Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.401/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
2C_401/2017  
 
 
Urteil vom 26. März 2018  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Donzallaz, Stadelmann. 
Gerichtsschreiberin Petry. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Peter Wicki, 
 
gegen  
 
Amt für Migration des Kantons Luzern, 
Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern. 
 
Gegenstand 
Aufenthaltsbewilligung, Wegweisung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern, 4. Abteilung, vom 6.
März 2017 
(7H 16 170/7U 16 28). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. A.________ (geb. 1980) ist österreichischer Staatsbürger. Gestützt auf
eine befristete Kurzaufenthaltsbewilligung hielt er sich von Oktober 2002 bis
Frühjahr 2003 in der Schweiz auf. Am 2. Oktober 2003 erteilte ihm der Kanton
Zürich eine Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit.
Diese wurde im Jahr 2005 widerrufen. Ein dagegen eingeleitetes Rekursverfahren
wurde im Dezember 2008 als gegenstandslos abgeschrieben, weil A.________ im
Juli 2006 in den Kanton Luzern gezogen war. Dort wurde ihm im Juli 2011 eine
Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA ausgestellt.  
Seit seiner Einreise in die Schweiz hielt er sich wiederholt stationär in
psychiatrischen Kliniken auf. 
 
A.b. Mit Verfügung vom 26. Oktober 2011 wurde A.________ vom Migrationsamt des
Kantons Luzern (hiernach: Migrationsamt) aufgrund von zahlreichen
strafrechtlichen Verfehlungen ausländerrechtlich verwarnt. Gegen den
Betroffenen waren zwischen April 2004 und September 2011 mehr als 15
Strafbefehle bzw. Strafverfügungen u.a. wegen Hausfriedensbruchs, Diebstahls,
Widerhandlungen gegen das Transport- und Betäubungsmittelgesetz bzw. Gewalt und
Drohung gegen Beamte ergangen, wobei er insgesamt zu Geldstrafen von 50
Tagessätzen zu je Fr. 30.--, fünf Tagessätzen zu je Fr. 50.-- und Bussen von
insgesamt über Fr. 3'000.-- verurteilt worden war (vgl. Verfügung des
Migrationsamtes vom 11. Mai 2015; Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
A.c. In der Folge wurde A.________ erneut straffällig. Zwischen April 2012 und
April 2014 wurde er wiederum mehr als 15 Mal u.a. wegen Hausfriedensbruchs,
geringfügigen Diebstahls, Tätlichkeiten, Sachbeschädigung sowie Widerhandlungen
gegen die Transportgesetzgebung zu Freiheitsstrafen von insgesamt 47 Tagen,
Geldstrafen von 107 Tagessätzen zu je Fr. 30.--, 30 Tagessätzen zu je Fr. 50.--
und 20 Tagessätzen zu je Fr. 70.-- sowie zu Bussen in Höhe von rund Fr.
2'000.-- verurteilt (vgl. Verfügung des Migrationsamtes vom 11. Mai 2015; Art.
105 Abs. 2 BGG).  
 
A.d. Mit Urteil des Kriminalgerichts des Kantons Luzern vom 6. August 2014
wurde A.________ wegen mehrfach versuchter räuberischer Erpressung, versuchter
Erpressung, Diebstahls, versuchten Diebstahls sowie mehrfachen
Hausfriedensbruchs (begangen zwischen August 2013 und Januar 2014) zu einer
Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt, aufgeschoben zu Gunsten einer
stationären Massnahme nach Art. 59 StGB.  
 
