Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.596/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
1C_596/2017  
 
 
Urteil vom 19. April 2018  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Bundesrichter Fonjallaz und Eusebio. 
Gerichtsschreiber Uebersax. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Urs Künzler, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Fürsprecher Dr. Guido Fischer, 
 
gegen  
 
Gemeinde Bergdietikon, 
handelnd durch den Gemeinderat, 
Schulstrasse 6, 8962 Bergdietikon, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Andreas Baumann, 
Departement Volkswirtschaft und Inneres des Kantons Aargau, 
Frey-Herosé-Strasse 12, 5001 Aarau. 
 
Gegenstand 
Beschluss der Gemeindeversammlung Bergdietikon vom 20. Juni 2016 (Traktandum 12
betr. Wiedererwägung der Zustimmung zum Verkauf der Parzelle Nr. 362), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 2.
Kammer, vom 15. September 2017 (WBE.2017.152). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Am 26. November 2012 beschloss die Einwohnergemeindeversammlung
Bergdietikon den Verkauf der in der Zone für öffentliche Bauten und Anlagen
Kindhausen gelegenen Liegenschaft Nr. 362 zum Preis von Fr. 4'390'750.-- an die
Oase Holding AG Wohnen im Alter. Diese plant darauf den Bau und Betrieb eines
Alters- und Pflegezentrums.  
 
A.b. An der Gemeindeversammlung vom 29. Juni 2015 stellte Armin Sommer den
Antrag, den Vorvertrag mit der Oase Holding AG vom 17. Dezember 2012 aufzulösen
und den Gemeinderat im Wesentlichen zu beauftragen, unter Mitwirkung der
lokalen Organisationen und Interessengruppen ein eigenes Alterskonzept zu
erstellen. Dieser Antrag wurde mit 75 Ja- gegen 61 Nein-Stimmen angenommen und
an den Gemeinderat zu Bericht und Antrag überwiesen.  
 
A.c. Die Einladung an die Einwohnergemeindeversammlung vom 20. Juni 2016 sah
unter dem Traktandum 12 eine Abstimmung über den Antrag auf Wiedererwägung des
Gemeindeversammlungsbeschlusses vom 26. November 2012 vor. Der Gemeinderat
beantragte, diesen Antrag abzulehnen. Er hielt dazu fest, dass bei einer
Ablehnung das Traktandum abgeschlossen sei und keine weiteren Abstimmungen
stattfänden; bei einer Annahme des Wiedererwägungsantrags sei in der Sache
nochmals über den Verkauf der fraglichen Liegenschaft an die Oase Holding AG
Wohnen im Alter zum gleichen Preis abzustimmen, wobei der Gemeinderat diesen
Verkauf weiterhin beantrage; werde diesfalls der Verkauf genehmigt, bleibe es
beim Beschluss vom 26. November 2012; werde er hingegen abgelehnt, sei der
entsprechende Vorvertrag aufzulösen und es sei allenfalls in der Folge über
eventuelle Schadenersatzregelungen zu verhandeln.  
Der Wiedererwägungsantrag wurde von den anwesenden 425 Stimmberechtigten in
geheimer Abstimmung mit 194 Ja- gegen 225 Nein-Stimmen bei sechs leeren
Stimmzetteln abgelehnt. Im Anschluss an die Abstimmung wies der Gemeindeammann
darauf hin, dass dieser Beschluss nicht dem fakultativen Referendum
unterstehe. 
 
B.  
 
B.a. Mit Beschwerde vom 23. Juni 2016 an den Regierungsrat des Kantons Aargau
beantragte Urs Künzler im Wesentlichen sinngemäss, den Beschluss der
Gemeindeversammlung Bergdietikon vom 20. Juni 2016 über das Traktandum 12
aufzuheben und den Wiedererwägungsantrag an der nächsten Gemeindeversammlung
nochmals korrekt der Abstimmung zu unterstellen. Die Beschwerde wurde dem
zuständigen Departement Volkswirtschaft und Inneres des Kantons Aargau (DVI)
überwiesen. Dieses wies die Beschwerde am 22. Februar 2017 ab.  
 
