Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.98/2017
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1C_98/2017

Urteil vom 2. Juni 2017

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Eusebio, Chaix,
Gerichtsschreiber Misic.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Paul Hofer,

gegen

Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich, Bereich Administrativmassnahmen,
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich.

Gegenstand
Entzug des Führerausweises,

Beschwerde gegen das Urteil vom 4. Januar 2017 des Verwaltungsgerichts des
Kantons Zürich, 1. Abteilung, Einzelrichter.

Sachverhalt:

A.
A.________ fuhr am 26. Mai 2013, kurz vor 14:00 Uhr, in einem Personenwagen von
Winterthur auf der Autobahn Richtung Zürich. Ihm wird vorgeworfen, nach einem
Spurenwechsel von der linken auf die rechte Fahrbahnspur während ca. 50
Sekunden bei einer Geschwindigkeit von rund 90 km/h lediglich einen Abstand von
ein bis zwei Wagenlängen (rund 5 bis 10 Meter) zum vorausfahrenden Fahrzeug
eingehalten zu haben. Gestützt auf diesen Sachverhalt wurde er der
vorsätzlichen groben Verletzung der Verkehrsregeln schuldig gesprochen und mit
einer Geldstrafe bestraft. Mit Urteil 6B_121/2015 vom 2. Juni 2015 bestätigte
das Bundesgericht letztinstanzlich den Strafbefehl und verneinte die von
A.________ behauptete Notstandssituation.
Auf dieser Grundlage entzog am 6. November 2015 das Strassenverkehrsamt des
Kantons Zürich A.________ aufgrund einer schweren Widerhandlung gegen die
Strassenverkehrsvorschriften für die Dauer von 14 Monaten (vom 28. Januar 2016
bis und mit 27. März 2017) den Führerausweis und untersagte ihm insbesondere
das Führen von Motorfahrzeugen aller Kategorien. Dem Lauf der Rekursfrist und
der Einreichung des Rekurses entzog es die aufschiebende Wirkung.
Mit Entscheid vom 7. September 2016 wies die Sicherheitsdirektion des Kantons
Zürich den Rekurs von A.________ - soweit nicht gegenstandslos geworden - ab.
Mit Urteil vom 4. Januar 2017 wies der Einzelrichter der 1. Abteilung des
Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich die Beschwerde ab.

B.
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und
beantragt in der Hauptsache die Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts
des Kantons Zürich. Ihm sei der Führerausweis zu belassen.
Das Verwaltungsgericht beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf
einzutreten ist. Die Rekursabteilung der Sicherheitsdirektion hat auf eine
Vernehmlassung verzichtet. Das Bundesamt für Strassen (ASTRA) hat sich nicht
vernehmen lassen. Das Strassenverkehrsamt schliesst auf die Abweisung der
Beschwerde. Der Beschwerdeführer hat sich nicht mehr geäussert.

Erwägungen:

1.
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid betreffend
Administrativmassnahmen gegen einen Fahrzeuglenker. Da es sich um eine
Angelegenheit des öffentlichen Rechts handelt und auch kein Ausnahmegrund nach
Art. 83 BGG gegeben ist, steht dagegen die Beschwerde nach Art. 82 ff. BGG
offen. Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen
(Art. 89 Abs. 1 Bst. a BGG). Er ist durch den angefochtenen Entscheid besonders
berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung
(Art. 89 Abs. 1 Bst. b und c BGG). Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen geben
zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

2.

2.1. Der Beschwerdeführer rügt eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung (Art.
9 BV). Er bringt vor, der Sachverhalt sei im strafrechtlichen Verfahren nicht
korrekt abgeklärt worden. Die Vorinstanz hätte nicht darauf abstellen dürfen
und wäre zu eigenen Sachverhaltserhebungen - vorliegend zwingend durch ein
Gutachten - verpflichtet gewesen.

2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zu Grunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Sachverhaltsfeststellung
kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig, d.h. willkürlich,
ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn
die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann
(Art. 97 Abs. 1 BGG). Willkür liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid
offensichtlich unhaltbar ist oder mit der tatsächlichen Situation in klarem
Widerspruch steht. Dass eine andere Lösung oder Würdigung ebenfalls vertretbar
oder gar zutreffender erscheint, genügt für die Annahme von Willkür nicht (BGE
139 III 334 E. 3.2.5; 138 I 305 E. 4.3; je mit Hinweis). Eine entsprechende
Rüge muss klar vorgebracht und substanziiert begründet werden (Art. 42 Abs. 2
und Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 138 I 225 E. 3.2; 137 IV 1 E. 4.2.3; 136 I 65 E.
1.3.1; je mit Hinweisen). Auf eine rein appellatorische Kritik am angefochtenen
Urteil tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 140 III 264 E. 2.3; 139 II 404 E.
10.1; je mit Hinweisen).

