Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.411/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
2C_411/2017  
 
 
Urteil vom 31. Mai 2018  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Zünd, 
Bundesrichter Haag, 
Gerichtsschreiberin Mayhall. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.C.________, 
2. B.C.________, 
Beschwerdeführer, 
beide vertreten durch Rechtsanwalt und dipl. Steuerexperte Beat Hunziker, 
 
gegen  
 
Kantonales Steueramt Aargau, 
Steuerverwaltung des Kantons Graubünden. 
 
Gegenstand 
Kantons- und Gemeindesteuern 2009, Neuverlegung der Kosten, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 3.
April 2017 (WBE.2017.32). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.C.________ kaufte sich im Laufe des Jahres 2006 als unselbstständig
Erwerbender mit einem Betrag von Fr. 250'000.-- zur Finanzierung der
vorzeitigen Pensionierung in die Vorsorgestiftung zugunsten des Personals der
D.________ AG ein. Nachdem er von Januar bis März 2009 Taggelder der
Arbeitslosenversicherung bezogen hatte und sein Vorsorgekapital auf ein Konto
der Freizügigkeitsstiftung E.________ hatte überweisen lassen, liess er sich am
7. April 2009 sein angespartes Kapital in der Höhe von Fr. 3'451'562.--
auszahlen. Als Grund für die Barauszahlung gab er die Aufnahme einer
selbstständigen Erwerbstätigkeit an. Dazu hatte er am 5. Januar 2009 das
Einzelunternehmen F.________ mit Sitz in U.________ (AG) in das Handelsregister
eintragen lassen. Vor der Auszahlung hatte er sich am 1. April 2009 zusammen
mit seiner Ehefrau und den beiden Kindern bei der Einwohnerkontrolle U.________
ab- und in V.________ (GR) angemeldet. Am 1. Oktober 2009 meldete sich die
Familie erneut in U.________ an. Mit Verfügungen vom 7. September 2010
besteuerten das Gemeindesteueramt V.________ und die Steuerverwaltung des
Kantons Graubünden die Kapitalzahlung für die Gemeinde, den Kanton und den
Bund. Diese Verfügungen sind unangefochten in Rechtskraft erwachsen. Am 22. und
28. Februar 2013 besteuerte auch die Steuerkommission U.________ die erfolgte
Kapitalzahlung (Jahressteuer der Kantons- und Gemeindesteuern 2009 resp. der
direkten Bundessteuer 2009 von je Fr. 3'451'500.--), wogegen A.C.________
Einsprache erhob. Am 22. August 2013 veranlagte die Steuerkommission U.________
die Ehegatten betreffend die Kantons- und Gemeindesteuern 2009 zu einem
steuerbaren Einkommen von Fr. 3'421'400.-- und zu einem steuerbaren Vermögen
von Fr. 2'129'000.-- (satzbestimmend Fr. 2'764'000.--). Die Kapitalauszahlung
vom 7. April 2009 erfasste sie dabei abweichend von den im Februar 2013
erlassenen Verfügungen als übriges Einkommen, da sie die Aufnahme einer
selbstständigen Erwerbstätigkeit nicht als gegeben und damit die
Voraussetzungen für eine Barauszahlung nicht als erfüllt erachtete. Die dagegen
erhobenen Rechtsmittel blieben erfolglos (Einspracheentscheid der
Steuerkommission vom 30. Oktober 2013; Entscheid des Spezialverwaltungsgerichts
des Kantons Aargau, Abteilung Steuern, vom 25. Juni 2015; Urteil des
Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 27. Januar 2016). Am 2. März 2016
erhoben die Steuerpflichtigen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom
27. Januar 2016. Mit Urteil 2C_204/2016 vom 9. Dezember 2016 E. 3.5, E. 3.6
erwog das Bundesgericht, mangels Aufnahme einer selbstständigen
Erwerbstätigkeit habe kein Barauszahlungsgrund vorgelegen, weshalb die
Barauszahlung nicht zulässig gewesen sei; nicht abgeklärt habe die Vorinstanz
jedoch, ob die Steuerpflichtigen die Zahlung rückabwickeln wollten.
Entsprechend hiess das Bundesgericht mit Urteil 2C_204/2016 vom 9. Dezember
2016 die Beschwerde der Steuerpflichtigen gegen den Kanton Aargau gut, hob das
angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau auf und wies die
Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an den Kanton Aargau (Ziff.
1 des Dispositivs) sowie zur Neuverlegung der kantonalen Kosten- und
Entschädigungsfolgen an das Verwaltungsgericht (Ziff. 5 des Dispositivs)
zurück. Des Weiteren hiess das Bundesgericht mit Urteil 2C_204/2016 vom 9.
Dezember 2016 die Beschwerde gegen den Kanton Graubünden gut, soweit darauf
einzutreten war, und wies den Kanton Graubünden an, die Steuerveranlagungen
betreffend Kapitalzahlung im Jahr 2009 aufzuheben und die bereits bezogenen
Kantons- und Gemeindesteuern zurückzuerstatten. 
 
