Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.68/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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1C_68/2017             

 
 
 
Urteil vom 1. September 2017  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Bundesrichter Fonjallaz, Kneubühler, 
Gerichtsschreiber Uebersax. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ AG, 
handelnd durch B.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Geschäftsleitung der Gemeinde Neuenkirch, 
Luzernerstrasse 16, 6206 Neuenkirch, 
vertreten durch Rechtsanwalt Franz Hess, 
Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartement des Kantons Luzern, 
Bahnhofstrasse 15, Postfach 3768, 6002 Luzern. 
 
Gegenstand 
Bau- und Planungsrecht, 
 
Beschwerde gegen das Urteil vom 12. Dezember 2016 des Kantonsgerichts Luzern,
4. Abteilung. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die A.________ AG ist Eigentümerin des Grundstücks Nr. xxx im Grundbuch
Neuenkirch/LU, das der Arbeitszone III (mit Empfindlichkeitsstufe III)
zugewiesen ist und zusammen mit den benachbarten Grundstücken Nrn. yyy und zzz
im Grundbuch Neuenkirch den Perimeter des Gestaltungsplans "Seestrasse"
(genehmigt vom Gemeinderat Neuenkirch am 31. Mai 2013) bildet. Am 6. Januar
2014 wurde der A.________ AG der Neubau eines Gewerbegebäudes zur Abfüllung und
Lagerung von Getränken mit einer Wohnung sowie das Erstellen von
Erschliessungsanlagen (zehn offene Parkplätze und eine Garage im Gebäude)
bewilligt. Am 17. September 2015 reichte die A.________ AG bei der Gemeinde
Neuenkirch ein Gesuch um Bewilligung einer Umgebungsplanänderung auf dem
Grundstück Nr. xxx im Grundbuch Neuenkirch ein. Geplant sind dabei anstelle der
fünf bewilligten Längsparkplätze entlang der Seestrasse zehn Querparkplätze
sowie zwei Längsparkplätze. Die übrigen bereits bewilligten Parkplätze auf der
Ost- und Westseite sind vom Änderungsgesuch nicht berührt. Nach Einsprache
verschiedener Privatpersonen verweigerte die Geschäftsleitung der Gemeinde
Neuenkirch am 16. Februar 2016 gestützt auf das einschlägige kantonale und
kommunale Recht die nachgesuchte Änderungsbewilligung und ordnete an, die nicht
gemäss den bewilligten Plänen ausgeführten Autoabstellplätze seien als
Längsparkplätze gemäss den bewilligten Planunterlagen zu realisieren. 
 
B.   
Dagegen führte die A.________ AG Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim
Kantonsgericht Luzern. Die privaten Einsprecher verzichteten auf eine
Vernehmlassung und damit auf eine Teilnahme am Verfahren. Mit Urteil vom 12.
Dezember 2016 wies das Kantonsgericht die Beschwerde ab. 
 
C.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 2. Februar 2017 an
das Bundesgericht beantragt die A.________ AG, das Urteil des Kantonsgerichts
aufzuheben und dem Gesuch um Änderung der Parkplätze auf dem Grundstück Nr. xxx
im Grundbuch Neuenkirch stattzugeben; eventuell sei die Sache zu neuer
Beurteilung an das Kantonsgericht zurückzuweisen. Zur Begründung wird in
prozessualer Hinsicht ein Verstoss gegen die Rechtsweggarantie und den Anspruch
auf ein faires Verfahren sowie auf rechtliches Gehör (Art. 29 und 29a BV sowie 
Art. 6 Ziff. 1 EMRK) geltend gemacht. In der Sache wird im Wesentlichen die
offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts sowie die willkürliche
Auslegung und Anwendung des kantonalen und kommunalen Rechts und damit ein
Verstoss gegen Art. 9 BV gerügt. 
Die Gemeinde Neuenkirch schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf
einzutreten sei. Das Kantonsgericht beantragt, die Beschwerde abzuweisen. 
Die A.________ AG äusserte sich am 19. Mai 2017 nochmals zur Sache. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Gemäss Art. 82 lit. a BGG in Verbindung mit Art. 34 Abs. 1 RPG beurteilt
das Bundesgericht Beschwerden in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts unter
anderem auf dem Gebiet des Raumplanungs- und Baurechts. Das
Bundesgerichtsgesetz enthält dazu keinen Ausschlussgrund (BGE 133 II 249 E. 1.2
S. 251; 133 II 409 E. 1.1 S. 411). Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich
um einen anfechtbaren kantonal letztinstanzlichen Endentscheid (vgl. Art. 86
Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG).  
 
