Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.408/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
2C_408/2017  
 
 
Urteil vom 12. Februar 2018  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Donzallaz, Stadelmann, 
Gerichtsschreiberin Petry. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, Beschwerdeführer, 
vertreten durch Fürsprecher Sararard Arquint, 
 
gegen  
 
Migrationsamt des Kantons Thurgau, Langfeldstrasse 53a, 8500 Frauenfeld, 
Departement für Justiz und Sicherheit des Kantons Thurgau, 
Regierungsgebäude, 8510 Frauenfeld. 
 
Gegenstand 
Widerruf der Niederlassungsbewilligung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom
22. Februar 2017 (VG.2016.85/E). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. A.________ (geb. 1980) ist mazedonischer Staatsangehöriger. Er reiste am
1. November 1986 im Rahmen des Familiennachzugs in die Schweiz ein. Im August
2000 heiratete er die Landsfrau B.________. Aus der Ehe sind drei Kinder
hervorgegangen (geb. 2002, 2007 und 2009). Sowohl die Eltern als auch die
Kinder verfügen über eine Niederlassungsbewilligung.  
 
A.b. Mit Verfügung vom 17. Februar 2010 wurde A.________ vom Migrationsamt des
Kantons Thurgau (hiernach: Migrationsamt) ausländerrechtlich verwarnt. Zur
Begründung wurde angeführt, dass zwischen 2002 und 2009 gegen ihn acht
Strafbefehle bzw. Strafverfügungen vorwiegend wegen Strassenverkehrsdelikten
ergangen waren (Verurteilungen zu Bussen in Höhe von insgesamt Fr. 2'370.--
bzw. zu einer bedingten Geldstrafe von fünf Tagessätzen zu je Fr. 50.-- bei
einer Probezeit von vier Jahren). Zudem sei er seinen finanziellen
Verpflichtungen nicht nachgekommen (Betreibungen in Höhe von über Fr.
132'000.-- und offene Verlustscheine im Gesamtbetrag von über Fr. 131'000.--).
Zu einem späteren Zeitpunkt erhielt das Migrationsamt davon Kenntnis, dass
gegen A.________ noch vor der Verwarnung weitere elf Straferkenntnisse ergangen
waren, wobei es sich ausschliesslich um Widerhandlungen gegen das
Strassenverkehrsgesetz handelte.  
Auch nach der Verwarnung ergingen erneut drei Strafbefehle wegen
Strassenverkehrsdelikten gegen A.________. 
Mit Urteil des Bezirksgerichts Frauenfeld vom 10. Juni 2013 wurde A.________
wegen Übertretung, Vergehen und Verbrechen gegen das Betäubungsmittelgesetz und
wegen mehrfacher Nichtabgabe entzogener Kontrollschilder, begangen zwischen
November 2009 und November 2011, mit einer bedingten Freiheitsstrafe von 24
Monaten bei einer Probezeit von vier Jahren sowie mit einer Busse von Fr.
600.-- bestraft. Gleichzeitig wurde die am 16. November 2009 bedingt
ausgesprochene Geldstrafe von fünf Tagessätzen widerrufen. 
 