B.b. Dagegen führte Urs Künzler Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim
Verwaltungsgericht des Kantons Aargau. Mit Urteil vom 15. September 2017 wies
dessen 2. Kammer die Beschwerde ab.  
 
C.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 25. Oktober 2017
an das Bundesgericht beantragt Urs Künzler, das Urteil des Verwaltungsgerichts
vom 15. September 2017 und den unter Traktandum 12 gefassten Beschluss der
Gemeindeversammlung Bergdietikon vom 20. Juni 2016 aufzuheben; eventuell sei
die Sache zur Neubeurteilung an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen. Zur
Begründung wird im Wesentlichen geltend gemacht, der Ablauf der fraglichen
Gemeindeversammlung weise massive Unregelmässigkeiten auf, weshalb die
Abstimmungsfreiheit von Urs Künzler verletzt sei. 
Die Einwohnergemeinde Bergdietikon und das Verwaltungsgericht des Kantons
Aargau schliessen auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.
Das Departement Volkswirtschaft und Inneres stellt Antrag auf Abweisung. 
Urs Künzler äusserte sich am 15. Dezember 2017 nochmals zur Sache. Weitere
Eingaben gingen beim Bundesgericht nicht mehr ein. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Art. 82 lit. c BGG regelt die sog. Stimmrechtsbeschwerde als besondere
Form der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Damit kann beim
Bundesgericht die Verletzung von politischen Rechten geltend gemacht werden.
Dazu zählt die Rüge, das an einer Gemeindeversammlung durchgeführte Verfahren
sei mangelhaft gewesen, was eine zuverlässige und unverfälschte Willensbildung
und -äusserung der Stimmberechtigten im Sinne von Art. 34 Abs. 2 BV verhindert
habe (vgl. das Urteil des Bundesgerichts 1C_492/2017 vom 12. Februar 2018 E.
1.1 mit Hinweisen).  
 
1.2. Von der Stimmrechtsbeschwerde an das Bundesgericht werden sowohl
eidgenössische als auch kantonale und kommunale Stimmrechtssachen erfasst (Art.
88 Abs. 1 BGG). Bei den letzteren ist die Stimmrechtsbeschwerde gegen Akte
letzter kantonaler Instanzen zulässig (Art. 88 Abs. 1 lit. a BGG). Das
angefochtene Urteil ist ein solcher kantonal letztinstanzlicher Akt in einer
kommunalen Stimmrechtssache. Überdies handelt es sich um einen
beschwerdefähigen Endentscheid (vgl. Art. 90 BGG). Für das Verfahren vor
Bundesgericht gelten damit die Regeln der Stimmrechtsbeschwerde. Ob es sich
nach kantonalem Recht ebenfalls um eine Stimmrechtsbeschwerde nach dem
aargauischen Gesetz über die politischen Rechte vom 10. März 1992 (GPR; SAR
131.100; vgl. insbes. §§ 1 und 65 ff. GPR) oder um eine Gemeindebeschwerde
gemäss dem Gesetz über die Einwohnergemeinden vom 19. Dezember 1978 des Kantons
Aargau (Gemeindegesetz, GG; SAR 171.100; vgl. insbes. §§ 106 und 107 GG)
handelte, spielt dabei keine Rolle. Dass die vom Bundesverfahrensrecht
abgeleiteten prozessualen Anforderungen an das kantonale Verfahren (vgl.
insbes. Art. 88 Abs. 2 und Art. 110-112 BGG) nicht eingehalten wären, ist nicht
ersichtlich und wird auch nicht geltend gemacht.  
 
1.3. Der Beschwerdeführer ist als Stimmberechtigter der Einwohnergemeinde
Bergdietikon zur Beschwerde legitimiert (vgl. Art. 89 Abs. 3 BGG; BGE 134 I 172
E. 1.3.3 S. 176).  
 
