Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.297/2017
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
2C_297/2017        

Urteil vom 28. März 2017

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Stadelmann,
Gerichtsschreiber Mösching.

Verfahrensbeteiligte
A.________, Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Stefan Wehrenberg, Blum&Grob Rechtsanwälte AG,

gegen

Eidgenössische Steuerverwaltung, Dienst für Informationsaustausch in
Steuersachen SEI, Amtshilfe.

Gegenstand
Amtshilfe (DBA CH-FR),

Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom 27.
Februar 2017.

Erwägungen:

1. 
Die Direction Générale des Finances Publiques von Frankreich (nachfolgend:
DGFP) richtete mit Schreiben vom 18. Dezember 2015 gestützt auf Art. 28 des
Abkommens vom 9. September 1966 zwischen der Schweiz und Frankreich zur
Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und
vom Vermögen und zur Vermeidung von Steuerbetrug und Steuerflucht (DBA CH-FR;
SR 0.672.934.91) in der Fassung des Zusatzabkommens vom 27. August 2009 zum DBA
CH-FR (AS 2010 5683; nachfolgend Zusatzabkommen 2009) ein Ersuchen um Amtshilfe
betreffend A.________ und dessen Ehefrau an die Eidgenössische Steuerverwaltung
(ESTV). Mit dem Gesuch verlangt die DGFP zwecks Erhebung der "Impôt sur revenu
2010, 2011, 2012, 2013" und der "Impôt sur la fortune 2010, 2011, 2012, 2013,
2014" die Angabe der Kontostände ("états de fortune") jeweils per 1. Januar der
Jahre 2010 bis und mit 2014 betreffend das Konto Nr. xxx bei der Bank
"Y.________". Zudem verlangt die DGFP Auszüge zum genannten Konto mit den
Zugängen und Entnahmen sowie den finanziellen Erträgen im Zeitraum zwischen dem
1. Januar 2010 und dem 31. Dezember 2013 und Angaben zur Höhe und Art der
erzielten Einkommensbeträge sowie zu den Zeitpunkten der entsprechenden
Gutschriften. Sodann fordert die DGFP eine Kopie des Formulars A zu diesem
Konto. Ferner verlangt die DGFP die entsprechenden Informationen und Kopien der
Formulare A sowohl betreffend diejenigen Konten bei der Bank "Y.________",
deren direkter oder indirekter Inhaber A.________ bzw. seine Ehefrau war, als
auch betreffend die Konten bei dieser Bank, über welche A.________ bzw. seine
Ehefrau eine Vollmacht besass.
Zur Begründung erklärt die DGFP namentlich, die französische Steuerverwaltung
führe eine Kontrolle der steuerlichen Situation von A.________ und seiner
Ehefrau durch. Nach Darstellung der DGFP haben die Eheleute im Rahmen der
Kontrolle selbst angegeben, über im Ausland befindliches Konto bei der Bank
"Y.________" mit der Nr. 0000.3288 zu verfügen. Dieses Konto sei gegenüber der
französischen Steuerbehörde zuvor nicht deklariert worden. A.________ und seine
Ehefrau hätten weder den Ort noch die Existenz dieses Kontos bezeichnet. Sie
hätten keine Angaben zu den Guthaben auf dem Konto und auch keinerlei
Informationen zu den darauf erzielten Einkünften gemacht. Als in Frankreich
ansässige Steuerpflichtige hätten diese Eheleute die Pflicht gehabt, ihre
ausländischen Bankkonten und solche (ausländische) Konten, über welche sie
Vollmacht besassen, zu deklarieren. Auch seien sie verpflichtet gewesen, die
Gesamtheit ihres in Frankreich oder im Ausland erzielten Einkommens und ihr
weltweites Vermögen zu deklarieren. Das Amtshilfegesuch bezwecke daher, den
Betrag der gegenüber den französischen Steuerbehörden nicht deklarierten
Einkommenszuflüsse und Vermögenswerte in Erfahrung zu bringen. Die genannten
Informationen seien notwendig für die französischen Steuerbehörde, um den zu
Unrecht nicht entrichteten Steuerbetrag zu ermitteln.
Nach Durchführung des ordentlichen Amtshilfeverfahrens ordnete die ESTV mit
Schlussverfügung vom 10. Juni 2016 die Übermittlung der von der Bank
Y.________, und der Bank Z.________ als deren Rechtsnachfolgerin, beschafften
Informationen an die ersuchende Behörde an. Gegen die Schlussverfügung der ESTV
erhob A.________ Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht, welches diese mit
Urteil vom 27. Februar 2017 abwies.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 13. März 2017
beantragt A.________ der vorliegende Fall sei als besonders bedeutend i.S.v.
Art. 84 BGG einzustufen. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts sei
aufzuheben und die Amtshilfe an Frankreich sei zu verweigern. Eventualiter sei
das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts teilweise aufzuheben und die Amtshilfe
an Frankreich sei auf die Zeit vom 1. Januar 2012 bis 31. Dezember 2013 zu
beschränken, und zudem seien sämtliche Informationen zu vom Amtshilfegesuch
nicht erfassten Drittparteien aus den Akten zu nehmen oder zu schwärzen.
Subeventualiter sei das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aufzuheben und die
Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen mit der Aufforderung, die Amtshilfe auf
Informationen zu beschränken, welche den den Zeitraum vom 1. Januar 2012 bis
31. Dezember 2013 betreffen, sowie sämtliche Informationen zu vom
Amtshilfegesuch nicht erfassten Drittparteien aus den Akten zu nehmen oder zu
schwärzen. Sub-subeventualiter sei das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, mit der Aufforderung
weitere Abklärungen zu treffen und sämtliche Informationen zu vom
Amtshilfegesuch nicht erfassten Drittparteien aus den Akten zu nehmen oder zu
schwärzen.
Es wurde kein Schriftenwechsel angeordnet.

