Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.590/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
1C_590/2017  
 
 
Urteil vom 24. Mai 2018  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Bundesrichter Eusebio, Kneubühler. 
Gerichtsschreiber Gelzer. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Advokat Peter Volken, 
 
gegen  
 
B.________ und C.________, 
Beschwerdegegner, 
vertreten durch Rechtsanwalt Fernando Willisch, 
 
Einwohnergemeinde Saas-Balen, 
Postfach, 3908 Saas-Balen, 
Staatsrat des Kantons Wallis, 
Regierungsgebäude, Place de la Planta, Postfach 478, 1951 Sitten. 
 
Gegenstand 
Bauwesen, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Wallis, Öffentlichrechtliche
Abteilung, vom 22. September 2017 (A1 17 65). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________ ist Eigentümer der Parzelle Nr. 1940 in Saas-Balen (nachstehend:
Bauparzelle), die sich gemäss dem Zonenplan der Gemeinde in der Wohnzone W3
befindet. Auf der Bauparzelle lastet eine mit Erb- und Teilungsvertrag vom 29.
Oktober 1952 begründete Bauverbotsdienstbarkeit zu Gunsten der Nachbarparzelle
Nr. 1790. Diese steht im Eigentum von B.________ und C.________ (nachstehend:
Nachbarn). 
 
B.  
 
B.a. Am 9. Mai 2011 erteilte der Gemeinderat von Saas-Balen dem Bauherrn die
Bewilligung, auf der Bauparzelle einen Parkplatz zu erstellen, dazu eine
Stützmauer mit 20 cm Breite und einer Höhe zwischen 1,2 m und 1,5 m zu
errichten und dahinter das abfallende Terrain eben aufzufüllen und zu teeren.
Auf die gegen dieses Baugesuch gerichtete Einsprache der Nachbarn, die sich auf
die Bauverbotsdienstbarkeit beriefen, trat der Gemeinderat nicht ein. Die
Nachbarn reichten dagegen eine Beschwerde beim Staatsrat ein, der das
Beschwerdeverfahren bis zum Abschluss des von den Nachbarn zusätzlich
eingeleiteten Zivilverfahrens sistierte.  
In diesem Verfahren ging das Bezirksgericht Visp im Urteil vom 3. Dezember 2012
davon aus, die von den Nachbarn angerufene Bauverbotsdienstbarkeit lasse die
Erstellung des geplanten Parkplatzes zu. Dagegen kam das Kantonsgericht des
Kantons Wallis im Urteil vom 14. April 2014 zum Ergebnis, die
Bauverbotsdienstbarkeit schliesse die Errichtung des geplanten Parkplatzes aus,
was das Bundesgericht im Urteil 5A_599/2013 vom 14. April 2014 bestätigte. 
In der Folge hob der Staatsrat am 13. August 2014 den Bauentscheid der Gemeinde
in Gutheissung der Beschwerde der Nachbarn auf. 
 
B.b. Am 8. Juni 2015 ersuchte der Bauherr die Gemeinde Saas-Balen darum, auf
der Bauparzelle das Erstellen von Parkplätzen ohne Stützmauern und auf der
(ebenfalls in seinem Eigentum stehende) Parzelle Nr. 1840 die Errichtung einer
Rampe zu bewilligen. Gemäss den Baugesuchsunterlagen soll zur Errichtung der
Parkplätze der natürlich gewachsene Boden abgetragen, nivelliert und
asphaltiert werden. Auch gegen dieses Baugesuch erhoben die Nachbarn
Einsprache, welche die Gemeinde mit Bauentscheid vom 30. September 2015 abwies
und die Baubewilligung erteilte. Die Nachbarn fochten diesen Bauentscheid mit
Beschwerde an, die der Staatsrat des Kantons Wallis mit Entscheid vom 22.
Februar 2017 insoweit guthiess, als er die Bewilligung von Parkplätzen auf dem
Baugrundstück aufhob. Die dagegen eingereichte Beschwerde des Bauherrn wies das
Verwaltungsgericht des Kantons Wallis mit Urteil vom 22. September 2017 ab.  
 
C.   
Gegen dieses Urteil erhebt der Bauherr (Beschwerdeführer) Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit den Anträgen, es aufzuheben und die
Baubewilligung der Gemeinde Saas-Balen vom 30. September 2015 zu bestätigen.
Eventuell sei die Sache im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz
zurückzuweisen. 
Das Kantonsgericht und die Nachbarn (Beschwerdegegner) schliessen auf Abweisung
der Beschwerde. Der Staatsrat verzichtet auf eine Stellungnahme. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Gegen den kantonal letztinstanzlichen Endentscheid des Verwaltungsgerichts
im Bereich des Baurechts steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten grundsätzlich offen (Art. 82 f. BGG; BGE 133 II 353 E. 2 S.
356). Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und
ist als Baugesuchsteller zur Beschwerde legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Da
auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die
Beschwerde grundsätzlich einzutreten.  
 
