Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.183/2017
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]                
{T 0/2}
                              
2C_183/2017 / 2C_185/2017

Urteil vom 6. März 2017

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Haag,
Gerichtsschreiber Kocher.

Verfahrensbeteiligte
A.A.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Kantonales Steueramt St. Gallen.

Gegenstand
2C_183/2017
Staats- und Gemeindesteuern des Kantons St. Gallen, Steuerjahr 2009,

2C_185/2017
direkte Bundessteuer, Steuerjahr 2009,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 24. November 2016.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Eheleute A.A.________ und B.A.________ geb. C.________ haben
steuerrechtlichen Wohnsitz in U.________/SG. In ihrer Steuererklärung 2009
deklarierten sie unter anderem den Erwerb verschiedener Motorfahrzeuge im
Betrag von Fr. 300'000.--. Bei der Bearbeitung der Steuererklärung stellte das
Kantonale Steueramt St. Gallen (KStA/SG) - unter Berücksichtigung des
Privataufwandes und der Vermögensentwicklung - einen Fehlbetrag von rund Fr.
145'000.-- fest. Mit Schreiben vom 22. Oktober 2012 und 11. Juni 2013 ersuchte
das KStA/SG die Steuerpflichtigen um Aufschluss, wobei es für den Säumnisfall
eine Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen androhte. In Schreiben vom 16.
August und 23. Dezember 2013 machten die Steuerpflichtigen geltend, der Vater
des Ehemannes habe diesem ein Darlehen über Fr. 270'000.-- gewährt. Am 31.
Januar 2014 gaben sie ergänzend bekannt, dass das Darlehen in bar und aus dem
Ausland (Fürstentum Liechtenstein) ausgerichtet worden sei; es seien keine
Belege vorhanden, zumal es sich auch um eine im Fürstentum Liechtenstein
steuerfreie Schenkung handeln könnte. Das KStA/SG hielt die Gewährung eines
Darlehens für unwahrscheinlich und nahm, in Ergänzung zum deklarierten
Einkommen, einen Ermessenszuschlag von Fr. 142'000.-- vor
(Veranlagungsverfügungen vom 26. November 2013).

1.2. Der dagegen gerichteten Einsprache war teilweise Erfolg beschieden, indem
das KStA/SG eine Position von Fr. 35'000.-- als Spesen qualifizierte und aus
den Einkünften entfernte. Am Ermessenszuschlag von Fr. 142'000.-- hielt es fest
(Einspracheentscheide vom 25. März 2014). Am 8. April 2014 reichten die
Steuerpflichtigen alsdann eine vom Vater des Steuerpflichtigen unterzeichnete
Bestätigung nach, wonach es sich um ein unverzinsliches, nicht zu tilgendes
Darlehen handle. Die gegen den Einspracheentscheid gerichteten Rechtsmittel an
die Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen (Entscheid vom 24.
Februar 2015) bzw. an das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen (Entscheide
B 2015/52 / B 2015/53 vom 24. November 2016) blieben erfolglos.

1.3. Mit Eingabe beim Bundesgericht vom 1. Februar 2017 erhebt der Ehemann
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Er beantragt sinngemäss,
der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und der Ermessenszuschlag sei
ersatzlos zu streichen.

1.4. Der Abteilungspräsident als Instruktionsrichter hat von
Instruktionsmassnahmen abgesehen (Art. 32 Abs. 1 BGG [SR 173.110]). Die
Angelegenheit kann infolge offensichtlicher Unbegründetheit im vereinfachten
Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG entschieden werden.

I. Prozessuales

2.

2.1. Die Beschwerde betrifft einerseits die Staats- und Gemeindesteuer des
Kantons St. Gallen, anderseits die direkte Bundessteuer, jeweils Steuerjahr
2009. Aus diesem Grund hat das Bundesgericht zwei Dossiers eröffnet. Die
aufgeworfene Rechtsfrage nach der Bundesrechtskonformität des
Ermessenszuschlags ist in den zwei Verfahren übereinstimmend zu beantworten. Es
rechtfertigt sich, die Verfahren zu vereinigen und die Beschwerde in einem
einzigen Urteil zu erledigen (vgl. Art. 71 BGG i. V. m. Art. 24 BZP [SR 273];
BGE 142 II 293 E. 1.2 S. 296).