B.  
Mit Urteil vom 3. April 2017 erwog das Verwaltungsgericht, es selbst habe
lediglich über die Kostenverlegung der kantonalen Rechtsmittelverfahren zu
befinden, während die Abklärung der Frage einer allfälligen Rückzahlung der
Steuerkommission U.________ obliege, wie sich zwar nicht dem Dispositiv, aber
den Erwägungen des bundesgerichtlichen Urteils entnehmen lasse. Für eine
abweichende Verlegung der Kosten- und Entschädigungsfolgen der kantonalen
Rechtsmittelverfahren bestehe kein Anlass, weil der Steuerpflichtige während
des ganzen kantonalen Verfahrens keinen Antrag auf Rückabwicklung gestellt
habe. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 2. Mai 2017 an das
Bundesgericht beantragen die Steuerpflichtigen die kostenfällige Aufhebung des
Urteils des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 3. April 2017, die
Rückweisung an die Vorinstanz zu neuem Entscheid sowie eine Neuverlegung der
vor- und unterinstanzlichen Kosten- und Entschädigungsfolgen. 
Die Vorinstanz verzichtet auf eine Vernehmlassung und schliesst auf Abweisung
der Beschwerde. Die Steuerverwaltung des Kantons Graubünden, das kantonale
Steueramt des Kantons Aargau sowie die Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV
verzichten auf eine Vernehmlassung. 
Der Instruktionsrichter gab dem Beschwerdeführer Gelegenheit, zur Frage
Stellung zu nehmen, ob es sich beim angefochtenen Kostenentscheid des
Verwaltungsgerichts um einen End- oder einen derzeit nicht anfechtbaren
Zwischenentscheid handle. Der Beschwerdeführer nahm am 9. Mai 2018 Stellung und
führte aus, die Rückzahlung der Kapitalleistung sei bisher teilweise erfolgt
und der Restbetrag werde in absehbarer Zeit zurückbezahlt. Mit einem
neuerlichen gerichtlichen Verfahren sei nicht zu rechnen, beim Entscheid des
Verwaltungsgerichts handle es sich um einen Endentscheid. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Beschwerde richtet sich gegen einen auf Rückweisung durch das Bundesgericht
hin neu erlassenen Kostenentscheid einer letzten kantonalen Instanz in einer
Angelegenheit des öffentlichen Rechts. Zu prüfen ist vorab, ob der vorliegend
angefochtene kantonale Kostenentscheid als selbstständig eröffneter
Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG oder als Endentscheid im Sinne von 
Art. 90 BGG zu qualifizieren ist, sind doch  kantonale Zwischenentscheide vor
Bundesgericht nur unter der Voraussetzung anfechtbar, dass sie dem
Beschwerdeführer einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil rechtlicher Art
zufügen (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) oder die Gutheissung der Beschwerde sofort
einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit
oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1
lit. b BGG).  
 
2.  
 
2.1. Als Endentscheid ist ein Entscheid zu qualifizieren, der das Verfahren 
prozessual abschliesst (Art. 90 BGG), sei dies mit einem materiellen Entscheid
oder Nichteintreten, z.B. mangels Zuständigkeit (BGE 133 V 477 E. 4.1.1 S.
480); als Vor- und Zwischenentscheide gelten alle Entscheide, die das (Haupt-)
Verfahren nicht abschliessen und daher weder End- noch Teilentscheide sind; sie
können formell- oder materiellrechtlicher Natur sein (BGE 133 V 477 E. 4.1.3 S.
481). Rechtsmittelentscheide über Zwischenentscheide sind ihrerseits
Zwischenentscheide, es sei denn, sie würden das Hauptverfahren abschliessen.
Das gilt auch, wenn mit dem angefochtenen Entscheid auf eine Beschwerde gegen
eine Zwischenverfügung nicht eingetreten wird (Urteile 2C_475/2011, 2C_476/2011
vom 13. Dezember 2011 E. 2.1, unter Verweis auf die Urteile 4A_542/2009 vom 27.
April 2010 E. 3; 9C_740/2008 vom 30. Oktober 2008 E. 1).  
 
