Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.201/2017
Zurück zum Index II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2017
Retour à l'indice II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2017


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
2C_201/2017

Urteil vom 24. Februar 2017

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Stadelmann,
Gerichtsschreiber Kocher.

Verfahrensbeteiligte
1. A.________,
2. B.________,
vertreten durch Herr A.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Kantonales Steueramt Aargau.

Gegenstand
Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Aargau, Steuerjahr 2012,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 2.
Kammer, vom 12. Januar 2017.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Eheleute A.________ und B.________ geb. C.________ haben
steuerrechtlichen Wohnsitz in U.________/AG. Im hier interessierenden
Steuerjahr 2012 unterliessen sie es, die Steuererklärung einzureichen, weshalb
das Steueramt des Kantons Aargau (KStA/AG) zur Veranlagung nach pflichtgemässem
Ermessen schritt. Die Veranlagungsverfügung vom 15. August 2014 wies für die
Staats- und Gemeindesteuer des Kantons Aargau, Steuerjahr 2012, ein steuerbares
Einkommen von Fr. 357'194.-- zum Steuersatz von Fr. 359'564.-- aus. Die
Einsprache der Eheleute erfolgte verspätet, weshalb die Veranlagungsverfügung
in Rechtskraft erwuchs.

1.2. Das KStA/AG korrigierte die Veranlagungsverfügung vom 15. August 2014 mit
Korrektur-Veranlagung vom 24. April 2015 von Amtes wegen. Anlass bildete der
Umstand, dass das - nach pflichtgemässem Ermessen geschätzte - Einkommen der
Ehefrau aus selbständiger Erwerbstätigkeit von Fr. 300'000.-- dem Kanton Zürich
zuzuweisen war und im Kanton Aargau nur satzbestimmend berücksichtigt werden
durfte. Die korrigierte Veranlagung wies ein steuerbares Einkommen von Fr.
60'984.-- zum unveränderten Steuersatz von Fr. 359'564.-- aus. Die dagegen
gerichteten kantonalen Rechtsmittel blieben erfolglos (Einspracheentscheid der
Steuerkommission Aarau vom 12. August 2015, Rekursentscheid des
Spezialverwaltungsgerichts des Kantons Aargau, Abteilung Steuern, vom 24. März
2016 und zuletzt Entscheid WBE.2016.190 des Verwaltungsgerichts des Kantons
Aargau, 2. Kammer, vom 12. Januar 2017).

1.3. Mit Eingabe beim Bundesgericht vom 20. Februar 2017 erheben die
Steuerpflichtigen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Sie
beantragen sinngemäss, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben, es sei
festzustellen, dass die Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen "originär
nichtig" sei und dass die Veranlagung nach Massgabe der nachgereichten
Steuererklärung 2012 vorzunehmen sei.

1.4. Der Abteilungspräsident als Instruktionsrichter (Art. 32 Abs. 1 BGG [SR
173.110]) hat von Instruktionsmassnahmen abgesehen. Die Angelegenheit kann
zufolge offensichtlicher Unbegründetheit im vereinfachten Verfahren nach Art.
109 Abs. 2 lit. a BGG entschieden werden.

2.

2.1. Die Sachurteilsvoraussetzungen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten liegen vor (Art. 82 lit. a, Art. 83 e contrario, Art. 86 Abs. 1
lit. d und Abs. 2, Art. 89 Abs. 1, Art. 90, Art. 100 Abs. 1 BGG in Verbindung
mit Art. 73 Abs. 2 StHG [SR 642.14]). Auf die Beschwerde ist einzutreten.

2.2. 

2.2.1. Das Bundesgericht prüft das Bundesrecht von Amtes wegen (Art. 106 Abs. 1
BGG; BGE 142 I 155 E. 4.4.5 S. 157) und mit uneingeschränkter (voller)
Kognition (Art. 95 lit. a BGG; BGE 141 V 234 E. 2 S. 236).

2.2.2. Die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten (einschliesslich der
Grundrechte) und von rein kantonalem Recht prüft das Bundesgericht hingegen
nur, falls eine solche Rüge in der Beschwerde überhaupt vorgebracht und
ausreichend begründet worden ist (qualifizierte Rüge- und
Begründungsobliegenheit gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG). Soweit die
Beschwerdeschrift diesen Anforderungen nicht genügt, ist auf die Eingabe nicht
einzutreten (BGE 142 I 99 E. 1.7.2 S. 106).

2.2.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG; BGE 142 I 155 E. 4.4.3
S.156). Es kann die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz nur berichtigen
oder ergänzen, soweit sie offensichtlich unrichtig - das heisst willkürlich -
sind oder auf einer anderen Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen
(Art. 105 Abs. 2 BGG; 142 V 2 E. 2 S. 5).

3.

