Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2C.1038/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
2C_1038/2017  
 
 
Urteil vom 18. Juli 2018  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Bundesrichter Haag, 
Gerichtsschreiberin Ivanov. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, alias B.________, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwältin Noëmi Erig, 
 
gegen  
 
Amt für Migration Basel-Landschaft, 
Beschwerdegegner, 
 
Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft, Regierungsgebäude. 
 
Gegenstand 
Widerruf der Aufenthaltsbewilligung und Wegweisung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung
Verfassungs- und Verwaltungsrecht, vom 31. Oktober 2017 (810 17 25). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die 1989 geborene albanische Staatsangehörige A.________ erschlich sich mittels
gefälschter griechischer Ausweispapiere, erstellt auf den Namen B.________,
eine Kurzaufenthaltsbewilligung im Kanton Basel-Stadt. 
Nach einem Umzug in den Kanton Basel-Landschaft erhielt sie am 15. Dezember
2015 vom kantonalen Amt für Migration (AfM) eine auf den Aliasnamen B.________
lautende Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA zur Erwerbstätigkeit. 
Im Rahmen einer am 24. Juli 2016 am Bahnhof Basel SBB durch den Grenzwachtkorps
durchgeführten Personenkontrolle wurde die Ausweisfälschung erkannt. 
 
B.   
Mit Verfügung vom 2. Dezember 2016 widerrief das AfM die auf den Namen
B.________ ausgestellte Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA und wies A.________ an,
die Schweiz zu verlassen. 
Eine gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde wies der Regierungsrat des
Kantons Basel-Landschaft mit Beschluss vom 15. August 2017 ab, soweit er darauf
eintrat. Zugleich ordnete er an, dass A.________ die Schweiz zu verlassen habe.
Dieser Entscheid wurde zweimal an die Rechtsvertreterin von A.________
versandt: am 16. August 2017 (Postaufgabe) per Einschreiben und am 18. August
2017 (Postaufgabe) per "A-Post-Plus". 
 
C.   
Mit Eingabe vom 31. August 2017 erhob A.________ Beschwerde beim Kantonsgericht
Basel-Landschaft. Dieses trat mit Urteil vom 31. Oktober 2017 auf das
Rechtsmittel nicht ein, weil es die Beschwerde als verspätet erachtete. 
 
D.   
Gegen das Urteil des Kantonsgerichts reicht A.________ mit Eingabe vom 6.
Dezember 2017 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim
Bundesgericht ein. Sie beantragt, die Ziffern 1 und 3 des angefochtenen Urteils
seien aufzuheben und die Vorinstanz sei anzuweisen, auf die Beschwerde vom 31.
August 2017 einzutreten. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die
Vorinstanz zurückzusenden. 
Mit Eingabe vom 17. Januar 2018 beantragt A.________ die unentgeltliche
Rechtspflege. 
Das Kantonsgericht verzichtet auf eine Vernehmlassung, der Regierungsrat
schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Mit Eingabe vom 22. Februar 2018 reicht
A.________ Bemerkungen zur Vernehmlassung der Vorinstanz ein. 
 
E.   
Mit Schreibe n vom 11. Dezember 2017 hat der Präsident der II.
öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts den Rechtsvertretern von
A.________ mitgeteilt, dass eine Erstreckung der gesetzlichen Beschwerdefrist,
wie von ihnen beantragt, um die Beschwerdebegründung zu vervollständigen, von
Gesetzes wegen (Art. 47 Abs. 1 BGG) ausgeschlossen ist. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist ein Urteil, welches bloss einen Nichteintretensentscheid
zum Gegenstand hat. Gegen einen Nichteintretensentscheid ist die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nur zulässig, wenn auch ein Entscheid in
der Sache mit diesem Rechtsmittel anfechtbar wäre, d.h. wenn kein
Ausschlussgrund gemäss Art. 83 BGG zum Zug kommt (Urteil 2C_64/2007 vom 29.
März 2007 E. 2.1).  
 