1.4. Nach Art. 95 lit. a, c und d BGG kann in Stimmrechtssachen in rechtlicher
Hinsicht die Verletzung von Bundesrecht, der kantonalen verfassungsmässigen
Rechte sowie der kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung
der Bürger und Bürgerinnen und derjenigen über Volkswahlen und -abstimmungen
gerügt werden. Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen einen Verstoss gegen 
Art. 34 Abs. 2 BV geltend. Das Bundesgericht prüft dies frei, was in
Stimmrechtssachen auch auf das ergänzend anwendbare kantonale Recht zutrifft
(vgl. BGE 129 I 185 E. 2 S. 190; 123 I 175 E. 2d/aa S. 178; je mit Hinweisen).
 
 
1.5. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten
Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei
offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von 
Art. 95 BGG (vgl. Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). Eine offensichtlich
unrichtige bzw. willkürliche Sachverhaltsfeststellung liegt vor, wenn diese
widersprüchlich oder aktenwidrig ist oder auf einem offensichtlichen Versehen
beruht bzw. klarerweise den tatsächlichen Verhältnissen widerspricht (vgl. etwa
das Urteil des Bundesgerichts 1C_492/2017 vom 12. Februar 2018 E. 2.1). Nach 
Art. 99 BGG dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nur so weit vorgebracht
werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (sog.
Novenverbot).  
 
2.  
 
2.1. Die in Art. 34 Abs. 2 BV als Grundrecht verankerte Abstimmungsfreiheit
gibt den Stimmberechtigten Anspruch darauf, dass kein Abstimmungsergebnis
anerkannt wird, das nicht den freien Willen der Stimmberechtigten zuverlässig
und unverfälscht zum Ausdruck bringt. Es soll garantiert werden, dass jeder
Stimmberechtigte seinen Entscheid gestützt auf einen möglichst freien und
umfassenden Prozess der Meinungsbildung treffen und entsprechend mit seiner
Stimme zum Ausdruck bringen kann. Die Abstimmungsfreiheit gewährleistet die für
den demokratischen Prozess und die Legitimität direktdemokratischer
Entscheidungen erforderliche Offenheit der Auseinandersetzung (BGE 139 I 2 E.
6.2 S. 13 f.; 138 I 61 E. 6.2 S. 82; 135 I 292 E. 2 S. 293, je mit Hinweisen).
 
 
2.2. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts sind Mängel hinsichtlich von
Vorbereitungshandlungen im Vorfeld von Abstimmungen sofort und vor Durchführung
der Abstimmung zu rügen. Diese Praxis bezweckt, dass Mängel möglichst noch vor
der Abstimmung behoben werden können, womit sich eine längere Phase der
Unsicherheit vermeiden lässt und der Urnengang nicht wiederholt zu werden
braucht. Unterlässt dies der Stimmberechtigte, so verwirkt er im Grundsatz das
Recht zur Anfechtung der Abstimmung. Es wäre mit dem Prinzip von Treu und
Glauben nicht vereinbar, wenn ein Mangel vorerst widerspruchslos hingenommen
wird und hinterher die Abstimmung, soweit deren Ergebnis nicht den Erwartungen
entspricht, wegen eben dieses Mangels angefochten würde (Urteil des
Bundesgerichts 1C_582/2016 vom 5. Juli 2017 E. 2.4).  
 