2. 
Nach Art. 109 Abs. 1 BGG entscheidet die Abteilung in Dreierbesetzung über
Nichteintreten auf Beschwerden, welche die Anforderungen von Art. 84a BGG nicht
erfüllen.

2.1. Gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Amtshilfe in
Steuersachen ist die Beschwerde zulässig, wenn sich eine Rechtsfrage von
grundsätzlicher Bedeutung stellt oder wenn es sich aus anderen Gründen um einen
besonders bedeutenden Fall im Sinne von Art. 84 Abs. 2 BGG handelt (Art. 84a
BGG). Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung in gedrängter Form
darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine Beschwerde
nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine Rechtsfrage von
grundsätzlicher Bedeutung stellt oder ein besonders bedeutender Fall nach Art.
84 oder 84a BGG vorliegt, so ist auszuführen, warum die jeweilige Voraussetzung
erfüllt ist, es sei denn, dies treffe ganz offensichtlich zu. Wie Art. 84 BGG
bezweckt auch Art. 84a BGG die wirksame Begrenzung des Zugangs zum
Bundesgericht im Bereich der internationalen Amtshilfe in
Steuerangelegenheiten. Ein besonders bedeutender Fall ist daher mit
Zurückhaltung anzunehmen. Bei der Beantwortung der Frage, ob ein besonders
bedeutender Fall gegeben ist, steht dem Bundesgericht ein weiter
Ermessensspielraum zu. Gemäss Art. 84 Abs. 2 BGG liegt ein besonders
bedeutender Fall insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass
elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im
Ausland schwere Mängel aufweist. Das Gesetz enthält nach dem ausdrücklichen
Wortlaut von Art. 84 Abs. 2 BGG eine nicht abschliessende Aufzählung von
möglichen besonders bedeutenden Fällen. Das Vorliegen einer Rechtsfrage von
grundsätzlicher Bedeutung ist regelmässig zu bejahen, wenn der Entscheid für
die Praxis wegleitend sein kann, namentlich wenn von unteren Instanzen viele
gleichartige Fälle zu beurteilen sein werden. Eine Rechtsfrage von
grundsätzlicher Bedeutung ist unter Umständen auch anzunehmen, wenn es sich um
eine erstmals zu beurteilende Frage handelt, die einer Klärung durch das
Bundesgericht bedarf. Es muss sich allerdings um eine Rechtsfrage handeln,
deren Entscheid für die Praxis wegleitend sein kann und die von ihrem Gewicht
her nach einer höchstrichterlichen Klärung ruft. Rechtsfragen von
grundsätzlicher Bedeutung können sich ebenfalls nach dem Erlass neuer
materiell- oder verfahrensrechtlicher Normen stellen. Das Gleiche gilt, wenn
sich aufgrund der internationalen Entwicklungen Fragen von grundsätzlicher
Bedeutung stellen (BGE 139 II 404 E. 1.3 S. 410; 139 II 340 E. 4 S. 342 mit
weiteren Hinweisen).

2.2. Der Beschwerdeführer macht geltend, dass es sich um einen besonders
bedeutenden Fall handle. Einerseits leide das ausländische Verfahren an
verschiedenen schweren Mängeln und andererseits stelle sich eine Rechtsfrage
von grundsätzlicher Bedeutung.