1.2. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist gemäss Art.
83 lit. c Ziff. 2 BGG unzulässig gegen Entscheide auf dem Gebiet des
Ausländerrechts betreffend Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch
das Völkerrecht einen Anspruch einräumt.  
Ungeachtet der Frage, ob ein Anspruch auf eine Bewilligung besteht, ist die
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten auch zulässig gegen den
Widerruf einer Bewilligung, die im Zeitpunkt der Einreichung der Beschwerde
beim Bundesgericht noch Rechtswirkung zeitigte, wenn sie nicht widerrufen
worden wäre (Urteil 2C_128/2015 vom 25. August 2015 E. 1). Dies ist vorliegend
der Fall, weil die Beschwerdeführerin am 15. Dezember 2015 eine
Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA zur Erwerbstätigkeit erhielt und die
Gültigkeitsdauer derartiger Bewilligungen fünf Jahre beträgt (vgl. Art. 6 Abs.
1 Anhang I des Freizügigkeitsabkommens [FZA; SR 0.142.112.681]). 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist somit zulässig. 
 
1.3. Auf die im übrigen frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde ist
einzutreten (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 89 Abs. 1,
Art. 90 und Art. 100 Abs. 1 BGG).  
 
2.  
 
2.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann
insbesondere die Verletzung von Bundes- und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95
lit. a und b BGG). Bei der Prüfung wendet das Bundesgericht das Recht von Amtes
wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG; BGE 142 I 155 E. 4.4.5 S. 157) und verfügt über
volle Kognition (Art. 95 BGG; BGE 141 V 234 E. 2 S. 236).  
 
2.2. Von hier nicht gegebenen Ausnahmen abgesehen, kann das Bundesgericht die
Auslegung und Anwendung kantonalen Rechts nicht als solche überprüfen, sondern
lediglich daraufhin, ob dadurch Bundes-, Völker- oder interkantonales Recht (
Art. 95 lit. a, b und e BGG) verletzt ist. Dies ist der Fall, wenn das
angewendete kantonale Recht als solches dem übergeordneten Recht widerspricht,
aber auch dann, wenn das an sich rechtskonforme kantonale Recht auf eine
willkürliche Weise angewendet worden ist, weil dadurch Art. 9 BV verletzt ist (
BGE 142 II 369 E. 2.1 S. 372).  
 
2.3. Die Verletzung von verfassungsmässigen Individualrechten (einschliesslich
der Grundrechte) prüft das Bundesgericht nur, soweit eine solche Rüge in der
Beschwerde überhaupt vorgebracht und ausreichend begründet worden ist
(qualifizierte Rüge- und Begründungspflicht gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 142
I 99 E. 1.7.2 S. 106).  
 
2.4. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die tatsächlichen
Feststellungen der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, sofern sie
offensichtlich unrichtig sind oder auf einer anderen Rechtsverletzung im Sinne
von Art. 95 BGG beruhen (Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
3.  
 
3.1. Gemäss § 48 des Gesetzes des Kantons Basel-Landschaft über die
Verfassungs- und Verwaltungsprozessordnung vom 16. Dezember 1993 (VPO/BL; SGS
271) ist die verwaltungsgerichtliche Beschwerde innert zehn Tagen seit
Eröffnung der Verfügung oder des Entscheids schriftlich beim Kantonsgericht
einzureichen. Bei der Berechnung von Fristen wird der Tag, an dem die Frist zu
laufen beginnt, nicht mitgezählt (§ 46 Abs. 1 des Gesetzes des Kantons
Basel-Landschaft über die Organisation der Gerichte vom 22. Februar 2001 [GOG/
BL; SGS 170]). Die Frist gilt als eingehalten, wenn schriftliche Eingaben
spätestens am letzten Tag der Frist bei der Bestimmungsstelle eingetroffen oder
für sie der schweizerischen Post übergeben worden sind. Sie verlängert sich auf
den nächstfolgenden Werktag, wenn der letzte Tag der Frist ein Samstag, ein
Sonntag oder ein staatlich anerkannter Feiertag ist (§ 46 Abs. 2 und 3 GOG/BL).
 
