Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.107/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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2C_107/2017            

 
 
 
Urteil vom 6. Dezember 2017  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Bundesrichter Stadelmann, Haag, 
nebenamtlicher Bundesrichter Berger, 
Gerichtsschreiber Fellmann. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Kantonales Steueramt St. Gallen, 
Davidstrasse 41, 9001 St. Gallen, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
1. A.C.________, 
2. B.C.________, 
Beschwerdegegner, 
beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jakob Rhyner. 
 
Gegenstand 
Staats- und Gemeindesteuern des Kantons St. Gallen, Steuerjahr 2009, Einkommen
und Vermögen, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 20. Dezember 2016 (B 2015/155). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ und B.C.________ wohnen in U.________ (SG). A.C.________ ist als
Kaminfegermeister selbständig erwerbstätig. Daneben betreibt er seit 2001 -
zunächst als Kollektivgesellschaft zusammen mit seiner früheren Ehefrau, nach
deren Ausscheiden im Jahr 2007 als Einzelunternehmen und seit 2013 als
Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) zusammen mit seiner jetzigen
Ehefrau - einen Greifvogelpark mit Kiosk und Restaurant in U.________ (SG). Aus
dem Betrieb des Greifvogelparks resultierten folgende Verluste: 
Geschäftsjahr       Verlust  
2001/2002       Fr.       66'727.-- 
2003       Fr.       100'286.-- 
2004       Fr.       236'700.-- 
2005       Fr.       993.-- 
2006       Fr.       71'187.-- 
2007       Fr.       121'735.-- 
2008       Fr.       61'015.-- 
Die Verluste in den Geschäftsjahren 2001 bis 2008 wurden von der
Veranlagungsbehörde mit den übrigen steuerbaren Einkünften verrechnet, die die
Steuerpflichtigen in der jeweiligen Steuerperiode erzielten. 
 
B.  
 
B.a. Anfang September 2010 reichten A.________ und B.C.________ die
Steuererklärung für das Jahr 2009 ein. Darin machten sie einen Verlust von Fr.
140'879.-- aus dem Betrieb des Greifvogelparks geltend. Die Veranlagungsbehörde
forderte sie am 5. und 27. Januar 2012 auf, verschiedene Buchhaltungsunterlagen
einzureichen. Am 17. Januar und 6. März 2012 erteilte der Treuhänder von
A.________ und B.C.________ verschiedene Auskünfte.  
 
B.b. Am 12. Juni 2012 wurden A.________ und B.C.________ für die Kantons- und
Gemeindesteuern 2009 veranlagt. Dabei liess die Veranlagungsbehörde den geltend
gemachten Verlust nicht zur Verrechnung mit den übrigen Einkünften zu. Die
gegen diese Veranlagung erhobenen Einsprachen wurden am 21. November 2014 mit
der Begründung abgewiesen, beim Betrieb des Greifvogelparks handle es sich
aufgrund der anhaltenden Verluste um eine Liebhaberei und nicht um eine
selbständige Erwerbstätigkeit.  
 
B.c. Gegen die Einspracheentscheide gelangten A.________ und B.C.________ an
die Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen, die ihr Rechtsmittel
guthiess und die Angelegenheit zur weiteren Prüfung und neuer Entscheidung an
das Steueramt des Kantons St. Gallen zurückwies. Dessen Beschwerde gegen den
Entscheid der Verwaltungsrekurskommission wies das Verwaltungsgericht des
Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 20. Dezember 2016 ab.  
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 30. Januar 2017
gelangt das Steueramt des Kantons St. Gallen an das Bundesgericht. Es beantragt
die Aufhebung des Urteils vom 20. Dezember 2016 und die Bestätigung des
Einspracheentscheids vom 21. November 2014. Die Beschwerdegegner und die
Vorinstanz schliessen demgegenüber auf Abweisung der Beschwerde. Die ebenfalls
zur Vernehmlassung eingeladene Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV)
verzichtet auf einen Antrag. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit bzw. die Zulässigkeit des
Rechtsmittels von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1 BGG) und mit freier Kognition (
BGE 138 III 471 E. 1 S. 475; 137 III 417 E. 1 S. 417). 
 
