Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.186/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
2C_186/2017  
 
 
Urteil vom 15. Januar 2018  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Zünd, 
Bundesrichter Donzallaz, 
Gerichtsschreiberin Mayhall. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Adrian Rufener, 
 
gegen  
 
Swissmedic, Schweizerisches Heilmittelinstitut. 
 
Gegenstand 
Heilmittelgesetz, Verweigerung der Betriebsbewilligung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts C-2650/2014 vom 11.
Januar 2017. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Klinik B.________ AG (vormals Klinik C.________ AG), U.________, bezweckt
die Führung einer Klinik in verschiedenen medizinischen Bereichen. Sie verfügt
seit dem 29. Mai 2002 über eine Bewilligung zur Ausfuhr verwendungsfertiger
Arzneimittel (Ausfuhrbewilligung) sowie seit dem 2. November 2004 zusätzlich
über eine solche zu deren Einfuhr (Einfuhrbewilligung). Als fachtechnisch
verantwortliche Person, welche die unmittelbare fachliche Aufsicht über den
Betrieb im Sinne des Heilmittelrechts ausübt, bezeichnete sie Dr. med.
A.________. Am 2. Mai 2013 eröffnete Swissmedic, Schweizerisches
Heilmittelinstitut, gegen Dr. med. A.________ ein Verwaltungsstrafverfahren
wegen Verdachts auf bewilligungslos ausgeübten Grosshandel mit Arzneimitteln. 
Mit Gesuch vom 24. Juni 2013 beantragte Dr. med. A.________ für seine (als
Einzelunternehmen betriebene) Arztpraxis eine Bewilligung für die Ein- und
Ausfuhr sowie für den Grosshandel mit verwendungsfertigen Arzneimitteln. Mit
Verfügung vom 14. April 2014 wies Swissmedic das Gesuch mit der Begründung ab,
Dr. med. A.________ verfüge nicht über die für eine fachtechnisch
verantwortliche Person vorausgesetzte Vertrauenswürdigkeit, müsse doch davon
ausgegangen werden, dass er, ohne über die notwendige Bewilligung zu verfügen,
Grosshandel mit Arzneimitteln betrieben habe. 
 
B.  
Mit Urteil vom 11. Januar 2017 wies das Bundesverwaltungsgericht den
Beschwerdeantrag von Dr. med. A.________, ihm sei unter Aufhebung der
angefochtenen Verfügung (vom 14. April 2014) die Betriebsbewilligung für die
Aus- und Einfuhr von Arzneimitteln sowie für den Grosshandel mit Arzneimitteln
zu erteilen, ab, soweit es darauf eintrat. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 15. Februar 2017
an das Bundesgericht beantragt Dr. med. A.________, das Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Januar 2017 sei kostenfällig aufzuheben und
die Sache zur Erteilung der beantragten Betriebsbewilligung an Swissmedic
zurückzuweisen. Die Vorinstanz und Swissmedic schliessen auf Abweisung der
Beschwerde. Das Eidgenössische Departement des Innern hat auf die Einreichung
einer Vernehmlassung verzichtet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Gegen Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts auf dem Gebiet des
Gesundheitsrechts steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten an das Bundesgericht offen (Art. 84 Abs. 1 des Bundesgesetzes
vom 15. Dezember 2000 über Arzneimittel und Medizinprodukte [HMG; SR 812.21]; 
Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. a, Art. 90 BGG).  
 
1.2. Zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist berechtigt,
wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat, durch den angefochtenen
Entscheid besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen
Aufhebung oder Änderung hat (Art. 89 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer, der im
vorinstanzlichen Verfahren mit seinen Anträgen unterlegen ist, ist zur
Beschwerdeführung legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die frist- und
formgerecht (Art. 100 Abs. 1, Art. 42 Abs. 1 BGG) eingereichte Eingabe ist
einzutreten.  
 
