Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.290/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
2C_290/2017  
 
 
Urteil vom 28. Februar 2018  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Zünd, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Bundesrichter Haag, 
Gerichtsschreiber Zähndler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Urs Bertschinger, 
 
gegen  
 
Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons St. Gallen, 
Oberer Graben 32, 9001 St. Gallen, 
Migrationsamt des Kantons St. Gallen, Oberer Graben 38, 9001 St. Gallen. 
 
Gegenstand 
Widerruf der Niederlassungsbewilligung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 20. Januar 2017 (B 2015/167). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Der kosovarische Staatsangehörige A.________ wurde 1993 in der Schweiz geboren
und verfügte hier über die Niederlassungsbewilligung. Bereits in der
Primarschule war er stark verhaltensauffällig, so dass er erst in eine
Kleinklasse und dann in eine sog. Timeout-Klasse versetzt werden musste. In der
neunten Klasse wurde er schliesslich von der Schule ausgeschlossen, nachdem er
ein Mädchen mit einem Messer verletzt hatte. Am 28. November 2008 entzog die
damalige Vormundschaftsbehörde den Eltern von A.________ die Obhut über ihren
Sohn und platzierte diesen für rund drei Jahre in einem Jugendheim. A.________
absolvierte eine Lehre zum Strassenbauer. Er ist nicht verheiratet und hat
keine Kinder. 
A.________ wurde in der Schweiz mehrfach und teilweise in sehr erheblichem
Ausmass straffällig: 
 
- Mit Urteil der Jugendanwaltschaft Altstätten vom 5. Oktober 2006 wurde er
wegen unberechtigter Verwendung eines Motorfahrzeugs, mehrfachen Führens eines
Motorfahrrades ohne Führerausweis, Führens eines unversicherten Motorrades,
Führens eines nicht zum Verkehr zugelassenen Motorrades sowie Nichttragens des
Schutzhelmes als Fahrer eines Motorfahrrades zu einer Arbeitsleistung von zwei
Halbtagen verpflichtet; 
- Mit Urteil der Jugendanwaltschaft Altstätten vom 10. Mai 2007 wurde er wegen
unberechtigten Verwendens eines Motorfahrrades, Führens eines Motorfahrrades
ohne den erforderlichen Führerausweis und vor Erreichen des Mindestalters,
Führen eines Motorfahrrades in nichtbetriebssicherem und
nichtvorschriftsgemässem Zustand, Führens eines uneingelösten und nicht
versicherten Motorfahrrades, Nichttragens des Schutzhelmes als
Motorfahrradlenker, Nichtmitführens des Fahrzeugausweises sowie Mitführens
einer über sieben Jahre alten Person auf dem Motorfahrrad mit einer
persönlichen Leistung von vier Halbtagen bestraft; 
- Mit Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen vom 1. Oktober 2013 wurde er
schliesslich wegen versuchter vorsätzlicher Tötung, mehrfachen Angriffs,
mehrfachen Raubes, Diebstahls, mehrfacher Sachbeschädigung, Hausfriedensbruchs,
mehrfacher Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz und mehrfacher
Widerhandlung gegen das Waffengesetz zu einem jugendstrafrechtlichen
Freiheitsentzug von 27 Monaten sowie zu einer ambulanten Massnahme verurteilt.
Der Verurteilung wegen versuchter vorsätzlicher Tötung lag zugrunde, dass
A.________ anlässlich eines Besuches in einer Diskothek einen anderen Gast
angegriffen hat, weil er sich von diesem provoziert fühlte. Nachdem der
Sicherheitsdienst den anderen Gast nach draussen geführt hatte, versetzte
A.________ dem Opfer einen weiteren Faustschlag ins Gesicht. Anschliessend
traktierten A.________ und mehrere seiner Kollegen das Opfer so lange mit
Faustschlägen und Fusstritten, bis dieses in die Knie sank. Selbst dann liessen
die Angreifer jedoch nicht von ihrem Opfer ab, sondern traten weiter auf dieses
ein, insbesondere auch auf dessen Kopf, selbst als dieses regungs- und
vermutlich bewusstlos am Boden lag. Das Opfer erlitt dabei lebensgefährliche
Verletzungen und bleibende Schäden, insbesondere eine nicht reparable
Verletzung des linken Auges, dessen Sehkraft von 100 % auf 15 % verringert
wurde. Nebst diesem Hauptdelikt wurde A.________ mit demselben Straferkenntnis
noch für zwei weitere Angriffe sowie für mehrfachen Raub verurteilt. Anlässlich
sämtlicher dieser Verbrechen traktierte A.________ seine Opfer mit
Faustschlägen ins Gesicht, wodurch die Betroffenen teils erhebliche
Verletzungen erlitten (vgl. E. 4.1 hiernach); 
- Wegen Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes wurde er am 6. Januar 2014 von
der Kantonspolizei St. Gallen mit einer Busse von Fr. 100.-- bestraft; 
- Mit Strafbefehl des Untersuchungsamtes Altstätten vom 13. März 2014 wurde er
wegen Führens eines Personenwagens in nicht fahrfähigem Zustand sowie wegen
Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes zu einer Geldstrafe von 50
Tagessätzen, ersatzweise zu einer Freiheitsstrafe von 50 Tagen, sowie zu einer
Busse von Fr. 300.--, ersatzweise zu einer Freiheitsstrafe von fünf Tagen,
verurteilt. 
Aufgrund dieser Delinquenz widerrief das Migrationsamt des Kantons St. Gallen
mit Verfügung vom 10. Juni 2014 die Niederlassungsbewilligung von A.________
und wies diesen aus der Schweiz weg. 
 