 
3.2. Nach den allgemeinen Grundsätzen gilt eine eingeschriebene Sendung, soweit
der Adressat bei einer versuchten Zustellung nicht angetroffen und daher eine
Abholungseinladung in seinen Briefkasten oder sein Postfach gelegt wird, in
jenem Zeitpunkt als zugestellt, in welchem sie bei der Post abgeholt wird;
geschieht dies nicht innert der Abholfrist, welche sieben Tage beträgt, so gilt
die Sendung (fiktiv) als am letzten Tag dieser Frist zugestellt, sofern der
Adressat mit der Zustellung hätte rechnen müssen (BGE 130 III 396 E. 1.2.3 S.
399; Urteil 2C_430/2009 vom 14. Januar 2010 E. 2.4).  
Die Zustellung einer uneingeschriebenen Sendung erfolgt gemäss ständiger
bundesgerichtlicher Rechtsprechung bereits dadurch, dass sie in den Briefkasten
oder in das Postfach des Adressaten gelegt wird und sich damit in dessen
Verfügungsbereich befindet. Für die Zustellung nicht erforderlich ist, dass der
Adressat die Sendung tatsächlich in Empfang nimmt; es genügt, wenn sie in
seinen Machtbereich gelangt und er demzufolge von ihr Kenntnis nehmen kann.
Dies hat zur Folge, dass Fristen bereits im Zeitpunkt der ordnungsgemässen
Zustellung und nicht erst bei tatsächlicher Kenntnisnahme durch den Adressaten
zu laufen beginnen (Urteil 2C_430/2009 vom 14. Januar 2010 E. 2.4). 
Das Bundesgericht hat sich bereits verschiedentlich zur Zustellung mittels
"A-Post-Plus" geäussert (vgl. BGE 142 III 599 E. 2.2 S. 601 f., mit
verschiedenen Hinweisen; Urteil 2C_1126/2014 vom 20. Februar 2015 E. 2.2). Bei
dieser Versandmethode werden Briefe konventionell in uneingeschriebener Form
(A-Post) befördert, d.h. die Zustellung erfolgt direkt in den Briefkasten oder
ins Postfach des Adressaten, ohne dass dieser den Empfang unterschriftlich
bestätigen müsste; entsprechend wird der Adressat im Falle seiner Abwesenheit
auch nicht durch Hinterlegung einer Abholungseinladung avisiert. Im Unterschied
zu herkömmlichen Postsendungen sind "A-Post-Plus"-Sendungen jedoch mit einer
Nummer versehen, welche die elektronische Sendungsverfolgung im Internet
("Track & Trace") ermöglicht. Daraus ist u.a. ersichtlich, wann dem Empfänger
die Sendung durch die Post zugestellt wurde (Urteil 2C_1126/2014 vom 20.
Februar 2015 E. 2.2). Allfällige Fehler bei der Postzustellung liegen auch bei
dieser Zustellungsart nicht ausserhalb jeder Wahrscheinlichkeit. Eine
fehlerhafte Postzustellung ist allerdings nicht zu vermuten, sondern nur
anzunehmen, wenn sie aufgrund der Umstände plausibel erscheint (BGE 142 III 599
E. 2.4.1 S. 604). 
 
3.3. Vorliegend ist unbestritten, dass der Beschluss des Regierungsrates
betreffend den Widerruf der Aufenthaltsbewilligung - offenbar aufgrund eines
verwaltungsinternen "Missverständnisses" (vgl. Ziff. 1 der Vernehmlassung des
Regierungsrates) - der Beschwerdeführerin bzw. ihrer Rechtsvertreterin zweimal
zugestellt wurde: ein erstes Mal per Einschreiben, am 16. August 2017
(Postaufgabe), und ein zweites Mal per "A-Plus-Post", am 18. August 2017
(Postaufgabe). Ebenfalls unbestritten ist, dass der erste Zustellungsversuch
erfolglos blieb, so dass eine Abholungseinladung ins Postfach der
Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin gelegt wurde.  
Bezüglich der "A-Plus-Post"-Sendung bestreiten die Beschwerdeführerin bzw. ihre
Rechtsvertreter im bundesgerichtlichen Verfahren offenbar nicht, dass diese
ihnen bereits am 19. August 2017 via Postfach zugestellt wurde (vgl. Ziff. 7
der Beschwerde und Ziff. 5 der Bemerkungen zur Vernehmlassung der Vorinstanz).
In ihren Bemerkungen zur Vernehmlassung der Vorinstanz behauptet die
Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin jedoch, dass sie bis zum 24. August
2017 büroabwesend war und deshalb keine der beiden Sendungen vor dem 24. August
2017 entgegennehmen konnte (vgl. Ziff. 5 der Bemerkungen zur Vernehmlassung der
Vorinstanz). 
Gemäss den Erwägungen des Kantonsgerichts war die von der Beschwerdeführerin
eingereichte Kopie des angefochtenen Entscheids des Regierungsrates mit einem
Eingangsstempel vom 21. August 2017 versehen (vgl. E. 5 des angefochtenen
Urteils). Daher erachtete die Vorinstanz die Behauptungen der Rechtsvertreterin
der Beschwerdeführerin, beim angegebenen Eingangsdatum (21. August 2017) handle
es sich um einen Tippfehler, als unglaubwürdig (vgl. E. 6.5 und 6.6 des
angefochtenen Urteils). 
Wie es sich damit genau verhält, kann angesichts des Ausgangs des Verfahrens
offen bleiben. 
 