B.  
Mit Verfügung vom 5. Januar 2016 widerrief das Migrationsamt die
Niederlassungsbewilligung von A.________. Ein dagegen erhobener Rekurs beim
Departement für Justiz und Sicherheit des Kantons Thurgau blieb erfolglos
(Entscheid vom 17. Mai 2016). Die dagegen erhobene Beschwerde wies das
Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau mit Urteil vom 22. Februar 2017
ebenfalls ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________
die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Rückweisung der Streitsache an
das Migrationsamt zur weiteren Sachverhaltsabklärung. Eventualiter sei der
vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und A.________ die
Niederlassungsbewilligung auszustellen. Zudem beantragt er die unentgeltliche
Rechtspflege und Verbeiständung vor Bundesgericht. 
Während das Staatssekretariat für Migration auf Vernehmlassung verzichtet,
beantragen sämtliche Vorinstanzen die Abweisung der Beschwerde. 
Mit Verfügung vom 4. Mai 2017 wurde der Beschwerde antragsgemäss aufschiebende
Wirkung zuerkannt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Gegen den Entscheid eines oberen kantonalen Gerichts betreffend den Widerruf
der Niederlassungsbewilligung steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten offen (Art. 82 lit. a und Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 BGG
), weil grundsätzlich ein Anspruch auf den Fortbestand der
Niederlassungsbewilligung gegeben ist (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG e contrario;
BGE 135 II 1 E. 1.2.1 S. 4). Die Beschwerde wurde unter Einhaltung der
gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und Form (Art. 42 BGG) eingereicht und
der Beschwerdeführer ist zur Erhebung des Rechtsmittels legitimiert (Art. 89
Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist
einzutreten. 
 
2.  
 
2.1. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG
), prüft jedoch unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und
Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) nur, was ausdrücklich geltend
gemacht wird, sofern rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (vgl.
BGE 142 I 135 E. 1.5 S. 144). Es legt seinem Urteil den von der Vorinstanz
festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser
sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne
von Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 139 II 404 E. 10.1 S. 445). Die
betroffene Person muss rechtsgenügend dartun, dass und inwiefern der
festgestellte Sachverhalt in diesem Sinne mangelhaft erscheint und die Behebung
des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs.
1 i.V.m. Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.3
S. 254 f.). Rein appellatorische Kritik an der Sachverhaltsermittlung und an
der Beweiswürdigung genügt den Begründungs- bzw. Rügeanforderungen nicht (BGE
139 II 404 E. 10.1 S. 445).  
 
2.2. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als
erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Echte
Noven, d.h. Tatsachen und Beweismittel, die erst nach dem angefochtenen
Entscheid entstanden sind, sind unzulässig (BGE 143 V 19 E. 1.2 S. 23 mit
Hinweisen). Das Migrationsamt hat neue Aktenstücke eingereicht. Die nach dem
angefochtenen Urteil vom 22. Februar 2017 datierenden Unterlagen (u.a.
Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Frauenfeld vom 11. April 2017 oder das
Scheidungsurteil vom 7. November 2017) sind echte Noven und damit unbeachtlich.
Allfällig zulässige unechte Noven werden soweit entscheidwesentlich im Rahmen
nachfolgender Erwägungen berücksichtigt.  
 
3.  
 
3.1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches
Gehör. Die Vorinstanz hätte ihn mündlich anhören müssen, um einen persönlichen
Eindruck von ihm zu gewinnen. Um die Interessen der Kinder effektiv ins
Verfahren einfliessen zu lassen, hätten auch die Ehefrau und die Kinder befragt
werden müssen.  
 
3.2. Der Gehörsanspruch (Art. 29 Abs. 2 BV) umfasst namentlich das Recht der
betroffenen Person, sich vor Erlass eines in ihre Rechtsstellung eingreifenden
Entscheids zur Sache zu äussern sowie das Recht auf Abnahme der angebotenen
rechtserheblichen Beweismittel (vgl. BGE 133 I 270 E. 3.1 S. 277). Der Anspruch
auf rechtliches Gehör schliesst indes grundsätzlich kein Recht auf mündliche
Anhörung ein (BGE 134 I 140 E. 5.3 S. 148; 130 II 425 E. 2.1 S. 428 f.). Auch
lässt sich daraus keine allgemeine Pflicht der Behörde zur Abnahme aller
angebotenen Beweise und zur Würdigung sämtlicher Argumente ableiten. So kann
ein Beweisantrag abgelehnt werden, wenn die Verwaltungs- oder Gerichtsbehörde
sich ihre Meinung aufgrund zuvor erhobener Beweise bereits bilden konnte und
sie ohne Willkür in vorweggenommener, antizipierter Beweiswürdigung annehmen
darf, die gewonnene Überzeugung werde durch weitere Beweiserhebungen nicht
erschüttert (BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236; 134 I 140 E. 5.3 S. 148; 131 I 153 E.
3 S. 157).  
 
3.3. Das Verwaltungsgericht hat sich bei der Beurteilung der Situation des
Beschwerdeführers mit den Akten auseinandergesetzt und keine wesentlichen
Umstände ausser Acht gelassen. Das Bundesgericht verkennt nicht, dass es sich
für ein Gericht je nach Konstellation als notwendig erweisen kann, sich im
Rahmen einer mündlichen Anhörung einen unmittelbaren persönlichen Eindruck
einer Person zu verschaffen (vgl. BGE 142 I 188 E. 3.3 S. 193). Im vorliegenden
Fall hatte das Verwaltungsgericht jedoch genügend relevante Informationen zur
Verfügung, um sich ohne zusätzliche Anhörung ein Bild über die persönliche und
familiäre Situation des Beschwerdeführers zu machen. Bezüglich des Einwands,
die Vorinstanz hätte im Hinblick auf Art. 12 des Übereinkommens vom 20.
November 1989 über die Rechte des Kindes (KRK; SR 0.107) die Kinder anhören
müssen, hat das Bundesgericht entschieden, dass im ausländerrechtlichen
Verfahren hiervon abgesehen werden kann, wenn die zu den Anliegen der Eltern
parallel liegenden Kindesinteressen durch ihre Eltern eingebracht werden,
sofern der rechtserhebliche Sachverhalt auch ohne die persönliche Anhörung
rechtsgenüglich festgestellt werden kann (vgl. BGE 124 II 361 E. 3c S. 368;
Urteil 2C_222/2017 vom 29. November 2017 E. 6.5 mit Hinweisen). Der anwaltlich
vertretene Beschwerdeführer hatte im gesamten kantonalen Verfahren die
Möglichkeit, Stellung zu nehmen und die Kindesinteressen angemessen in das
Verfahren einzubringen. Diese wurden auch von der Vorinstanz in ihre Würdigung
miteinbezogen (vgl. E. 4.4 des angefochtenen Entscheids). Der Beschwerdeführer
behauptet, dass aufgrund der Verweigerung einer mündlichen Verhandlung
wesentliche Teile der Sachverhaltsfeststellungen fehlen würden. Seinen
Ausführungen lässt sich aber nicht ansatzweise entnehmen, welche neuen
entscheidwesentlichen Informationen, die er nicht hätte schriftlich einbringen
können bzw. die sich nicht bereits aus den Akten ergeben, durch seine mündliche
Anhörung bzw. eine Befragung seiner Ehefrau oder seiner Kinder hätten gewonnen
werden können. Insbesondere ist entgegen seiner Auffassung nicht ersichtlich,
inwiefern eine mündliche Befragung zur Abklärung seiner finanziellen Situation
hätte beitragen können. Ebenso wenig hat die Vorinstanz in Frage gestellt, dass
der Beschwerdeführer eine intakte Beziehung zu seinen Kindern unterhält.
Insgesamt hat das Verwaltungsgericht somit keine willkürliche antizipierte
Beweiswürdigung vorgenommen, indem es auf eine persönliche Anhörung des
Beschwerdeführers bzw. seiner Familie verzichtet hat. Die Rüge der Verletzung
des rechtlichen Gehörs erweist sich als unbegründet.  
 
4.  
 
4.1. Die Niederlassungsbewilligung kann widerrufen werden, wenn die
ausländische Person zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe, d.h. zu einer
solchen von mehr als einem Jahr, verurteilt worden ist (Art. 63 Abs. 1 lit. a
i.V.m. Art. 62 Abs. 1 lit. b AuG [SR 142.20]; BGE 139 I 31 E. 2.1 S. 36). Keine
Rolle spielt, ob die Sanktion bedingt, teilbedingt oder unbedingt ausgesprochen
wurde (BGE 139 I 16 E. 2.1 S. 18; 139 I 31 E. 2.1 S. 32). Der Widerrufsgrund
von Art. 62 Abs. 1 lit. b AuG gilt auch für Personen, welche - wie der
Beschwerdeführer - mehr als 15 Jahre ununterbrochen und ordnungsgemäss in der
Schweiz gelebt haben (vgl. Art. 63 Abs. 2 AuG).  
 