2.2.

2.2.1. Die Sachurteilsvoraussetzungen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten liegen vor (Art. 82 lit. a, Art. 83 e contrario, Art. 86 Abs. 1
lit. d und Abs. 2, Art. 89 Abs. 1, Art. 90, Art. 100 Abs. 1 BGG in Verbindung
mit Art. 146 Abs. 2 DBG [SR 642.11] bzw. Art. 73 Abs. 2 StHG [SR 642.14]). Auf
die Beschwerde ist einzutreten.

2.2.2. Das Bundesgericht prüft das Bundesrecht von Amtes wegen (Art. 106 Abs. 1
BGG; BGE 142 I 155 E. 4.4.5 S. 157) und mit uneingeschränkter (voller)
Kognition (Art. 95 lit. a BGG; BGE 141 V 234 E. 2 S. 236).

2.2.3. Die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten (einschliesslich der
Grundrechte) und von rein kantonalem Recht prüft das Bundesgericht hingegen
nur, falls eine solche Rüge in der Beschwerde überhaupt vorgebracht und
ausreichend begründet worden ist (qualifizierte Rüge- und
Begründungsobliegenheit gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG). Soweit die
Beschwerdeschrift diesen Anforderungen nicht genügt, ist auf die Eingabe nicht
einzutreten (BGE 142 I 99 E. 1.7.2 S. 106).

2.2.4. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG; BGE 142 I 155 E. 4.4.3
S.156). Es kann die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz nur berichtigen
oder ergänzen, soweit sie offensichtlich unrichtig - das heisst willkürlich -
sind oder auf einer anderen Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen
(Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 142 V 2 E. 2 S. 5).

II. Direkte Bundessteuer

3.

3.1. Hat die steuerpflichtige Person trotz Mahnung ihre Verfahrenspflichten
nicht erfüllt oder können die Steuerfaktoren mangels zuverlässiger Unterlagen
nicht einwandfrei ermittelt werden, so nimmt die Veranlagungsbehörde die
Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen vor. Sie kann dabei Erfahrungszahlen,
Vermögensentwicklung und Lebensaufwand des Steuerpflichtigen berücksichtigen
(Art. 130 Abs. 2 DBG).

3.2. Streitig und zu prüfen ist die Bundesrechtskonformität des
Ermessenszuschlags von Fr. 142'000.--. Die Vorinstanz erwägt hierzu, der anhand
des Privataufwands und des Vermögensvergleichs erhobene Fehlbetrag belaufe sich
unter Berücksichtigung der steuerfreien Spesenbezüge auf Fr. 177'443.--. Die
Steuerpflichtigen seien mehrfach aufgefordert worden, Nachweise zu den
Modalitäten der Zahlung (Zeitpunkt, Barzahlung in einem Betrag oder in
Tranchen, Angaben zur Mittelherkunft beim Darleiher) und zum Zahlungsgrund
beizubringen, sie hätten dies aber bis zuletzt unterlassen. Es sei zwar
grundsätzlich möglich, dass der Vater im Jahr 2009 ein Darlehen von Fr.
270'000.-- gesprochen habe, die "Plausibilisierung des Geldflusses" sei aber
nicht erbracht. Die Folgen der Beweislosigkeit hätten die Steuerpflichtigen zu
tragen. Die Unterinstanz hätte auf die Rechtsmittel - so die Vorinstanz -
ohnehin nicht einzutreten gehabt, nachdem die Bestätigung vom 8. April 2014
erst im Nachgang zum abschlägigen Einspracheentscheid vom 25. März 2014
erstellt worden sei.