B.  
Mit Verfügung vom 11. Mai 2015 widerrief das Migrationsamt die
Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA von A.________ und wies ihn für den Zeitpunkt
seiner Entlassung aus dem Strafvollzug bzw. aus der stationären Massnahme aus
der Schweiz weg. Mit Entscheid der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde
B.________ vom 24. November 2015 wurde Rechtsanwalt Peter Wicki zum
Vertretungsbeistand von A.________ ernannt, um diesen im Rechtsverkehr bzw. im
ausländerrechtlichen Verfahren zu vertreten. Die vom Vertretungsbeistand
erhobene Beschwerde beim Justiz- und Sicherheitsdepartement gegen die Verfügung
des Migrationsamtes vom 11. Mai 2015 blieb erfolglos (Entscheid vom 5. Juli
2016). Die gegen den Departementsentscheid erhobene Beschwerde wies das
Kantonsgericht Luzern mit Urteil vom 6. März 2017 ebenfalls ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 1. Mai 2017
beantragt A.________, gesetzlich vertreten durch seinen Beistand Peter Wicki,
die Aufhebung des angefochtenen Urteils mit Ausnahme der Gutheissung der
unentgeltlichen Rechtspflege. Dem Beschwerdeführer sei die
Aufenthaltsbewilligung zu belassen, eventualiter sei auf eine Wegweisung zu
verzichten. Subeventualiter sei die Sache zu weiteren Abklärungen an die
Vorinstanz zurückzuweisen. Zudem beantragt er für das bundesgerichtliche
Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. 
Sowohl das Kantonsgericht als auch das Staatssekretariat für Migration
beantragen die Abweisung der Beschwerde. Das Migrationsamt und das Justiz- und
Sicherheitsdepartement liessen sich nicht vernehmen. 
Mit Präsidialverfügung vom 4. Mai 2017 wurde der Beschwerde antragsgemäss
aufschiebende Wirkung zuerkannt. 
Am 7. September 2017 hat A.________ eine weitere Stellungnahme sowie Unterlagen
eingereicht. 
Mit Schreiben vom 29. Januar 2018 reichte das Kantonsgericht Luzern Kopie eines
handschriftlichen Schreibens von A.________ ein, welches dieser Mitte Januar
2018 dem Migrationsamt zugestellt hatte. Darin führt er aus, er wolle aus der
Schweiz ausgeschafft werden. Der vom Bundesgericht zur Stellungnahme
aufgeforderte Rechtsvertreter äusserte sich dahingehend, dass A.________ nicht
in der Lage sei, die Folgen seines Handelns abzuschätzen, und hielt an der
Beschwerde fest. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid in einer
Angelegenheit des öffentlichen Rechts, der grundsätzlich der Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unterliegt (vgl. Art. 82 lit. a BGG, 
Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 BGG, Art. 90 BGG). Auf dem Gebiet des
Ausländerrechts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
gegen Entscheide ausgeschlossen, welche Bewilligungen betreffen, auf die weder
das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt (Art. 83 lit. c
Ziff. 2 BGG). Für das Eintreten genügt, wenn die betroffene Person in
vertretbarer Weise dartut, dass potenziell ein solcher Anspruch besteht (BGE
136 II 177 E. 1.1 S. 179 f., 497 E. 3.3 S. 500 f.). 
Als österreichischer Staatsangehöriger kann sich der Beschwerdeführer
grundsätzlich auf das FZA (SR 0.142.112.681) berufen, welches ihm potenziell
einen Bewilligungsanspruch einräumt. Damit ist die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig (vgl. Art. 83 lit. c Ziff. 2
BGG). Ob sich die Bewilligungsverweigerung rechtfertigt, ist Frage der
materiellen Prüfung. Auf die im Übrigen form- und fristgerecht eingereichte
Beschwerde (vgl. Art. 42 und 100 Abs. 1 BGG) des hierzu legitimierten
Beschwerdeführers (Art. 89 Abs. 1 BGG) ist einzutreten. 
 
2.  
 
2.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann
namentlich die Verletzung von Bundes- und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95
lit. a und lit. b BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (
Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft jedoch unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge-
und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) nur, was ausdrücklich geltend
gemacht wird, sofern rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (vgl.
BGE 142 I 135 E. 1.5 S. 144).  
 
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten
Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinn von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich
unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 143 I 310 E. 2.2 S. 113). Die
beschwerdeführende Partei kann die Feststellung des Sachverhalts unter den
gleichen Voraussetzungen beanstanden, wenn die Behebung des Mangels für den
Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG).  
Der Beschwerdeführer rügt eine offensichtlich unrichtige Feststellung des
Sachverhalts in Zusammenhang mit seiner aktuellen Gefährlichkeit und der
Zumutbarkeit einer Rückkehr nach Österreich. In Wirklichkeit betrifft diese
Kritik nicht die Sachverhaltsfeststellungen des Kantonsgerichts, sondern die
von der Vorinstanz vorgenommene rechtliche Würdigung und Interessenabwägung.
Darauf wird nachfolgend eingegangen (E. 4 und 5). 
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers besteht kein Anlass, das
bundesgerichtliche Verfahren bis zum Vorliegen der im Juni 2017 vom Vollzugs-
und Bewährungsdienst beantragten gutachterlichen Abklärung des
Beschwerdeführers zu sistieren. Beim besagten Gutachten würde es sich in jedem
Fall um eine nach dem vorinstanzlichen Urteil entstandene Tatsache handeln,
welche als echtes Novum im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG nicht zu
berücksichtigen wäre (vgl. BGE 139 III 120 E. 3.1.2 S. 123). Sollte das
Gutachten zu neuen Erkenntnissen führen, wären diese gegebenenfalls im Rahmen
eines neuen Gesuchs wiedererwägungsweise geltend zu machen. 
Im gleichen Sinne kann auch der vom Beschwerdeführer eingereichte Entscheid der
Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde B.________ vom 1. März 2018 grundsätzlich
nicht berücksichtigt werden, weil es sich ebenfalls um ein echtes Novum
handelt. Dessen ungeachtet bestätigt dieser Entscheid lediglich die Betreuungs-
und Behandlungsbedürftigkeit des Beschwerdeführers, welche sich aus den Akten
ergibt und auch von der Vorinstanz nicht in Frage gestellt wurde. 
 
3.  
 
3.1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29
Abs. 2 BV). Die Vorinstanz habe zu Unrecht auf die Befragung der engsten
Bezugspersonen des Beschwerdeführers (Eltern und Schwester) verzichtet. Zudem
habe sie keinen aktuellen Evaluationsbericht eingeholt. Folglich sei auch der
Sachverhalt nicht vollständig erfasst worden.  
 