1.1. Angefochten ist der kantonal letztinstanzliche Entscheid eines oberen
Gerichts, der die Veranlagung von Kantons- und Gemeindesteuern für die
Steuerperiode 2009 betrifft. Dagegen ist die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig (Art. 73 Abs. 1 des
Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten
Steuern der Kantone und Gemeinden [Steuerharmonisierungsgesetz, StHG; SR
642.14] i.V.m. Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 BGG). Das
Steueramt des Kantons St. Gallen ist zur Beschwerde berechtigt (Art. 73 Abs. 2
StHG i.V.m. Art. 89 Abs. 2 lit. d BGG und Art. 158 Abs. 1 und Abs. 2 des
Steuergesetzes des Kantons St. Gallen vom 9. April 1998 [Steuergesetz, StG; sGS
811.1]).  
 
1.2. Mit dem angefochtenen Entscheid hat das Verwaltungsgericht eine Beschwerde
des kantonalen Steueramts gegen einen Entscheid der Verwaltungsrekurskommission
abgewiesen, mit dem diese ihrerseits einen Rekurs der Beschwerdegegner
gutgeheissen, den Einspracheentscheid vom 21. November 2014 aufgehoben und die
Sache zur weiteren Feststellung des Sachverhalts und zu neuer Beurteilung und
Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Veranlagungsbehörde zurückgewiesen
hat. Die Vorinstanz hat den Rückweisungsentscheid der
Verwaltungsrekurskommission bestätigt und durch ihren eigenen Entscheid
ersetzt, bei dem es sich deshalb seinerseits um einen Rückweisungsentscheid
handelt. Die Veranlagungsbehörde müsste damit im Ergebnis einen der Höhe nach
noch nicht bestimmten Verlust aus dem Betrieb des Greifvogelparks zum Abzug
zulassen. Gegen diesen Entscheid steht dem kantonalen Steueramt die Beschwerde
an das Bundesgericht offen (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG; BGE 134 II 124 E. 1.3 S.
127 f.; Urteile 2C_492/2015 vom 19. April 2016 E. 2.1; 2C_370/2013 vom 19. Juli
2014 E. 1.4.1). Auf die im Übrigen form- und fristgerecht eingereichte
Beschwerde ist einzutreten (Art. 42 und Art. 100 Abs. 1 BGG).  
 
2.  
 
2.1. Mit der Beschwerde können namentlich Rechtsverletzungen nach Art. 95 BGG
geltend gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (
Art. 106 Abs. 1 BGG). Immerhin prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen
Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und Abs. 2 BGG), grundsätzlich nur die
geltend gemachten Rügen, sofern der rechtliche Mangel nicht geradezu
offensichtlich ist. Die Verletzung von Grundrechten und kantonalem Recht
untersucht es in jedem Fall nur insoweit, als eine solche Rüge in der
Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; zum
Ganzen BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280 f.; 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). Im Bereich
der direkten Steuern prüft das Bundesgericht harmonisiertes kantonales Recht
gleich wie Bundesrecht mit freier Kognition. In Bereichen, in denen das
Steuerharmonisierungsgesetz den Kantonen einen gewissen Gestaltungsspielraum
belässt oder keine Anwendung findet, ist die Kognition des Bundesgerichts
hingegen auf die in Art. 95 BGG genannten Bestimmungen beschränkt (vgl. BGE 134
II 207 E. 2 S. 209 f.; Urteil 2C_655/2016 vom 17. Juli 2017 E. 1.3).  
 
2.2. Seinem Urteil legt das Bundesgericht den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die
Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz können von Amtes wegen oder auf Rüge
hin berichtigt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig sind oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen und wenn die Behebung des
Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 105 Abs. 2 und
Art. 97 Abs. 1 BGG).  
 
3.  
 
3.1. Gemäss Art. 7 Abs. 1 StHG und Art. 29 Abs. 1 i.V.m. Art. 31 Abs. 1 StG
unterliegen der Einkommenssteuer alle wiederkehrenden und einmaligen Einkünfte,
insbesondere solche aus selbständiger Erwerbstätigkeit. Geschäfts- oder
berufsmässig begründete Kosten werden abgezogen (Art. 10 Abs. 1 StHG und Art.
40 Abs. 1 StG). Die Begriffe der selbständigen Erwerbstätigkeit und der
geschäfts- oder berufsmässig begründeten Kosten sind bundesrechtlich in einer
Weise geregelt, die einen Gestaltungsspielraum der Kantone ausschliesst (vgl.
Urteile 2C_188 / 2C_189/2015 vom 23. Oktober 2015 E. 1.2 und E. 2.2; 2C_868/
2008 vom 23. Oktober 2009 E. 2.1 [betreffend Einkommenssteuer]; BGE 143 II 8 E.
9 S. 32 [betreffend Gewinnsteuer]).  
 
3.2. Der Betrieb des Greifvogelparks durch den Beschwerdegegner 1 stellt nach
den Erwägungen des Verwaltungsgerichts zumindest hinsichtlich der hier allein
in Betracht fallenden Steuerperiode 2009 keine selbständige Erwerbstätigkeit im
Sinne von Art. 7 Abs. 1 Satz 1 StHG bzw. Art. 31 Abs. 1 StG dar (vgl.
angefochtenes Urteil E. 2.3.3). Diese vom Beschwerdeführer geteilte Auffassung
wird von den Beschwerdegegnern im bundesgerichtlichen Verfahren jedenfalls
nicht rechtsgenüglich bestritten. Sie ist auch nicht mit offensichtlichen
Mängeln behaftet, sodass in Bezug auf den Greifvogelpark für die Steuerperiode
2009 eine selbständige Erwerbstätigkeit zu verneinen ist (vgl. E. 2.1 hiervor;
zur Abgrenzung von selbständiger Erwerbstätigkeit und Liebhaberei vgl. Urteile
2C_188 / 2C_189/2015 vom 23. Oktober 2015 E. 2.3; 2C_186 / 2C_187/2014 vom 4.
September 2014 E. 2; 2C_14 / 2C_15/2013 vom 30. Mai 2013 E. 4; 2C_206 / 2C_247/
2011 vom 12. April 2011 E. 4). Der Streit dreht sich daher allein noch um die
Frage, ob mit der Vorinstanz davon auszugehen ist, dass die langjährige
Anerkennung der Verluste durch die Steuerbehörden eine für die Veranlagung der
Steuerperiode 2009 nachwirkende Vertrauensgrundlage schuf, die die
Veranlagungsbehörde verpflichtete, den Beschwerdegegnern die beabsichtigte neue
Beurteilung des Sachverhalts anzukündigen und ihnen Gelegenheit zu bieten, den
Betrieb aufzugeben, betriebswirtschaftlich so zu organisieren, dass die
Erzielung steuerpflichtiger Erwerbseinkünfte realistisch würde, oder ihn in
eine der Steuerbefreiung zugängliche Rechtsform zu überführen.  
 
3.2.1. Nach ständiger Praxis des Bundesgerichts, auf die das Verwaltungsgericht
zutreffend verweist (vgl. angefochtenes Urteil E. 2.4.1), kommt einer
Veranlagung bei periodischen Steuern nur für die betreffende Periode
Rechtskraft zu; die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse können daher in
einem späteren Veranlagungszeitraum durchaus anders gewürdigt werden (BGE 140 I
114 E. 2.4.3 S. 120; Urteile 2C_427 / 2C_428/2014 vom 13. April 2015 E. 4.1;
2C_361 / 2C_364/2011 vom 8. November 2011 E. 3.3). Allein der Umstand, dass die
Veranlagungsbehörde den Betrieb des Greifvogelparks in der Steuerperiode 2009
abweichend von den vorherigen Perioden gewürdigt hat, indem es ihm die Qualität
einer selbständigen Erwerbstätigkeit abgesprochen und ihn als Liebhaberei
eingestuft hat, kann daher nicht dazu führen, dass der aus dieser Tätigkeit
geltend gemachte Verlust in der Steuerperiode 2009 (nochmals) als
geschäftsmässig begründet anerkannt werden kann.  
 
3.2.2. Das Verwaltungsgericht erwog indessen, dass der Greifvogelpark bereits
seit 2001 bestehe und die aus seinem Betrieb resultierenden Verluste von der
Veranlagungsbehörde bisher immer akzeptiert worden seien. Die Beschwerdegegner
hätten - auch im Vertrauen auf die bisherige steuerrechtliche Behandlung -
erhebliche Investitionen vorgenommen und der Greifvogelpark besitze einen
beträchtlichen Tierbestand (rund 60 einheimische und exotische Greifvogel- und
Eulenarten). Ausserdem seien allenfalls auf feste Dauer abgeschlossene Pacht-
und Baurechtsverträge von Bedeutung. Alle diese Umstände verunmöglichten es den
Beschwerdegegnern, den Greifvogelpark kurzfristig zu liquidieren. Die
Veranlagungsbehörde habe sie erstmals zu Beginn des Jahres 2012 aufgefordert,
zusätzliche Buchhaltungsunterlagen einzureichen. Aus dieser Aufforderung sei
nicht hervorgegangen, ob dies zur Überprüfung des geltend gemachten Verlusts
geschehen sei. In den Jahren 2001 bis 2012 sei die Frage der Verrechenbarkeit
der Verluste aus dem Betrieb des Greifvogelparks nie in Frage gestellt worden.
Unter diesen Umständen müsse trotz der fehlenden Bindung der
Veranlagungsbehörde an die früheren Veranlagungen für eine gewisse Zeit aus der
langjährigen Anerkennung des Betriebs des Greifvogelparks als selbständige
Erwerbstätigkeit eine "für eine gewisse Zeit nachwirkende Vertrauensgrundlage"
abgeleitet werden (vgl. angefochtenes Urteil E. 2.4.2 f.).  
 