2.3. Diese auf dem Vertrauensgrundsatz beruhende Rechtsprechung gilt auch für
die Durchführung von Gemeindeversammlungen und die Anfechtung von
Gemeindeversammlungsbeschlüssen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist
erforderlich, dass der an der Gemeindeversammlung teilnehmende Stimmberechtigte
formelle Mängel noch an der Gemeindeversammlung selber beanstandet, soweit ihm
das zumutbar ist. Das Erfordernis soll der raschen Klarstellung der
Förmlichkeiten dienen, eine allfällige Korrektur des Verfahrens ermöglichen und
damit zur Vermeidung einer allfälligen Wiederholung der Gemeindeversammlung
beitragen. Unterlässt der Stimmberechtigte eine Beanstandung, obwohl eine
entsprechende Intervention nach den Umständen als zumutbar erscheint, so kann
er sich in der Folge nicht mehr darauf berufen, dass die Abstimmung nicht
richtig zustandegekommen ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob das kantonale
Recht diese Verwirkungsfolge ausdrücklich vorsieht oder nicht, ergibt sie sich
doch direkt aus dem auch die Privaten verpflichtenden Prinzip von Treu und
Glauben nach Art. 5 Abs. 3 BV (Urteil des Bundesgerichts 1C_582/2016 vom 5.
Juli 2017 E. 2.4).  
 
2.4. Selbst wenn Mängel im Vorfeld einer Abstimmung oder bei deren Durchführung
bestehen, ist die Abstimmung nach der Rechtsprechung nur dann aufzuheben, wenn
die gerügten Unregelmässigkeiten erheblich sind und das Ergebnis beeinflusst
haben können. Die Beschwerdeführer müssen in einem solchen Fall allerdings
nicht nachweisen, dass sich der Mangel auf das Ergebnis der Abstimmung
entscheidend ausgewirkt hat. Es genügt, dass nach dem festgestellten
Sachverhalt eine derartige Auswirkung im Bereich des Möglichen liegt. Erscheint
die Möglichkeit, dass die Abstimmung ohne den Mangel anders ausgefallen wäre,
nach den gesamten Umständen als derart gering, dass sie nicht mehr ernsthaft in
Betracht fällt, so kann von der Aufhebung der Abstimmung abgesehen werden (BGE
138 I 61 E. 4.7.2 S. 78; 135 I 292 E. 4.4 S. 301; Urteil des Bundesgerichts
1C_641/2013 vom 24. März 2014 E. 4.3 in: ZBl 115/2014 S. 612; je mit
Hinweisen).  
 
3.  
 
3.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, es habe für ihn kein Anlass bestanden,
vor der Gemeindeversammlung vom 20. Juni 2016 Einsprache gegen die verschickten
Unterlagen zu erheben; er sei davon ausgegangen und tue das noch heute, dass er
gegen die Ablehnung des Antrags gemäss Traktandum 12 das Referendum ergreifen
könne. Der Versammlungsleiter habe jedoch erst nach der Abstimmung darauf
hingewiesen, dass diesfalls kein Referendum offen stehe.  
 
3.2. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers liegt im beanstandeten
Zusammenhang keine massgebliche Unregelmässigkeit. Der Gemeinderat hatte in den
Unterlagen für die Gemeindeversammlung den formellen Ablauf genau dargelegt.
Daraus ging mit ausreichender Deutlichkeit hervor, dass er den am 29. Juni 2015
überwiesenen Antrag von Armin Sommer als Wiedererwägungsgesuch zum
Verkaufsbeschluss vom 17. Dezember 2012 behandeln und entsprechend der
Gemeindeversammlung zum Entscheid vorlegen und sich der weitere, im Detail
geschilderte Verlauf nach dem Ausgang dieses Wiedererwägungsentscheids richten
würde. Für die Organisation und Leitung der Geschäfte einer Gemeindeversammlung
steht dem Gemeinderat zwangsläufig ein gewisses Ermessen zu (vgl. auch § 28
GG). Wenn der Beschwerdeführer mit diesem Vorgehen nicht einverstanden war,
hätte er Anlass und Gelegenheit gehabt, sich mit einem Verfahrensantrag dagegen
zu wenden. Von keiner Seite wurde dagegen aber ein Einwand erhoben. Die
Vorgehensweise kann daher nicht nachträglich in Frage gestellt werden, und zwar
auch nicht mit dem Argument, der Beschwerdeführer hätte sich gegen die
Abstimmungsunterlagen gewandt, hätte er vom Ausschluss des Referendums Kenntnis
gehabt. Bei der Anfechtung behördlicher Vorkehren wegen angeblicher
Unregelmässigkeiten und beim Referendum handelt es sich um zwei verschiedene,
voneinander unabhängige Rechtsinstitute. Während beim ersten das Vorgehen bzw.
der Einfluss der Behörden auf den demokratischen Entscheidungsprozess
beanstandet wird, löst das zweite eine inhaltliche Überprüfung des
Gemeindeversammlungsentscheids in einer Volksabstimmung durch die gesamte
Aktivbürgerschaft aus. Die Kenntnis der Referendumsfähigkeit eines Entscheids
hat nichts damit zu tun, ob bzw. wann allfällige behördliche
Unregelmässigkeiten angefochten werden.  
 