1.3. Das Bundesgericht prüft frei die richtige Anwendung von Bundesrecht (Art.
95 lit. a, Art. 106 Abs. 1 BGG). Die Verletzung von Grundrechten untersucht es
in jedem Fall nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde präzise
vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2
S. 232; 134 II 244 E. 2.2 S. 246). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann von Amtes wegen oder auf Rüge hin
berichtigt oder ergänzt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf
einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung
des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs.
1, Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
2.  
Der Beschwerdeführer rügt, er habe zwar (in seiner Eigenschaft als
Verwaltungsrat der Klinik B.________ AG) Medikamentenhandel im Ausmasse eines
Grosshandels ohne Grosshandelsbewilligung betrieben. Als Inhaberin einer
Einfuhr- und Ausfuhrbewilligung für Arzneimittel hätte die Klinik B.________ AG
jedoch einen Rechtsanspruch (Art. 28 Abs. 3 HMG) darauf gehabt, eine
Grosshandelsbewilligung ohne weitere Prüfungshandlungen durch Swissmedic zu
erhalten. Die Verweigerung der beantragten Bewilligungen für die Arztpraxis des
Beschwerdeführers unter Hinweis auf den unbewilligten Grosshandel bei der
Klinik B.________ AG sei deswegen rechtswidrig, weil dieser Handel nachträglich
zu bewilligen sei und der Beschwerdeführer im Übrigen über sämtliche
persönlichen und fachlichen Voraussetzungen verfüge, um im Zusammenhang mit den
Bewilligungen für seine Arztpraxis als fachlich verantwortliche Person (Art. 10
der Verordnung vom 17. Oktober 2001 über die Bewilligungen im
Arzneimittelbereich [AMBV]) fungieren zu können. 
 
2.1. Das Heilmittelgesetz unterscheidet inhaltlich zwischen der Bewilligung für
die Einfuhr (Art. 18 Abs. 1 lit. a HMG) bzw. für die Ausfuhr (Art. 18 Abs. 1
lit. b HMG) und derjenigen für den Grosshandel (Art. 28 HMG), ermöglicht jedoch
die Erteilung sämtlicher Bewilligungen in einer einzigen Verfügung (Art. 27
Abs. 2 AMBV). Bewilligungsvoraussetzungen sowohl für die Ein- und Ausfuhr wie
auch für den Grosshandel sind die Erfüllung der erforderlichen fachlichen und
betrieblichen Voraussetzungen und das Vorhandensein eines geeigneten
Qualitätssicherungssystems (Art. 19 Abs. 1, Art. 28 Abs. 2 HMG). Die
Bewilligungsvoraussetzungen werden in den Art. 7 ff. AMBV näher umschrieben
(vgl. dazu BGE 131 II 44 E. 2.2 S. 46 f.). So muss dem Bewilligungsträger
insbesondere eine fachtechnisch verantwortliche Person zur Verfügung stehen (
Art. 10 AMBV). Die fachtechnisch verantwortliche Person übt die unmittelbare
fachliche Aufsicht über den Betrieb aus und stellt den sachgemässen Umgang mit
Arzneimitteln sicher (Art. 10 Abs. 1 AMBV). Sie muss über die notwendige
Sachkenntnis, Erfahrung und Ausbildung verfügen und vertrauenswürdig sein (Art.
10 Abs. 2 AMBV). Für die Bewilligung der Einfuhr von und des Grosshandels mit
Arzneimitteln sind zusätzliche Anforderungen zu erfüllen (Art. 10 Abs. 3 AMBV).
 
 
2.2. Angesichts der Voraussetzungen, welche das Gesetz für die Erteilung der
verschiedenen Bewilligungen aufstellt, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass
ein Inhaber einer Herstellungs- oder Einfuhrbewilligung auch die
Voraussetzungen für die Erteilung einer Grosshandelsbewilligung erfüllt
(Botschaft vom 1. März 1999 zu einem Bundesgesetz über Arzneimittel und
Medizinprodukte, BBl 1999 III 3453, 3515; BÜRGI, Basler Kommentar zum
Heilmittelgesetz, 2006, N. 29 zu Art. 28 HMG). Aus diesem Grund verankerte der
Gesetzgeber in Art. 28 Abs. 3 HMG einen  prüfungsfreien Rechtsanspruch des
Inhabers einer Herstellungs- oder Einfuhrbewilligung auf Erteilung einer
Grosshandelsbewilligung (Botschaft vom 1. März 1999 zu einem Bundesgesetz über
Arzneimittel und Medizinprodukte, BBl 1999 III 3453, 3516; BÜRGI, a.a.O., N. 29
zu Art. 28 HMG).  
 
