Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.116/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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2C_116/2017            

 
 
 
Urteil vom 3. Oktober 2017  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Zünd, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Bundesrichter Stadelmann, 
Bundesrichter Haag, 
Gerichtsschreiber Hugi Yar. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Peter Bolzli, 
 
gegen  
 
Migrationsamt des Kantons Zürich, 
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich. 
 
Gegenstand 
Widerruf der Niederlassungsbewilligung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2.
Abteilung, vom 14. Dezember 2016. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.a. Der kroatische Staatsbürger A.________ wurde am 16. April 1985 in der
Schweiz geboren und ist im Genuss einer Niederlassungsbewilligung. Am 30.
Januar 2010 heiratete er eine aus Bosnien und Herzegowina stammende Schweizer
Bürgerin. Die Ehe wurde am 19. Juni 2012 geschieden. Aus der Beziehung gingen
keine Kinder hervor. Seit Januar 2013 lebt A.________ mit der Schweizer
Bürgerin B.________ zusammen, die er am 2. Dezember 2016 heiratete. Die Eltern
sowie die beiden Schwestern von A.________ wohnen in Zürich.  
 
A.b. A.________ ist in der Schweiz ab 2003 wiederholt straffällig geworden
(2004: Mehrfaches Nachmachen von Banknoten ohne Fälschungsabsicht; 2007: Betrug
durch Auswechseln von Preisschildern in einem Geschäft usw.). Am 10. Juni 2010
verurteilte das Obergericht des Kantons Zürich ihn zu einer bedingten
Freiheitsstrafe von 21 Monaten und 25 Tagen, einer bedingten Geldstrafe von 5
Tagessätzen zu je Fr. 130.-- und einer Busse von Fr. 3'000.-- unter anderem
wegen gewerbsmässigen und bandenmässigen Diebstahls, mehrfachen
Hausfriedensbruchs, Sachbeschädigung, Fahrens in fahrunfähigem Zustand sowie
wegen anderer SVG-Delikte. Der Verurteilung lagen Taten in der Zeit von Oktober
2007 bis Mai 2008 zugrunde.  
 
A.c. Die Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft auferlegte ihm als Zusatzstrafe am
2. März 2011 eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je Fr. 70.-- sowie eine
Busse von Fr. 150.-- wegen (einfacher) Verletzung der Verkehrsregeln sowie
mehrfachen Führens eines Motorfahrzeugs trotz Entzugs des Führerausweises. Das
Obergericht des Kantons Aargau belegte ihn am 11. April 2013 seinerseits mit
einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten wiederum wegen Fahrens in fahrunfähigem
Zustand; gleichzeitig verwarnte es ihn hinsichtlich eines allfälligen Widerrufs
der am 10. Juni 2010 ausgesprochenen Freiheitsstrafe des Obergerichts des
Kantons Zürich und verlängerte deren Probezeit um 21 /2 Jahre. Mit Strafbefehl
vom 18. September 2013 wurde A.________ wegen Vergehens gegen das
Arbeitslosenversicherungsgesetz zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je
Fr. 90.-- verurteilt (Verschweigen eines Zwischenverdienstes von Fr. 1'500.--).
Die Verfehlung betraf den Zeitraum vom 15. April bis zum 30. April 2010. Vom
17. September 2013 bis zur bedingten Entlassung am 25. Februar 2014 befand sich
A.________ im Strafvollzug (Halbgefangenschaft).  
 
B.  
Das Migrationsamt des Kantons Zürich verwarnte A.________ im Zusammenhang mit
seinen Straftaten am 10. Januar 2005, am 23. Oktober 2007 und am 5. Oktober
2010 und drohte ihm schwerere ausländerrechtliche Sanktionen an, sollte sich
sein Verhalten nicht bessern. Am 5. Oktober 2015 widerrief es die
Niederlassungsbewilligung von A.________ und hielt ihn an, das Land zu
verlassen: Insgesamt sei dieser - so das Migrationsamt - zu rund drei Jahren
Freiheitsstrafe verurteilt worden. Durch sein Verhalten habe er die öffentliche
Ordnung und Sicherheit verletzt sowie "das ihm gewährte Gastrecht in
schwerwiegender Weise" missachtet. Seit 2007 habe er nicht weniger als fünfmal
für gleichgeartete Delikte verurteilt werden müssen, was auf eine "untrügliche
Uneinsichtigkeit" schliessen lasse. Aufgrund seines bisherigen Verhaltens könne
nicht ausgeschlossen werden, dass er weiter delinquieren werde. Die
sicherheitspolizeilich begründeten öffentlichen Interessen am Widerruf der
Niederlassungsbewilligung überwögen seine privaten an einem weiteren Verbleib
in der Schweiz: Nachdem es ihm nicht gelungen sei, hier richtig Fuss zu fassen,
könne ihm zugemutet werden, sich in Kroatien, wo er regelmässig die Ferien
verbracht habe, eine neue Existenz aufzubauen. Die hiergegen gerichteten
kantonalen Rechtsmittel blieben ohne Erfolg (Rekursentscheid der
Sicherheitsdirektion vom 16. September 2016 sowie Urteil des
Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 14. Dezember 2016). 
 
C.  
A.________ beantragt vor Bundesgericht, den Entscheid des Verwaltungsgerichts
des Kantons Zürich aufzuheben und ihm seine Niederlassungsbewilligung zu
belassen. Er macht geltend, die Vorinstanz habe den Sachverhalt offensichtlich
unvollständig und teilweise unrichtig festgestellt sowie das einschlägige
Bundesrecht falsch angewandt. Die ihn treffende aufenthaltsbeendende Massnahme
sei unverhältnismässig, widerspreche den Vorgaben von Art. 5 Anhang I des
Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft
einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten
andererseits über die Freizügigkeit (FZA; SR 0.142.112.681) und trage seinen
privaten Interessen und jenen seiner bisherigen Lebensgefährtin bzw. - seit dem
2. Dezember 2016 - seiner Gattin unzureichend Rechnung. 
Das Verwaltungsgericht und die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich
beantragen die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Das
beschwerdeberechtigte Staatssekretariat für Migration (SEM) hat sich nicht
vernehmen lassen. 
Der Abteilungspräsident hat der Eingabe am 2. Februar 2017 antragsgemäss
aufschiebende Wirkung beigelegt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Gegen den Widerruf der Niederlassungsbewilligung steht die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen (BGE 135 II 1 E. 1.2.1 S. 4). Die
Eingabe erfüllt die gesetzlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen (vgl. Art. 82
lit. a, 83 lit. c Ziff. 2 e contrario, Art. 86 Abs. 1 lit. d, Art. 89 Abs. 1,
Art. 90 und Art. 100 Abs. 1 BGG); es ist darauf einzutreten. 
 
2.  
 
2.1. Das Bundesgericht prüft unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und
Begründungspflicht nur die geltend gemachten Vorbringen, sofern die rechtlichen
Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). Es
ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich potentiell
stellenden Fragen zu beantworten, wenn diese in seinem Verfahren nicht mehr
formell korrekt (Begründungs- und Mitwirkungspflicht) problematisiert werden
(vgl. BGE 143 II 283 E. 1.2.2 S. 286; 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). Das
Bundesgericht ist an den Sachverhalt gebunden, wie ihn die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser erweise sich in
einem entscheidwesentlichen Punkt als offensichtlich falsch oder unvollständig
(Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 133 II 249 E.1.4.3 254 f.; 133 III 350 E. 1.3 S.
351 f.). Zur Sachverhaltsfeststellung gehört auch die auf Indizien gestützte
Beweiswürdigung (BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 265 ff.; Urteil 2C_402/2015 vom 11.
November 2016 E. 2.2.2). Neue Tatsachen und Beweismittel können im
bundesgerichtlichen Verfahren nur insoweit vorgebracht werden, als der
angefochtene Entscheid hierzu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 136 II 497
E. 3.3 S. 500 f.).  
 
2.2. Der Beschwerdeführer beschränkt sich - entgegen seiner diesbezüglich
qualifizierten Begründungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 143 II 283 E.
1.2.2 S. 286; 137 II 353 E. 5.1 S. 356; 133 II 249 E. 1.4.3 S. 254 f.; 133 III
350 E. 1.3 S. 351 f.) - darauf, der Sachverhaltsfeststellung bzw. der
Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts lediglich seine Sicht der Dinge
entgegenzustellen; er zeigt jedoch nicht in Auseinandersetzung mit den
Ausführungen der Vorinstanz auf, dass und inwiefern der angefochtene Entscheid
diesbezüglich als offensichtlich mangelhaft zu gelten hätte (Art. 105 Abs. 2
BGG) : Die Vorinstanz war sich des Umstands bewusst, dass der Beschwerdeführer
seine Freiheitsstrafe in Halbgefangenschaft verbüsst hat; da auch diese als
Strafvollzug gilt, kann nicht gesagt werden, dass der Sachverhalt insofern
offensichtlich unvollständig oder fehlerhaft ermittelt worden ist. Der
Beschwerdeführer kritisiert zwar die Sachverhaltsfeststellung in weiteren
Punkten; tatsächlich geht es dabei in erster Linie aber jeweils darum, ob die
Vorinstanz die verschiedenen an sich nicht umstrittenen Sachverhaltselemente in
ihrer Interessenabwägung bundesrechtskonform gewichtet und die Rechtsfrage des
weiteren Aufenthalts des Beschwerdeführers materiell korrekt entschieden hat.
Soweit es für den vorliegenden Entscheid erforderlich ist, wird das
Bundesgericht den Sachverhalt im Rahmen von Art. 105 Abs. 2 BGG von Amtes wegen
ergänzen (vgl. unten E. 4.2 und E. 4.3). Der Umstand, dass der Beschwerdeführer
sich inzwischen mit seiner Lebensgefährtin verheiratet hat, bildet ein im
bundesgerichtlichen Verfahren unzulässiges neues Element (echtes Novum); zwar
erging der angefochtene Entscheid am 14. Dezember 2016 und damit nach dem
Eheschluss (2. Dezember 2016), doch wäre es am Beschwerdeführer gewesen, die
entsprechende Änderung der Ausgangslage noch rechtzeitig in das kantonale
Verfahren einzubringen, wollte er daraus etwas zu seinen Gunsten ableiten.  
 
3.  
 
3.1. Die Niederlassungsbewilligung kann widerrufen werden, (1.) wenn die
ausländische Person zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe, d.h. zu einer
solchen von mehr als einem Jahr, verurteilt worden ist; dabei spielt keine
Rolle, ob die Sanktion bedingt, teilbedingt oder unbedingt ausgesprochen wurde
(Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 lit. b AuG; BGE 139 I 31 E. 2.1 S. 32;
Urteile 2C_679/2015 vom 19. Februar 2016 E. 5.1); oder (2.) wenn der Ausländer
in schwerwiegender Weise gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der
Schweiz oder im Ausland verstossen hat bzw. er diese gefährdet (Art. 63 Abs. 1
lit. b AuG). Die aufenthaltsbeendende Massnahme muss verhältnismässig sein
(vgl. Art. 96 AuG; Art. 13 Abs. 1 i.V.m. Art. 36 Abs. 3 BV; Art. 8 Ziff. 2 EMRK
). Zu berücksichtigen sind dabei namentlich die Schwere des Delikts und des
Verschuldens des Betroffenen, der seit der Tat vergangene Zeitraum, das
Verhalten des Ausländers während diesem, der Grad seiner Integration bzw. die
Dauer der bisherigen Anwesenheit sowie allgemein die ihm und seiner Familie
drohenden Nachteile (BGE 135 II 377 E. 4.3 S. 381 f.). Keines dieser Elemente
ist für sich allein ausschlaggebend; erforderlich ist eine Würdigung der
gesamten Umstände im Einzelfall (vgl. das Urteil 2C_846/2014 vom 16. Dezember
2014 E. 2.4 mit Hinweisen).  
 
3.2. Die Niederlassungsbewilligung eines Ausländers, der sich - wie der
Beschwerdeführer - schon seit langer Zeit im Land aufhält, soll praxisgemäss
nur mit Zurückhaltung widerrufen werden. Bei wiederholter bzw. schwerer
Straffälligkeit ist dies jedoch selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn der
Ausländer hier geboren ist und sein ganzes bisheriges Leben im Land verbracht
hat (vgl. das Urteil 2C_562/2011 vom 21. November 2011 E. 3.3 [Widerruf der
Niederlassungsbewilligung eines hier geborenen 43-jährigen Türken] und die
Entscheide des EGMR i.S.  Saljia gegen Schweiz vom 10. Januar 2017 [Nr. 55470/
10] § 36 ff. [Anwesenheit von 20 Jahren und Verurteilung wegen vorsätzlicher
Tötung] sowie  Trabelsi gegen Deutschland vom 13. Oktober 2011 [Nr. 41548/06]
§§ 53 ff. [Ausweisung eines in Deutschland geborenen, wiederholt straffällig
gewordenen Tunesiers]).  
 
3.3. Bei gewichtigen Straftaten und bei Rückfall sowie bei wiederholter
(unverbesserlicher) Delinquenz besteht regelmässig ein wesentliches
öffentliches Interesse daran, die weitere Anwesenheit der Täterin oder des
Täters zu beenden, da und soweit sie hochwertige Rechtsgüter verletzt oder in
Gefahr gebracht haben bzw. sich von straf- und ausländerrechtlichen Massnahmen
nicht beeindrucken lassen und damit zeigen, dass sie auch künftig weder gewillt
noch fähig erscheinen, sich an die hiesige Rechtsordnung zu halten (BGE 139 I
16 E. 2.1 S. 18 f., 31 E. 2.1 S. 32 f., 137 II 297 E. 3.3 S. 304; Urteile
2C_1086/2014 vom 11. Juni 2015 E. 2.1; 2C_843/2014 vom 18. März 2015 E. 3.2 mit
Hinweisen).  
 
3.4.  
 
3.4.1. Die entsprechenden Widerrufs- bzw. Erlöschensgründe (vgl. Art. 51 AuG)
gelten auch für ausländische Personen, die seit mehr als 15 Jahren
ununterbrochen und ordnungsgemäss in der Schweiz leben (vgl. Art. 63 Abs. 2 AuG
). Sie bilden ebenfalls Grundlage für den Widerruf der
Niederlassungsbewilligung von EU/EFTA-Bürgern (Vertragsausländer), da diese
Bewilligungsart durch das Freizügigkeitsabkommen nicht geregelt wird und nach
Massgabe des nationalen Rechts zu beurteilen ist (vgl. Art. 2 Abs. 2 AuG; Art.
5 und 23 Abs. 2 VEP [SR 142.203]; vgl. das Urteil 2C_831/2010 vom 27. Mai 2011
E. 2.2). Nach den gemäss Art. 5 Anhang I FZA zu beachtenden Grundsätzen ist für
eine aufenthaltsbeendende Massnahme freizügigkeitsrechtlich erforderlich, dass
von der betroffenen Person eine gegenwärtige, tatsächliche und hinreichend
schwere Gefahr ausgeht, die ein grundlegendes Schutzinteresse der Gesellschaft
berührt; ausschliesslich generalpräventive oder wirtschaftliche Überlegungen
rechtfertigen eine aufenthaltsbeendende Massnahme in Anwendung des
Freizügigkeitsabkommens nicht (vgl. EPINEY/BLASER, in: Amarelle/Nguyen [Hrsg.],
Code annoté de droit des migrations, Band III: FZA, 2014, N. 15 ff. zu Art. 4
FZA).  
 
3.4.2. Dies gilt seit dem 1. Januar 2017 auch für kroatische Bürger, die wie
der Beschwerdeführer bereits zuvor in der Schweiz gelebt und hier gearbeitet
haben, auch wenn noch keine volle Freizügigkeit mit Kroatien besteht,
insbesondere derzeit noch Zulassungsvoraussetzungen (Inländervorrang etc.) und
insbesondere Höchstzahlen (Kontingentssystem) hinsichtlich des Zugangs zum
hiesigen Arbeitsmarkt gelten (vgl. das Protokoll vom 4. März 2016 zum Abkommen
zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen
Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit im
Hinblick auf die Aufnahme der Republik Kroatien als Vertragspartei infolge
ihres Beitritts zur Europäischen Union [Art. 1 Abs. 2] und das Rundschreiben
des Staatssekretariats für Migration SEM vom 21. Dezember 2016 zur "Ausdehnung
vom 1. Januar 2017 des Freizügigkeitsabkommens [FZA] auf Kroatien"). Es besteht
kein sachlicher Grund, Art. 5 Anhang I FZA - allein wegen der in Art. 10 Abs. 1
lit. c FZA vorgesehenen schrittweisen Einführung der umfassenden
Personenfreizügigkeit - auf die Beendigung der Anwesenheit bereits hier
ansässiger kroatischer Bürger nicht anzuwenden und diese anderen Unionsbürgern
gegenüber damit schlechter zu stellen.  
 
3.4.3. Eine (frühere) strafrechtliche Verurteilung darf im Rahmen von Art. 5
Anhang I des Freizügigkeitsabkommens mitberücksichtigt werden, wenn die ihr
zugrunde liegenden Umstände ein persönliches Verhalten erkennen lassen, das
eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt. Die
entsprechende Regelung schliesst nicht aus, den Grad der fortbestehenden
Bedrohung aufgrund des bisherigen Verhaltens abzuschätzen. Eine Rückfallgefahr
besteht nicht nur, wenn ein Straftäter mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit wieder delinquieren wird; umgekehrt ist nicht erforderlich,
dass überhaupt kein entsprechendes Restrisiko mehr bestehen darf (vgl. das
Urteil 2C_270/2015 vom 6. August 2015 E. 4.1 u. 4.2). Je schwerer die
befürchtete bzw. vernünftigerweise absehbare Verletzung wichtiger Rechtsgüter
wiegt, umso weniger ist die Möglichkeit eines Rückfalls freizügigkeitsrechtlich
hinzunehmen (BGE 139 II 121 E. 5.3 S. 125 f.; 136 II 5 E. 4.2 S. 20; 130 II 176
E. 4.3.1 S. 185 f. mit Hinweisen; Urteil 2C_406/2014 vom 2. Juli 2015 E. 4.2).
Als schwerwiegend gelten etwa Beeinträchtigungen der physischen, psychischen
und sexuellen Integrität Dritter, der qualifizierte Drogenhandel aus rein
pekuniären Motiven und die organisierte Kriminalität sowie Terrorismus oder
Menschenhandel (BGE 139 II 121 E. 6.3 S. 130 f.).  
 
4.  
 
4.1. Der Beschwerdeführer lebt seit seiner Geburt in der Schweiz und ist hier
sozialisiert worden; er hat als sogenannter "Secondo" (Angehöriger der zweiten
Generation) zu gelten. Seine Straftaten und sein ausländerrechtliches
Verschulden sind von Gewicht: Der Beschwerdeführer liess sich trotz
Verwarnungen und strafrechtlichen Sanktionen während Jahren keines Besseren
belehren und wurde noch in der Probezeit gewisser Verurteilungen erneut
straffällig. Im Zeitraum vom 25. Oktober 2007 bis Ende März 2008 beging er mit
einem Kollegen 54 Diebstähle von Kompletträdersätzen, wofür sie sich Quartiere
mit grossen Wohnblöcken und Tiefgaragen aussuchten; der Deliktsbetrag belief
sich dabei auf weit über Fr. 100'000.--, woraus dem Beschwerdeführer indessen
nur Fr. 4'000.-- und ein Occasionauto im Wert von ca. Fr. 2'200.-- zugute
gekommen sind. Ins Gewicht fallen überdies die zahlreichen von ihm begangenen
SVG-Delikte; mit seinen Fahrten in untauglichem Zustand (Alkohol) gefährdete er
die körperliche Integrität Dritter, da er sein Fahrzeug auf der Autobahn bei
hohen Geschwindigkeiten teilweise nicht mehr zu beherrschen vermochte, was der
Polizei Anlass gab, ihn einer Kontrolle zu unterziehen. Schliesslich ist der
Beschwerdeführer auch dreimal ausländerrechtlich verwarnt und ihm der Entzug
seiner Niederlassungsbewilligung angedroht worden, sollte er sein Verhalten
weiterhin nicht der hiesigen Rechtsordnung anpassen wollen oder können. Die
Beziehung zu seiner Mutter und zu seinen beiden Schwestern vermochten ihn nicht
davon abzuhalten, hier immer wieder straffällig zu werden. Die Vorinstanz ging
damit zu Recht davon aus, dass ein relativ grosses Interesse daran besteht,
dass er das Land verlässt.  
 
4.2. Das Verwaltungsgericht hat indessen die privaten Interessen des
Beschwerdeführers und seiner schweizerischen Gattin an einem Verbleib im Land
auf dem Hintergrund von Art. 5 Anhang I FZA nicht genügend gewichtet (vgl. das
Urteil 2C_846/2014 vom 16. Dezember 2014 E. 2.4 mit Hinweisen) : Für die
bundesgerichtliche Beurteilung ist im Zusammenhang mit der prospektiv
abzuschätzenden Rückfallgefahr auch von Bedeutung, welche Zukunftsaussichten
für den Betroffenen bei einem Verbleib in der Schweiz konkret bestehen, d.h. ob
und inwiefern er die sich aus den strafrechtlichen Sanktionen und den
ausländerrechtlichen Verwarnungen ergebenden Lehren gezogen hat und er
hinsichtlich seines Lebensplans und seines künftigen Verhaltens eine deutliche
Änderung glaubhaft und nachvollziehbar dartun kann. Mit dem Beschwerdeführer
ist diesbezüglich davon auszugehen, dass er - nach einer schwierigen Jugend und
Adoleszenz - inzwischen eine biographische Kehrtwende hat vollziehen können
(vgl. hierzu MARC SPESCHA : Spescha et al. [Hrsg.], Migrationsrecht, 4. Aufl.
2015, N. 6a zu Art. 63 S. 250). Die ausländerrechtliche aufenthaltsbeendende
Massnahme ist keine zusätzliche Strafe; sie dient vielmehr der Sicherheit der
Allgemeinheit vor der von einer bestimmten ausländischen Person ausgehenden
(Rückfall-) Gefahr: Der Beschwerdeführer hat keine Gewalttaten, keine
qualifizierten Betäubungsmitteldelikte und keine Sexualstraftaten begangen. Die
Diebstähle, die ihm zur Last gelegt wurden, liegen ihrerseits fast zehn Jahre
zurück. Er hat sich mit seiner Freundin (bzw. heutigen schweizerischen Ehefrau)
ein neues stabiles familiäres Umfeld geschaffen. Beruflich hat er seit rund
vier Jahren im Informatikbereich Fuss gefasst; seine Arbeitgeber sind mit
seinen Leistungen sehr zufrieden. Der Beschwerdeführer hat sich zudem weiter
gebildet und ein "CAS Object-Oriented Programming" an der Zürcher Hochschule
für Angewandte Wissenschaften absolviert.  
 
4.3. Für den Beschwerdeführer spricht zudem der Umstand, dass er seine mit den
Straftaten zusammenhängende Verschuldung von rund Fr. 100'000.-- mit viel
Disziplin und der Hilfe seiner Partnerin abgebaut hat. Nach dem
verkehrspsychologischen Gutachten vom 19. Januar 2015 besteht bei ihm eine
"intrinsisch motivierte Änderungsbereitschaft"; aktuell könne bei ihm - so der
Fachbericht weiter - sowohl privat wie auch beruflich von einer stabilisierten
und für ihn zufriedenstellenden Situation und einer intakten sozialen
Integration ausgegangen werden, was prognostisch hinsichtlich seiner
zukünftigen Legalbewährung günstig zu werten sei (S. 9 f).  
 
4.4. Vor diesem Hintergrund erweist sich der von der Vorinstanz geschützte
Widerruf der Niederlassungsbewilligung mit Blick auf die privaten Interessen im
Rahmen von Art. 13 Abs. 1 BV (in Verbindung mit Art. 36 BV) bzw. Art. 8 Ziff. 2
EMRK (Eingriff in den kombinierten Schutzbereich des Familien- und
Privatlebens) als unverhältnismässig. Er ist zwar geeignet und allenfalls
erforderlich, aber mit dem Übermassverbot, d.h eines sachgerechten und
zumutbaren Verhältnisses von Mittel und Zweck unvereinbar (BGE 134 I 92 E.
2.3.2 S. 97; 133 II 97 E. 2.2 S. 100). Gestützt auf die Umstände besteht
glaubhaft ein Bruch des Beschwerdeführers mit seiner (deliktischen)
Vergangenheit und privat, familiär sowie beruflich eine positive Ausrichtung
auf ein glaubwürdiges neues Zukunftsprojekt hin, welches er kaum bereit sein
wird, durch künftige Straftaten wieder zu gefährden. Er hat sich denn auch seit
2012 nichts mehr zuschulden kommen lassen. Dies haben die kantonalen Instanzen
selber festgehalten, ohne aber die sich daraus ergebenden Konsequenzen im
Rahmen ihrer Interessenabwägung zu ziehen. Die Sicherheitsdirektion schreibt in
ihrem Entscheid vom 16. September 2016, dass es dem Beschwerdeführer erst spät
(vor rund drei bis vier Jahren) gelungen sei, in beruflicher Hinsicht Fuss zu
fassen (E. 6a); zudem hielt sie fest, dass er einen Grossteil seiner Schulden
inzwischen abgezahlt hat, weshalb sich "in beruflicher und finanzieller Sicht
im Vergleich zu den früher bestehenden misslichen Verhältnissen eine
erfreuliche Entwicklung" ergeben habe. Auch das Verwaltungsgericht spricht im
angefochtenen Urteil bezüglich der Integration des Beschwerdeführers von einer
"erfreulichen Entwicklung in den letzten Jahren", stellt diese indessen dem
Umstand gegenüber, dass grundsätzlich erwartet werden dürfe, dass sich ein
Ausländer selber finanziere, seine Schulden zurückbezahle, sich auf dem
hiesigen Arbeitsmarkt integriere und keine Straftaten begehe.  
 
4.5. Diese Ausführungen treffen zwar grundsätzlich zu, sie sind jedoch im
Rahmen der gebotenen Interessenabwägung jeweils  im Einzelfall zu würdigen,
soweit es bei Angehörigen der zweiten Generation bzw. Vertragsausländern im
Rahmen von Art. 5 Anhang I FZA darum geht, die potentielle Rückfallgefahr
abzuschätzen und einer seit den Straftaten eingetretenen
Persönlichkeitsentwicklung angemessen Rechnung zu tragen. Vom Beschwerdeführer
geht zurzeit keine aktuelle, konkrete Gefährdung wesentlicher Rechtsgüter im
Sinne von Art. 5 Anhang I FZA aus, was die Vorinstanz noch nicht zu beurteilen
hatte, da das Protokoll zur Ausdehnung des Freizügigkeitsabkommens auf Kroatien
erst auf den 1. Januar 2017 in Kraft gesetzt worden ist. Zwar ist der
Beschwerdeführer bereits wiederholt ausländerrechtlich verwarnt worden, doch
erfolgten die ersten beiden Verwarnungen in den Jahren 2005 und 2007 aufgrund
von Straftaten, die einen Widerruf der Niederlassungsbewilligung (Art. 63 AuG)
nicht erlaubt hätten. Deshalb kommt ihnen im Hinblick auf die von den
kantonalen Behörden festgestellte und durch die Akten bestätigte positive
Entwicklung des Beschwerdeführers keine wesentliche Bedeutung zu (vgl. Urteil
2C_126/2017 vom 7. September 2017 E. 6.6).  
 
5.  
 
5.1. Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 14.
Dezember 2016 ist somit aufzuheben und dem Beschwerdeführer seine
Niederlassungsbewilligung zu belassen. Im Hinblick auf sein früheres Verhalten
rechtfertigt es sich als mildere Massnahme, ihn ein letztes Mal formell zu
verwarnen (Art. 96 Abs. 2 AuG). Sollte er das vom Gericht in ihn gesetzte
Vertrauen missbrauchen und wiederum zu namhaften Klagen Anlass geben, hat er
trotz seiner langen Anwesenheit mit einem sofortigen Widerruf seiner
Bewilligung zu rechnen (vgl. die Urteile 2C_126/2017 vom 7. September 2017 E.
6.6 und 2C_846/2014 vom 16. Dezember 2014 E. 4, je mit Hinweisen).  
 
5.2. Dem Ausgang des bundesgerichtlichen Verfahrens entsprechend sind keine
Gerichtskosten zu erheben (vgl. Art. 66 Abs. 4 BGG). Der Kanton Zürich hat den
Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren im Rahmen von dessen
Obsiegen angemessen zu entschädigen (vgl. Art. 68 Abs. 1 BGG). Für die
Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen der kantonalen Verfahren ist
die Angelegenheit an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich zurückzuweisen
(vgl. Art. 107 Abs. 2 i.V.m. Art. 67 BGG).  
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde wird gutgeheissen und das Urteil des Verwaltungsgerichts
des Kantons Zürich vom 14. Dezember 2016 aufgehoben.  
 
1.2. Der Beschwerdeführer wird im Sinne der Erwägungen ausländerrechtlich
verwarnt.  
 
1.3. Zur Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen
Verfahrens wird die Sache an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich
zurückgewiesen.  
 
2.  
 
2.1. Es werden keine Kosten erhoben.  
 
2.2. Der Kanton Zürich hat den Beschwerdeführer im Rahmen von dessen Obsiegen
mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen.  
 
3.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Zürich, 2. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration
schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 3. Oktober 2017 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Hugi Yar 

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