4.2. Aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer
bedingten Freiheitsstrafe von 24 Monaten ist vorliegend der Widerrufsgrund von 
Art. 63 Abs. 1 lit. a AuG erfüllt. Die Vorinstanz erachtete zudem auch den
Widerrufsgrund gemäss Art. 63 Abs. 1 lit. b AuG (schwerwiegender Verstoss gegen
die öffentliche Sicherheit und Ordnung) als gegeben.  
Der Beschwerdeführer bestreitet zwar nicht, dass mit seiner Verurteilung zu
einer längerfristigen Freiheitsstrafe das Kriterium von Art. 63 Abs. 1 lit. a
i.V.m. Art. 62 Abs. 1 lit. b AuG "formal erfüllt" ist. Er verneint aber das
Vorliegen von Widerrufsgründen mit dem Argument, die dem Urteil zugrunde
liegende Delinquenz liege mehr als sechs Jahre zurück. Zudem habe das
Migrationsamt erst zweieinhalb Jahre nach seiner strafrechtlichen Verurteilung
den Widerruf verfügt. Schliesslich sei auch die Höhe der Schulden nicht
ausgewiesen. Die Kritik des Beschwerdeführers stellt im Grunde genommen die
Verhältnismässigkeit der Massnahme in Frage. Darauf wird in den nachfolgenden
Erwägungen eingegangen. 
 
4.3. Bei der Prüfung der Verhältnismässigkeit des Widerrufs im Sinne von Art.
96 Abs. 1 AuG bzw. Art. 8 Ziff. 2 EMRK sind insbesondere die Art und Schwere
der vom Betroffenen begangenen Straftaten und des Verschuldens, der Grad der
Integration bzw. die Dauer der bisherigen Anwesenheit in der Schweiz sowie die
dem Betroffenen und seiner Familie drohenden Nachteile zu berücksichtigen.
Keines dieser Elemente ist für sich allein ausschlaggebend; erforderlich ist
eine Würdigung der gesamten Umstände im Einzelfall (BGE 135 II 110 E. 2.1 S.
112). Die Niederlassungsbewilligung eines Ausländers, der sich - wie der
Beschwerdeführer - schon seit langer Zeit im Land aufhält, soll praxisgemäss
nur mit Zurückhaltung widerrufen werden. Dies gilt angesichts ihrer besonderen
Verwurzelung in den hiesigen Verhältnissen vor allem für ausländische Personen
der zweiten Generation (vgl. Urteil 2C_896/2014 vom 25. April 2015 E. 2.4). Bei
wiederholter bzw. schwerer Straffälligkeit kann sich jedoch ein Widerruf selbst
dann rechtfertigen, wenn der Betroffene hier geboren ist und sein ganzes
bisheriges Leben im Land verbracht hat. Bei schweren Straftaten, Rückfall und
wiederholter Delinquenz besteht - überwiegende private oder familiäre Bindungen
vorbehalten - regelmässig ein wesentliches öffentliches Interesse daran, die
weitere Anwesenheit der Täterin oder des Täters zu beenden, soweit sie
hochwertige Rechtsgüter verletzt oder in Gefahr gebracht haben bzw. sich von
straf- und ausländerrechtlichen Massnahmen nicht beeindrucken lassen und damit
zeigen, dass sie auch künftig weder gewillt noch fähig erscheinen, sich an die
hiesige Rechtsordnung zu halten (vgl. BGE 139 I 16 E. 2.1 S. 18 f., 31 E. 2.1
S. 32 f., 137 II 297 E. 3.3 S. 304).  
 