4.  
 
4.1. In ihrer lediglich summarisch begründeten Beschwerde macht die
Beschwerdeführerin geltend, der Nichteintretensentscheid verletze die
Rechtsweggarantie sowie den Anspruch auf rechtliches Gehör im Sinne von Art. 29
und 29a BV sowie Art. 6 Ziff. 1 und Art. 13 EMRK.  
 
4.2. Gemäss Art. 29a BV hat jede Person bei Rechtsstreitigkeiten Anspruch auf
Beurteilung durch eine richterliche Behörde. Die Rechtsweggarantie unterliegt
jedoch dem Verfahrensrecht und besteht nur im Rahmen der jeweils geltenden
Prozessordnung. Sie verbietet nicht, das Eintreten auf einen formellen
Rechtsbehelf von der Einhaltung der üblichen Sachurteilsvoraussetzungen
abhängig zu machen (BGE 137 II 409 E. 4.2 S. 411; BGE 136 I 323 E. 4.3 S. 328;
Urteile 2C_703/2009 und 2C_22/2010 vom 21. September 2010 E. 4.4.2).  
Die Einhaltung der Beschwerdefrist stellt eine Eintretensvoraussetzung dar.
Wird eine Beschwerde verspätet eingereicht, sind nicht alle
Eintretensvoraussetzungen erfüllt und der Beschwerdeführer kann sich nicht mit
Erfolg auf seinen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) und auf
die Rechtsweggarantie (Art. 29a BV) berufen. 
Unbehelflich ist auch die Berufung auf Art. 6 und 13 EMRK, zumal diese
Bestimmungen keinen über Art. 29 und 29a BV hinaus gehenden Schutz bieten (BGE
130 I 312 E. 1.1 S. 317; Urteil 2C_684/2015 vom 24. Februar 2017 E. 6.1). 
 
5.   
 
5.1. Ferner macht die Beschwerdeführerin eine Verletzung des Vertrauensschutzes
im Sinne von Art. 9 BV geltend. Sie ist der Auffassung, dass mehrfache
Zustellungen gerade wegen Missverständnissen bezüglich des Fristenlaufs mit dem
Klarheitsgebot schwer zu vereinbaren seien und Behörden allfällige Unklarheiten
gegen sich gelten lassen müssten. Zudem stellt sie sich auf den Standpunkt,
dass förmliche, mit einer vorbehaltlosen Rechtsmittelbelehrung versehene
Zustellungen mittels eingeschriebener Postsendungen ein besonderes Vertrauen in
die Wirksamkeit dieser Zustellung schaffen würden, wenn gleichzeitig formlose
Zustellungen erfolgten. Daher habe sie sich darauf verlassen dürfen, dass die
erste mittels Einschreiben versandte Verfügung fristauslösend sei. Es hätten
keine Anzeichen dafür gegeben, dass die später aufgegebene Sendung, welche
lediglich mittels "A-Plus-Post" versandt wurde, die allein fristauslösende sei,
zumal die zweite Sendung auch nicht mit einer anderen Rechtsmittelbelehrung
versehen war.  
 