1.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann geltend
gemacht werden, der angefochtene Entscheid verletze Bundes- oder Völkerrecht (
Art. 95 lit. a und b BGG). Zulässig ist auch die Rüge der Verletzung von
kantonalen verfassungsmässigen Rechten, kantonalen Bestimmungen über die
politische Stimmberechtigung der Bürger und über Volkswahlen- und Abstimmungen
(Art. 95 lit. c und d BGG). Abgesehen davon überprüft das Bundesgericht die
Anwendung des kantonalen Rechts nicht als solche. Jedoch kann gerügt werden,
diese Anwendung widerspreche dem Bundesrecht, namentlich dem Willkürverbot
gemäss Art. 9 BV (BGE 142 II 369 E. 2.1 S. 372 mit Hinweisen). Nach der Praxis
des Bundesgerichts verstösst ein Entscheid gegen dieses Verbot, wenn er im
Ergebnis offensichtlich unhaltbar ist, weil er zum Beispiel eine Norm oder
einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt. Dass eine andere Lösung
ebenfalls als vertretbar erscheint, genügt nicht (BGE 141 I 70 E. 2.2 S. 72 mit
Hinweisen).  
 
2.  
 
2.1. Die Vorinstanz führte im Wesentlichen aus, die Baubehörde prüfe bei der
Beurteilung eines Baugesuchs ihre Übereinstimmung mit den Vorschriften des
öffentlichen Rechts. Sie entscheide grundsätzlich nicht über zivilrechtliche
Verhältnisse. Jedoch könnten Verwaltungsbehörden ausnahmsweise über
zivilrechtliche Vorfragen entscheiden, wenn sie leicht zu beantworten seien und
ihre Beurteilung ein unzweifelhaftes Resultat ergebe. Bezüglich des
Gegenstands, der Errichtung und des Inhalts der strittigen
Bauverbotsdienstbarkeit könne namentlich auf das Urteil des Bundesgerichts
5A_599/2013 vom 14. April 2014 hingewiesen werden. Darin sei das Bundesgericht
zum Ergebnis gekommen, das in der strittigen Dienstbarkeit vorgesehene
Bauverbot lasse die Errichtung einer 20 cm breiten und 1,2 bis 1,5 m hohen
Stützmauer und die dahinter vorgesehene Auffüllung und Asphaltierung des
Terrains nicht zu. Da gemäss diesem Urteil das Bauverbot Terrainanpassungen
verbiete, sei die vorliegend geplante Abtragung des Terrains von teilweise über
80 cm nicht gestattet und das Bauvorhaben daher unzulässig. Ob die Errichtung
von Parkplätzen ohne Terrainanpassungen mit dem Bauverbot vereinbar sein
könnte, sei unerheblich.  
 
2.2. Der Beschwerdeführer wendet ein, gemäss den Darlegungen in Erwägung 4.4
des von der Vorinstanz angerufenen Urteils des Bundesgerichts verbiete ein
dienstbarkeitsrechtliches Bauverbot die Errichtung von Parkplätzen und die
Umgestaltung des Terrains nicht generell, weshalb diesbezüglich die konkreten
Umstände und die Auslegung des Vertrages nach dem Vertrauensgrundsatz zu
berücksichtigen seien. Das Bundesgericht sei im vorgenannten Urteil zum
Ergebnis gelangt, mit der objektivierten Auslegung des massgebenden Vertrages
sei die Errichtung von Parkplätzen mit einer durchgehenden Stützmauer und
Terrainaufschüttungen unvereinbar. Auf das Erläuterungsgesuch, wie ein
Parkplatz ohne Stützmauer zu beurteilen sei, habe das Bundesgericht
geantwortet, es könne sich zu einem neuen Streitgegenstand nicht äussern.
Demnach betreffe das vorliegende Bauprojekt einen anders gearteten Fall, bei
dem geprüft werden müsse, ob er noch unter das Präjudiz subsumiert werden
könne. Diese Prüfung sei dem zuständigen Zivilrichter vorbehalten. Die
Vorinstanz habe daher zu Unrecht angenommen, das bundesgerichtliche Präjudiz
sei auch für das neue Projekt ohne Stützmauer massgeblich. Sie sei in Willkür
verfallen, wenn sie behaupte, das zivilrechtliche Verfahren bezüglich des
früheren Parkplatzprojekts mit Stützmauern habe auch für das vorliegende
Projekt ohne Stützmauern ein klares und unzweifelhaftes Resultat gegeben.  
 