B.  
Gegen den Widerruf seiner Bewilligung rekurrierte A.________ beim Sicherheits-
und Justizdepartement des Kantons St. Gallen. Mit Entscheid vom 18. August 2015
wies das Departement den Rekurs ab. Dabei erachtete es die Rekursinstanz als
massgeblich, dass der Betroffene mehrfach und auch nach der vom Kantonsgericht
angeordneten ambulanten therapeutischen Behandlung Gewaltdelikte verübt habe.
Zudem sei er am 19. Januar 2014 erneut gewalttätig geworden: An diesem Tag habe
er nämlich unbestrittenermassen einem Barbetreiber die Faust ins Gesicht
geschlagen, wodurch dieser einen Kieferbruch erlitten habe. 
 
C.  
 
C.a. Gegen den negativen Rekursentscheid beschwerte sich A.________ am 4.
September 2015 beim Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen.  
 
C.b. Während des hängigen Beschwerdeverfahrens beim Verwaltungsgericht wurde er
vom Kreisgericht Werdenberg-Sargans am 10. September 2015 aufgrund des
erwähnten erneuten Gewaltvorfalls (Faustschlag mit Folge eines Kieferbruchs des
Opfers) wegen versuchter schwerer Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von
15 Monaten verurteilt. Gleichzeitig hielt das Kreisgericht fest, dass
A.________ gegenüber dem Opfer resp. dessen Versicherung für die Folgen der
versuchten schweren Körperverletzung dem Grundsatz nach zivilrechtlich hafte.
Mit Urteil vom 7. November 2016 hob das Kantonsgericht St. Gallen das Urteil
des Kreisgerichts betreffend die strafrechtliche Verurteilung auf, zumal es die
Tat als einfache Körperverletzung würdigte und der hierfür erforderliche
Strafantrag des Opfers in der Zwischenzeit zurückgezogen wurde; betreffend den
inkriminierten Sachverhalt und insbesondere auch bezüglich der Feststellung der
zivilrechtlichen Haftung von A.________ für die Folgen seiner Gewaltausübung
bestätigte das Kantonsgericht jedoch den Entscheid des Kreisgerichts. Eine von
der Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen gegen die Aufhebung der
strafrechtlichen Sanktion geführte Beschwerde ans Bundesgericht blieb
schliesslich erfolglos (Urteil der Strafrechtlichen Abteilung 6B_261/2017 vom
13. November 2017).  
 
C.c. Mit Urteil vom 20. Januar 2017 wies das Verwaltungsgericht des Kantons St.
Gallen die Beschwerde von A.________ betreffend den Widerruf der
Niederlassungsbewilligung ab.  
 