5.2. Die Vorinstanz führt im angefochtenen Urteil aus, dass gerade kein
Vertrauensschutz begründender Fall eines zweiten Versandes vorgelegen habe. Die
Beschwerdeführerin sei bereits am 21. August 2017 im Besitz des Entscheids des
Regierungsrates gewesen und habe dessen Inhalt gekannt. Sie habe selbst in
ihrer Beschwerde an das Kantonsgericht den 21. August 2017 als Eingangsdatum
des regierungsrätlichen Entscheids angegeben und eine mit einem Eingangsstempel
vom selben Datum versehene Kopie dieses Entscheids beigelegt. Dies bedeute,
dass die Beschwerdeführerin gerade nicht auf einen Fristenlauf ab dem 24.
August 2017 vertraut habe (vgl. E. 6.6 des angefochtenen Urteils).  
 
5.3.  
 
5.3.1. Der Grundsatz von Treu und Glauben (Art. 9 und 5 Abs. 3 BV) gebietet ein
loyales und vertrauenswürdiges Verhalten im Rechtsverkehr (BGE 136 I 254 E. 5.2
S. 261). Er verleiht einer Person Anspruch auf Schutz des berechtigten
Vertrauens in behördliche Zusicherungen oder sonstiges bestimmte Erwartungen
begründendes Verhalten der Behörden. Vorausgesetzt ist, dass die Person, die
sich auf Vertrauensschutz beruft, berechtigterweise auf diese Grundlage
vertrauen durfte und gestützt darauf nachteilige Dispositionen getroffen hat,
die sie nicht mehr rückgängig machen kann (BGE 129 I 161 E. 4.1 S. 170; 130 I
26 E. 8.1 S. 60; 114 Ia 105 E. 2a S. 107). Aufgrund des Vertrauensschutzes hat
die Verwaltung insbesondere jegliche Verhaltensweise zu unterlassen, die
geeignet wäre, die Betroffenen zu täuschen, und sie darf aus den Folgen ihres
unkorrekten Verhaltens keine Vorteile ziehen (LORENZ KNEUBÜHLER, in: Auer et
al. [Hrsg.], Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren [VwVG],
2008, N. 1 zu Art. 38 VwVG).  
Aus dem Grundsatz von Treu und Glauben fliesst auch die Regel, wonach einer
Partei aus einer mangelhaften Eröffnung kein Nachteil erwachsen darf. Dies
stellt einen allgemeinen Grundsatz des öffentlichen Prozessrechts dar (BGE 124
I 255 E. 1a/aa S. 258; KNEUBÜHLER, a.a.O., N. 1 zu Art. 38 VwVG). Dabei ist
jeweils nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu prüfen, ob die
betroffene Partei durch den gerügten Eröffnungsmangel tatsächlich irregeführt
und dadurch benachteiligt worden ist (BGE 106 Ia 13 E. 3a S. 17). Keinen
Vertrauensschutz geniessen die Rechtsuchenden, wenn sie bzw. ihre
Rechtsvertreter den Fehler erkannten oder bei zumutbarer Sorgfalt hätten
erkennen müssen, wobei nur eine grobe prozessuale Unsorgfalt der Partei oder
ihres Anwalts geeignet ist, eine fehlerhafte Eröffnung aufzuwiegen (vgl. BGE
129 II 125 E. 3.3 S. 134 f.; 124 I 255 E. 1a/aa S. 258; 117 Ia 421 E. 2a S.
422; 106 Ia 13 E. 3b S. 17 f.). 
 
5.3.2. Das Bundesgericht hat bezüglich der Einhaltung der Beschwerdefrist
festgehalten, dass in Fällen, in welchen eine eingeschriebene Postsendung als
am letzten Tag der siebentägigen Abholfrist zugestellt gilt, ein allfälliger
zweiter Versand und die spätere Entgegennahme der Sendung durch den Betroffenen
grundsätzlich nicht erheblich sei (BGE 111 V 99 E. 2b S. 101; BGE 118 V 190 E.
3a S. 190; 119 V 89 E. 4b/aa S. 94). Die Rechtsmittelfrist kann sich aber
gestützt auf den verfassungsmässigen Anspruch auf Vertrauensschutz dann
verlängern, wenn noch vor ihrem Ende eine entsprechende vertrauensbegründende
Auskunft erteilt wird. Eine solche Auskunft kann darin bestehen, dass der mit
Rechtsmittelbelehrung versehene Entscheid dem Betroffenen noch vor Ablauf der
Frist erneut zugestellt wird (vgl. BGE 115 Ia 12 E. 5c S. 20; 117 Ia 421 E. 2a
S. 422; Urteile 6B_701/2016 vom 23. Mai 2017 E. 3.3; 8C_184/2010 vom 27. April
2010 E. 3.2).  
 