3.3. Was der Steuerpflichtige dagegen vorbringt, vermag die vorinstanzliche
Beweiswürdigung nicht zu erschüttern. Mit Blick auf die ihn vor Bundesgericht
treffende Rüge- und Begründungsobliegenheit (Art. 106 Abs. 2 BGG; vorne E.
2.2.2) hätte er sich detailliert mit den Feststellungen und der Beweiswürdigung
auseinanderzusetzen und aufzuzeigen gehabt, inwiefern die Vorinstanz die
Verfassung verletzt haben soll. Seine Ausführungen tragen indes rein
appellatorischen Charakter, indem er lediglich geltend macht, die Vorlage der
Bestätigung vom 8. April 2014 gebe erschöpfend Auskunft über die
Mittelherkunft. Dies ist - wie schon die Unterinstanz haltbar erkannt hat -
nicht der Fall, dürfen doch bei Zahlungen aus dem Ausland erhöhte Anforderungen
an den Nachweis gestellt werden. Dies gilt auch für das Fürstentum
Liechtenstein (Urteil 2C_16/2015 vom 6. August 2015 E. 2.5.2, in: ASA 84 S.
254, RDAF 2016 II 110, StE 2015 A 21.12 Nr. 16, StR 70/2015 S. 811).

3.4. Dass ein nicht zu verzinsender und nicht zu tilgender Betrag von Fr.
270'000.-- in bar überreicht wird, ohne dass dies in irgend einer Form
schriftlich festgehalten wird, darf auch zwischen Eltern und Kindern als höchst
unüblich gelten. In verfahrensrechtlicher Hinsicht äussert sich diese
Aussergewöhnlichkeit folgendermassen: Wenn sich unter Berücksichtigung des
Privataufwandes und des Vermögensvergleichs ein Fehlbetrag einstellt, ist es
gerechtfertigt, dass die Veranlagungsbehörde ergänzend zu den deklarierten
Einkünften einen Ermessenszuschlag vornimmt. Der steuerpflichtigen Person
obliegt es in der Folge, den Nachweis der Unrichtigkeit zu erbringen, wobei
dieser unter den gegebenen Umständen darauf hinausläuft, dass die
Beweiswürdigung willkürlich ausgefallen sei. Diesen Nachweis hat der
Steuerpflichtige, wie gesagt, nicht erbracht. Selbst wenn seine Rügen, die den
gesetzlichen Anforderungen nicht genügen, zu hören gewesen wären, hätten sich
die vorinstanzlichen Feststellungen nicht als unhaltbar dargestellt. Der
Steuerpflichtige trägt schliesslich vor, der angefochtene Entscheid sei
widersprüchlich, da die Vorinstanz zwar die Möglichkeit eines mündlichen
Darlehensvertrags anerkenne, im konkreten Fall aber auf Schriftlichkeit
bestehe. Es ist ihm hierzu zu entgegnen, dass das Zivilrecht tatsächlich die
Formlosigkeit vorsieht (Art. 312 i. V. m. Art. 11 Abs. 1 OR [SR 220]), dass
dieser Aspekt aber nicht mit den Anforderungen zu verwechseln ist, die das
Steuerrecht aufstellt. Die Beschwerde ist daher, soweit auf sie einzutreten
ist, abzuweisen.

III. Staats- und Gemeindesteuer des Kantons St. Gallen

4.
Art. 46 Abs. 3 StHG entspricht in allen Teilen Art. 130 Abs. 2 DBG. Der
kantonale Gesetz hat das Harmonisierungsrecht in Art. 177 des Steuergesetzes
(des Kantons St. Gallen) vom 9. April 1998 (StG/SG; sGS 811.1) überführt. Es
kann daher in allen Teilen auf das Gesagte verwiesen werden. Die Beschwerde ist
auch im kantonalen Punkt abzuweisen.

IV. Kosten und Entschädigung

5.
Nach dem Unterliegerprinzip (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG) sind die Kosten des
bundesgerichtlichen Verfahrens dem Steuerpflichtigen aufzuerlegen. Dem Kanton
St. Gallen, der in seinem amtlichen Wirkungskreis obsiegt, steht keine
Entschädigung zu (Art. 68 Abs. 3 BGG).

 

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Verfahren 2C_183/2017 (Staats- und Gemeindesteuern des Kantons St. Gallen,
Steuerjahr 2009) und 2C_185/2017 (direkte Bundessteuer, Steuerjahr 2009) werden
vereinigt.

2. 
Die Beschwerde im Verfahren 2C_183/2017 wird abgewiesen.

3. 
Die Beschwerde im Verfahren 2C_185/2017 wird abgewiesen.

4. 
Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 2'500.-- werden dem
Beschwerdeführer auferlegt.

5. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons St. Gallen und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 6. März 2017

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Kocher

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