D.  
Mit Eingabe vom 13. März 2017 führt A.________ Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht. Er beantragt im
Wesentlichen, es sei auf den Widerruf seiner Niederlassungsbewilligung zu
verzichten; eventualiter sei stattdessen der Bewilligungswiderruf lediglich
anzudrohen. 
Das Sicherheits- und Justizdepartement sowie das Verwaltungsgericht des Kantons
St. Gallen schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Mit Schreiben vom 24. Mai
2017 wurde dem Beschwerdeführer das Vernehmlassungsergebnis mitgeteilt. Innert
der hierfür angesetzten Frist erfolgte keine weitere (fakultative)
Stellungnahme. 
Mit Verfügung vom 16. März 2017 erkannte der Präsident der II.
öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts der Beschwerde
aufschiebende Wirkung zu. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den kantonal
letztinstanzlichen Endentscheid betreffend den Widerruf einer
Niederlassungsbewilligung ist zulässig (Art. 82 lit. a, Art. 83 lit. c [e
contrario], Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG; BGE 135 II 1 E. 1.2.1 S. 4).
Der Beschwerdeführer ist durch den vorinstanzlichen Entscheid ausserdem
besonders berührt (Art. 89 Abs. 1 BGG) und damit zur Anfechtung beim
Bundesgericht befugt. Auf die form- und fristgerecht (Art. 42 Abs. 1 und Art.
100 Abs. 1 BGG) eingereichte Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten ist einzutreten. 
 
2.  
 
2.1. Nach Art. 63 Abs. 1 lit. a (in Verbindung mit Art. 62 lit. b) und Art. 63
Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und
Ausländer (AuG; SR 142.20) kann die Niederlassungsbewilligung auch nach einem -
wie hier - länger als 15 Jahre dauernden ununterbrochenen und ordnungsgemässen
Aufenthalt in der Schweiz widerrufen werden, wenn der Ausländerzu einer
längerfristigenFreiheitsstrafe verurteilt wurde. Als längerfristig gilt nach
der gefestigten Rechtsprechung eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr (
BGE 135 II 377 E. 4.2 S. 379 ff.). Diese Grenze gilt auch dann als erreicht,
wenn die Freiheitsstrafe bloss bedingt oder teilbedingt ausgesprochen wurde (
BGE 139 I 16 E. 2.1 S. 18 f.).  
 
2.2. Wenn ein Ausländer durch sein Verhalten einen Widerrufsgrund gesetzt hat,
bleibt zu prüfen, ob diese Massnahme auch als verhältnismässig erscheint. Dabei
sind namentlich die Schwere des Verschuldens, der Grad der Integration sowie
die dem Betroffenen drohenden Nachteile zu berücksichtigen (BGE 135 II 377 E.
4.3 ff. S. 381 ff.; vgl. auch Art. 96 Abs. 1 AuG). Nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichts zu dieser gesetzlichen Regelung sind umso strengere
Anforderungen an eine fremdenpolizeiliche Massnahme zu stellen, je länger ein
Ausländer in der Schweiz anwesend war. Allerdings ist bei wiederholter oder bei
schwerer Straffälligkeit ein Bewilligungswiderruf selbst dann nicht
ausgeschlossen, wenn die ausländische Person hier geboren ist und ihr ganzes
bisheriges Leben im Land verbracht hat (vgl. BGE 139 I 16 E. 2.2 S. 19 ff.;
Urteile 2C_999/2016 vom 8. März 2017; 2C_6/2015 vom 30. Juni 2015).  
 