3.3. Der Beschwerdeführer rügt, es sei für ihn nicht vorhersehbar gewesen, dass
der negative Wiedererwägungsentscheid nicht dem Referendum unterstellt sei. Das
angefochtene Urteil stütze sich in Übereinstimmung mit der Auffassung der
Gemeinde auf die §§ 30 und 31 GG, wonach nur Sachgeschäfte dem Referendum
unterständen, nicht aber Verfahrensbeschlüsse, und beurteile den abschlägigen
Wiedererwägungsentscheid als nicht referendumsfähigen formellen Beschluss. Das
sei zweifelhaft, habe er nicht vorhersehen können und verletze sein Stimmrecht.
Ob der Wiedererwägungsentscheid referendumsfähig ist oder nicht, muss hier
freilich nicht entschieden werden. Der vorgesehene Ablauf der Abstimmungen zum
Traktandum 12 war offengelegt und bekannt und wurde nicht beanstandet. Es
besteht kein Anspruch der Stimmbürger darauf, zu jedem Geschäft im voraus
ungefragt über die Möglichkeit eines Referendums informiert zu werden. Wenn der
Beschwerdeführer davon ausgeht, ein solches sei zulässig, so hätte er
nachträglich die Möglichkeit gehabt und ergreifen müssen, ein Referendum
zustande zu bringen, und die Rechtmässigkeit eines solchen im
Referendumsverfahren abklären lassen können. Es ist nicht nachvollziehbar,
weshalb im hier zu beurteilenden Zusammenhang eine Verletzung seines
Referendums- bzw. allgemeinen Stimmrechts vorliegen sollte.  
 
3.4. Das Stimmrecht wurde auch nicht deshalb verletzt, weil das
Abstimmungsergebnis möglicherweise anders ausgefallen wäre, wenn der
Versammlungsleiter vorweg erläutert hätte, dass gegen einen abschlägigen
Wiedererwägungsentscheid kein Referendum offen stehe. Erstens vermag der
Beschwerdeführer keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorzubringen, dass dies
einen massgeblichen Einfluss auf das Abstimmungsergebnis gehabt hätte. Und
zweitens wäre es umso näher gelegen, sich vor der Abstimmung an der Versammlung
nach den möglichen Folgen des Wiedererwägungsentscheids zu erkundigen bzw. die
Frage des Referendums aufzuwerfen und zu thematisieren. Ein solcher Vorstoss
wäre dem Beschwerdeführer auch ohne weiteres zumutbar gewesen.  
 
4.  
 
4.1. Der Beschwerdeführer beanstandet sodann, der Gemeinderat habe die
Abstimmung durch den Hinweis auf eine mögliche Konventionalstrafe bei
Nichtabschluss des Kaufvertrags unzulässig beeinflusst.  
 