3.2. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist nicht verletzt, wenn ein Gericht
auf die Abnahme beantragter Beweismittel verzichtet, weil es aufgrund der
bereits abgenommenen Beweise seine Überzeugung gebildet hat und ohne Willkür in
antizipierter Beweiswürdigung annehmen kann, dass seine Überzeugung durch
weitere Beweiserhebungen nicht geändert werde (BGE 140 I 285 E. 6.3.1 S. 299
mit Hinweisen).  
 
3.2.1. Die Familienmitglieder des Beschwerdeführers haben ihren Standpunkt im
kantonalen Verfahren schriftlich einbringen können. In ihrer Stellungnahme vom
8. Februar 2016 haben sie sinngemäss ausgeführt, dass sie den Beschwerdeführer
trotz der schwierigen Lebenssituation so weit wie möglich in der Schweiz
unterstützen möchten, da dieser lebenslang auf andere angewiesen sein werde.
Dies hat die Vorinstanz nicht in Abrede gestellt und bei der Interessenabwägung
ausdrücklich berücksichtigt (vgl. E. 8.2 und 8.4 des angefochtenen Entscheids).
Welche weiteren entscheidrelevanten Erkenntnisse aus einer mündlichen Befragung
der Familienmitglieder hätten gewonnen werden können, legt der Beschwerdeführer
nicht dar. Das Bundesgericht verkennt nicht, dass es sich für ein Gericht je
nach Konstellation als notwendig erweisen kann, sich im Rahmen einer mündlichen
Anhörung einen unmittelbaren persönlichen Eindruck einer Person bzw. Situation
zu verschaffen (vgl. BGE 142 I 188 E. 3.3 S. 193). Wie die Vorinstanz jedoch
zutreffend bemerkt, ergibt sich im vorliegenden Fall der entscheidwesentliche
Sachverhalt hinlänglich aus den Akten, womit sich eine zusätzliche Anhörung der
Familienmitglieder erübrigt. Im Umstand, dass die Vorinstanz auf die
entsprechenden Einvernahmen verzichtet hat, liegt somit keine Gehörsverletzung.
 
 
3.2.2. In ihren Ausführungen hat sich die Vorinstanz unter anderem auf den
ausführlichen Evaluationsbericht der Psychiatrischen Dienste Aargau vom 23.
August 2016 gestützt. Laut diesem wurde beim Beschwerdeführer multipler
schädlicher Substanzkonsum kombiniert mit einer schweren schizophrenen
Erkrankung diagnostiziert. Dem Bericht zufolge hat sich der Zustand des
Beschwerdeführers seit den vorigen Berichten von Juli 2014 und Februar 2016
"nicht nennenswert verändert". Er benötige weiterhin eine Intensivbehandlung in
einem stark strukturierten Setting. Trotz leichter Verbesserungen wird das
Risiko eines erneuten Substanzkonsums mit entsprechenden Delikten nach wie vor
als hoch eingeschätzt.  
Anhaltspunkte dafür, dass die ausländerrechtlich relevanten Aussagen des
Berichts vom 23. August 2016 im Zeitpunkt des vorinstanzlichen Urteils (6. März
2017) ihre Gültigkeit verloren oder sich entscheidwesentlich geändert hätten,
sind nicht ersichtlich und werden auch vom Beschwerdeführer nicht geltend
gemacht. Vor diesem Hintergrund kann keine Rede davon sein, dass die Vorinstanz
ihre Abklärungspflicht verletzt und den Sachverhalt unvollständig festgestellt
hat, indem sie auf die Anordnung weiterer Beweismassnahmen verzichtete. Die
diesbezügliche Rüge erweist sich als unbegründet. Damit erübrigt sich die vom
Beschwerdeführer subeventualiter geforderte Rückweisung der Rechtssache an die
Vorinstanz zur ergänzenden Sachverhaltsabklärung. 
 
4.  
 
4.1. Der Widerruf von EU/EFTA-Bewilligungen ist im FZA nicht geregelt, so dass
Entfernungs- und Fernhaltemassnahmen gegenüber Angehörigen von Mitgliedstaaten
der Europäischen Gemeinschaft gestützt auf Art. 60-68 AuG angeordnet werden
(vgl. Art. 2 Abs. 2 AuG). Dasselbe ergibt sich aus Art. 24 der Verordnung vom
22. Mai 2002 über die Einführung des freien Personenverkehrs (VEP; SR 142.203),
wobei zusätzlich jedoch die Vorgaben von Art. 5 Abs. 1 Anhang I FZA zu beachten
sind. Gemäss dieser Bestimmung dürfen die durch das Abkommen gewährten
Rechtsansprüche "nur durch Massnahmen, die aus Gründen der öffentlichen
Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt sind, eingeschränkt werden". 
Art. 5 Anhang I FZA verlangt eine nach Art und Ausmass der möglichen
Rechtsgüterverletzung zu differenzierende, hinreichende Wahrscheinlichkeit,
dass der Ausländer auch künftig die öffentliche Sicherheit und Ordnung stören
wird. Die Bejahung einer Rückfallgefahr setzt nicht voraus, dass ein Straftäter
mit Sicherheit weiter delinquieren wird; ebensowenig kann für die Verneinung
einer Rückfallgefahr verlangt werden, dass überhaupt kein Restrisiko einer
Straftat besteht (vgl. Urteil 2C_406/2014 vom 2. Juli 2015 E. 2.3 und 4.2).  
 
4.2. Der Beschwerdeführer ist österreichischer Staatsbürger und im Besitz einer
Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA zu Erwerbszwecken. Allerdings befindet er sich
seit mehreren Jahren im Massnahmevollzug und ist den Sachverhaltsfeststellungen
der Vorinstanz zufolge praktisch nie einer Erwerbstätigkeit nachgegangen. Zwar
wurde ihm eine Invalidenrente zugesprochen, jedoch lässt sich daraus nicht ohne
Weiteres ableiten, dass ihm auch ein Verbleiberecht nach Art. 4 Anhang I FZA
zukommt, setzt doch ein solches voraus, dass der Betroffene bei Eintritt der
dauernden Arbeitsunfähigkeit über den Arbeitnehmerstatus verfügt (vgl. zur
Publikation vorgesehenes Urteil 2C_262/2017 vom 16. Februar 2018 E. 3.5.3). Wie
es sich vorliegend damit verhält und ob sich der Beschwerdeführer überhaupt auf
das FZA berufen kann, braucht indessen nicht geprüft zu werden, da sich - wie
nachfolgend dargelegt - der Bewilligungswiderruf auch bei Zugrundelegung des
FZA als rechtens erweist.  
 
4.3. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 62 AuG. Er bestreitet
das Vorliegen eines Widerrufsgrundes, weil das AuG im Falle einer Massnahme
gemäss Art. 59 StGB keinen Widerrufsgrund vorsehe. Es müsse zuerst das Resultat
der Massnahme abgewartet werden. Der Widerruf sei deshalb unzulässig.  
Gemäss der im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Verfügung des Widerrufs geltenden
Fassung von Art. 62 lit. b AuG konnten Bewilligungen widerrufen werden, wenn
die ausländische Person zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe verurteilt
oder gegen sie eine strafrechtliche Massnahme im Sinne von Artikel 64 oder
Artikel 61 StGB angeordnet wurde. Die per 1. Oktober 2016 in Kraft getretene
Änderung der Bestimmung bezieht nun auch ausdrücklich die Anordnung einer
strafrechtlichen Massnahme im Sinne von Art. 59 und 60 StGB ein. Der
entsprechenden Botschaft des Bundesrates lässt sich entnehmen, dass man bereits
in der Botschaft zum AuG davon ausgegangen sei, dass generell die Anordnung
einer strafrechtlichen Massnahme ein Widerrufsgrund sein könne und eine
Begründung für die Einschränkung auf bestimmte Massnahmen nicht angeführt
worden sei (Botschaft zur Änderung des Strafgesetzbuchs und des
Militärstrafgesetzes [Umsetzung von Art. 121 Abs. 3-6 BV über die Ausschaffung
krimineller Ausländerinnen und Ausländer] vom 26. Juni 2013 [BBl 2013, 5975
ff., 6045]). Es ist somit anzunehmen, dass es sich bei der Änderung lediglich
um eine Präzisierung handelt, womit nicht auszuschliessen wäre, dass auch vor
dem 1. Oktober 2016 Massnahmen nach Art. 59 StGB einen Bewilligungswiderruf zu
begründen vermochten. Dies braucht indessen nicht abschliessend geklärt zu
werden, da sich die Rüge des Beschwerdeführers ohnehin als unbegründet erweist.
Sowohl in der aktuellen Fassung von Art. 62 AuG als auch in der Fassung, welche
im Zeitpunkt des Widerrufs massgeblich war, setzt der Widerruf der Bewilligung
(alternativ) entweder die Verurteilung zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe
oder die Anordnung einer strafrechtlichen Massnahme voraus. Da der
Beschwerdeführer zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, d.h. einer
längerfristigen Freiheitsstrafe, verurteilt wurde, ist die erste Voraussetzung
zweifelsfrei gegeben. Damit hat die Vorinstanz das Vorliegen eines
Widerrufsgrundes im Sinne von Art. 62 lit. b (in der aktuellen Fassung Art. 62
Abs. 1 lit. b) AuG zu Recht bejaht. 
 
4.4. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Treu und Glauben. Die
kantonalen Behörden hätten im Wissen um die psychische Erkrankung und
Drogenabhängigkeit des Beschwerdeführers einem Kantonswechsel zugestimmt und
eine Aufenthaltsbewilligung erteilt. Angesichts der psychischen Probleme des
Beschwerdeführers hätten die Behörden damit rechnen müssen, dass er auch
weiterhin delinquieren würde.  
Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Weder die Zustimmung des
Kantons Luzern zum Kantonswechsel im Jahr 2011 noch die Tatsache, dass die
Luzerner Behörden dem Beschwerdeführer trotz Kenntnis der psychischen
Erkrankung und der Delinquenz eine Aufenthaltsbewilligung erteilt haben,
stellen eine Vertrauensgrundlage dar, die es den Behörden verunmöglichen würde,
die Bewilligung zu widerrufen, wenn der Betroffene nach Erteilung der
Bewilligung weiter delinquiert. Durch seine - bisher schwerste - Verurteilung
im Jahr 2014 zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten hat der Beschwerdeführer
unbestrittenermassen einen Widerrufsgrund gesetzt, welcher im Zeitpunkt der
Erteilung seiner Bewilligung durch den Kanton Luzern im Jahr 2011 nicht gegeben
war. Damit ist auch nicht ansatzweise ersichtlich, inwiefern der Widerruf nach
der Verurteilung des Beschwerdeführers das Gebot von Treu und Glauben verletzen
sollte. 
 