3.1. Abgaberechtliche Gesetze kennen regelmässig einen numerus clausus von
Rechtsgründen, die es erlauben, auf eine rechtskräftige Verfügung oder einen
rechtskräftigen Entscheid zurückzukommen (BGE 142 II 433 E. 3.1 S. 437). Ein
derartiger Rechtsgrund liegt u. a. im Tatbestand der Revision. Gemäss Art. 51
Abs. 1 lit. b StHG bzw. hier § 201 Abs. 1 lit. b des Steuergesetzes (des
Kantons Aargau) vom 15. Dezember 1998 (StG/AG; SAR 651.100) kann die
rechtskräftige Veranlagungsverfügung von Amtes wegen  zugunsten der
steuerpflichtigen Person revidiert werden, wenn die Behörde erhebliche
Tatsachen oder entscheidende Beweismittel, die ihr bekannt waren oder bekannt
sein mussten, bislang ausser acht gelassen oder in anderer Weise wesentliche
Verfahrensgrundsätze verletzt hat. Gegenstand des Revisionsverfahrens kann nur
sein, wofür überhaupt ein Revisionsgrund besteht; alle weiteren Elemente der
revisionsbetroffenen Verfügung bleiben in Rechtskraft (dazu MARTIN E. LOOSER,
in: Martin Zweifel/Michael Beusch [Hrsg.], StHG, Kommentar, 3. Aufl. 2017, N. 2
zu Art. 51 StHG).

3.2. Die Vorinstanz hat die bundesrechtliche Rechtslage treffend dargestellt.
Anlass zur Korrekturveranlagung gab einzig der Umstand, dass das -
pflichtgemäss geschätzte - selbständige Erwerbseinkommen nach den Regeln des
Verbots der interkantonalen Doppelbesteuerung (Art. 127 Abs. 3 BV) dem Kanton
Zürich zuzuweisen war, was am anwendbaren Steuersatz aber nichts ändern konnte.
Alles Weitere fiel unter keinen Revisionsgrund, weshalb die Veranlagungsbehörde
auch nicht prüfen durfte und musste, ob es bundesrechtskonform zu einer
Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen gekommen ist (Art. 46 Abs. 3 StHG
bzw. § 191 Abs. 3 StG/AG). Hierzu hätten die ordentlichen Rechtsmittel
bestanden, von welchen die Steuerpflichtigen innert Frist aber keinen Gebrauch
gemacht haben. Die Revision darf einer steuerpflichtigen Person nicht dazu
dienen, prozessuale Versäumnisse nachzuholen. Soweit die Steuerpflichtigen vor
Bundesgericht vorbringen, die Veranlagung beruhe auf willkürlich überhöhten
Annahmen oder es sei ihnen nie erschöpfend Auskunft gegeben worden, zielt dies
am revisionsbetroffenen Thema vorbei. Gleiches gilt für das Vorbringen, in
Wahrheit hätten sie sich auch gegen die Veranlagungsverfügung vom 15. August
2014 zur Wehr gesetzt. Selbst wenn die Korrekturverfügung aufgrund einer
Intervention der Steuerpflichtigen veranlasst worden sein sollte, was aus dem
angefochtenen Entscheid aber nicht hervorgeht, ändert dies nichts daran, dass
die Veranlagungsverfügung vom 15. August 2014 in Rechtskraft erwachsen ist.

3.3. Die Steuerpflichtigen halten die revidierte Veranlagung für nichtig. Ein
fehlerbehafteter Verwaltungsakt ist praxisgemäss aber nur nichtig, wenn erstens
der ihm anhaftende Mangel besonders schwer ist, zweitens der Mangel
offensichtlich oder zumindest leicht erkennbar ist und zudem drittens die
Rechtssicherheit durch die Annahme der Nichtigkeit nicht ernsthaft gefährdet
wird (BGE 138 II 501 E. 3.1 S. 503 f.). Davon kann hier freilich keine Rede
sein: Abgesehen davon, dass das KStA/AG das Einkommen aus selbständiger
Erwerbstätigkeit bundesrechtskonform nur zur Satzbestimmung herangezogen hat,
lässt sich nicht mit Fug behaupten, die Schätzung sei derart fehlerhaft, dass
sie geradezu nichtig sei. Die angemessene Höhe der Schätzung zu prüfen, wäre
Sache des Einspracheverfahrens gegen die ursprüngliche Veranlagungsverfügung
gewesen.

3.4. Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet, weshalb sie
abzuweisen ist. Für alles Weitere kann auf den angefochtenen Entscheid
verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3 Satz 2 BGG).

4. 
Nach dem Unterliegerprinzip (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG) sind die Kosten des
bundesgerichtlichen Verfahrens den Steuerpflichtigen aufzuerlegen. Diese tragen
ihren Anteil zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftbarkeit (Art. 66
Abs. 5 BGG). Dem Kanton Aargau, der in seinem amtlichen Wirkungskreis obsiegt,
steht keine Entschädigung zu (Art. 68 Abs. 3 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 2'000.-- werden den
Beschwerdeführenden auferlegt. Diese tragen ihren Anteil zu gleichen Teilen und
unter solidarischer Haftbarkeit.

3. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Aargau, 2. Kammer, und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 24. Februar 2017

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Kocher

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben