Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.426/2017
Zurück zum Index II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2017
Retour à l'indice II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2017


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
2C_426/2017        

Urteil vom 27. Juli 2017

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichter Donzallaz,
Bundesrichter Haag,
Gerichtsschreiberin Straub.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Mathias Buchmann,

gegen

Amt für Migration des Kantons Luzern,

Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern.

Gegenstand
Widerruf der Niederlassungsbewilligung,

Beschwerde gegen das Urteil des
Kantonsgerichts Luzern, 4. Abteilung,
vom 22. Februar 2017.

Erwägungen:

1.

1.1. Der bosnisch-herzegowinische Staatsangehörige A.________ (geboren 1974)
kam im Jahr 1988 im Rahmen des Familiennachzugs in die Schweiz und erhielt eine
Niederlassungsbewilligung. Im Jahr 1997 heiratete er die Mutter seiner zwei
Kinder (geboren 1997 und 1999). Die Ehe wurde im Jahr 2003 geschieden. Das
Sorgerecht über die Kinder wurde der Mutter zugeteilt.

1.2. A.________ wurde am 9. Mai 2007 aufgrund diverser gegen ihn ergangener
Strafbefehle sowie wegen Schulden ausländerrechtlich verwarnt. In der Folge
musste er dennoch wiederholt strafrechtlich belangt werden. Seine Verschuldung
nahm zu. Am 3. Dezember 2014 wurde er vom Kriminalgericht des Kantons Luzern
wegen gewerbs- und bandenmässigen Diebstahls zu einer bedingt vollziehbaren
Freiheitsstrafe von 16 Monaten verurteilt. Mit Verfügung vom 19. Februar 2016
widerrief das Kriminalgericht den bedingten Vollzug.
Mit Urteil des Bezirksgerichts Luzern vom 11. Oktober 2016 wurde A.________
wegen gewerbsmässigen Diebstahls, mehrfachen versuchten betrügerischen
Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage, Hausfriedensbruchs, Nichtanzeigens
eines Fundes und mehrfachen unbefugten Konsums von psychotropen Stoffen und
Betäubungsmitteln sowie mehrfachen unbefugten Erwerbs und Besitzes von
psychotropen Stoffen und Betäubungsmitteln zum eigenen Konsum zu einer
Freiheitsstrafe von 9 Monaten und einer Busse von Fr. 400.- verurteilt. Zudem
wurde unter Aufschub des Vollzugs der Freiheitsstrafe eine Massnahme nach Art.
60 StGB angeordnet.
Am 21. April 2016 widerrief das Amt für Migration des Kantons Luzern die
Niederlassungsbewilligung von A.________ und wies ihn auf den Zeitpunkt der
Entlassung aus dem Strafvollzug aus der Schweiz weg. Die hiergegen erhobenen
kantonalen Rechtsmittel blieben ohne Erfolg (Entscheid des Justiz- und
Sicherheitsdepartements des Kantons Luzern vom 18. Juli 2016 und Urteil des
Kantonsgerichts Luzern vom 22. Februar 2017).

1.3. A.________ erhebt mit Eingabe vom 8. Mai 2017 Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Er beantragt, die
Verfügung des Amts für Migration, Ziff. 1 und 2 des Entscheids des Justiz- und
Sicherheitsdepartements sowie Dispositivziffer 1 des angefochtenen Urteils
seien aufzuheben, eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Er ersucht um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.

2.

2.1. Gegen den Widerruf der Niederlassungsbewilligung steht die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG [e
contrario];BGE 135 II 1 E. 1.2.1 S. 4). Da auch die übrigen
Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde grundsätzlich
einzutreten. Soweit der Beschwerdeführer auch die Aufhebung der Verfügung des
Amts für Migration und des Entscheids des Justiz- und Sicherheitsdepartements
beantragt, ist darauf nicht einzutreten; diese Verfügungen bilden nicht
Anfechtungsobjekt vor Bundesgericht (Art. 86 Abs. 1 BGG). Sie gelten jedoch
aufgrund des Devolutiveffekts als inhaltlich mitangefochten (BGE 139 II 404 E.
2.5 S. 415; Urteil 2C_225/2017 vom 22. Mai 2017 E. 1.1).
Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet, weshalb sie im
vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a und Abs. 3 BGG mit
summarischer Begründung abzuweisen ist.

2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf
einer   Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
Die beschwerdeführende Partei kann die Feststellung des Sachverhalts unter den
gleichen Voraussetzungen beanstanden, wenn die Behebung des Mangels für den
Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Dabei
gelten, wie bei den in Art. 106 Abs. 2 BGG genannten Rügen, strenge
Anforderungen an die Begründung (BGE 139 I 72 E. 9.2.3.6 S. 96 mit Hinweis).

3.