4.5. Der Beschwerdeführer macht geltend, im vorliegenden Fall könne nicht von
einer ausreichenden Rückfallgefahr im Sinne von Art. 5 Anhang I FZA ausgegangen
werden. Er habe in erster Linie im familiären Umfeld delinquiert, wobei es sich
vorwiegend um kleinkriminelle Beschaffungsdelikte eines psychisch schwer
angeschlagenen Süchtigen zwecks Eigenkonsum gehandelt habe. Darüber hinaus
könne nicht der aktuelle Zustand massgebend sein, sondern derjenige im
Zeitpunkt einer allfälligen Entlassung aus dem Massnahmevollzug.  
 
4.5.1. In BGE 137 II 233 hat das Bundesgericht festgehalten, dass es sowohl dem
Landesrecht als auch dem Staatsvertragsrecht entspricht, wenn möglichst früh
und jedenfalls vor dem Ende des Straf- oder Massnahmenvollzugs über die
Ausweisung entschieden wird (E. 5.). Vorliegend ist kein Grund ersichtlich, von
dieser Rechtsprechung abzuweichen. Mit Blick auf Art. 5 Anhang I FZA ist
darüber hinaus allein massgebend, ob vom Betroffenen objektiv eine gegenwärtige
Gefährdung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Dabei ist
entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht entscheidend, ob die
Gefährdung als verschuldet oder unverschuldet zu betrachten ist.  
 
4.5.2. Gemäss Urteil des Kriminalgerichts des Kantons Luzern vom 6. August 2014
wurde der Beschwerdeführer wegen mehrfach versuchter räuberischer Erpressung,
versuchter Erpressung, Diebstahls, versuchten Diebstahls sowie mehrfachen
Hausfriedensbruchs zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt, welche
zugunsten einer stationären Massnahme nach Art. 59 StGB aufgeschoben wurde. Der
Beschwerdeführer war mehrfach gegen seine Eltern tätlich vorgegangen und hatte
ihnen im Hinblick auf den Erhalt von Geld zum Erwerb von Drogen und Alkohol
gedroht. Auch die Diebstähle und der Hausfriedensbruch waren aus derselben
Motivation heraus erfolgt. Das Gericht hat die diagnostizierte
Drogenabhängigkeit berücksichtigt, das Verschulden des Beschwerdeführers
dennoch als mittelschwer eingestuft. Es stellte eine allgemeine
Gewaltbereitschaft des Beschwerdeführers fest, die sich wiederholt in tätlichen
Angriffen äussere. Es sei ein Glücksfall, dass es bei den Opfern bislang noch
zu keinen schwerwiegenden Verletzungen gekommen sei. Der einschlägig mehrfach
vorbestrafte Beschwerdeführer habe weder wirkliche Reue gezeigt noch erkennen
lassen, dass er sich in Zukunft anders verhalten wolle.  
Negativ fällt sodann ins Gewicht, dass der Beschwerdeführer wiederholt
straffällig wurde und sich weder von Sanktionen noch einer ausländerrechtlichen
Verwarnung hat beeindrucken lassen. Zwar ist unbestritten, dass der
Beschwerdeführer schwer drogenabhängig ist und unter einer paranoiden
Schizophrenie leidet. Seine Urteils- und Einsichtsfähigkeit ist offenbar stark
eingeschränkt. Wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, ist das strafrechtliche
Verschulden des Beschwerdeführers aufgrund seiner Erkrankung zwar zu
relativieren. Eine vollumfängliche Schuldunfähigkeit ist jedoch nicht belegt. 
 
4.5.3. Gemäss dem oben zitierten Bericht der Psychiatrischen Dienste Aargau vom
23. August 2016 befindet sich der Beschwerdeführer seit gut zwei Jahren in
einem hoch strukturierten Behandlungssetting. Prognostisch scheine es nach dem
bisherigen Verlauf unrealistisch, auf psychopharmakologischer Ebene das
Zustandsbild wesentlich positiv beeinflussen zu können. Es seien verschiedene,
zum Teil sehr hoch dosierte und kombinierte Therapieversuche unternommen
worden, ohne dass sich ein wesentlicher Erfolg gezeigt hätte. Aufgrund seines
ausgeprägten Desorganisiertheitssyndroms und interkurrenter psychotischer
Positivsymptome sei der Beschwerdeführer mit längeren Therapiegesprächen
zumeist überfordert. Eine deliktorientierte Behandlung im engeren Sinne sei in
keiner Weise möglich. Zwar sei es seit Behandlungsbeginn zu keiner akuten
Fremdgefährdung gekommen, jedoch habe er bei dysphorisch-gereizter Stimmung
mehrfach versucht, einzelne Teammitglieder bei seinen Anliegen unter Druck zu
setzen. Bei einem Wegfall der geschützten Umgebung sei davon auszugehen, dass
der Beschwerdeführer dem Konsum von Betäubungsmitteln nachgehe, was mit grosser
Wahrscheinlichkeit zu einer raschen Dekompensation seines psychischen Zustandes
führen würde. Dabei sei eine Fremdgefährdung im Sinne von Drohungen sowie
Anwendung von Gewalt denkbar.  
 