2.2. Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung folgt die  Zulässigkeit
einer Beschwerde an das Bundesgericht im Kostenpunkt derjenigen der Hauptsache 
(BGE 135 III 329 E. 1.2 S. 331; 138 III 94 E. 2.3 S. 95 f.; Urteil 2C_60/2011
vom 12. Mai 2011 E. 1; NICOLAS VON WERDT, in: Stämpfli's Handkommentar zum
Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2015, N. 14 zu Art. 92 BGG). Diese Einheit des
Urteils hat zur Folge, dass ein Entscheid, mit welchem eine obere  kantonale
Instanzeine Sache zu neuem Entscheid an eine untere kantonale Instanz
zurückweist und gleichzeitig über ihre eigenen Verfahrenskosten befindet,
hinsichtlich  des gesamten Entscheiddispositivs - einschliesslich des
Kostenpunktes - als ein  kantonaler Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG
zu qualifizieren ist (BERNARD CORBOZ, Commentaire de la Loi sur le Tribunal
fédéral, 2. Aufl. 2014, N. 9 zu Art. 90 BGG, N. 12 zu Art. 93 BGG); diese
Qualifikation ergeht ungeachtet dessen, dass  die betreffenden kantonalen
Verfahrenskosten anschliessend nicht mehr im Streit liegen (BGE 135 III 329 E.
1.2 S. 331). Die in einem (als Zwischenentscheid zu qualifizierenden) 
kantonalen Rückweisungsentscheid statuierten Kosten- und Entschädigungsfolgen
sind somit nur unter den Voraussetzungen von Art. 93 BGG beim Bundesgericht
anfechtbar (BGE 142 V 551 E. 3.2 S. 555 f.; 142 II 363 E. 1.1 S. 365 f., unter
Verweis auf BGE 139 V 604 E. 3.2 S. 607; BGE 135 III 329 E. 1 S. 331 ff.; BGE
133 V 645 E. 2.1 S. 647 f.). Wird die von der unteren Instanz auf Grund des
Rückweisungsentscheids erlassene neue Verfügung in der Sache nicht mehr
angefochten, kann direkt im Anschluss an diese neue Verfügung die
Kostenregelung im kantonalen Rückweisungsentscheid innert der Beschwerdefrist
von Art. 100 BGG beim Bundesgericht angefochten werden (BGE 137 V 57 E. 1.1 S.
59; 135 III 329 E. 1.2.2 S. 333; 133 V 645 E. 2.2 S. 648); fristauslösend für
diese Anfechtung ist das Eröffnungs- bzw. Zustellungsdatum der neuen
unterinstanzlichen Verfügung (BGE 142 II 363 E. 1 S. 365 ff.).  
 
2.3. Das Nämliche gilt, wenn wie vorliegend nicht eine kantonale Instanz,
sondern das Bundesgericht einen Entschied aufhebt, die Sache zur Neubeurteilung
an die Verwaltung zurückweist und zugleich die Vorinstanz anweist, die Kosten
für das vorangegangene Verfahren neu festzulegen, und in der Folge die
Vorinstanz, bevor ein Endentscheid in der Sache vorliegt, diesen
Kostenentscheid fällt; auch in dieser Konstellation ist der vorinstanzliche
Entscheid über die Kostenverlegung nur ein Zwischenschritt im gesamten
Verfahrensablauf (Urteile 9C_117/2010 vom 23. Juli 2010 E. 2.3; 8C_980/2010 vom
16. Februar 2011 E. 2.3; 2C_60/2011 vom 12. Mai 2011 E. 1; 8C_86/2012 vom 2.
Juli 2012 E. 2.3 sowie 8C_324/2012 vom 16. August 2012 E. 2.3). Endentscheid
wird die neue Veranlagungsverfügung sein. Wird diese neue Verfügung in der
Sache nicht mehr angefochten, kann direkt im Anschluss an diese neue Verfügung
die Neuverlegung der Kosten- und Entschädigungsfolgen im Urteil des
Verwaltungsgerichts Kantons Aargau vom 3. April 2017 innert der Beschwerdefrist
von Art. 100 BGG beim Bundesgericht angefochten werden (vgl. oben, E. 2.2 in
fine).  
 
2.4. Die Voraussetzungen für eine sofortige Anfechtung des Zwischenentscheids
sind nicht gegeben. Weder droht dem Beschwerdeführer ein nicht
wiedergutzumachender Nachteil noch liesse sich mit der Gutheissung der
Beschwerde ein Endentscheid herbeiführen, der ein weitläufiges Beweisverfahren
ersparen würde.  
 
3.  
Auf die Beschwerde ist daher nicht einzutreten. 
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten den Beschwerdeführern zu
gleichen Teilen und unter solidarischer Haftbarkeit aufzuerlegen (Art. 66 Abs.
1 und Abs. 5 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird nicht
eingetreten. 
 
2.   
Die Gerichtskosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 3'000.-- werden
den Beschwerdeführern zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung
auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Aargau und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich
mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 31. Mai 2018 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Die Gerichtsschreiberin: Mayhall 

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