1.2. Streitgegenstand bildet das Gesuch der Beschwerdeführerin vom 17.
September 2015 um Bewilligung einer Umgebungsplanänderung auf dem Grundstück
Nr. xxx im Grundbuch Neuenkirch zwecks Ersetzung der am 6. Januar 2014
bewilligten fünf Längsparkplätze entlang der Seestrasse durch zehn
Querparkplätze sowie zwei Längsparkplätze.  
 
1.3. Die Beschwerdeführerin ist als Eigentümerin des betroffenen Grundstücks,
Gesuchstellerin und direkte Adressatin des angefochtenen Entscheids gemäss Art.
89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde legitimiert.  
 
1.4. Mit der Beschwerde an das Bundesgericht kann, von hier nicht
interessierenden weiteren Möglichkeiten abgesehen, nur die Verletzung von
Bundesrecht und Völkerrecht (vgl. Art. 95 lit. a und b BGG) sowie die
offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhaltes (vgl. Art. 97 Abs. 1
BGG) gerügt werden.  
 
1.5. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten
Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei
offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von 
Art. 95 BGG (vgl. Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
1.6. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG
), prüft die bei ihm angefochtenen Entscheide aber grundsätzlich nur auf
Rechtsverletzungen hin, die von den Beschwerdeführern geltend gemacht und
begründet werden (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG).  
 
1.6.1. Die Beschwerdebegründung muss sich wenigstens kurz mit den Erwägungen
des angefochtenen Entscheids auseinandersetzen. Rein appellatorische Kritik
ohne Bezug zum angefochtenen Entscheid genügt nicht. Strengere Anforderungen
gelten, wenn die Verletzung von Grundrechten (einschliesslich der willkürlichen
Anwendung von kantonalem Recht und Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung)
geltend gemacht wird. Dies prüft das Bundesgericht grundsätzlich nur insoweit,
als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (
Art. 106 Abs. 2 BGG, BGE 138 I 171 E. 1.4 S. 176; 135 III 127 E. 1.6 S. 130;
133 II 249 E. 1.4 S. 254 f.).  
 
1.6.2. Die Gemeinde Neuenkirch wendet ein, die Beschwerdebegründung sei
appellatorisch und erfülle die Voraussetzungen an eine gültige Beschwerde
nicht. Indessen geht aus der Beschwerdeschrift mit genügender Klarheit hervor,
welche bundesrechtlichen Bestimmungen die Beschwerdeführerin als verletzt
erachtet und weshalb sie das tut. Die Beschwerdebegründung mag etwas
weitschweifig sein; unzulässig ist sie jedoch nicht.  
 
2.  
 
2.1. Die Beschwerdeführerin erhebt verschiedene prozessuale Rügen. Nebst
Verstössen gegen die Bundesverfassung macht sie auch eine Verletzung von Art. 6
Ziff. 1 EMRK geltend. Dass die Menschenrechtskonvention einen über den
verfassungsrechtlichen hinaus reichenden Schutz gewähren würde, legt sie jedoch
nicht dar. Ob sie sich im vorliegenden baurechtlichen Zusammenhang überhaupt
auf Art. 6 Ziff. 1 EMRK berufen kann, kann daher offen bleiben.  
 
2.2. Die Beschwerdeführerin rügt zunächst einen Verstoss gegen Art. 29 und 29a
BV, weil das Kantonsgericht die ihm obliegende Kognition nicht wahrgenommen
habe.  
 