2.3. Der vom Beschwerdeführer erhobene Vorwurf, die Strafbehörden hätten den
Sachverhalt willkürlich festgestellt, wurde bereits im Urteil des
Bundesgerichts 6B_121/2015 vom 2. Juni 2015 E. 1.2 ff. thematisiert. Das
Bundesgericht hielt fest, die Ausführungen der Strafbehörden zum
Geschehensablauf seien detailliert und schlüssig, zumal sie sich auch auf die
in den Akten enthaltenen Videoaufzeichnungen abstützen konnten. Die
Feststellungen bezüglich der gefahrenen Geschwindigkeiten und Abstände seien
ausreichend konkret, um die Verletzung der Abstandsvorschriften beurteilen zu
können. Jedenfalls würden sie nicht als geradezu unhaltbar erscheinen. Unter
diesen Umständen sei der Beizug eines Sachverständigen zur Feststellung des
Sachverhalts nicht erforderlich gewesen. Sodann entbehre die Behauptung des
Beschwerdeführers, der Tachometer des Polizeifahrzeugs sei fehlerhaft gewesen,
jeglicher Grundlage. Soweit er vorbringe, es sei richtigerweise von einem
Abstand von über 18 Metern auszugehen, berufe er sich auf die eigene
Interpretation einer Momentaufnahme aus der Videoaufzeichnung, ohne darzulegen,
inwiefern die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz willkürlich sein soll.
Des Weiteren bestünden "keinerlei Anhaltspunkte", dass für ihn eine
Gefahrensituation bestanden habe (Urteil 6B_121/2015 vom 2. Juni 2015 E. 2).
Damit erweise sich die Willkürrüge als unbegründet.

2.4. Der Beschwerdeführer vermag in seiner Beschwerdeschrift keine "klare[n]
Anhaltspunkte" zu benennen, weshalb die Vorinstanz in Willkür verfallen sein
soll, weil sie auf den von den Strafbehörden unter Anhörung des
Beschwerdeführers erstellten Sachverhalt abgestellt hat. Aus welchen Gründen
die Vorinstanz davon hätte abweichen sollen, ist auch nicht ersichtlich. Zwar
vermag nach der Rechtsprechung ein Strafurteil die Verwaltungsbehörde
grundsätzlich nicht zu binden. Allerdings gebietet das Prinzip der Einheit der
Rechtsordnung, widersprüchliche Entscheide im Rahmen des Möglichen zu
vermeiden. Die Verwaltungsbehörde darf deshalb beim Entscheid über die
Massnahme von den tatsächlichen Feststellungen des Strafrichters nur unter
bestimmten Voraussetzungen abweichen, die vorliegend jedoch nicht gegeben sind
(vgl. dazu im Einzelnen BGE 139 II 95 E. 3.2 S. 101 f.; 124 II 103 E. 1c/aa S.
106; 119 Ib 158 E. 3c/aa S. 163 f.; je mit Hinweisen; Urteil 1C_536/2016 vom
23. Februar 2017 E. 2.2). Dazu äussert sich der Beschwerdeführer nicht.
Vielmehr belässt er es dabei, seine Einwände zu wiederholen und die
Ausführungen im angefochtenen Entscheid lediglich zu bestreiten, ohne näher
darzulegen, inwiefern diese willkürlich sein sollen. Damit erschöpfen sich
seine Vorbringen in unzulässiger appellatorischer Kritik. Darauf ist nicht
einzutreten.

2.5. Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, gemäss seiner eigenen Einschätzung
liege bloss ein sehr leichtes Verschulden vor, weshalb von einer leichter
Widerhandlung auszugehen sei und auf jegliche Massnahme verzichtet werden könne
(Art. 16a Abs. 4 SVG), vermag dies ein Abweichen von der rechtlichen Würdigung
der Strafgerichte nicht zu begründen. Die rechtliche Qualifikation hängt stark
von der Würdigung von Tatsachen ab, die der Strafrichter besser kennt, etwa
weil er, wie vorliegend, den Beschuldigten persönlich einvernommen hat (BGE 136
II 447 E. 3.1; 127 II 302 nicht publ. E. 3a; 124 II 103 E. 1c/aa und bb; Urteil
1C_536/2016 vom 23. Februar 2017 E. 2.2). Es ist daher nicht zu beanstanden,
dass sich die Vorinstanz der Würdigung der Strafbehörden, die von einem
direkten Vorsatz ausgegangen sind und eine grobe Verkehrsverletzung bejaht
haben, angeschlossen hat. Insoweit kann entgegen der Auffassung des
Beschwerdeführers von einer falschen Rechtsanwendung keine Rede sein. Dass die
Vorinstanz vorliegend nicht von einem besonders leichten Fall ausgegangen ist
(Art. 16a Abs. 4 SVG), hält - angesichts der erstellten schweren Widerhandlung
gegen das Strassenverkehrsgesetz (Art. 16c Abs. 2 SVG) und des stark belasteten
automobilistischen Leumunds des Beschwerdeführers - ohne Weiteres vor
Bundesrecht stand.

3.
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf
eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der
Beschwerdeführer grundsätzlich kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Er
ersuchte zwar um unentgeltliche Rechtspflege, begründete und belegte seine
Bedürftigkeit aber nicht und reichte die angekündigten Unterlagen auch nicht
nach. Dem Gesuch kann deshalb nicht stattgegeben werden (Art. 64 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Kosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Strassenverkehrsamt des Kantons
Zürich, Bereich Administrativmassnahmen, der Sicherheitsdirektion des Kantons
Zürich, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 1. Abteilung, Einzelrichter,
und dem Bundesamt für Strassen Sekretariat Administrativmassnahmen schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 2. Juni 2017

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Merkli

Der Gerichtsschreiber: Misic

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