2.3. Das Bundesgericht führte im Entscheid 5A_599/2013 vom 14. April 2014
zusammengefasst aus, in verschiedenen bundesgerichtlichen und kantonalen
Gerichtsentscheiden sei die Umgestaltung des Bodens und insbesondere die
Errichtung von Parkplätzen als mit dem jeweiligen Bauverbot vereinbar angesehen
worden. Ausgehend von diesen Präjudizien werde in der Lehre die Meinung
vertreten, die blosse Umgestaltung des Bodens - wie namentlich das Errichten
von Strassen und Parkplätzen - sei bei vertraglichen Bauverboten allgemein
nicht unter den Begriff der Baute zu subsumieren, soweit sich aus der
Interpretation des Vertrages nichts anderes ergebe (E. 4.4). Da dem Begriff der
Baute kein vorbestimmter Inhalt zukomme, sei der konkrete Vertrag nach seinem
Wortsinn und Zweck auszulegen. Als Zweck des vorliegenden Bauverbots nenne der
Bauherr die Erhaltung der Aussicht und Besonnung. Als weitere Zwecksetzungen
lägen der Erhalt des ländlichen Charakters der Umgebung aufgrund einer
Durchmischung von baulich und landwirtschaftlich genutzten Flächen sowie das
Fernhalten von übermässigem Lärm und anderen Immissionen nahe. Wie es sich
damit im Einzelnen verhalte, könne offen bleiben. Im Erb- und Teilungsvertrag
werde nicht einfach abstrakt ein Bauverbot stipuliert, sondern bezüglich der
Überbaubarkeit eine detaillierte Regelung getroffen, die u.a. auch die Bauhöhe
bestimme; so dürfe auf gewissen Flächen ohne privatrechtliche
Höhenbeschränkung, auf gewissen Flächen bis maximal drei Meter und auf gewissen
Flächen gar nicht gebaut werden. Beim vorliegenden Projekt würde nicht bloss
der Boden asphaltiert, sondern eine zwischen 1,2 und 1,5 m hohe Stützmauer
errichtet und dahinter das ganze Terrain aufgefüllt. Angesichts der
detaillierten Regelung und Unterteilung in verschiedene Kategorien von
Bauverboten widerspreche das Errichten einer durchgehenden Stützmauer und die
Terrainaufschüttung auf einer mit einem gänzlichen Bauverbot belegten Parzelle
dem objektivierten Vertragsinhalt. Im Unterschied zu den in E. 4.4 angeführten
Präjudizien würden vorliegend nicht bloss Teilflächen umgestaltet, wie etwa bei
der Asphaltierung des Vorplatzes eines Hauses. Vielmehr würde hinter der
Stützmauer entlang der ganzen Grenze zur Parzelle Nr. 1839 das gesamte Terrain
aufgeschüttet, um das bisher offenbar landwirtschaftlich genutzte Grundstück zu
einem Parkplatz umzufunktionieren. Das Kantonsgericht habe daher
bundesrechtskonform angenommen, das Bauvorhaben widerspreche einer
objektivierten Auslegung des durch den Erb- und Teilungsvertrag begründeten
Bauverbots (E. 4.5).  
 
2.4. Aus diesen Erwägungen des Bundesgerichts geht klar hervor, dass es das
erste Parkplatzprojekt nicht nur aufgrund der Stützmauern, sondern auch deshalb
als mit dem dienstbarkeitsrechtlichen Bauverbot als unvereinbar erachtete, weil
vorgesehen war, das gesamte Terrain aufzuschütten und das ganze bisher
landwirtschaftlich genutzte Grundstück - und nicht nur Teilflächen davon - zu
einem Parkplatz umzunutzen. Inwiefern der damit begründete Verstoss gegen das
Bauverbot beim vorliegenden Projekt nicht mehr vorliegen soll, legt der
Beschwerdeführer nicht dar. Dies ist auch nicht ersichtlich, da das Projekt
gemäss den vorinstanzlichen Feststellungen und den Bauplänen vorsieht, dass die
Bauparzelle zur Errichtung von 11 Parkplätzen grossmehrheitlich mit einem
Asphaltbelag bedeckt und das gewachsene Terrain fast auf der ganzen
Parzellenfläche und zum Teil erheblich - zwar nicht aufgeschüttet - aber
abgegraben werden sollte. Damit würde die Bauparzelle in ihrer Gesamtheit zu
einem vom natürlich gewachsenen Terrain erheblich abweichenden Parkplatz
umgenutzt, womit sich ihr bisheriger Charakter erheblich ändern würde. Demnach
durfte die Vorinstanz unter Berücksichtigung des bundesgerichtlichen Präjudizes
willkürfrei annehmen, die sich stellende zivilrechtliche Vorfrage hätte
aufgrund der vorgesehenen Terrainveränderungen ein unzweifelhaftes Resultat
ergeben und habe daher von Verwaltungsbehörden beantwortet werden dürfen (vgl.
Urteil 1C_246/2015 vom 4. März 2016 E. 2.4).  
 
3.   
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen. Bei diesem Ausgang des
Verfahrens sind die Gerichtskosten dem unterliegenden Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dieser hat den Beschwerdegegnern eine
angemessene Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 2 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, der Einwohnergemeinde Saas-Balen, dem
Staatsrat des Kantons Wallis und dem Kantonsgericht Wallis,
Öffentlichrechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 24. Mai 2018 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Merkli 
 
Der Gerichtsschreiber: Gelzer 

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