2.2.1. Nach der Rechtsprechung liegt eine formelle Rechtsverweigerung (Art. 29
Abs. 1 BV) vor, wenn eine Behörde auf eine ihr frist- und formgerecht
unterbreitete Sache nicht eintritt bzw. diese nicht behandelt, obschon sie
darüber befinden müsste (BGE 135 I 6 E. 2.1 S. 9; 134 I 229 E. 2.3 S. 232; vgl.
auch BGE 136 II 177 E. 2.1). Eine Behörde begeht ebenfalls eine formelle
Rechtsverweigerung, wenn sie die ihr zustehende Kognition nicht ausschöpft.  
 
2.2.2. Nach § 161a des Gesetzes vom 3. Juli 1972 über die
Verwaltungsrechtspflege (VRG) des Kantons Luzern prüft das Kantonsgericht auch
das Ermessen, wenn es wie hier einzige kantonale Rechtsmittelinstanz ist. Damit
stand der Vorinstanz grundsätzlich freie Überprüfungsbefugnis in Sachverhalts-
und Rechtsfragen sowie volle Ermessenskontrolle zu (vgl. § 156 Abs. 2 i.V.m. §§
144-147 VRG und Art. 33 Abs. 2 lit. b RPG). Im eigenen, d.h. autonomen,
Wirkungsbereich der Gemeinden schränkt das Gesetz die Ermessenskontrolle
allerdings wieder ein (§ 144 Abs. 2 VRG). Das Kantonsgericht auferlegt sich
insbesondere, ähnlich wie das Bundesgericht, eine gewisse Zurückhaltung, soweit
die Beurteilung von einer Würdigung der örtlichen Verhältnisse abhängt, welche
die kommunalen Behörden besser kennen und überblicken, sowie bei technischen
Fragen (vgl. BGE 126 I 219 E. 2c S. 222; Urteil des Bundesgerichts 1C_599/2016
vom 9. Mai 2017 E. 3.2, mit Hinweisen). Das ist angesichts der gesetzlichen
Regelung nicht zu beanstanden.  
 
2.2.3. Verschiedene Passagen in der Begründung des angefochtenen Entscheides
vermögen den Eindruck zu vermitteln, das Kantonsgericht habe zu grosse
Zurückhaltung geübt und seine Kognition nicht ausgeschöpft, so etwa wenn es in
E. 3.4.4 schreibt, es habe die Auslegung der Sonderbauvorschriften durch die
Gemeinde vorbehältlich eines unhaltbaren Ergebnisses zu respektieren. Das
könnte tatsächlich, wie die Beschwerdeführerin rügt, den Anschein erwecken, das
Kantonsgericht ziehe sich auf eine Willkürprüfung zurück. Dieses hat sich
jedoch - ungeachtet der obigen Formulierung - vertieft mit der Streitsache
befasst und alle erhobenen Rügen detailliert und mit der erforderlichen Dichte
geprüft. Eine gewisse Zurückhaltung mit Blick auf die örtlichen Verhältnisse
durfte es gegenüber den entsprechenden Einschätzungen der mit den lokalen
Gegebenheiten besser vertrauten Gemeindebehörden ausüben. Die nicht ganz
gelungene Wortwahl in der Begründung steht insofern im Widerspruch zum
tatsächlichen Vorgehen der Vorinstanz. Eine zu weit gehende Zurückhaltung ist
nicht ersichtlich, weshalb das Kantonsgericht seine Kognition nicht
unterschritten hat.  
 
2.3. Weiter rügt die Beschwerdeführerin eine Gehörsverletzung und eine
Rechtsverweigerung und damit einen Verstoss gegen Art. 29 und 29a BV, weil das
Kantonsgericht keinen Augenschein durchgeführt habe. Das Kantonsgericht
begründete den Verzicht auf einen Augenschein im Wesentlichen damit, aufgrund
der in den Akten vorhandenen Unterlagen sei der Sachverhalt ausreichend
erstellt. Das trifft zu. Die tatsächlichen Umstände erweisen sich als in
genügendem Umfange abgeklärt und sind aktenkundig. Es ist nicht davon
auszugehen, dass ein Augenschein Wesentliches zur weiteren Erhellung der
sachlichen Grundlagen des Rechtsstreites beitragen könnte. Das Kantonsgericht
verstiess demnach nicht gegen die Verfahrensrechte der Beschwerdeführerin,
indem es auf einen Augenschein verzichtete.  
 
2.4. Schliesslich sieht die Beschwerdeführerin darin eine Gehörsverletzung,
dass das Kantonsgericht sein Urteil nur ungenügend begründet habe. Indessen
umfasst der angefochtene Entscheid 18 Seiten und setzt sich vertieft und
nachvollziehbar mit der Rechtslage und den von der Beschwerdeführerin
vorgetragenen Argumenten auseinander. Diese konnte das vorinstanzliche Urteil
auch sachgerecht anfechten. Das Kantonsgericht hat daher nicht wegen
ungenügender Begründung seines Entscheides den Anspruch der Beschwerdeführerin
auf rechtliches Gehör verletzt.  
 
3.  
 
3.1. Die Beschwerdeführerin behauptet, das Kantonsgericht habe den Sachverhalt
offensichtlich unrichtig festgestellt, indem es auf einen Augenschein
verzichtet habe und indem es von einer erhöhten Gefährlichkeit von
Querparkplätzen insbesondere im Zusammenhang mit Zweirädern ausgegangen sei.  
 
3.2. Eine offensichtlich unrichtige bzw. willkürliche Sachverhaltsfeststellung
liegt vor, wenn diese widersprüchlich oder aktenwidrig ist oder auf einem
offensichtlichen Versehen beruht bzw. klarerweise den tatsächlichen
Verhältnissen widerspricht (vgl. etwa das Urteil des Bundesgerichts 1C_485/2013
vom 3. Dezember 2013 E. 4.2).  
 
3.3. Dass die Vorinstanz ohne Rechtsverletzung von einem Augenschein absehen
durfte, wurde bereits dargelegt (vgl. E. 2.3). Durfte sie darauf verzichten,
liegt darin auch keine massgebliche unvollständige bzw. offensichtlich
unrichtige Sachverhaltsfeststellung.  
 
3.4. Das Kantonsgericht stützte seine Feststellungen zur Verkehrsbelastung der
fraglichen Seestrasse mit der Bewilligungsbehörde auf Erhebungen der kantonalen
Dienststelle Raum und Wirtschaft (rawi) sowie auf eine entsprechende
Stellungnahme der kantonalen Dienststelle Umwelt und Energie (uwe). Das
Kantonsgericht hielt dazu unter anderem ausdrücklich fest, dass die Prognose
zum Verkehrsaufkommen entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin den
Zustand vor und nach Realisierung des Strassenprojekts berücksichtige. Die
Beschwerdeführerin vermag dies nicht zu widerlegen, zumal sie sich mit blossem
Bestreiten begnügt. Die entsprechenden Feststellungen sind weder
widersprüchlich noch aktenwidrig, stehen nicht klarerweise im Gegensatz zu den
erstellten tatsächlichen Verhältnissen und beruhen auch nicht auf einem
offensichtlichen Versehen. Damit erweisen sich die Sachverhaltsfeststellungen
der Vorinstanz als für das Bundesgericht verbindlich (vgl. E. 1.5).  
 
4.  
 
4.1. In der Sache rügt die Beschwerdeführerin, der angefochtene Entscheid sei
unter verschiedenen Gesichtspunkten willkürlich im Sinne von Art. 9 BV. Gemäss
der ständigen Praxis des Bundesgerichts ist ein Entscheid willkürlich, wenn er
offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem
Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass
verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das
Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die
Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist; dass eine andere Lösung
ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 137
I 1 E. 2.4 S. 5; 134 II 124 E. 4.1 S. 133; je mit Hinweisen).  
 
4.2. Zu prüfen ist einzig, ob die Verweigerung der Abänderung der Anordnung der
Parkplätze auf dem Grundstück Nr. xxx im Grundbuch Neuenkirch
bundesrechtsmässig ist. Nicht angefochten und nicht Streitgegenstand bilden die
am 6. Januar 2014 bewilligten Parkplätze (vgl. E. 1.2). Dieser
Bewilligungsentscheid ist rechtskräftig. Bereits rund anderthalb Jahre später,
am 17. September 2015, ersuchte die Beschwerdeführerin um Anpassung des
Bewilligungsentscheides. Dass die Abänderung des rechtskräftigen
Bewilligungsentscheides innert derart kurzer Frist wie hier nicht oder nur
unter bestimmten, allenfalls fraglichen Voraussetzungen zulässig wäre (vgl. 
Art. 21 Abs. 2 PRG), wird von keiner Seite geltend gemacht, obwohl sich die
Gemeinde in ihrer Vernehmlassung an das Bundesgericht wiederholt auf die
Rechtskraft des Bewilligungsentscheids vom 6. Januar 2014 beruft. Unter diesen
Umständen ist es nicht unhaltbar, die Rechtmässigkeit des Abänderungsgesuchs
wie bei einem neuen Gesuch zu prüfen; es erscheint aber auch nicht
ausgeschlossen, die engen zeitlichen Verhältnisse bei der rechtlichen
Beurteilung des vorliegenden Falles mitzuberücksichtigen.  
 
5.  
 
5.1. Die Beschwerdeführerin macht Willkür bei der plan- und baurechtlichen
Auslegung von Art. 11 der Sonderbauvorschriften durch die Vorinstanz geltend.  
 
5.1.1. Gemäss Art. 14 Abs. 1 RPG ordnen Nutzungspläne die zulässige Nutzung des
Bodens. Nach Art. 37 Abs. 2 lit. e des Bau- und Zonenreglements der Gemeinde
Neuenkirch vom 30. März 2011 ist die Anzahl der zu schaffenden Abstellplätze
nach dem voraussehbaren Bedarf zu bestimmen, wobei die Richtlinien der
Vereinigung Schweizerischer Strassenfachleute (VSS) wegleitend sind. Für den
hier strittigen Bewilligungsentscheid ist hauptsächlich der Gestaltungsplan
"Seestrasse" einschlägig, der vom Gemeinderat Neuenkirch am 31. Mai 2013
genehmigt wurde. Dazu zählen die entsprechenden Sondervorschriften in ihrer
Fassung ebenfalls vom 31. Mai 2013. Beim Gestaltungsplan handelt es sich um
einen für die Grundeigentümer verbindlichen Sondernutzungsplan (Art. 14 Abs. 1
i.V.m. Art. 21 Abs. 1 RPG; § 15 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 des Planungs- und
Baugesetzes vom 7. März 1989 des Kantons Luzern [PBG]). Nach § 65 PBG bezweckt
ein solcher namentlich die Festlegung massgeblicher Elemente einer Überbauung
und des Konzepts für die Erschliessungs- und Gemeinschaftsanlagen sowie die
Ausscheidung des im öffentlichen Interesse nicht zu überbauenden Gebiets (Abs.
1); überdies muss er unter anderem eine siedlungsgerechte, erschliessungsmässig
gute, auf das übergeordnete Verkehrsnetz abgestimmte, der baulichen und
landschaftlichen Umgebung angepasste Überbauung eines zusammenhängenden Gebiets
aufzeigen und eine architektonisch hohe Qualität aufweisen (Abs. 2). Gemäss §
119 PBG sind bei Garagen Ausfahrten und Ausgänge auf Strassen und Plätze
grundsätzlich so anzulegen, dass die Verkehrsteilnehmer nicht behindert oder
gefährdet werden und die Fahrzeuge vor der Garage abgestellt werden können,
ohne das Trottoir oder die Fahrbahn in Anspruch zu nehmen.  
 
5.1.2. Art. 10 der Sonderbauvorschriften zum Gestaltungsplan "Seestrasse"
bestimmt, an welchen Stellen eine direkte Erschliessung ab bzw. in die
Seestrasse erfolgen darf und dass die Seestrasse weder zum Anhalten noch zum
Parkieren von Lastwagen oder Lieferfahrzeugen benutzt werden darf. Gemäss Art.
11 der Sonderbauvorschriften wird die Zahl der Parkplätze im Rahmen der
Baubewilligungen aufgrund der tatsächlichen Nutzung festgelegt. Die Flächen auf
den Grundstücken Nrn. yyy und xxx entlang der Seestrasse können als
Abstellflächen für Fahrzeuge verwendet werden. Lagerplätze oder Umschlagplätze
sind auf diesen Flächen nicht gestattet. Bei einem Strassenabstand von 5,00 m
zur Seestrasse dürfen keine Querparkplätze erstellt werden. Die Parkierung hat
mittels Längsparkplätzen zu erfolgen. Abstellflächen für Fahrzeuge und für
Lagerung sind innerhalb der Baufelder, der Anlieferungen und Zufahrten und der
Restflächen zu erstellen. § 18 der Sonderbauvorschriften ermächtigt den
Gemeinderat, von diesen abzuweichen.  
 
5.1.3. Bei der Auslegung von Art. 11 der Sonderbauvorschriften unterschied das
Kantonsgericht drei mögliche Auslegungsvarianten, wobei es sich auf die zwei
aus seiner Sicht wahrscheinlicheren konzentrierte. Nach der einen
Interpretation dürfen innerhalb von einem Streifen von 5,00 m ab der Strasse
überhaupt keine Querparkplätze erstellt werden; nach der anderen Auslegung gilt
dies lediglich, wenn sich das Gebäude nicht mehr als 5,00 m von der Strasse
entfernt befindet, wohingegen bei einem grösseren Abstand auch Querparkplätze
zulässig wären. Das Kantonsgericht übernahm die erste strengere
Auslegungsvariante. Demgegenüber beruft sich die Beschwerdeführerin auf die
zweite Möglichkeit und verweist darauf, dass der Gebäudeabstand hier
durchgehend 5,11 und 5,20 m betrage.  
 
5.1.4. Bei einer Willkürprüfung kommt es nicht darauf an, ob sich die
Vorinstanz für die überzeugendste Auslegungsvariante entschieden hat, sondern
einzig, ob sich die gewählte Lösung auf ernsthafte sachliche Gründe stützen
kann. Das Kantonsgericht wandte die herkömmlichen Auslegungselemente an. Es
interpretierte den Gestaltungsplan anhand des Genehmigungsentscheids vom 31.
Mai 2013 bzw. der entsprechenden damaligen gemeinderätlichen Erwägungen und
stellte fest, dass der Gemeinderat dabei von Längsparkplätzen ausgegangen sei
und Querparkplätze mit direkter Ausfahrt in die Seestrasse, wie sie hier zur
Diskussion stünden, im Rahmen der Sonderbauvorschriften als unzulässig erachtet
habe (vgl. Art. 6.4 des Genehmigungsentscheids vom 31. Mai 2013). Ein solcher
Rückgriff auf die Entstehungsgeschichte einer Bestimmung ist im Rahmen des so
genannten historischen Auslegungselements durchaus verbreitet und nicht
unhaltbar. Daran ändern die Ausführungen der Beschwerdeführerin zur
Anfechtbarkeit bzw. Verbindlichkeit von Nutzungsplänen nichts. Das
Kantonsgericht stützt sich weiter auf Überlegungen der Verkehrssicherheit. In
diesem Sinne soll das Verbot von Querparkplätzen Fahrmanöver rückwärts auf die
Seestrasse und damit verbundene gefährliche Situationen generell verhindern.
Das werde dadurch unterstrichen, dass mehrere weitere Bestimmungen der
Sonderbauvorschriften denselben sicherheitsrelevanten Zusammenhang erkennen
liessen, so insbesondere Art. 10 mit seinen konkreten Regelungen zur
Erschliessung und zur Nutzung der Seestrasse. Analoges lasse sich sinngemäss
auch aus § 119 PBG mit seiner auf Sicherheitsaspekte ausgerichteten Regelung
für Garage-Ausfahrten und -Ausgänge ableiten. Bei der Seestrasse handelt es
sich um eine verkehrsberuhigte Tempo-30-Zone mit einer Breite von 5,00 m. Hier
angepasste besondere Anforderungen an die Verkehrssicherheit aufzustellen, ist
nicht unsachlich. Auch die Erwägungen des Kantonsgerichts zur Gefährlichkeit
von Querparkplätzen und den damit verbundenen Rückwärts-Manövern erweisen sich
nicht als unhaltbar. Es gibt durchaus ernsthafte Gründe dafür, dass solche
gefährlicher sein können als die einfacheren Fahrzeugbewegungen bei
Längsparkplätzen. Die Vorinstanzen berufen sich dafür auch auf die
Sichtverhältnisse und greifen auf Erhebungen der Dienststelle Raum und
Wirtschaft (rawi) des Kantons Luzern zurück. Darauf und auf die Einschätzung
der mit den lokalen Verhältnissen vertrauten Gemeindebehörden abzustellen, ist
nicht willkürlich. Die Auslegung der Vorinstanz stützt sich somit auf sämtliche
klassischen Auslegungselemente ab und konkretisiert den mehrdeutigen Wortlaut
anhand des historischen, teleologischen und systematischen Ansatzes. Das ist
eine sachliche Methode und das Auslegungsergebnis ist nicht unhaltbar.  
 
5.2. Weiter beanstandet die Beschwerdeführerin die Anwendung von Art. 11 der
Sonderbauvorschriften durch die Vorinstanz im Lichte der Bestimmungen des
kantonalen Strassengesetzes als willkürlich.  
 
5.2.1. Nach Art. 3 Abs. 4 SVG können Beschränkungen oder Anordnungen des
Verkehrs erlassen werden, soweit unter anderem die Sicherheit oder andere in
den örtlichen Verhältnissen liegende Gründe dies erfordern; dabei können
namentlich in Wohnquartieren der Verkehr beschränkt und das Parkieren besonders
geregelt werden. § 2 Abs. 2 des Strassengesetzes vom 21. März 1995 des Kantons
Luzern (StrG) hebt die grundsätzliche Bedeutung der Verkehrssicherheit,
insbesondere zum Schutz der schwächeren Verkehrsteilnehmer (vgl. § 2 Abs. 2
lit. e StrG), für die Planung, den Bau und den Unterhalt des Strassennetzes
hervor. § 93 StrG verpflichtet in einer detaillierten Regelung die
Bauherrschaft zur Erstellung von Abstellflächen, was die Gemeinde allerdings
gemäss § 94 StrG aufgrund kommunaler Vorschriften unter bestimmten wie
insbesondere verkehrstechnischen Gründen wiederum verbieten bzw. einschränken
kann. Gemäss dem Recht des Kantons Luzern haben Abstellplätze, da es sich dabei
nicht um Bauten, sondern um Anlagen handelt (vgl. Art. 22 RPG), keinen
Grenzabstand zum Nachbargrundstück, jedoch den Strassenabstand nach § 84 StrG
einzuhalten. Dieser beträgt für die hier fragliche, als Gemeindestrasse
klassierte Seestrasse 5,00 m (§ 84 Abs. 2 lit. b StrG). Davon abweichend ist
eine Ausnahmebewilligung zu erteilen, sofern dadurch insbesondere weder die
Verkehrssicherheit noch der künftige Strassenausbau beeinträchtigt werden (vgl.
§ 88 Abs. 3 StrG). Handelt es sich wie hier nicht um eine Kantonsstrasse, ist
dafür die Gemeinde zuständig (§ 88 Abs. 2 StrG). Gemäss § 90 StrG dürfen Bauten
und Anlagen weder errichtet noch geändert werden, wenn dadurch die
erforderlichen Sichtverhältnisse der Strassenbenützer beeinträchtigt werden
(Abs. 1), wobei innerhalb der Sichtzone die freie Sicht zu gewährleisten ist
(Abs. 2).  
 
5.2.2. Die Beschwerdeführerin rügt zunächst die Auslegung von Art. 11 der
Sonderbauvorschriften in Verbindung mit §§ 93 und 94 StrG als willkürlich. Das
Kantonsgericht übernahm bei der Ermittlung der Anzahl zu errichtenden
Abstellplätze die Berechnungen der Gemeinde und hielt dazu fest, dass sich
diese auf Art. 37 Abs. 2 lit. e BZR und daraus abgeleitet auf die VSS-Norm SN
640 281 stützten. Dadurch ergebe sich eine minimale Anzahl Abstellplätze von
insgesamt 6,90 Parkplätzen, womit der Bedarf durch die bewilligten zehn offenen
und einen überdeckten Abstellplatz mehr als erfüllt sei. Ein höherer Bedarf sei
nicht nachgewiesen und dürfe auch nicht durch eine erweiterte Nutzung des
Grundstücks, die bisher nicht formell bewilligt worden sei, begründet werden.
Auch diese Erwägungen der Vorinstanz beruhen auf sachlichen Gründen und sind
nachvollziehbar. Gemäss der Beschwerdeführerin soll Art. 37 Abs. 2 lit. e BZR
angesichts der kommunalen Sonderbauvorschriften nicht anwendbar sein. Diese
geben jedoch keine andere Methode der Bedarfsberechnung vor. Mit der Vorinstanz
spricht vielmehr einiges dafür, insofern eine harmonische Auslegung der
kommunalen Sonderbauvorschriften mit dem kantonalen Recht anzustreben, solange
mit den Gemeindebestimmungen nicht klarerweise davon abgewichen werden soll,
wofür es hier keine überzeugenden Anhaltspunkte gibt.  
 
5.2.3. Die Beschwerdeführerin rügt sodann die willkürliche Anwendung der §§ 84
und 88 StrG sowie von Art. 18 der Sonderbauvorschriften, erneut mit dem
Hauptargument, angesichts der spezifischen Sonderbauvorschriften sei ein
Rückgriff auf die allgemeine gesetzliche Regelung unzulässig. Die
Beschwerdeführerin verkennt auch hier die Bedeutung einer harmonischen
Rechtsordnung. Erneut ist es nicht unsachlich, wenn das Kantonsgericht die
kommunalen Sonderbauvorschriften mit dem kantonalen Recht in Einklang zu
bringen versucht. Im Übrigen prüfte die Vorinstanz die Anwendungsmöglichkeit
der Ausnahmebestimmung von § 88 Abs. 2 und 3 StrG im Interesse der
Beschwerdeführerin selbst, auch wenn sie im Ergebnis das Vorliegen eines
Ausnahmegrundes, erneut gestützt auf Überlegungen der Verkehrssicherheit,
verneinte. Weshalb abweichend davon zwingend ein Ausnahmegrund nach Art. 18 der
Sonderbauvorschriften vorliegen sollte, ist nicht nachvollziehbar. Auch
insofern liegt keine Willkür vor. Durfte das Kantonsgericht das Vorliegen eines
Ausnahmegrundes willkürfrei verneinen, kommt es im Übrigen nicht darauf an, ob
der Bewilligungsbehörde insofern ein Rechtsfolgeermessen zustand oder nicht,
worin die Beschwerdeführerin auch noch einen Willkürzusammenhang sieht.  
 
5.3. Schliesslich ist zu berücksichtigen, dass das Kantonsgericht ausdrücklich
darauf verweist, die Gemeinde lehne die Erweiterung der Anzahl Parkplätze zur
Eindämmung allfälliger Parkplatznot und zur Verhinderung übermässigen
Suchverkehrs im Quartier nicht kategorisch ab; Voraussetzung dafür wäre aber
eine gestaltungsplankonforme und die Verkehrssicherheit wahrende Anordnung
zusätzlicher Parkplätze. Darauf sind die Behörden zu behaften. Ein mit einem
nachweislichen Zusatzbedarf begründetes, rechtskonformes, insbesondere mit den
Sonderbauvorschriften vereinbares, Alternativprojekt liegt bisher jedoch nicht
vor.  
 
5.4. Insgesamt ist es nicht willkürlich und es verstösst nicht gegen
Bundesrecht, dem im vorliegenden Verfahren massgeblichen Gesuch der
Beschwerdeführerin um Änderung und Neuerstellung von Parkplätzen die
Bewilligung zu verweigern.  
 
6.   
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen. 
Bei diesem Verfahrensausgang wird die unterliegende Beschwerdeführerin
kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1, Art. 65 BGG). Praxisgemäss ist der obsiegenden
Gemeinde keine Parteientschädigung zuzusprechen (vgl. Art. 68 BGG sowie BGE 134
II 117 E. 7 S. 118 f.). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Eine Parteientschädigung wird nicht zugesprochen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Geschäftsleitung der Gemeinde
Neuenkirch, dem Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartement des Kantons Luzern,
und dem Kantonsgericht Luzern, 4. Abteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 1. September 2017 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Merkli 
 
Der Gerichtsschreiber: Uebersax 

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