3.1. Gemäss Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 Abs. 1 lit. b AuG kann die
Niederlassungsbewilligung widerrufen werden, wenn eine ausländische Person zu
einer längerfristigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Als längerfristig gilt
nach der gefestigten Rechtsprechung eine Freiheitsstrafe von mehr als einem
Jahr (BGE 139 I 145 E. 2.1 S. 147), und zwar unabhängig davon, ob die Strafe
bedingt, teilbedingt oder unbedingt zu vollziehen ist (Urteil 2C_730/2015 vom
28. April 2016 E. 2.1 mit Hinweisen).

3.2. Der Beschwerdeführer bestreitet das Vorliegen eines Widerrufsgrundes. Die
Vorinstanz habe diesbezüglich den Sachverhalt offensichtlich unrichtig
festgestellt. Aus dem Strafurteil vom 3. Dezember 2014 ergebe sich, dass er zu
einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten verurteilt worden sei, als Zusatzstrafe
zur Strafverfügung des Kantonalen Untersuchungsrichteramts Luzern vom 29.
November 2005 und zu den Strafbefehlen der Staatsanwaltschaft 1 Luzern vom 20.
und 23. Oktober 2014. Diese Freiheitsstrafe betreffe Delikte, die Jahre
auseinanderliegen würden, und sei somit nicht gestützt auf ein einziges
Strafurteil ausgesprochen worden. Die Vorinstanz habe unzulässigerweise mehrere
kürzere Strafen zusammengezählt. Ausserdem habe die Staatsanwaltschaft das
Beschleunigungsgebot verletzt.

3.3. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil vom 3. Dezember 2014 rechtskräftig
zu einer bedingt vollziehbaren Freiheitsstrafe von 16 Monaten verurteilt. Dabei
handelt es sich zweifellos um ein einziges Urteil. Dass darin eine Zusatzstrafe
ausgefällt wurde, ändert an dieser Tatsache nichts. Die Einwände, die der
Beschwerdeführer gegen das Strafurteil erhebt, sind nicht Gegenstand des
ausländerrechtlichen Verfahrens, sondern wären im Rahmen des Straf- und eines
allfälligen Rechtsmittelverfahrens geltend zu machen gewesen. Im Übrigen kann
auf die zutreffenden Erwägungen im angefochtenen Entscheid (dortige E. 2.3)
verwiesen werden. Insbesondere verkennt der Beschwerdeführer, dass nicht eine
Gesamtstrafe unter Einbezug der vorangegangenen Verurteilungen bzw.
Strafbefehlen erging, sondern eine Zusatzstrafe, die sich einzig auf die neu zu
beurteilenden Delikte bezog. Der Widerrufsgrund der längerfristigen
Freiheitsstrafe gemäss Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 Abs. 1 lit. b AuG
ist erfüllt. Eine unrichtige Feststellung des Sachverhalts durch die Vorinstanz
liegt nicht vor.
Bei dieser Sachlage ist unerheblich, ob die begangenen Delikte auch einen
schwerwiegenden Verstoss gegen die öffentliche Ordnung und Sicherheit
darstellen und damit der Widerruf alternativ gestützt auf Art. 63 Abs. 1 lit. b
AuG angeordnet werden könnte (Urteil 2C_49/2016 vom 10. Juni 2016 E. 2.1 mit
Hinweis).

3.4. Liegt ein Widerrufsgrund vor, so ist zu prüfen, ob diese Massnahme auch
als verhältnismässig erscheint (Art. 96 Abs. 1 AuG; BGE 139 I 145 E. 2.2 S. 147
f.). Dies trifft vorliegend zu. Die Vorinstanz gelangte in ihren Erwägungen zum
Schluss, die öffentlichen Interessen an der Wegweisung des Beschwerdeführers
würden seine privaten Interessen am Verbleib in der Schweiz überwiegen: Er habe
trotz der ihm eingeräumten Chancen jahrelang delinquiert, sei wirtschaftlich
und sozial unterdurchschnittlich integriert, und seine Rückfallprognose sei
schlecht. Mit den Gepflogenheiten seines Heimatlandes dürfte er dagegen noch
vertraut sein. Der Beschwerdeführer hält diesen Ausführungen nichts
Stichhaltiges entgegen. Soweit er - ohne sich zur Verhältnismässigkeit des
Widerrufs zu äussern - ausführt, er sei sehr motiviert, ein drogen- und
deliktfreies Leben zu führen, und es bestehe keine Rückfallgefahr, beschränkt
er sich auf rein appellatorische Kritik, auf welche nicht näher einzugehen ist
(vgl. E. 2.2 hiervor).

4.
Daraus ergibt sich, dass die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten abzuweisen ist, soweit darauf eingetreten werden kann.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist wegen Aussichtslosigkeit der
Beschwerde abzulehnen (Art. 64 BGG). Der unterliegende Beschwerdeführer hat die
Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen,
soweit darauf eingetreten wird.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Kantonsgericht Luzern, 4.
Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 27. Juli 2017

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Die Gerichtsschreiberin: Straub

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben