- und Gemeindesteuern 2013
verweigerte die Steuerkommission U.________ diesen Abzug als periodenfremd und
veranlagte die Eheleute A.________ mit einem steuerbaren Einkommen von Fr.
101'859.-- und einem steuerbaren Vermögen von Fr. 1'361'370.--. 
 
B.  
Die Einsprache der Eheleute A.________ wurde von der Steuerkommission am 1.
Dezember 2015 abgewiesen. Das Spezialverwaltungsgericht und das
Verwaltungsgericht des Kantons Aargau bestätigten den Einspracheentscheid mit
Urteilen vom 24. November 2016 bzw. vom 3. April 2017. 
 
C.  
Die Eheleute A.________ erhoben am 16. Mai 2017 Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, das Urteil des
Verwaltungsgerichts aufzuheben, die zusätzlichen Liegenschaftsunterhaltskosten
von Fr. 21'966.-- zum Abzug zuzulassen und sie für das Steuerjahr 2013 mit
einem steuerbaren Einkommen von Fr. 79'893.-- zu veranlagen. 
Das Kantonale Steueramt Aargau beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das
Verwaltungsgericht und die Eidgenössische Steuerverwaltung haben auf eine
Vernehmlassung verzichtet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde richtet sich gegen ein letztinstanzliches kantonales Urteil
in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts. Eine Ausnahme im Sinne von Art.
83 BGG ist nicht gegeben. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten ist daher zulässig (Art. 82 Abs. 1 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit.
d BGG). Auf die form- und fristgerechte Beschwerde der gemäss Art. 89 Abs. 1
BGG legitimierten Beschwerdeführer ist einzutreten.  
 
1.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann
namentlich die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG).
Die Beschwerdeführer rügen eine Verletzung von Art. 9 des Bundesgesetzes über
die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG; SR
642.14). Hinsichtlich des Liegenschaftsunterhalts entspricht Art. 9 StHG
inhaltlich Art. 32 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die
direkte Bundessteuer (DBG; SR 642.11; vgl. Art. 18 bzw. Art. 27 DBG; SR
621.11), weshalb zur Auslegung von Art. 9 StHG auch die analoge DBG-Bestimmung
und die bundesgerichtliche Rechtsprechung dazu herangezogen werden können.  
 
2.  
 
2.1. Nach Art. 9 Abs. 1 StHG werden von den gesamten steuerbaren Einkünften die
zu ihrer Erzielung notwendigen Aufwendungen abgezogen. Dazu gehören bei
Liegenschaften im Privatvermögen namentlich die Unterhaltskosten (vgl. § 39
Abs. 2 StG/AG und Art. 32 Abs. 2 DBG).  
 
2.2. Der Beschwerdegegner bestreitet nicht, dass es sich bei den im Steuerjahr
2013 in Abzug gebrachten Aufwendungen von Fr. 21'966.-- um Liegenschaftskosten
im Sinne von Art. 9 StHG bzw. § 39 Abs. 2 StG/AG handelt. Nicht einzugehen ist
daher auf die Ausführungen der Beschwerdeführer in ihrer Beschwerdeschrift zur
Frage, inwieweit Liegenschaftskosten "kausal" bzw. "final" mit
Liegenschaftserträgen zusammenhängen müssen, damit sie zum Abzug qualifizieren.
Strittig ist vorliegend einzig die Rechtsfrage, in welchem Steuerjahr die
Unterhaltskosten zu berücksichtigen sind.  
 
2.3. Die Beschwerdeführer brachten die Unterhaltskosten von Fr. 21'966.-- im
Zusammenhang mit dem im 2011 erfolgten Fensterersatz, soweit die Kosten die
Vergütung der Gebäudeversicherung im Jahr 2013 übersteigen, im Steuerjahr 2013
zum Abzug, weil erst dann ihr eigener Kostenanteil am Fensterersatz
festgestanden habe. Nach Ansicht der Steuerkommission wären die
Unterhaltskosten indes bereits im Steuerjahr 2011 abziehbar gewesen. Erfolgt
eine Rückvergütung Dritter erst in einem Folgejahr, so ist sie nach der Praxis
des Kantonalen Steueramtes Aargau in jener Steuererklärung als "übrige
Einkünfte" zu deklarieren (Merkblatt Liegenschaftsunterhalt [LUK] des
Kantonalen Steueramtes Aargau vom 30. September 2001, Ziff. 6 S. 12).  
 
3.  
 
3.1. Als Steuerperiode gilt das Kalenderjahr (Art. 40 Abs. 1 DBG). Die
Einkommenssteuer wird für jede Steuerperiode festgesetzt und erhoben (Art. 40
Abs. 2 DBG). Einkommen gilt steuerrechtlich dann als realisiert, wenn die
steuerpflichtige Person Leistungen vereinnahmt oder einen festen Rechtsanspruch
darauf erwirbt, über den sie tatsächlich verfügen kann. Erforderlich ist ein
abgeschlossener Rechtserwerb, der Forderungs- oder Eigentumserwerb sein kann.
Dabei bildet der Forderungserwerb vielfach die Vorstufe des Eigentumserwerbs
(vgl. Urteile 2C_734/2016 vom 20. Oktober 2016 E. 2.3 und 2C_445/2015 vom 26.
August 2016 E. 6.3.3). Ab dem Zeitpunkt des Rechtserwerbes ist die Forderung
grundsätzlich auch als Guthaben im Vermögen zu deklarieren.  
Die zeitliche Abgrenzung des Abflusses von Vermögen wird nach den gleichen
Kriterien vorgenommen wie hinsichtlich des Zuflusses. Aufwendungen fliessen
grundsätzlich zu dem Zeitpunkt ab, in welchem die steuerpflichtige Person zur
Zahlung verpflichtet ist. Für den Abzug der Unterhaltskosten ist praxisgemäss
entweder der Zeitpunkt der Zahlung der Rechnung oder der Zeitpunkt der
Rechnungsstellung massgebend (Urteil 2C_800/2016 vom 14. Februar 2017 E. 2.2
mit weiteren Hinweisen). 
 
3.2. Dass die Kostengutsprache der Gebäudeversicherung im Betrag von Fr.
7'200.-- erst im Jahr 2013 erfolgte, ändert nichts daran, dass die strittigen
Unterhaltskosten für den Fensterersatz bereits mit Schlussrechnung vom 12.
November 2011 fakturiert, von den Beschwerdeführern im 2011 bezahlt und somit
steuerlich in Abzug gebracht werden konnten. Die Begründung der Vorinstanz,
wonach die Aufwendungen für den Fenstersatz dem Steuerjahr 2011 zuzuordnen
sind, erweist sich demnach als bundesrechtskonform.  
Das von den Beschwerdeführern propagierte intertemporale Nettoprinzip, wonach
Unterhaltskosten eines bestimmten Kalenderjahres erst im späteren Zeitpunkt
einer Rückvergütung steuerlich abziehbar sind, findet dagegen keine Stütze im
Gesetz. Einzig die spätere Vergütung der Gebäudeversicherung ist nach den
einschlägigen Grundsätzen steuerlich erst dann zu erfassen, wenn ein fester
Rechtsanspruchentsteht. Dass die Gebäudeversicherung die vollumfängliche
Vergütung im Steuerjahr 2011 zugesichert und im 2013 wieder teilweise
zurückgezogen hätte, was einen Vermögensabfluss im vorliegend strittigen
Steuerjahr 2013 darstellen würde, ergibt sich weder aus den Akten noch wird es
von den Beschwerdeführern vorgebracht. Dafür hätten sie in der Steuererklärung
2011 ein entsprechendes Guthaben gegenüber der Gebäudeversicherung ausweisen
müssen. 
 
4.  
 
4.1. Nach Ansicht der Beschwerdeführer führt in ihrem Fall die von den
Rechtsmittelinstanzen geschützte Vorgehensweise der Steuerbehörde im Ergebnis
dazu, dass im 2013 eine Schadenersatzleistung besteuert werde, obschon
Schadenersatz nicht steuerbar sei. Der Beschwerdegegner hat die Vergütung im
Jahr 2013 aber gar nicht im Einkommen erfasst: Nachdem die Beschwerdeführer die
Kosten im Jahr 2011 nicht in Abzug gebracht hatten, handelte es sich bei der
Vergütung im Jahr 2013 in der Tat um eine steuerlich unbeachtliche
Schadenersatzzahlung der Gebäudeversicherung. Nur wenn steuerlich bereits in
Abzug gebrachte Kosten in einem späteren Steuerjahr von einem Dritten vergütet
werden, liegt ein steuerbarer Vermögenszugang vor, was eine Einkommenskorrektur
für den Abzug, der sich nachträglich als zu hoch erweist, erfordert.  
 
4.2. Die Beschwerdeführer rügen, dass der angefochtene Entscheid das
Rechtsgleichheitsgebot (Art. 8 Abs. 1 BV) und den Grundsatz der Besteuerung
nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Art. 127 Abs. 2 BV) verletze und
gegen das Willkürverbot (Art. 9 BV) sowie das Prinzip des Handelns nach Treu
und Glauben (Art. 5 Abs. 3 und Art. 9 BV) verstosse. Abgesehen davon, dass
diese verfassungsrechtlichen Rügen den Erfordernissen an die Begründung von 
Art. 106 Abs. 2 BGG nicht durchwegs genügen (vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S.
254), verfangen sie auch in der Sache nicht.  
 
4.2.1. Das Leistungsfähigkeitsprinzip wird nicht eingeschränkt, sondern im
Gegenteil verwirklicht, wenn die angefallenen Kosten sofort abgezogen werden
und die spätere Vergütung dannzumal im Einkommen aufgerechnet wird, weil derart
auf den tatsächlichen Vermögensabfluss und -zufluss und damit auf die
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit abgestellt wird. Nach der Methode der
Beschwerdeführer, die Kosten erst dann zum Abzug zu bringen, wenn sie der Höhe
nach endgültig feststehen, besteht dagegen die Gefahr eines - unter Umständen
erheblich - verspäteten Steuerabzuges: Bleibt eine Rückvergütung der
Aufwendungen ganz oder - wie vorliegend - teilweise aus, käme es zu einer nicht
periodengerechten Verschiebung von Aufwendungen in ein späteres Steuerjahr. Im
vorliegenden Fall würde der Antrag der Beschwerdeführer bedeuten, dass sie erst
im Steuerjahr 2013 Unterhaltskosten von Fr. 21'966.-- abziehen könnten, obschon
diese bereits im Steuerjahr 2011 in Rechnung gestellt und bezahlt worden sind.
 
 
4.2.2. Die Steuerbehörde hat sich an die korrekte - bundesrechtskonforme -
Vorgehensweise gehalten, die sie im einschlägigen Merkblatt beschrieben hat.
Der Vorwurf der Willkür oder des treuwidrigen Verhaltens geht daher von
vornherein fehl. Dass angefallene Liegenschaftskosten im Umfang von Fr.
21'966.-- nicht mehr steuermindernd berücksichtigt werden können, ist zwar in
der Tat unbefriedigend, aber unter den gegebenen Umständen von den
Beschwerdeführern zu vertreten. Sie haben es im Veranlagungsverfahren 2011
verpasst, die Kosten zum Abzug zu bringen. Dass dieses Versäumnis offenbar auf
mangelnde Rechtskenntnis zurückgeht, haben die Beschwerdeführer sich selbst
anzurechnen.  
 
5.  
Diese Erwägungen führen zur Abweisung der Beschwerde. Die Kosten des
bundesgerichtlichen Verfahrens sind den unterliegenden Beschwerdeführern
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Ausgangsgemäss ist keine Parteientschädigung
zuzusprechen (Art. 68 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden den Beschwerdeführern unter
solidarischer Haftbarkeit auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Aargau, 2. Kammer, und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich
mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 31. Oktober 2017 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Matter 

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