4.5.4. Wenn die Vorinstanz mit Blick auf diese Evaluation von einer relevanten
Rückfallgefahr im Sinne von Art. 5 Anhang I FZA ausgeht, liegt darin keine
Rechtsverletzung. Dies gilt um so mehr, als bisherige Therapien offenbar keinen
wirklichen Erfolg zeigten und somit auch keine positive Entwicklung in Aussicht
gestellt werden kann. Dass die zu befürchtende Fremdgefährdung nur die Familie
betreffen würde, ist entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung
nicht gewährleistet. Zwar richteten sich die der verfahrensauslösenden
Verurteilung zugrundeliegenden Straftaten des Beschwerdeführers in erster Linie
gegen seine Familie, jedoch waren in der Vergangenheit auch Dritte von der
Delinquenz betroffen. Insgesamt steht Art. 5 Abs. 1 Anhang I FZA dem Widerruf
der Aufenthaltsbewilligung nicht entgegen, soweit diese Bestimmung überhaupt
anwendbar ist (E. 4.2 hiervor).  
 
5.  
Der Beschwerdeführer macht geltend, die Massnahme sei unverhältnismässig und
verletze Art. 3, 8 und 13 EMRK. 
 
5.1. Hat der Ausländer einen Widerrufsgrund gesetzt und stellt er eine
hinreichend schwere und gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung,
Sicherheit oder Gesundheit im Sinne von Art. 5 Anhang I FZA dar, ist die
Verhältnismässigkeit des Widerrufs zu prüfen (Art. 96 Abs. 1 AuG; Art. 8 Ziff.
2 EMRK). Dabei sind insbesondere die Art und Schwere der vom Betroffenen
begangenen Straftaten und des Verschuldens, der Grad der Integration bzw. die
Dauer der bisherigen Anwesenheit in der Schweiz sowie die dem Betroffenen und
seiner Familie drohenden Nachteile zu berücksichtigen. Keines dieser Elemente
ist für sich allein ausschlaggebend; erforderlich ist eine Würdigung der
gesamten Umstände im Einzelfall (BGE 135 II 110 E. 2.1 S. 112). Die Bewilligung
eines Ausländers, der sich schon seit langer Zeit im Land aufhält, soll
praxisgemäss nur mit Zurückhaltung widerrufen werden. Bei wiederholter bzw.
schwerer Straffälligkeit kann sich jedoch ein Widerruf selbst dann
rechtfertigen, wenn der Betroffene hier geboren ist und sein ganzes bisheriges
Leben im Land verbracht hat. Bei schweren Straftaten, Rückfall und wiederholter
Delinquenz besteht - überwiegende private oder familiäre Bindungen vorbehalten
- regelmässig ein wesentliches öffentliches Interesse daran, die weitere
Anwesenheit der Täterin oder des Täters zu beenden, soweit sie hochwertige
Rechtsgüter verletzt oder in Gefahr gebracht haben bzw. sich von straf- und
ausländerrechtlichen Massnahmen nicht beeindrucken lassen und damit zeigen,
dass sie auch künftig weder gewillt noch fähig erscheinen, sich an die hiesige
Rechtsordnung zu halten (vgl. BGE 139 I 16 E. 2.1 S. 18 f., 31 E. 2.1 S. 32 f.,
137 II 297 E. 3.3 S. 304).  
 
5.2. Das öffentliche Interesse am Widerruf ist durch das Vorliegen eines
gesetzlichen Widerrufsgrundes ausgewiesen. Dieses kann nur durch entsprechend
gewichtige private Interessen aufgewogen werden, d.h. wenn aussergewöhnlich
schwerwiegende Umstände gegen eine Aufenthaltsbeendigung sprechen würden. Zu
prüfen sind in diesem Zusammenhang die persönlichen Verhältnisse des
Beschwerdeführers.  
 
5.3. Der Beschwerdeführer macht geltend, dass zu seinen in der Schweiz lebenden
Familienangehörigen ein Abhängigkeitsverhältnis bestehen würde. Eine Wegweisung
würde ihm die stabilisierende Wirkung der Familie nehmen und hätte
weitreichende gesundheitliche Folgen.  
 