3.  
Im vorliegenden Fall wurde der Beschwerdeführer u.a. zu einer Freiheitsstrafe
von 27 Monaten verurteilt. Er hat somit einen Widerrufsgrund gemäss Art. 63
Abs. 1 lit. a AuG (i.V.m. Art. 62 lit. b AuG) gesetzt, was er denn zu Recht
auch nicht bestreitet. In seiner Beschwerde macht er im Wesentlichen einzig
geltend, der Bewilligungswiderruf sei unverhältnismässig. 
In diesem Zusammenhang räumt er ein, dass die Verurteilung durch das
Kantonsgericht St. Gallen vom 1. Oktober 2013 zweifelsohne schwer wiege.
Immerhin sei aber zu berücksichtigen, dass er dabei nicht die treibende Kraft
gewesen sei und er die Tat noch im jugendlichen Alter verübt habe. Die weiteren
Verurteilungen wögen seiner Ansicht nach nicht schwer. Die Verurteilung vom 10.
September 2015 wegen versuchter schwerer Körperverletzung dürfe überhaupt nicht
beachtet werden, da die hiergegen erhobene Berufung mit Urteil vom 7. November
2016 gutgeheissen worden sei. Sodann habe ihm das Kantonsgericht St. Gallen in
seinem Urteil vom 1. Oktober 2013 eine günstige Legalprognose gestellt; dies
basierend auf Therapieberichten, welche ihm attestiert hätten, dass eine Abkehr
vom deliktischen Verhalten stattgefunden habe und er zur beruflichen
Weiterbildung motiviert sei. Im Weiteren habe das Kantonsgericht im gleichen
Urteil festgehalten, es sei erkennbar, dass er aus den von ihm verübten Taten
gewisse Lehren gezogen habe. Tatsächlich habe er sich in den folgenden Jahren
bewährt; die im Frühjahr 2014 begangenen Verstösse gegen die Rechtsordnung
(Führen eines Personenwagens unter Drogeneinfluss; Übertretung des
Betäubungsmittelgesetzes) grenzten denn auch vielmehr an Fahrlässigkeit, zumal
er sich in der irrigen Annahme befunden habe, fahrfähig zu sein. Die Vorinstanz
sei somit zu Unrecht zum Schluss gelangt, dass sich seine gute Legalprognose
nicht bewahrheitet habe; eine solche Feststellung müsse vielmehr durch ein
psychiatrisches Gutachten getroffen werden, welches er erfolglos beantragt
habe. Die Ablehnung des entsprechenden Antrags durch die Vorinstanz begründe
auch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Im Übrigen sei er vor dem Widerruf
der Bewilligung auch nicht verwarnt worden, bzw. es habe keine frühere
Androhung des Widerrufs stattgefunden. In einem anderen, schwereren Fall habe
das kantonale Migrationsamt sogar zweimal eine Verwarnung ausgesprochen, was er
vorinstanzlich gerügt habe; das Verwaltungsgericht sei darauf jedoch nicht
eingegangen, was abermals eine Verletzung des rechtlichen Gehörs darstelle. 
Im Übrigen macht der Beschwerdeführer geltend, er habe im Sommer 2014 eine
Lehre als Strassenbauer abgeschlossen und arbeite nun fest angestellt im
ehemaligen Lehrbetrieb; sein damaliger Lehrmeister und jetziger Chef sei mit
seinen Leistungen sehr zufrieden. Auch spiele er Fussball in einem Verein und
habe er eine Schweizer Freundin und überwiegend Schweizer Freunde. Sodann
beherrsche er die deutsche Sprache und spreche den schweizerischen Dialekt.
Auch lebten seine Eltern und seine beiden Geschwister hier. Entsprechend
empfinde er die Schweiz als seine Heimat. Trotz Volljährigkeit sei er nicht in
der Lage, im Ausland ein eigenständiges Leben zu führen. Zum Kosovo habe er
keine enge Bindung; er kenne das Land nur von Ferienaufenthalten. Nur wenige
Verwandte lebten dort, so z.B. seine Grossmutter und sein Onkel, welche ihm bei
der Integration jedoch nicht helfen könnten. Die albanische Sprache spreche er
nur gebrochen; schriftlich beherrsche er sie nicht. 
 
4.  
Die Einwendungen des Beschwerdeführers überzeugen nicht. Die Vorinstanz hat die
von ihm vorgebrachten Argumente im angefochtenen Entscheid durchaus
berücksichtigt und sie korrekt in die Interessenabwägung miteinbezogen. Dabei
durfte das Verwaltungsgericht ohne Bundes- oder Völkerrecht zu verletzen zum
Schluss gelangen, dass die öffentlichen Interessen an einer Ausreise des
Beschwerdeführers dessen private Interessen an einem Verbleib im Land
überwiegen: 
 
4.1. Namentlich hat die Vorinstanz zutreffend erkannt, dass fremdenpolizeiliche
Massnahmen selbst bei Ausländern, die hier geboren sind und ihr ganzes
bisheriges Leben in der Schweiz verbracht haben, nicht ausgeschlossen sind (BGE
139 I 31 E. 2.3.1 S. 33; E. 2.2 hiervor). Selbst eine einmalige Straftat kann
eine aufenthaltsbeendende Massnahme rechtfertigen, wenn die
Rechtsgutsverletzung schwer wiegt (Urteile 2C_642/2016 vom 20. Juli 2017 E.
2.3; 2C_896/2014 vom 25. April 2015 E. 2.3 m.H.). Vor allem bei wiederholten
oder schweren Straftaten besteht an solchen Massnahmen ein wesentliches
öffentliches Interesse. Bei derartiger Delinquenz, insbesondere bei schweren
Delikten gegen Leib und Leben, muss zum Schutz der Öffentlichkeit
ausländerrechtlich selbst ein geringes Restrisiko weiterer Beeinträchtigungen
wesentlicher Rechtsgüter nicht in Kauf genommen werden (BGE 139 I 16 E. 2.2.1
S. 20).  
Solche schweren Straftaten liegen hier vor. Betreffend die Verurteilung vom 1.
Oktober 2013 u.a. wegen versuchter vorsätzlicher Tötung hielt das
Verwaltungsgericht unter Hinweis auf die Ausführungen des Kantonsgerichts fest,
dass das Opfer des Angriffs in resp. vor der Diskothek durch die Schläge gegen
den Kopf schwere Verletzungen, darunter eine bleibende Augenschädigung und eine
schwere Gehirnerschütterung, davongetragen hat. Gemäss den verbindlichen
Feststellungen der Vorinstanz haben der vollumfänglich schuldfähige
Beschwerdeführer und seine Mittäter, die dem stark alkoholisierten Opfer
zahlenmässig und auch physisch weit überlegen waren, selbst dann noch auf ihr
Opfer eingeprügelt, als dieses bereits wehr- bzw. bewusstlos am Boden lag. Dass
der Tötungserfolg ausblieb, war lediglich dem Umstand zu verdanken, dass Dritte
die Polizei und die Sanität alarmiert haben. Der Beschwerdeführer hat beim
Vorfall in der Diskothek zudem auch einen weiteren Menschen angegriffen und mit
Fusstritten traktiert; dies einzig aus dem Grund, weil dieser ein Freund des
Opfers war. Diese Person erlitt durch den Angriff des Beschwerdeführers
ebenfalls eine Gehirnerschütterung. 
Die Verurteilung vom 1. Oktober 2013 erfolgte zudem nicht nur wegen der Delikte
in der Diskothek. Vielmehr wurde der Beschwerdeführer mit demselben
Straferkenntnis noch für weitere Gewalttaten, darunter mehrere weitere Angriffe
sowie mehrfacher Raub verurteilt. Auch die Opfer dieser Verbrechen erlitten
gemäss den Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz Körperverletzungen (z.B.
Nasenbeinfraktur, Rissquetschwunde am Nasenrücken, Zahnabsplitterung, multiple
Hämatome und Schwellungen im Gesicht, Verlust von drei Frontzähnen). Daneben
erfasste das Straferkenntnis vom 1. Oktober 2013 auch den Einbruch in ein
Restaurant (Deliktsbetrag Fr. 5'150.-- / Sachschaden Fr. 2'000.--) sowie die
mehrfache Widerhandlung gegen das Waffengesetz (Besitz von Schlagring und
Schmetterlingsmessern). 
Diese Straftaten des Beschwerdeführers zeugen von einer sehr stark ausgeprägten
Gewaltbereitschaft, von einer abstossenden Brutalität sowie von einer kaum
vorhandenen Deliktshemmung. Es erhellt ohne Weiteres, dass solche Gewaltdelikte
im öffentlichen Raum gegen einen breiten, als zufällig erscheinenden Opferkreis
die Sicherheit und Ordnung der Schweiz erheblich beeinträchtigen. Bereits
aufgrund dieser Delikte besteht ein eminentes öffentliches Interesse daran, den
Aufenthalt des Beschwerdeführers in der Schweiz zu beenden. 
 
4.2. Unbehelflich sind zudem die Ausführungen des Beschwerdeführers zu seiner
angeblich guten Legalprognose: Zum einen dürfen bei Fernhaltemassnahmen
gegenüber ausländischen Personen auch generalpräventive Gesichtspunkte
berücksichtigt werden, sofern sich die Ausländer - wie vorliegend der
Beschwerdeführer - nicht auf das Freizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz
und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten (FZA; SR
0.142.112.681) berufen können (Urteil 2C_940/2014 vom 30. Mai 2015 E. 5.3).  
Zum andern konnte aber zum Zeitpunkt des vorinstanzlichen Entscheids von einer
guten Legalprognose des Beschwerdeführers ohnehin keine Rede mehr sein: Wie das
Verwaltungsgericht berücksichtigen durfte, ist der inzwischen längst
volljährige Beschwerdeführer am 19. Januar 2014 erneut gewalttätig in
Erscheinung getreten: Nachdem es in einer Bar zu einer handgreiflichen
Auseinandersetzung zwischen ihm und einer Barbesucherin gekommen war, wurde er
vom Barbetreiber und dessen Neffen nach draussen geleitet. Kurze Zeit später
kam er jedoch mit Verstärkung durch zwei Kollegen zurück, um den Barbetreiber
zur Rede zu stellen. Als dieser das Gespräch verweigerte, schlug ihm der
Beschwerdeführer derart ins Gesicht, dass sich der Barbetreiber einen
Kieferbruch zuzog, drei Tage hospitalisiert und mehrfach operiert werden musste
und während rund zwei Wochen arbeitsunfähig war. Der Beschwerdeführer hat
diesen Vorfall eingestanden und die entsprechenden Sachverhaltsfeststellungen
waren im Berufungsverfahren vor dem Kantonsgericht auch nicht mehr strittig (s.
Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen vom 7. November 2016 E. 3 S. 7 ff.;
Akten des Verfahrens 6B_261/2017, act. 2). Der Einwand des Beschwerdeführers,
es habe sich um eine (Putativ-) Notwehr gehandelt, wurde vom Kantonsgericht
ausdrücklich verworfen (vgl. S. 11 des genannten Urteils vom 7. November 2016);
soweit der Beschwerdeführer dies in appellatorischer Weise bestreitet und der
Vorinstanz in diesem Zusammenhang eine Verletzung des rechtlichen Gehörs
vorwirft, gehen seine Einwendungen demnach ins Leere. Im Übrigen hat der
Beschwerdeführer auch seine zivilrechtliche Haftung für den gewalttätigen
Übergriff vom 19. Januar 2014 nicht angefochten (vgl. Ziff. II S. 4 des
genannten Urteils vom 7. November 2016). 
Dass das Kantonsgericht St. Gallen den Beschwerdeführer zufolge anderer
rechtlicher Qualifikation der Vorgänge sowie aufgrund des Rückzugs des
Strafantrages bezüglich einer einfachen Körperverletzung im Berufungsverfahren
freigesprochen hatte, ändert nichts am erstellten und grundsätzlich
unbestrittenen Sachverhalt. Demnach steht fest, dass der Beschwerdeführer
erneut während des Ausgangs in eine Konfliktsituation geriet, derer er sich
nicht zu entziehen vermochte; vielmehr trug er jeweils aktiv zu deren
Eskalation bei, indem er den Streit vor der Diskothek gewalttätig fortsetzte,
nachdem sein Kontrahent bereits des Hauses verwiesen worden war (Verurteilung
vom 1. Oktober 2013) bzw. indem er nach vorläufiger Beendigung des Streits
sogar eigens mit Verstärkung zurückkehrte, worauf er den Konflikt neu anschürte
(Vorfall vom 19. Januar 2014). Beide Situationen hat er somit zu einem
wesentlichen Teil selbst verursacht. 
Damit kann auch keine Rede mehr davon sein, dass sich der Beschwerdeführer seit
seiner Verurteilung vom 1. Oktober 2013 wohlverhalten hätte. Neben dem
Gewaltexzess vom 19. Januar 2014 musste der Beschwerdeführer seither wie
aufgezeigt auch mehrfach wegen Betäubungsmittelkonsums sowie einmal wegen
Führens eines Personenwagens unter Betäubungsmitteleinfluss verurteilt werden.
Diese Verurteilungen wiegen zwar etwas weniger schwer als die vom
Beschwerdeführer verübten Gewalttätigkeiten; dennoch unterstreichen auch sie,
dass sich der Beschwerdeführer von der schwerwiegenden Verurteilung vom 1.
Oktober 2013 u.a. wegen versuchter vorsätzlicher Tötung unbeeindruckt zeigte
und es ihm weiterhin nicht möglich war, die schweizerische Rechtsordnung zu
respektieren. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass auch mit dem Fahren unter
Drogeneinfluss bzw. in nicht fahrfähigem Zustand ein erhebliches
Gefährdungspotential für unbeteiligte Dritte geschaffen wurde. 
Bei dieser Sachlage kann insbesondere der Darstellung des Beschwerdeführers
nicht gefolgt werden, dass es sich beim von ihm begangenen versuchten
vorsätzlichen Tötungsdelikt um ein einmaliges Fehlverhalten handle, welches vor
allem seinem damals noch knapp jugendlichen Alter zuzuschreiben sei; durch
seine seither begangenen Verstösse gegen die schweizerische Rechtsordnung
zeigte er vielmehr, dass vom ihm auch als Erwachsener bereits deliktische
Handlungen ausgingen und solche von ihm auch zukünftig zu erwarten sind.
Frühere, damals noch günstigere Prognosen wurden somit vom Beschwerdeführer
selbst widerlegt und erscheinen nunmehr als überholt. Eine psychiatrische
Begutachtung des Beschwerdeführers ist ebenfalls entbehrlich, zumal dieser
bereits den negativen Tatbeweis erbracht und seine noch andauernde
Gefährlichkeit demonstriert hat. Das Verwaltungsgericht durfte demnach auf die
vom Beschwerdeführer beantragte Beweiserhebung verzichten, ohne dadurch dessen
Anspruch auf rechtliches Gehör zu verletzen. 
 