3.3. Die Erwägungen der Vorinstanz sind insofern nachvollziehbar, als die
periodenbezogene Betrachtungsweise von länger andauernden Sachverhalten die
steuerliche Planungssicherheit beeinträchtigen kann (vgl. dazu MARKUS REICH,
Steuerrecht, 2. Aufl. 2012, S. 80 ff.; JOHANNA HEY, Steuerplanungssicherheit
als Rechtsproblem, 2002, S. 620 ff.). Dies ist umso mehr der Fall in
Situationen, in denen eine rechtliche (Neu-) Beurteilung erst eine gewisse Zeit
nach Ablauf der betreffenden Steuerperiode vorgenommen wird. Entgegen der
Auffassung der Vorinstanz führt dies vorliegend unter dem Blickwinkel des
Anspruchs auf Behandlung nach Treu und Glauben (Art. 9 BV) jedoch nicht dazu,
dass die Veranlagungsbehörde den Beschwerdegegnern eine Anpassungsfrist hätte
einräumen müssen.  
 
3.3.1. Fest steht zunächst, dass den Beschwerdegegnern keine konkreten
Zusicherungen zur steuerrechtlichen Behandlung des Greifvogelparks in der
Steuerperiode 2009 gemacht wurden. Damit fehlt es von vornherein an einer
genügenden Vertrauensgrundlage, auf die sich die Beschwerdegegner im Rahmen des
allgemeinen Grundsatzes von Treu und Glauben (Art. 9 BV) berufen könnten (vgl.
auch zum Folgenden BGE 141 I 161 E. 3.1 S. 164 f.; 131 II 627 E. 6.1 S. 636 f.;
129 I 161 E. 4.1 S. 170; Urteil 2C_226/2016 vom 9. November 2016 E. 4.2). Hinzu
kommt, dass der Betrieb des Greifvogelparks nach den Feststellungen des
Verwaltungsgerichts in objektiver Hinsicht "offenkundig nicht geeignet" ist,
für die Betreiber steuerbare Einkünfte zu generieren (vgl. angefochtenes Urteil
E. 2.3.2). Den Beschwerdegegnern, deren Geschäftsabschlüsse überdies von
Treuhandfirmen erstellt wurden, musste sich aufgrund der jährlich
wiederkehrenden, meist erheblichen Verluste zwangsläufig die Frage nach ihrer
künftigen Qualifikation als selbständig Erwerbstätige stellen. Dass die
Steuerbehörde im Rahmen periodenbezogener Veranlagungen jederzeit zu einer
abweichenden Beurteilung ihrer Tätigkeit im Zusammenhang mit dem Greifvogelpark
gelangen konnte, war für sie daher erkennbar, womit es an einer weiteren
Voraussetzung für die Berufung auf den allgemeinen Vertrauensschutz im Sinne
von Art. 9 BV mangelt.  
 
3.3.2. Bei der steuerrechtlichen Abgrenzung zwischen selbständiger
Erwerbstätigkeit und Liebhaberei ist alsdann dem Umstand besonders Rechnung zu
tragen, dass es zur Beurteilung der Gewinnstrebigkeit einer Tätigkeit
regelmässig einer gewissen Beobachtungszeit bedarf. Namentlich in der
Anfangsphase einer selbständigen Erwerbstätigkeit kann es dabei zu Verlusten
kommen. Die Veranlagungspraxis ist deshalb zurückhaltend und verneint die
Gewinnstrebigkeit einer Tätigkeit nicht leichthin. Abgesehen von Aktivitäten,
die von vornherein offensichtlich ungeeignet sind, einen Gewinn zu generieren,
wird die Anerkennung als selbständige Erwerbstätigkeit in der Regel erst dann
verweigert, wenn aufgrund der Beobachtung einer Tätigkeit über mehrere
Geschäftsjahre hinweg deutlich wird, dass eine Gewinnerzielung nicht
realistisch ist. Erst dann kann die Tätigkeit als Liebhaberei qualifiziert
werden mit der Folge, dass die resultierenden Verluste der Privatsphäre
zuzuweisen sind und steuerlich nicht mehr anerkannt werden können (vgl. Urteile
2C_186 / 2C_187/2014 vom 4. September 2014 E. 3.3; 2C_14 / 2C_15/2013 vom 30.
Mai 2013 E. 4 und E. 5; 2C_307/2010 vom 27. August 2010 E. 2.2; 2A.126/2007 vom
19. September 2007 E. 3.4; 2A.40/2003 vom 12. September 2003 E. 2.3). Dies
bedeutet zugleich, dass während einer bestimmten Phase in steuerlicher Hinsicht
auf Zusehen hin Verlustanerkennungen erfolgen, die sich in der Rückschau nicht
als gerechtfertigt erweisen. Der Umstand, dass die Gewinnstrebigkeit einer
Tätigkeit erst nach einer gewissen Beobachtungszeit zuverlässig beurteilt
werden kann, führt vor diesem Hintergrund nicht zu einer Obliegenheit der
Veranlagungsbehörden, die steuerpflichtige Person auf eine möglicherweise
abweichende Qualifikation ihrer Tätigkeit in späteren Steuerperioden
hinzuweisen oder ihr eine Anpassungsfrist zu gewähren.  
 
3.3.3. Die Frage eines allenfalls treuwidrigen Verhaltens der
Veranlagungsbehörde könnte sich höchstens dann stellen, wenn eine
verlustbringende Aktivität über einen längeren Zeitraum als selbständige
Erwerbstätigkeit anerkannt wird und die Steuerbehörde mit der Veranlagung für
die Folgejahre alsdann in einer Weise unangemessen lange zuwartet, die die
steuerpflichtige Person im Glauben lässt, die Verluste würden weiterhin
akzeptiert (vgl. allgemein zur Verwirkung eines Rechts wegen verzögerter
Ausübung HEINZ HAUSHEER/REGINA E. AEBI-MÜLLER, in: Berner Kommentar, 2012, N.
280 ff. zu Art. 2 ZGB). Allein die zögerliche Vornahme einer Veranlagung reicht
dafür jedenfalls nicht aus; es bedürfte zusätzlicher Umstände, die das
Verhalten der Steuerbehörden als geradezu rechtsmissbräuchlich erscheinen
liessen. Wie es sich damit im Einzelnen verhält, braucht vorliegend indes nicht
vertieft geprüft zu werden. Eine raschere Vornahme der Veranlagung für die
Steuerperiode 2009 wäre hier zwar vorstellbar gewesen (Einreichung
Steuererklärung: Anfang September 2010; Aufforderung zur Einreichung
zusätzlicher Unterlagen im Januar 2012; Veranlagung am 12. Juni 2012). Allein
in diesem Umstand liegt jedoch offensichtlich kein Verstoss gegen Treu und
Glauben durch die Veranlagungbehörde.  
 
4.  
Nach dem Dargelegten ist die Beschwerde gutzuheissen. Der angefochtene
Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 20. Dezember 2016
ist aufzuheben und der Einspracheentscheid vom 21. November 2014 ist zu
bestätigen. Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens sind den
Beschwerdegegnern unter solidarischer Haftbarkeit zu überbinden (Art. 66 Abs. 1
und Abs. 5 BGG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 1
und Abs. 3 BGG). Über die Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen
Verfahrens hat die Vorinstanz neu zu befinden (Art. 68 Abs. 5 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Verwaltungsgerichts des
Kantons St. Gallen vom 20. Dezember 2016 wird aufgehoben und der
Einspracheentscheid der Veranlagungsbehörde vom 21. November 2014 wird
bestätigt. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden den Beschwerdegegnern unter
solidarischer Haftbarkeit auferlegt. 
 
3.  
Die Sache wird zur Neufestsetzung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des
kantonalen Verfahrens an das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen
zurückgewiesen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons St. Gallen und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich
mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 6. Dezember 2017 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Fellmann 

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