2.3. Die Vorinstanz hat der Arztpraxis des Beschwerdeführers die Ein- und
Ausfuhrbewilligung sowie eine Grosshandelsbewilligung mit der Begründung
verweigert, der Beschwerdeführer habe (in seiner Eigenschaft als Verwaltungsrat
der Klinik B.________ AG)  unbewilligt Grosshandel mit Arzneimitteln betrieben
und erfülle somit die  Voraussetzung der Vertrauenswürdigkeit (Art. 10 Abs. 2
AMBV) nicht, um als fachtechnisch verantwortliche Person für seine Arztpraxis
zu fungieren (angefochtenes Urteil, E. 4). Der Ausgang des vorinstanzlichen
Verfahrens hing somit von der  Vorfrage (vgl. zum Begriff MOOR/FLÜCKIGER/
MARTENET, Droit administratif, vol. I, 3. Aufl. 2012, S. 571 f.; GYGI,
Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl. 1983, S. 96 f.) ab, ob die Tätigkeit
des Beschwerdeführers (in seiner Eigenschaft als Verwaltungsrat der Klinik
B.________ AG) als bewilligungslos ausgeübter Grosshandel mit Arzneimitteln zu
qualifizieren war. Diese Vorfrage war nicht Gegenstand des (auf Sistierung der
Betriebsbewilligung Nr. xxx beschränkten) Verfahrens C-2645/2014 und konnte von
der Vorinstanz entweder selbst oder durch Rückweisung der Sache an Swissmedic
beantwortet werden. Bei der Beantwortung dieser Prüfung hätte die Vorinstanz
aber in  Anwendung des Verhältnismässigkeitsprinzips (Art. 5 Abs. 2 BV)
 jedenfalls vorab prüfen müssen, ob die als Grosshandel mit Arzneimitteln zu
qualifizierende Tätigkeit des Beschwerdeführers (in seiner Eigenschaft als
Verwaltungsrat der Klinik B.________ AG) hätte  nachträglich bewilligt werden
können (vgl. zur ständigen finanzmarktrechtlichen Praxis BGE 136 II 43 E. 7.3.3
S. 59; 131 II 306 E. 3.3 S. 317). Diese Prüfung der nachträglichen
Bewilligungsfähigkeit wäre umso erforderlicher gewesen, als die Klinik
B.________ AG zum massgeblichen Zeitpunkt über eine Einfuhrbewilligung verfügte
und grundsätzlich davon auszugehen ist, dass bei Vorliegen dieser Bewilligung
nicht die Bewilligungsvoraussetzungen (Art. 28 Abs. 2 HMG) nochmals geprüft
werden, sondern gestützt auf Art. 28 Abs. 3 HMG ein Rechtsanspruch auf 
prüfungsfreie Erteilung einer Grosshandelsbewilligung besteht (oben, E. 2.2).
Die Vorinstanz konnte somit nicht ohne Prüfung der nachträglichen
Bewilligungsfähigkeit des ausgeübten Grosshandels darauf schliessen, es fehle
dem Beschwerdeführer wegen dieses bewilligungslos ausgeübten Grosshandels im
Zusammenhang mit der Erteilung der beantragten Bewilligungen für seine eigene
Arztpraxis an der erforderlichen Vertrauenswürdigkeit (Art. 10 Abs. 2 AMBV).
Das angefochtene Urteil ist wegen Verletzung des Verhältnismässigkeitsprinzips
(Art. 5 Abs. 2 BV) aufzuheben.  
 
2.4. Heisst das Bundesgericht eine Beschwerde gut und hebt das angefochtene
Urteil auf, entscheidet es entweder in der Sache selbst oder weist die Sache
zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurück (Art. 107 Abs. 2 BGG). Gegenstand
des vorliegenden Verfahrens ist die Erteilung einer Ein- und Ausfuhrbewilligung
sowie einer Grosshandelsbewilligung für Arzneimittel an den Beschwerdeführer
(in seiner Eigenschaft als Inhaber einer als Einzelunternehmen geführten
Arztpraxis), welche ihm mit der Begründung der fehlenden Vertrauenswürdigkeit
als fachtechnisch verantwortliche Person (Art. 10 Abs. 2 AMBV) verweigert
wurde; die übrigen Bewilligungsvoraussetzungen blieben ungeprüft. Es ist nicht
Aufgabe des Bundesgerichts, wie eine erste Instanz erstmals über das Vorliegen
der übrigen Bewilligungsvoraussetzungen zu entscheiden, weshalb die Sache zur
Neubeurteilung an die über volle Kognition in Tat- und Rechtsfragen verfügende
Vorinstanz zurückzuweisen ist.  
 
3.  
Die Beschwerde ist antragsgemäss gutzuheissen, das angefochtene Urteil
vollumfänglich aufzuheben und die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz
zurückzuweisen. Angesichts des offenen Verfahrensausgangs sind für das
bundesgerichtliche Verfahren keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1
und Abs. 4 BGG). Swissmedic hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren eine Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Das Bundesgericht erkennt:  
 
1.  
Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom
11. Januar 2017 aufgehoben und die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz
zurückgewiesen. 
 
2.  
Für das bundesgerichtliche Verfahren werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.  
Die Beschwerdegegnerin hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 3'000.-- auszurichten. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Bundesverwaltungsgericht und
dem Eidgenössischen Departement des Innern schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 15. Januar 2018 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Die Gerichtsschreiberin: Mayhall 

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