4.3. Richtig ist, dass dem Bewilligungswiderruf keine explizite Androhung
vorausging. Daraus kann der Beschwerdeführer jedoch aus mehreren Gründen nichts
zu seinen Gunsten herleiten. Zum einen ist eine Verwarnung nicht
vorgeschrieben; ist die Ersttat hinreichend schwer - wie das vorliegend
jedenfalls auf die Verurteilung vom 1. Oktober 2013 wegen versuchter
vorsätzlicher Tötung zweifelsohne zutrifft - so kann der Bewilligungswiderruf
auch direkt erfolgen. Zum andern ist dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten,
dass der Verurteilung, die zum Widerruf seiner Niederlassungsbewilligung
führte, jugendstrafrechtliche Sanktionen mit warnendem Charakter (persönliche
Arbeitsleistungen) vorausgingen, ohne dass ihn dies von der Begehung weiterer,
schwererer Straftaten abgehalten hätte: Wie das Verwaltungsgericht
diesbezüglich im angefochtenen Entscheid richtig feststellte, steigerte er
seine Delinquenz im Gegenteil sogar noch drastisch. Dabei hat die Vorinstanz
zutreffend auch berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer selbst nach einer
ambulanten therapeutischen Behandlung erneut gewalttätig wurde. Bei dieser
Ausgangslage erscheint eine vorgängige Verwarnung entbehrlich: Dass mit der
schwerwiegenden Verurteilung vom 1. Oktober 2013 auch die Gefahr eines
Bewilligungswiderrufs bestand, musste dem anwaltlich vertretenen
Beschwerdeführer aufgrund der damals bereits geltenden Rechtslage und der
gefestigten bundesgerichtlichen Praxis (vgl. BGE 135 II 377; 139 I 145) selbst
ohne expliziten Hinweis der Migrationsbehörde ohne Weiteres klar sein. Durch
das Fortsetzen seiner Delinquenz und insbesondere durch seine erneute
Gewalttätigkeit hat der Beschwerdeführer zudem auch nach dieser Verurteilung
bereits wieder zum Ausdruck gebracht, dass er sich von der warnenden Wirkung
dieses Straferkenntnisses nicht beeindrucken liess, womit mildere Massnahmen
als der Bewilligungswiderruf hinfällig werden und auch als ungeeignet bzw. als
unzureichend erscheinen, um dem Bedürfnis der öffentlichen Sicherheit gerecht
zu werden.  
Sein Vergleich mit einem anderen im Kanton St. Gallen beurteilten Fall, in
welchem angeblich eine Verwarnung ausgesprochen und auf einen
Bewilligungswiderruf verzichtet wurde, ist nicht zielführend: Weder ist
ersichtlich noch legt der Beschwerdeführer dar, inwiefern dieser Fall in den
entscheidenden Punkten vergleichbar mit der vorliegenden Konstellation wäre.
Namentlich führt er nicht aus, zu welcher Strafe die im Vergleichsfall
betroffene Person verurteilt wurde oder welche Art von Delikten dort im Raum
stand. Mit einem derartig vage angestellten Vergleich konnte und musste sich
das Verwaltungsgericht nicht auseinandersetzen. Eine Verletzung des rechtlichen
Gehörs liegt auch hier nicht vor. 
 
4.4. Die vom ledigen und kinderlosen Beschwerdeführer gemachten Vorbringen zu
seinen persönlichen Verhältnissen, insbesondere dessen langer Aufenthalt in der
Schweiz, wurden von der Vorinstanz im angefochtenen Entscheid sachgerecht
miteinbezogen und gewürdigt. Dabei durfte das Verwaltungsgericht aber auch
berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer es trotz des langen Aufenthalts und
des Schulbesuchs in der Schweiz in keiner Lebensphase nachhaltig geschafft hat,
die in der Schweiz geltenden Gesetze und Verhaltensnormen zu akzeptieren und zu
übernehmen, weshalb ihm entgegenzuhalten ist, dass er die ihm gebotenen Chancen
nicht zu nutzen vermochte.  
Die Bedeutung der Anwesenheit seiner Eltern in der Schweiz ist ebenfalls zu
relativieren: Diese waren schon mit dem Beschwerdeführer als Kind bzw.
Jugendlichen offensichtlich überfordert, so dass eine jahrelange
Fremdplatzierung notwendig wurde (vgl. Sachverhalt Lit. A hiervor). Seine im
Erwachsenenalter fortgesetzte Delinquenz und die weiterhin gezeigte
Aggressivität lässt ebenfalls keinen stabilisierenden Einfluss der Eltern
erkennen. 
Zwar verfügt der Beschwerdeführer mittlerweile über eine Berufsausbildung als
Strassenbauer, ansonsten ist aber eine enge Einbindung in die schweizerische
Zivilgesellschaft kaum erkennbar. Auch die von ihm begangenen Gewalttaten
verübte er zusammen mit Landsleuten und mit anderen Ausländern. Die Existenz
von Schweizer Freunden hat er zwar pauschal behauptet, diese Behauptung jedoch
weder im vorinstanzlichen noch im bundesgerichtlichen Verfahren substantiiert
oder gar belegt; soweit der Beschwerdeführer diesbezüglich abermals eine
Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erkennen glaubt, sind seine Ausführungen
unbegründet: Es versteht sich von selbst, dass es an ihm gewesen wäre, seine
Vorbringen und Behauptungen vor der Vorinstanz zu belegen; nur er selbst hat
die Möglichkeit, seine angeblich vorhandenen schweizerischen Freunde namentlich
zu benennen und gegebenenfalls schriftliche Stellungnahmen derselben
einzureichen oder ihre gerichtliche Befragung zu beantragen. All dies tat er
jedoch nicht. 
Sodann hat die Vorinstanz zu Recht in Betracht gezogen, dass der
Beschwerdeführer über Kenntnisse der albanischen Sprache verfügt. Die von ihm
behaupteten fehlenden schriftlichen Fertigkeiten kann er sich mit zumutbaren
Anstrengungen noch aneignen. Aufgrund seines Elternhauses und seinen
verschiedenen Ferienaufenthalten im Kosovo ist davon auszugehen, dass er mit
den dortigen Verhältnissen vertraut ist. Seine Deutschkenntnisse sowie der
Umstand, dass er über einen Lehrabschluss als Strassenbauer verfügt, werden es
ihm erleichtern, in seiner Heimat beruflich wieder Fuss zu fassen. Dass die
wirtschaftlichen Perspektiven im Kosovo nicht gleich gut sind wie in der
Schweiz, mag allenfalls zutreffen, doch betrifft dies die dortige Bevölkerung
als Ganzes und nicht spezifisch den Beschwerdeführer. Bei der sozialen
Integration in seiner Heimat gereicht es ihm zum Vorteil, dass er auf dort
lebende Verwandte, namentlich auf seine Grossmutter und seinen Onkel
zurückgreifen kann. 
 
5.  
Nach dem Ausgeführten ist die Beschwerde abzuweisen. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten
(Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons St. Gallen sowie dem Staatssekretariat für Migration schriftlich
mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 28. Februar 2018 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Zünd 
 
Der Gerichtsschreiber: Zähndler 

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