4.4. Die vorinstanzliche Interessenabwägung hält einer rechtlichen Überprüfung
stand. Das Verwaltungsgericht hat die entgegenstehenden Interessen gewichtet
und gegeneinander abgewogen. Es hat sodann einlässlich begründet, warum
vorliegend die privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in der
Schweiz hinter dem öffentlichen Interesse an seiner Wegweisung zurückzutreten
haben.  
 
4.4.1. Mit Urteil des Bezirksgerichts Frauenfeld vom 10. Juni 2013 wurde der
Beschwerdeführer wegen Verbrechen und Vergehen gegen das Betäubungsmittelgesetz
sowie mehrfachen Missbrauchs von Ausweisen und Schildern (begangen zwischen
2009 und 2011) zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten, bedingt erlassen bei
einer Probezeit von vier Jahren, und zu einer Busse von Fr. 600.-- verurteilt.
Mit Bezug auf die Hauptdelikte kann der Anklageschrift entnommen werden, dass
der Beschwerdeführer am 4. Juni 2010 zusammen mit seinem Onkel 300 Gramm
Kokain, welches dieser zuvor in Belgien gekauft hatte, sowie ca. 285 Gramm
Streckmittel in die Schweiz eingeführt hat. Zudem hatte er zwischen November
2009 und Mai 2010 insgesamt ca. 250 Gramm Kokain für Fr. 15'000.-- in Zürich
gekauft, davon in Frauenfeld ca. 200 Gramm an verschiedene Personen
weiterverkauft und die restlichen 50 Gramm mit einer weiteren Person selbst
konsumiert. Schliesslich wurden Anfang Juni 2010 in einer vom Beschwerdeführer
neu gegründeten Firma in Frauenfeld 786 Gramm Amphetamingemisch und 353 Gramm
Heroin aufbewahrt. Die Straftat des Beschwerdeführers bildet im Sinne von Art.
121 Abs. 3 BV seit dem 1. Oktober 2016 eine Anlasstat für eine obligatorische
Landesverweisung (Art. 66a Abs. 1 lit. o StGB). Auch wenn diese Neuregelung
nicht rückwirkend auf den Beschwerdeführer Anwendung findet, kommt darin zum
Ausdruck, dass der Verfassungs- und Gesetzgeber Betäubungsmitteldelikte als
besonders verwerflich erachtet, was bei der Interessenabwägung berücksichtigt
werden darf.  
Erschwerend kommt vorliegend hinzu, dass es sich nicht um eine einmalige
Verfehlung des Beschwerdeführers handelt. Insgesamt sind rund 20 weitere
Delikte aktenkundig. Wohl trifft zu, dass diese Widerhandlungen schon einige
Zeit zurückliegen und mehrheitlich als geringfügig bezeichnet werden können.
Jedoch lässt die Häufung der Verfehlungen darauf schliessen, dass der
Beschwerdeführer offensichtlich Mühe bekundet, sich an die hiesige
Rechtsordnung zu halten. 
Negativ fällt sodann ins Gewicht, dass der Beschwerdeführer im Februar 2010
ausländerrechtlich verwarnt worden war, wobei ihm das Migrationsamt
unmissverständlich den Widerruf der Niederlassungsbewilligung in Aussicht
stellte für den Fall, dass sein Verhalten weiterhin Anlass zu schweren Klagen
geben sollte. Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, die Verwarnung liege
etwa gleich lange zurück wie die in Frage stehende Delinquenz und sich die
Situation seitdem beruhigt habe, kann ihm nicht gefolgt werden. Die Verwarnung
vom 17. Februar 2010 hat den Beschwerdeführer nicht davon abgehalten, auch
danach weiter zu delinquieren, verübte er doch die der verfahrensauslösenden
Verurteilung zugrunde liegenden Straftaten bis im November 2011. 
 
4.4.2. Zu beachten ist ferner, dass sich die Schuldensituation des
Beschwerdeführers seit der Verwarnung - welche auch aufgrund der Nichterfüllung
finanzieller Verpflichtungen ausgesprochen worden war - nicht verbessert hat.
Der Beschwerdeführer macht in diesem Zusammenhang geltend, die Höhe der
Verlustscheine und betriebenen Forderungen sei offensichtlich falsch berechnet
worden. Verlässliche Angaben über die Höhe der tatsächlich bestehenden Schulden
würden fehlen. Die Vorinstanz wäre verpflichtet gewesen, die Höhe der effektiv
bestehenden Schulden zu berechnen.  
 
Die Vorinstanz hält in sachverhaltlicher Hinsicht fest, der Beschwerdeführer
sei beim Betreibungsamt U.________ per 20. April 2016 mit Betreibungen über
Forderungen von insgesamt Fr. 628'058.35 und mit Verlustscheinen in Höhe von
total Fr. 656'835.65 verzeichnet gewesen. 
Die Vorinstanz nimmt dabei Bezug auf das Dokument "Schuldner-Informationen" des
Betreibungsamtes U.________ vom 20. April 2016. Dieses enthält eine Aufstellung
über sämtliche zwischen dem 1. Januar 2011 und dem 20. April 2016 in Betreibung
gesetzte Beträge, woraus sich ein Gesamtbetrag in Höhe von Fr. 628'058.35
ergibt. Diese Auflistung sämtlicher Betreibungshandlungen vermag keine präzisen
Informationen über das effektive Ausmass der Schulden des Beschwerdeführers zu
geben. Dasselbe gilt für das beigelegte Verlustschein-Journal, welches
Operationen im Gesamtbetrag von Fr. 656'835.65 verzeichnet, worunter jedoch
auch gelöschte Verlustscheine fallen. Mehr Aufschluss über die
Schuldensituation des Beschwerdeführers liefern die in den Akten befindlichen
Auszüge aus dem Betreibungsregister des Betreibungsamtes U.________ (Art. 105
Abs. 2 BGG). Gemäss Auszug vom 28. Januar 2016 waren zu diesem Zeitpunkt 420
betreibungsrechtliche Ereignisse in Höhe von über Fr. 200'000.-- und 35 offene
Verlustscheine aus Pfändungen über einen Gesamtbetrag von ebenfalls rund Fr.
200'000 verzeichnet. Betreffend die Firma "C.________ GmbH", deren alleiniger
Geschäftsführer der Beschwerdeführer ist, waren zum damaligen Zeitpunkt
Betreibungen im Umfang von über Fr. 20'000.-- verzeichnet. In Bezug auf die
inzwischen aufgelöste Firma des Beschwerdeführers "D.________ GmbH" waren
gemäss Auszug vom 9. November 2015 Betreibungen in Höhe von rund Fr. 200'000.--
und 3 offene Verlustscheine aus Pfändungen im Gesamtbetrag von über Fr.
15'000.-- registriert. Dem Beschwerdeführer ist zwar darin zuzustimmen, dass
die Betrachtung seiner Schuldensituation durch die Vorinstanz insgesamt zu kurz
greift. Nichtsdestoweniger ergibt sich aus den Akten, dass er nach wie vor hoch
verschuldet ist. Zudem handelt es sich dabei nicht nur um ältere Schulden,
sondern auch um neu, d.h. nach der Verwarnung, entstandene Schulden. Der
Beschwerdeführer behauptet zwar, grosse Bemühungen an den Tag zu legen, um aus
der Schuldenspirale herauszukommen. Er zeigt aber nicht auf, welche konkreten
Anstrengungen er diesbezüglich ergriffen haben will (z.B. Schuldenberatung,
Abzahlungsvereinbarungen, etc.). Seine Vorbringen bleiben insgesamt vage und
unsubstantiiert. 
 