5.3.1. Rechtsprechungsgemäss kann die Beziehung zwischen Eltern und ihren
volljährigen Kindern ein Anwesenheitsrecht verschaffen, wenn ein besonderes
Abhängigkeitsverhältnis vorliegt (BGE 129 II 11 E. 2 S. 14; 120 Ib 257 E. 1d
und e S. 261; 115 Ib 1 E. 2 S. 4 ff.). Ein solches kann sich aus Betreuungs-
oder Pflegebedürfnissen bei körperlichen oder geistigen Behinderungen und
schwerwiegenden Krankheiten ergeben. Denkbar ist dies etwa bei einem Kind,
welches aufgrund einer schweren Behinderung über das Erreichen der
Volljährigkeit hinaus auf Betreuung durch seine in der Schweiz
anwesenheitsberechtigten Eltern angewiesen ist (vgl. etwa BGE 115 Ib 1 E. 2d S.
5 f.; Urteil 2C_546/2013 vom 5. Dezember 2013 E. 4), oder bei einem
schwerwiegend erkrankten Elternteil, bei welchem die Betreuung durch ein hier
lebendes erwachsenes Kind als unabdingbar erscheint. Ein
Abhängigkeitsverhältnis zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern wird
praxisgemäss nicht leichthin angenommen. Allein das Vorliegen eines Pflege- und
Betreuungsbedürfnisses reicht hierzu noch nicht aus; erforderlich ist
zusätzlich, dass die betreffende Pflege und Betreuung unabdingbar von den in
der Schweiz anwesenheitsberechtigten Angehörigen erbracht werden muss (vgl.
Urteile 2C_5/2017 vom 23. Juni 2017 E. 2; 2C_867/2016 vom 30. März 2017 E.
2.2).  
 
5.3.2. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz erscheint äussert zweifelhaft, ob
vorliegend ein solches Abhängigkeitsverhältnis gegeben ist. Nachdem die
Beziehung zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Familie (Eltern und
Schwester) stark belastet gewesen war, hat sich das Verhältnis zwischenzeitlich
offenbar wieder gebessert. Allerdings räumt die Familie selbst ein, mit dem
Beschwerdeführer überfordert zu sein. Angesichts seines Gesundheitszustandes
erscheint es wenig realistisch, davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer
wieder bei seiner Familie leben bzw. sich diese adäquat um ihn kümmern könnte.
Im Gegenteil ist vielmehr anzunehmen, dass der Beschwerdeführer auch in Zukunft
auf fremde Betreuung angewiesen sein wird. Eine solche steht auch in seinem
Heimatland Österreich zur Verfügung. Das Bundesgericht verkennt keineswegs,
dass die Eltern und seine Schwester für den Beschwerdeführer wichtige
Bezugspersonen darstellen. Jedoch befindet er sich seit 2014 im
Massnahmevollzug, was zwangsläufig eine Einschränkung der - aufgrund der
Drogenabhängigkeit und Delinquenz des Beschwerdeführers bereits belasteten -
familiären Beziehungen zur Folge hatte. Die Ausreise des Beschwerdeführers
würde somit nicht zu einer grundlegenden Veränderung des bisherigen
Familienlebens führen. Die Familie kann im Rahmen von Besuchen im Nachbarland
Österreich den Kontakt zum Beschwerdeführer aufrechterhalten. Seine ständige
Präsenz in der Schweiz ist dafür nicht zwingend erforderlich.  
 
5.4. Bei der Interessenabwägung sind weiter die Beziehungen zu berücksichtigen,
die der Beschwerdeführer zum Aufnahmestaat bzw. zu seinem Heimatstaat
unterhält. Er ist im Alter von 23 Jahren in die Schweiz eingereist und war hier
nur wenige Tage erwerbstätig. Trotz seines rund 15-jährigen Aufenthalts ist er
weder sozial noch wirtschaftlich in der Schweiz integriert. Von einer
Verwurzelung in den hiesigen Verhältnissen kann keine Rede sein. In Österreich
hat er hingegen die Schule besucht und prägende Jugendjahre verbracht. Aufgrund
seiner psychischen Erkrankung und der starken Drogenabhängigkeit wird der
Beschwerdeführer wohl dauerhaft auf fremde Hilfe angewiesen sein. Entsprechende
Strukturen stehen auch im EU-Land Österreich zur Verfügung. Eine allfällige
gesellschaftliche Reintegration wird sich zwar auch dort als schwierig
erweisen, jedoch nicht schwieriger als in der Schweiz, wo es dem
Beschwerdeführer seit seiner Einreise und trotz familiärer Unterstützung nicht
gelungen ist, gesellschaftlich Fuss zu fassen. Zwar sind die persönlichen
Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in der Schweiz angesichts seiner
langjährigen Anwesenheit und mit Blick auf seine hier lebende Familie nicht
unbedeutend. In der Gesamtbetrachtung überwiegen sie jedoch nicht das aufgrund
der insgesamt ungünstigen Legalprognose bestehende sicherheitspolizeiliche
Interesse, seinen Aufenthalt zu beenden. Die vorinstanzliche
Rechtsgüterabwägung ist folglich nicht zu beanstanden. Inwiefern das Recht auf
eine wirksame Beschwerde im Sinne von Art. 13 EMRK verletzt worden sein soll,
ist nicht ersichtlich.  
 