4.2. Soweit dieser Hinweis bereits in den gemeinderätlichen Erläuterungen zu
Traktandum 12 enthalten war, die den Stimmberechtigten mit der Einladung an die
Gemeindeversammlung zugestellt worden waren, erweist sich die Rüge als
verspätet. Der Beschwerdeführer hätte dies schon vor der Versammlung bzw.
jedenfalls vor der Abstimmung rügen müssen. In der Beschwerde an das
Bundesgericht bezieht sich der Beschwerdeführer überdies auf eine Aussage des
Präsidenten der Finanzkommission der Gemeinde Bergdietikon. Das
Verwaltungsgericht beanstandet dies als unzulässiges neues tatsächliches
Vorbringen, wogegen der Beschwerdeführer wiederum einwendet, er habe sich schon
vor den Vorinstanzen auf verschiedene behördliche Aussagen über mögliche
Konventionalstrafen bezogen und verweise hier einzig auf das aktenkundige
Protokoll der Gemeindeversammlung. Wie es sich damit verhält, kann
dahingestellt bleiben. Jedenfalls war es weder falsch noch irreführend, auf
mögliche Haftungsfolgen hinzuweisen, die sich aus dem Wiedererwägungsentscheid
der Gemeindeversammlung hätten ergeben können. Zu einem solchen massvollen
Hinweis sind die Behörden unter Umständen sogar verpflichtet, um nicht einen
falschen Eindruck über die Auswirkungen eines Gemeindegeschäfts zu erwecken.
Dass dies hier in übertriebener oder sonstwie unzulässiger Weise geschehen
wäre, ist nicht ersichtlich. Ein Recht, auf alle möglichen Argumente, die in
der Debatte aufgeworfen werden, im voraus aufmerksam gemacht zu werden, um sich
darauf vorzubereiten, besteht nicht, solange entscheidwesentliche
Gesichtspunkte nicht bewusst verschwiegen oder beschönigt werden und damit die
Grundlage für die demokratische Meinungsbildung massgeblich verzerrt wird.
Dafür bestehen hier keine Anhaltspunkte. Im Gegenteil wies der Gemeinderat
schon im Vorfeld der Versammlung in objektiver und neutraler Formulierung auf
mögliche Haftungsfolgen hin.  
 
5.  
 
5.1. Der Beschwerdeführer rügt weiter, sein Stimmrecht sei verletzt, weil
mehrere Eigentümer zweier Liegenschaften, die sich neben dem Verkaufsobjekt
befinden, bei der durchgeführten Abstimmung nicht in den Ausstand getreten
seien. Zumindest hätte durch Nachkontrolle der abgegebenen Stimmzettel näher
abgeklärt werden müssen, wie viele betroffene Personen an der fraglichen
Abstimmung teilgenommen haben.  
 
5.2. Die Ausstandspflicht bei Entscheiden der Einwohnergemeindeversammlungen im
Kanton Aargau richtet sich nach § 25 GG. Dessen Auslegung ist strittig. Das
Verwaltungsgericht geht von einem relativ weiten Kreis Ausstandspflichtiger aus
und schliesst nicht aus, dass die Eigentümer der Nachbarliegenschaften des vom
Kauf erfassten Grundstücks wegen möglicher eigener finanzieller Interessen in
den Ausstand hätten treten müssen, wie der Beschwerdeführer geltend macht.
Demgegenüber hält das Departement Volkswirtschaft und Inneres diese Auslegung
als zu weit. Der Gesetzestext verlange ausdrücklich direkte und genau
bestimmte, insbesondere finanzielle Folgen. Das treffe für Eigentümer von
Nachbarliegenschaften, die höchstens indirekt betroffen wären, nicht zu, zumal
nicht vorhersehbar sei, wie sich der Verkauf des fraglichen Grundstücks auf den
Wert der Nachbarparzellen auswirken würde. Grundsätzlich sind Ausstandsregeln
bei Gemeindeversammlungsabstimmungen von der Natur der politischen Rechte her
nur zurückhaltend anzuwenden. Es spricht daher einiges für die Argumente des
Departements. Darüber braucht allerdings nicht endgültig entschieden zu werden.
 
 
5.3. Das Verwaltungsgericht erachtete das Vorbringen des Beschwerdeführers als
zu wenig unterlegt, da er die von der behaupteten Ausstandspflicht betroffenen
Personen und deren Anzahl nicht ausreichend umrissen und nicht einmal die Namen
derjenigen Personen genannt habe, die er an der Versammlung erkannt haben will.
Dazu habe für ihn jedoch eine gewisse minimale Mitwirkungspflicht gegolten. Bei
dieser Ausgangslage habe das Verwaltungsgericht davon ausgehen dürfen, dass
zumindest nicht so viele Personen in den Ausstand hätten treten müssen, dass
sich dadurch das Ergebnis der Abstimmung verändert hätte. Nach Angaben der
Gemeinde befinden sich unter den Eigentümern der fraglichen Nachbargrundstücke
Nr. 366 (Christian Bögli) und Nr. 541 (Erbengemeinschaft Peyer) sieben, nach
der Vernehmlassung des Departements acht stimmberechtigte Personen. Dabei
handelt es sich zwar möglicherweise um Noven; es zeigt aber auf, dass es auch
für den Beschwerdeführer nicht von vornherein ausgeschlossen gewesen wäre, die
wahrscheinlichen Zahlenverhältnisse abzuklären oder zumindest glaubhaft zu
machen, weshalb ihm die entsprechende Mitwirkungspflicht auferlegt werden
durfte. Dass dadurch einschlägiges Verfahrensrecht verletzt worden wäre, macht
der Beschwerdeführer nicht ausreichend geltend. Auch vor Bundesgericht vermag
der Beschwerdeführer keine Anhaltspunkte vorzubringen, weshalb die Zahl von
sieben oder acht Betroffenen zu tief sein sollte. Diese Zahlen bestätigen
überdies die Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichts, dass sich die behauptete
Ausstandspflicht nicht massgeblich auf das Resultat der Abstimmung ausgewirkt
hätte. Wie viele der betroffenen höchstens acht Personen tatsächlich an der
Abstimmung teilgenommen haben, ist zwar unbekannt und lässt sich angesichts der
sechs leeren Stimmzettel auch nicht nachträglich durch eine Kontrolle der
Stimmzettel genau abklären. Selbst wenn aber davon ausgegangen würde, dass alle
an der Abstimmung mitgewirkt und gegen eine Wiedererwägung gestimmt hätten, und
unter der Annahme, dass diese acht Stimmen wegen der Ausstandspflicht nicht
hätten zählen dürfen, wäre das Ergebnis immer noch mit 194 Ja- gegen 217 (statt
225) Nein-Stimmen zu Ungunsten des Wiedererwägungsantrags ausgefallen. Am
Ergebnis hätte sich nichts geändert, was rechnerisch genau nachvollzogen werden
kann. Die entsprechenden Feststellungen der Vorinstanz sind damit nicht zu
beanstanden (vgl. vorne E. 1.5). Da auch die ausstandspflichtigen Personen nach
aargauischem Recht berechtigt sind, an der Diskussion teilzunehmen, kommt es
nicht darauf an, ob sie bei der Debatte anwesend waren oder nicht. Selbst wenn
also insofern eine Unregelmässigkeit vorliegen sollte, hätte dies keine
Auswirkungen auf den Ausgang der Abstimmung gehabt, weshalb der angefochtene
Entscheid auch in diesem Punkt das Stimmrecht des Beschwerdeführers nicht
verletzt.  
 
6.  
 
6.1. Schliesslich rügt der Beschwerdeführer, die Abstimmung sei nicht korrekt
durchgeführt worden. Während der gesamten Versammlungsdauer hätten Personen die
Räumlichkeit, in der die Versammlung stattfand, vertreten und verlassen. Im
vorliegenden Fall sei dies besonders einfach gewesen, da die Versammlung in
einem Festzelt stattgefunden habe. Der Beschwerdeführer beruft sich insofern
auf verschiedene Aussagen von Versammlungsteilnehmern und reicht dem
Bundesgericht vier als "Eidesstattliche Erklärungen" bezeichnete Dokumente ein,
worin die Verschiebungen bezeugt würden.  
 