Aus dem Umstand, dass das Migrationsamt den Widerruf erst zweieinhalb Jahre
nach der strafrechtlichen Verurteilung verfügte, kann der Beschwerdeführer
entgegen seiner Auffassung nichts zu seinen Gunsten ableiten, kann ihm doch für
diesen Zeitraum kein Wohlverhalten bescheinigt werden: Zum einen ist gegen ihn
ein weiterer Strafbefehl ergangen und zum andern hat er in dieser Zeit weitere
Schulden angehäuft (vgl. Auszug aus dem Betreibungsregister vom 28. Januar
2016). 
Bei dieser Sachlage ist es deshalb im Ergebnis nicht zu beanstanden, wenn die
Vorinstanz nicht nur mit Blick auf die Delinquenz, sondern auch in Anbetracht
der Schuldensituation des Beschwerdeführers von einem gewichtigen öffentlichen
Interesse an der Aufenthaltsbeendigung ausgegangen ist. 
 
4.5. Dieses öffentliche Interesse kann nur durch entsprechend gewichtige
private Interessen aufgewogen werden, d.h. wenn aussergewöhnlich schwerwiegende
Umstände gegen eine Wegweisung sprechen würden. Zu prüfen bleiben in diesem
Zusammenhang die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers.  
 
4.5.1. Der Beschwerdeführer kam im Alter von sechs Jahren in die Schweiz und
lebte im Zeitpunkt des angefochtenen Urteils seit über 30 Jahren hier. Aufgrund
dieser langen Aufenthaltsdauer stellt der Widerruf der
Niederlassungsbewilligung zweifellos eine besondere Härte dar. Mit Blick auf
die Delinquenz im Betäubungsmittelbereich und die jahrelange Missachtung seiner
finanziellen Pflichten drängt sich jedoch der Schluss auf, dass die Länge der
Aufenthaltsdauer in keiner Weise mit der sozialen und wirtschaftlichen
Integration des Beschwerdeführers korreliert. Sowohl als Privatperson wie auch
im Rahmen seiner Geschäftstätigkeiten hat er sich massiv verschuldet. Er
behauptet zwar, durchgehend arbeitstätig zu sein und über ein hinreichendes
Einkommen zu verfügen. Seine spärlichen Angaben hierzu lassen jedoch keine
stabile berufliche Integration bzw. günstige wirtschaftliche Perspektive
erkennen.  
Den Kontakt zu seinem Heimatland Mazedonien hat der Beschwerdeführer nicht
abgebrochen. Er spricht die Landessprache und hat dort Verwandte (u.a. die
Eltern). Der mit 37 Jahren noch vergleichsweise junge Beschwerdeführer ist in
der Lage, sich bei einer Rückkehr ein soziales Umfeld aufzubauen. Die
schulischen und beruflichen Kenntnisse, die er sich in der Schweiz aneignen
konnte, befähigen ihn dazu, in der Heimat wirtschaftlich Fuss zu fassen.
Insgesamt hat es der Beschwerdeführer in der Hand, sich in der Heimat eine neue
Existenz aufzubauen, auch wenn dies mit einiger Anstrengung verbunden ist. 
 
4.5.2. Auch die Würdigung der familiären Verhältnisse führt zu keinem anderen
Ergebnis. Der (inzwischen von seiner Ehefrau geschiedene) Beschwerdeführer ist
Vater von drei Kindern im Alter von acht, zehn und 15 Jahren. Mit Blick auf die
Angaben des Beschwerdeführers ist davon auszugehen, dass im Falle seiner
Wegweisung seine hier geborenen und niederlassungsberechtigten Kinder bei der
ebenfalls niederlassungsberechtigten Mutter in der Schweiz bleiben und nicht
ihrem Vater ins Heimatland folgen würden. Damit wäre zwar die Betreuung der
Kinder durch einen Elternteil gewährleistet, jedoch die Beziehung zwischen
Vater und Kindern erheblichen Einschränkungen unterworfen. Das Bundesgericht
misst dem Interesse an einer intakten Eltern-Kind-Beziehung im Rahmen der
Prüfung der Verhältnismässigkeit einer aufenthaltsbeendenden Massnahme eine
zentrale Bedeutung zu (vgl. BGE 139 I 315 E. 2.4 S. 320; EGMR-Urteil vom 8.
November 2016 El Ghatet gegen Schweiz [Nr. 56971/10] § 46 f. mit Hinweisen). Je
schwerer aber die begangenen Verstösse wiegen, desto eher vermag das
öffentliche Interesse an einer Ausreise des Betroffenen selbst das Interesse
seiner Kinder zu überwiegen, mit ihm hier aufwachsen zu können (vgl. Urteil
2C_503/2014 vom 25. November 2014 E. 4.4.3 mit Hinweisen). Diese Gewichtung
erscheint auch mit Blick darauf angezeigt, dass der Umstand, wonach ein Kind
bei einem Elternteil aufwachsen kann, nicht einfach pauschal als immer positiv
für das Kindeswohl qualifiziert werden kann, sondern insbesondere ein
Zusammenleben von Kindern mit delinquenten und sozial nicht eingegliederten
Elternteilen unter Umständen das Kindeswohl auch negativ beeinflussen kann
(Urteil 2C_208/2016 vom 21. Dezember 2016 E. 5.3.2 mit Hinweis). Der
Beschwerdeführer wurde trotz ausländerrechtlicher Verwarnung und stabiler
Familienverhältnisse als Vater von drei Kindern in einem besonders sensiblen
Bereich straffällig und hat erhebliche Schulden angehäuft. Er hat somit durch
sein Verhalten den Fortbestand seines Familienlebens in der Schweiz
selbstverschuldet und mutwillig aufs Spiel gesetzt hat. Daher hat er es
hinzunehmen, wenn die familiären Beziehungen künftig nur noch unter erschwerten
Bedingungen gelebt werden können (vgl. BGE 129 II 215 E. 3.4 und 4.1 S. 218).
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass ein Bewilligungswiderruf
die Erteilung einer neuen Aufenthaltsbewilligung für den Beschwerdeführer nicht
zwingend ein für alle Mal verunmöglicht. Unter gewissen Voraussetzungen kann
nach einer angemessenen Bewährungsdauer im Heimatland eine Neubeurteilung durch
die zuständigen Migrationsbehörden angezeigt sein (vgl. Urteil 2C_734/2014 vom
2. Februar 2015 E. 4.2.3 mit Hinweisen).  
 
4.6. Die privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in der Schweiz
sind wegen seiner langen Anwesenheit und insbesondere mit Blick auf seine hier
lebende Familie insgesamt sehr bedeutend. In einer Gesamtbetrachtung überwiegen
sie jedoch nicht das öffentliche Interesse an der Beendigung seines
Aufenthalts. Der Widerruf der Niederlassungsbewilligung ist somit konventions-
und bundesrechtskonform.  
 
5.  
 
5.1. Die Beschwerde erweist sich folglich als unbegründet und ist abzuweisen.  
 
5.2. Der Beschwerdeführer hat in seiner Beschwerdeschrift um Gewährung der
unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung ersucht. Da er jedoch keine
Unterlagen zu seinen finanziellen Verhältnissen eingereicht hat, wurde ihm eine
Frist zur Zahlung des Kostenvorschusses angesetzt mit dem Hinweis, dass der
Bedürftigkeitsnachweis innert der Zahlungsfrist erbracht werden könne. Da der
Beschwerdeführer den Kostenvorschuss innert Frist geleistet hat, ist von einem
konkludenten Rückzug des Gesuchs auf unentgeltliche Rechtspflege und
Verbeiständung auszugehen.  
 
5.3. Dem Verfahrensausgang entsprechend wird der unterliegende Beschwerdeführer
kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG).  
 
5.4. Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 1-3 BGG).  
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Thurgau und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich
mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 12. Februar 2018 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Die Gerichtsschreiberin: Petry 

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