Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.148/2017
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
2C_148/2017        

Urteil vom 24. August 2017

II. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichter Zünd, Haag,
Gerichtsschreiber Matter.

Verfahrensbeteiligte
A.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Peter Wicki,

gegen

Amt für Migration des Kantons Luzern, Fruttstrasse 15, 6002 Luzern,
Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern, Bahnhofstrasse 15, 6002
Luzern.

Gegenstand
Widerruf der Aufenthaltsbewilligung,

Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern, 4. Abteilung, vom 20.
Dezember 2016.

Erwägungen:

1.

1.1. A.________ (geb. 1981), kosovarischer Staatsangehöriger, erhielt am 22.
August 2013 aufgrund seiner Heirat vom 9. August 2010 mit seiner Landsfrau
B.________ (geb. 1990, die inzwischen Schweizer Bürgerin ist) vom Amt für
Migration des Kantons Luzern die Bewilligung für den Aufenthalt in der Schweiz.
Mit Verfügung vom 10. März 2016 widerrief das Amt diese Bewilligung, weil es
eine Scheinehe annahm, und forderte den Betroffenen auf, die Schweiz bis zum
10. Mai 2016 zu verlassen. Das wurde im Rechtsmittelverfahren (mit jeweils
angepasster Ausreisefrist) bestätigt, kantonal letztinstanzlich durch das
Kantonsgericht Luzern mit Urteil vom 20. Dezember 2016.

1.2. Am 7. Februar 2017 hat A.________ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten beim Bundesgericht eingereicht. Er beantragt, das
kantonsgerichtliche Urteil aufzuheben. Es sei ihm die Aufenthaltsbewilligung zu
verlängern; eventualiter sei die Sache zu weiteren Abklärungen an die
Vorinstanz zurückzuweisen. Zudem sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung
zu erteilen und ihm für das bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche
Rechtspflege bzw. -verbeiständung zu gewähren.

1.3. Das Kantonsgericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.

1.4. Mit Verfügung vom 8. Februar 2017 hat der Präsident der II.
öffentlich-rechtlichen Abteilung der Beschwerde die aufschiebende Wirkung
zuerkannt.

1.5. Die Angelegenheit ist im vereinfachten Verfahren gemäss Art. 109 BGG zu
beurteilen.

2.

2.1. Der Beschwerdeführer beruft sich in vertretbarer Weise auf einen
Aufenthaltsanspruch gemäss Art. 50 des Bundesgesetzes über die Ausländerinnen
und Ausländer vom 16. Dezember 2005 (AuG; SR 142.20), weshalb die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig ist (Art. 82 lit. a, Art. 83
lit. c Ziff. 2 [e contrario], Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG); der
Beschwerdeführer ist dazu legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Ob der Anspruch zu
Recht geltend gemacht worden ist, bildet Gegenstand der materiellen Beurteilung
(vgl. oben E. 1.5 u. unten E. 3; siehe u.a. auch BGE 136 II 177 E. 1.1 S. 179).

2.2. Das Bundesgericht ist an die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz
gebunden, soweit sich diese nicht als offensichtlich unrichtig, d.h.
willkürlich, erweisen oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG
beruhen (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG; vgl. u.a. BGE 137 I 58 E. 4.1.2 S. 62). Zur
Sachverhaltsfeststellung gehört auch die auf Indizien gestützte Beweiswürdigung
(vgl. u.a. BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 265 ff.).

2.3. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen vor Bundesgericht nur soweit
vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt
(Art. 99 Abs. 1 BGG). Echte Noven können von vornherein nicht berücksichtigt
werden (vgl. u.a. BGE 135 I 221 E. 5.2.4 S. 229).

3.

3.1. Gemäss Art. 62 lit. a AuG kann die Aufenthaltsbewilligung widerrufen
werden, wenn ein Ausländer oder dessen Vertreter im Bewilligungsverfahren
falsche Angaben macht oder wesentliche Tatsachen verschwiegen und damit seine
Mitwirkungspflicht von Art. 90 AuG verletzt hat. Auf diese Bestimmung haben
sich die Behörden im vorliegenden Fall gestützt, um eine Scheinehe anzunehmen,
was das Kantonsgericht bestätigt hat.

3.2. Dem vorinstanzlichen Urteil liegen eingehend und sorgfältig erhobene
Sachverhaltsfeststellungen zugrunde, welche für das Bundesgericht verbindlich
sind (vgl. oben E. 2.2) und auf die hier uneingeschränkt verwiesen werden kann.

3.2.1. Diese Feststellungen betreffen vorab wesentliche Faktenelemente des
Kennenlernens und der nachfolgenden Heirat im Kosovo. An gemeinhin als wichtig
eingestufte Aspekte vermochte sich der Beschwerdeführer nicht mehr (korrekt
oder präzise) zu erinnern. In mehreren anderen Punkten befanden sich seine
Aussagen in teilweise beträchtlichem Widerspruch zu den von den Behörden als
glaubwürdig eingestuften Aussagen seiner Frau (vgl. dazu mit eingehender
Begründung und Einzelheiten E. 4.1.2 des angefochtenen Urteils).

3.2.2. Von noch grösserer Tragweite sind die Unzulänglichkeiten hinsichtlich
der Wohnsituation des Ehepaars. Nebst anderem (u.a. starke Abweichungen in den
Aussagen der beiden Eheleute in Bezug auf die Wohnsituation) nahm die Polizei
eine Kontrolle in der angeblich ehelichen Wohnung vor und fand dort weder den
Beschwerdeführer noch irgendwelche ihm gehörende persönlichen Gegenstände
(namentlich Kleider) oder sonstige Anzeichen vor, die auf seine dauernde
Anwesenheit hätten schliessen lassen können. Ein Nachbar und Verwandter der
Ehefrau wusste nichts vom Beschwerdeführer als Bewohner der Wohnung und ging
davon aus, dass seine Verwandte gar nicht verheiratet sei (vgl. dazu
ausführlich E. 4.1.3 des kantonsgerichtlichen Urteils).

3.2.3. Die Vorinstanz hat sich im Weiteren sorgfältig mit sämtlichen
Einwendungen des Beschwerdeführers zum massgeblichen Sachverhalt
auseinandergesetzt und diese mit teilweise deutlichen Worten als in jeglicher
Hinsicht unzulänglich eingestuft. In Bezug auf die Wohnsituation ist
unglaubwürdig, dass der Beschwerdeführer gerade kurz vor der polizeilichen
Kontrolle nach einem Streit für eine zwischen den Eheleuten angeblich
beschlossene Auszeit von einer Woche all seine Kleider und sonstigen
persönlichen Gegenstände mitgenommen hätte. Dass er sich aus Fragen der
Innendekoration nichts mache, vermag das Unzutreffende in seinen Aussagen zur
räumlichen Gestaltung und Einrichtung der vermeintlich ehelichen Wohnung in
keiner Weise zu begründen. Ebenso erweist sich seine Äusserung, er arbeite viel
und habe keine Zeit für soziale Kontakte mit den Nachbarn, als klarerweise
unzureichend, um zu erklären, warum er der direkten Nachbarschaft (als
vermeintlicher Bewohner) schlicht unbekannt war (vgl. dazu im Einzelnen und mit
weiteren Aspekten E. 4.2 des angefochtenen Urteils).

3.2.4. Aus den genannten Elementen hat die Vorinstanz auf der Faktenebene den
Gesamtschluss gezogen, dass - entgegen einer weiteren Behauptung des
Beschwerdeführers - die Eheleute sich nicht erst nach mehr als drei Jahren
effektiv gelebter Gemeinschaft auseinander gelebt hatten, sondern dass diese
Gemeinschaft zu keinem Zeitpunkt der Ehe wirklich bestanden hatte.

3.2.5. Vor Bundesgericht müsste der Beschwerdeführer dartun, dass die
Sachverhaltsfeststellungen des Kantonsgerichts geradezu offensichtlich
unrichtig sind (vgl. oben E. 2.2). Das gelingt ihm nicht einmal ansatzweise; im
Wesentlichen beschränkt er sich darauf, die schon gegenüber der Vorinstanz
behaupteten Einwendungen zu wiederholen, was unzureichend ist.

3.3. Aufgrund der besagten Sachverhaltsfeststellungen hat das Kantonsgericht
erwogen, dass eine Scheinehe vorliege und die Aufenthaltsbewilligung des
Beschwerdeführers in Anwendung von Art. 62 lit. a AuG zu widerrufen sei. Es ist
nicht ersichtlich, inwiefern diese rechtliche Würdigung Bundesrecht verletzen
würde. Ebenso wenig verstösst es gegen Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG, wenn das
angefochtene Urteil festgehalten hat, eine eheliche Gemeinschaft von mindestens
drei Jahren könne ebenfalls nicht angenommen werden (vgl. zur Frage der
Verhältnismässigkeit und des überwiegenden öffentlichen Interesses E. 6.1 und
6.2 ebenda, auch unter Berücksichtigung der sich aus Art. 8 EMRK ergebenden
Gesichtspunkte).

3.4. Vergeblich beruft sich der Beschwerdeführer im Übrigen auf eine neue,
angeblich im Spätsommer 2016 eingegangene Beziehung mit einer anderen Frau aus
dem Kosovo, die er - kurz nach der im November 2016 erfolgten Scheidung von
seiner ersten Gattin - zu heiraten plane und von der er ein Kind erwarte. Aus
den Gesichtspunkten, die er diesbezüglich vorbringt, ergibt sich aber nichts,
was erforderlich oder möglich machen würde, von dem durch das Kantonsgericht
bundesrechtskonform bestätigten Widerruf der Aufenthaltsbewilligung wegen
Scheinehe abzuweichen. Die vor Bundesgericht zum ersten Mal geltend gemachten
Tatsachen und Beweismittel können nicht berücksichtigt werden (vgl. oben E.
2.3). Schliesslich ist nicht ersichtlich, inwiefern die Vorinstanz in diesem
Zusammenhang gegen das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers verstossen oder
den Sachverhalt unvollständig festgestellt hätte (vgl. oben E. 2.2).

4.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde im Verfahren gemäss Art. 109 BGG
abzuweisen. Wegen Aussichtslosigkeit kann dem Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege und -verbeiständung nicht stattgegeben werden. Dementsprechend
wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (vgl. Art. 65 f. BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und -verbeiständung wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Kantonsgericht Luzern, 4.
Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 24. August 2017

Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Seiler

Der Gerichtsschreiber: Matter

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