6.2. Die eingereichten Schriftstücke datieren alle vom 23. Oktober 2017, sind
mithin nach dem angefochtenen Urteil vom 15. September 2017 entstanden und als
echte Noven unzulässig (vgl. vorn E. 1.5). Sie hätten im Übrigen schon vor dem
vorinstanzlichen Entscheid vom Beschwerdeführer beschafft und zu den Akten
gegeben werden können.  
 
6.3. Was die gerügten Vorgänge betrifft, so ist es zunächst nicht
aussergewöhnlich, dass es bei Versammlungen zu Verschiebungen bei der
Teilnehmerzahl kommt bzw. einzelne Teilnehmer erst später erscheinen oder die
Versammlung nach deren Beginn ganz oder vorübergehend verlassen. Das
Verwaltungsgericht setzte sich mit der Rüge, die Zahl und die
Teilnahmeberechtigung der an der Abstimmung Beteiligten sei nicht korrekt
ermittelt worden, in E. 2 des angefochtenen Entscheids ausführlich auseinander.
Die entsprechenden tatsächlichen Feststellungen sind nachvollziehbar.
Qualifizierte Mängel bei der Sachverhaltserhebung oder die offensichtliche
Unrichtigkeit der entsprechenden Feststellungen sind nicht ersichtlich. Das
Bundesgericht ist daher daran gebunden (vgl. vorn E. 1.5). Gestützt auf die von
ihm festgestellten Umstände schloss das Verwaltungsgericht, es seien keine
massgeblichen Unregelmässigkeiten erstellt. Wenn der Beschwerdeführer Mängel
behaupte, die sich nicht aus den Akten ergäben oder sonst wie ersichtlich
seien, treffe ihn eine entsprechende Mitwirkungspflicht. Er bringe aber nur
unsubstanziierte Vermutungen vor, die er nicht zu belegen vermöge. Dagegen ist
nichts einzuwenden. Dies gilt umso mehr, als das Verwaltungsgericht anhand des
Protokolls der Gemeindeversammlung nachzeichnet, dass gleich viele Stimmzettel
ausgeteilt worden waren wie Stimmberechtigte anwesend waren und der
Versammlungsleiter ausdrücklich nachgefragt hatte, ob alle einen Stimmzettel
erhalten hätten, ohne dass sich daraufhin jemand gemeldet hätte.  
 
6.4. Im Übrigen wurde das Protokoll der strittigen Gemeindeversammlung vom 20.
Juni 2016 an der nachfolgenden Gemeindeversammlung vom 1. Dezember 2016 ohne
Gegenstimme genehmigt. Damit wird zwar lediglich bestätigt, dass der Inhalt des
Protokolls ordnungsgemäss abgefasst wurde bzw. den Verlauf und die Beschlüsse
der Versammlung korrekt wiedergibt. Die angeblich krassen Unregelmässigkeiten
scheinen dabei aber niemanden gestört zu haben.  
 
6.5. Fehlt es mithin am erforderlichen Nachweis der behaupteten
Unregelmässigkeiten, verstösst der angefochtene Entscheid auch insoweit nicht
gegen das Stimmrecht des Beschwerdeführers.  
 
7.   
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen. 
Bei diesem Verfahrensausgang wird der unterliegende Beschwerdeführer
kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1, Art. 65 BGG). Eine Parteientschädigung ist der
obsiegenden Gemeinde praxisgemäss nicht zuzusprechen (vgl. Art. 68 BGG sowie
BGE 134 II 117 E. 7 S. 118 f.). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Eine Parteientschädigung wird nicht zugesprochen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Gemeinde Bergdietikon, dem
Departement Volkswirtschaft und Inneres des Kantons Aargau und dem
Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 19. April 2018 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Merkli 
 
Der Gerichtsschreiber: Uebersax 

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