5.5. Der Beschwerdeführer macht schliesslich geltend, er sei schwer krank und
auf die bestehenden Behandlungsstrukturen angewiesen. Eine
Aufenthaltsbeendigung hätte schwere psychische und persönliche Konsequenzen,
welche aufgrund der ärztlichen Berichte ein Ausmass erreichen würden, das einer
unmenschlichen Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK gleichkomme.  
Der Einwand überzeugt nicht: Medizinische Gründe sprechen gegen eine
Aufenthaltsbeendigung, wenn bei einer Rückkehr eine überlebensnotwendige
Behandlung nicht erhältlich gemacht werden kann (medizinische Notlage) und die
fehlende Möglichkeit der (Weiter-) Behandlung eine drastische und
lebensbedrohende Verschlechterung des Gesundheitszustands nach sich ziehen
würde (vgl. Urteil 2C_192/2017 vom 9. Januar 2018 E. 3.3 mit Hinweisen).
Diesbezüglich gelten im Zusammenhang mit Art. 3 EMRK relativ hohe Schwellen, da
es dabei nicht unmittelbar um Handlungen oder Unterlassungen staatlicher oder
privater Akteure geht, sondern ein natürlicher Prozess (Krankheit) zu den
entsprechenden Konsequenzen (Tod, Verschlechterung des Gesundheitszustands
usw.) führt. Die schweizerischen Behörden sind gehalten, im Rahmen der
konkreten Rückkehrmassnahmen alles ihnen Zumutbare vorzukehren, um medizinisch
bzw. betreuungsmässig sicherzustellen, dass das Leben und die Gesundheit der
betroffenen Person nicht beeinträchtigt wird; sie sind verfassungsrechtlich
jedoch nicht verpflichtet, im Hinblick auf eine psychisch kritische Situation
in Abweichung von den gesetzlichen Vorgaben dem Ansinnen auf Erteilung einer
Aufenthaltsbewilligung (und den damit verbundenen weiteren Fürsorgeleistungen)
zu entsprechen (vgl. BGE 139 II 393 E. 5.2.2). 
Gemäss dem oben zitierten Bericht der Psychiatrischen Dienste Aarau würde sich
die Trennung des Beschwerdeführers von seiner Familie destabilisierend auf
seine Psyche auswirken. Zudem sei die Anpassungsfähigkeit des Beschwerdeführers
sehr eingeschränkt, so dass bei einer Entfernung aus seinem bekannten Umfeld
eine Überforderung und eine mögliche Dekompensation zu befürchten wären. Wie
die Vorinstanz jedoch zutreffend ausführt, gibt es keine Hinweise darauf, dass
die Aufenthaltsbeendigung eine drastische und lebensbedrohende Verschlechterung
seines Gesundheitszustandes nach sich ziehen würde. Auch ist nicht ersichtlich,
dass der Beschwerdeführer auf eine spezifische Therapie oder Präparate
angewiesen wäre, welche nur in der Schweiz, aber nicht in Österreich erhältlich
wären. Folglich ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz den
rechtsprechungsgemäss erforderlichen hohen Grad gesundheitlicher
Beeinträchtigung bzw. eine konkrete Lebensgefährdung verneint hat. 
 
5.6. Was den Eventualantrag auf Absehen von der Wegweisung betrifft, ist die
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art. 83 lit. c Ziff.
4 BGG grundsätzlich unzulässig. In dieser Hinsicht steht einzig die subsidiäre
Verfassungsbeschwerde offen (Art. 113 BGG). Wie bereits erwähnt, steht
vorliegend der vom Beschwerdeführer angerufene Art. 3 EMRK der
aufenthaltsbeendenden Massnahme nicht entgegen. Dasselbe gilt für die damit
verbundene Wegweisung: Eine krankheitsbedingte lebensbedrohende Gefährdung ist
gegenwärtig nicht ersichtlich. Die Vorinstanz hat zudem ausdrücklich
festgehalten, dass der Vollzug sehr sorgfältig zu planen sei. Unter Umständen
sei eine ärztliche Begleitung bei der Rückkehr geboten und eine Übergabe an
entsprechende österreichische Spezialisten oder Einrichtungen zu prüfen. Zudem
schliesst sie die Prüfung einer vorläufigen Aufnahme nicht aus, wenn sich der
Wegweisungsvollzug selbst mit adäquater medizinischer Rückkehrhilfe und
entsprechenden Vorsichtsmassnahmen längerfristig als unmöglich oder unzumutbar
erweisen würde (E. 8.5 des angefochtenen Entscheids). Gegenwärtig sind jedoch
keine Gründe ersichtlich, welche die Wegweisung als rechtswidrig erscheinen
liessen. Der entsprechende Eventualantrag ist daher abzuweisen.  
 
6.  
Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als unbegründet und ist
abzuweisen. Der bedürftige Beschwerdeführer ersucht für diesen Fall um
unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. Da seine Eingabe nicht zum
Vornherein aussichtslos war, kann dem Antrag entsprochen werden (Art. 64 BGG).
Der Beschwerdeführer wurde im Verfahren vor dem Bundesgericht von seinem
Beistand vertreten. Ihm ist im Rahmen der unentgeltlichen Rechtspflege kein
Aufwand zu ersetzen, da er den Beschwerdeführer vor Bundesgericht nicht als
Anwalt, sondern als gesetzlicher Vertreter vertritt (vgl. Urteil 5A_629/2015
vom 27. März 2017 E. 10 mit Hinweisen). Es sind keine Parteientschädigungen
zuzusprechen (vgl. Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen. 
 
3.  
Es werden keine Kosten erhoben. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Kantonsgericht Luzern, 4.
Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 26. März 2018 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Die Gerichtsschreiberin: Petry 

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