5.3.3. Der vor der Vorinstanz angefochtene Beschluss des Regierungsrates wurde
der Beschwerdeführerin, wie bereits ausgeführt (vgl. E. 3.3 hiervor), ein
erstes Mal am 16. August 2017, per Einschreiben, zugesandt. Mit Ablauf der
siebentägigen Abholfrist, d.h. am 24. August 2017, galt er als zugestellt. Die
zweite, per "A-Post-Plus" erfolgte Sendung, wurde am 18. August 2017 und somit
zu einem Zeitpunkt, als die durch das erste Schreiben ausgelöste
Rechtsmittelfrist noch lief, zugestellt. Dies hatte im vorliegenden Fall eine
Verkürzung der Beschwerdefrist zur Folge. Einen allfälligen Vorbehalt in Bezug
auf die Rechtsmittelfrist enthielt dieses zweite Schreiben nicht.  
Wie oben dargelegt (vgl. E. 5.3.2 hiervor), ist ein zweiter Versand
grundsätzlich unbeachtlich. Ausnahmsweise kann der Grundsatz des
Vertrauensschutzes jedoch gebieten, dass die zweite Zustellung die
Beschwerdefrist verlängert, nicht aber - wie dies vorliegend der Fall ist -
verkürzt. Dadurch, dass die Vorinstanz die zweite, kürzere Beschwerdefrist als
massgebend erachtete, erwuchs der Beschwerdeführerin ein Rechtsnachteil, weil
auf ihre Beschwerde nicht eingetreten wurde. Angesichts der konkreten Umständen
hätte die Beschwerdeführerin bzw. ihre Rechtsvertreterin darauf vertrauen
dürfen, dass die erste, per Einschreiben aufgegebene Sendung, fristauslösend
sei. Auch hätte sie nicht damit rechnen müssen, dass die Behörde den
betreffenden Entscheid ein zweites Mal zustellen würde. Eine grobe prozessuale
Unsorgfalt kann der Beschwerdeführerin bzw. ihrer Rechtsvertreterin im
konkreten Fall nicht vorgeworfen werden; insbesondere wurde die durch das erste
Schreiben ausgelöste Beschwerdefrist in jedem Fall eingehalten. Die Verwirrung
um die Auslösung der Rechtsmittelfrist ist einzig durch den Regierungsrat zu
verantworten und darf nicht zu einer Benachteiligung der Beschwerdeführerin
führen. Folglich verletzt das angefochtene Urteil das Prinzip von Treu und
Glauben im Sinne von Art. 9 und 5 Abs. 3 BV. 
 
6.   
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
gutzuheissen. Ziff. 1 und 3 des angefochtenen Nichteintretensentscheids sind
aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz
zurückzuweisen. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66
Abs. 1 und 4 BGG). Der Kanton Basel-Landschaft hat der Beschwerdeführerin für
das Verfahren vor dem Bundesgericht eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art.
68 Abs. 1 und 2 BGG). Das von der Beschwerdeführerin gestellte Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege im bundesgerichtlichen Verfahren wird somit
gegenstandslos. 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird gutgeheissen.
Ziff. 1 und 3 des Urteils des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 31. Oktober
2017 werden aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Entscheidung an das
Kantonsgericht Basel-Landschaft zurückgewiesen. 
 
2.   
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.   
Der Kanton Basel-Landschaft hat die Beschwerdeführerin für das
bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'500.-- zu entschädigen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Kantonsgericht
Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht, schriftlich
mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 18. Juli 2018 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Die Gerichtsschreiberin: Ivanov 

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