2.2.1. Entgegen den gesetzlichen Bestimmungen Frankreichs, wonach einem
steuerlichen Überprüfungsverfahren eine Ankündigung vorauszugehen habe, seien
ihm nur die Verfahren für die Jahre 2012 und 2013 angekündigt worden. Im
Amtshilfeersuchen würden die französischen Behörden nun aber Auskunft über das
Einkommen in den Jahren 2010 - 2013 und über das Vermögen der Jahre 2010 - 2014
verlangen. Damit gingen sie über das hinaus, was nach französischem Recht
zulässig sei und es handle sich um eine klare Verletzung des rechtlichen Gehörs
nach dem französischen Steuerverfahrensrecht. Zudem hätten die französischen
Behörden ihre innerstaatlichen Möglichkeiten des Verfahrensrechts nicht
ausgeschöpft. Obschon sie dazu die Befugnisse hätten, seien zur
Informationsbeschaffung übliche Massnahmen, wie z.B. eine Hausdurchsuchung,
durch die französischen Behörden nicht angeordnet worden.

2.2.2. Die Vorinstanz hat verbindlich festgestellt, dass sich das laufende
Kontrollverfahren nicht wie vom Beschwerdeführer behauptet auf die Jahre 2012
und 2013 beschränkt (vgl. E. 7.3 des angefochtenen Entscheides). Es fehlen
somit bereits die sachlichen Voraussetzungen, damit die vorgebrachte Verletzung
des rechtlichen Gehörs im ausländischen Verfahren überhaupt vorliegen könnte.
Dass die Vorinstanz den Sachverhalt unter Verletzung elementarer
Verfahrensrechte des Beschwerdeführers ermittelt hätte, legt er nicht dar.
Gleiches gilt für die Behauptung des Beschwerdeführers, dass die französischen
Behörden ihre innerstaatlichen Möglichkeiten zur Informationsbeschaffung nicht
ausgeschöpft hätten. Auch in dieser Hinsicht hat die Vorinstanz verbindlich
festgestellt, dass dies nicht der Fall gewesen ist (vgl. E. 7.2 des
angefochtenen Entscheides) und das ausländische Verfahren folglich nicht an
schweren Mängeln leidet. Der Beschwerdeführer versucht lediglich, seine Rügen
an der vorinstanzlichen Feststellung des Sachverhalts in einen besonders
bedeutenden Fall umzudeuten.

2.3. Der Beschwerdeführer stellt zudem eine Rechtsfrage, welcher nach seiner
Auffassung grundsätzliche Bedeutung zukommt: Darf das Bundesverwaltungsgericht
gestützt auf das völkerrechtliche Vertrauensprinzip davon absehen, die
Grundvoraussetzungen für eine Amtshilfe zu prüfen? Die betroffenen
Grundvoraussetzungen seien vorliegend ein genügendes innerstaatliches
Steuerverfahren des ersuchenden Staates und die Ausschöpfung der eigenen
Möglichkeiten des ersuchenden Staates. Eine Bejahung dieser Frage eröffne dem
ersuchenden Staat die Möglichkeit des Rechtsmissbrauchs und führe schliesslich
zur Verletzung des Gesetzmässigkeitsprinzips, des Anspruchs auf ein korrektes
und faires Verfahren, des Willkürverbots sowie des Grundsatzes von Treu und
Glauben.
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers hat die Vorinstanz nicht davon
abgesehen, die Grundvoraussetzungen für die Amtshilfe zu prüfen. Gestützt auf
den durch sie verbindlich festgestellten Sachverhalt hielt sie fest, dass ein
genügendes innerstaatliches Steuerverfahren stattgefunden und der ersuchende
Staat die eigenen Möglichkeiten ausgeschöpft hat. Das Ganze geschah unter
Beachtung der rechtlichen Vorgabe zur Ermittlung des Sachverhalts, wozu auch
das Vertrauensprinzip im Völkerrecht gehört, welches Teil des schweizerischen
Rechts bildet (Art. 31 des Wiener Übereinkommens vom 23. Mai 1969 über das
Recht der Verträge [VRK; SR 0.111]). Aus diesem folgt, dass ausser bei
offenbarem Rechtsmissbrauch oder Widersprüchen kein Anlass besteht, an den
Sachverhaltsdarstellungen und Erklärungen anderer Staaten zu zweifeln
(ausführlich zum Ganzen BGE 142 II 161 E. 2.1.3 f. S. 167 f.; 128 II 407 E.
5.2.1 S. 417). Solche schwere Mängel kann der Beschwerdeführer jedoch nicht
belegen. Die aufgeworfene Frage erweist sich ebenfalls als nicht ausreichend
begründete Rüge an der Sachverhaltsfeststellung durch die Vorinstanz.

2.4. Es stellen sich folglich keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung,
welche im konkret zu beurteilenden Fall relevant wären, und auch sonst kommt
dem Fall keine aussergewöhnliche Tragweite zu. Auf die Beschwerde ist somit
nicht einzutreten.

3. 
Dem Verfahrensausgang entsprechend trägt der unterliegende Beschwerdeführer die
bundesgerichtlichen Kosten (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG). Es sind keine
Parteientschädigungen geschuldet (vgl. Art. 68 Abs. 3 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht,
Abteilung I, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 28. März 2017

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Mösching

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