Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.534/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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1C_534/2017            

 
 
 
Urteil vom 6. Dezember 2017  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Bundesrichter Karlen, Chaix, 
Gerichtsschreiber Dold. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ AG, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwältin Suzanne Dreher, 
 
gegen  
 
Obergericht des Kantons Schaffhausen, 
Frauengasse 17, 8200 Schaffhausen. 
 
Gegenstand 
Baugesuch; Rechtsverzögerung, 
 
Beschwerde gegen die Verfahrensführung des Obergerichts des Kantons
Schaffhausen. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die A.________ AG beabsichtigt, auf der Parzelle Nr. 862 an der
Industriestrasse 6a in Beringen eine Erdkollektorenanlage zu erstellen. Ihr
Baugesuch vom 28. Juli 2014, ergänzt am 1. September 2014 wies das Planungs-
und Naturschutzamt des Kantons Schaffhausen mit Verfügung vom 31. Juli 2015 ab.
Zur Begründung führte es aus, es werde im Ergebnis um eine Bewilligung für eine
auf unbestimmte Dauer bestehende, grosse Grube nachgesucht. Da kein konkretes
Bauvorhaben für Hochbauten vorliege, sei diese nicht als Baugrube zu
qualifizieren, sondern als zonenwidriger Materialabbau. Hinzu komme, dass sie
sich nicht harmonisch in die Umgebung einfüge. 
Einen von der A.________ AG hiergegen erhobenen Rekurs wies der Regierungsrat
des Kantons Schaffhausen mit Beschluss vom 12. Januar 2016 ab. 
Dagegen reichte die A.________ AG mit Eingabe vom 3. Februar 2016 beim
Obergericht des Kantons Schaffhausen eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde ein. 
 
B.   
Mit Eingabe vom 6. Oktober 2017 erhebt die A.________ AG beim Bundesgericht
Beschwerde wegen Rechtsverzögerung durch das Obergericht. Mit Eingabe vom 18.
Oktober 2017 teilt sie dem Bundesgericht zudem mit, das Obergericht habe ihr
mittlerweile mitgeteilt, mit einem Urteil könne "voraussichtlich im Frühling
2018 gerechnet werden". Das Obergericht beantragt die Abweisung der Beschwerde.
In ihrer Stellungnahme dazu hält die Beschwerdeführerin an ihrer
Rechtsauffassung fest. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Gegen das unrechtmässige Verweigern oder Verzögern eines anfechtbaren
Entscheids kann Beschwerde an das Bundesgericht geführt werden (Art. 94 BGG).
Verfahrensgegenstand ist eine Baubewilligung, weshalb die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten das zutreffende Rechtsmittel darstellt (
Art. 82 ff. BGG). Beim Obergericht handelt es sich um eine letzte kantonale
Instanz im Sinne von Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG. Die Beschwerdeführerin ist
zudem als Partei im obergerichtlichen Rechtsmittelverfahren zur Beschwerde an
das Bundesgericht berechtigt (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf ihre Beschwerde ist
einzutreten. 
 
2.  
 
2.1. Die Beschwerdeführerin bringt vor, das Obergericht habe, abgesehen vom
Einholen von Vernehmlassungen, seit Eingang ihrer Beschwerde vom 3. Februar
2016 nichts unternommen. Die Gemeinde Beringen habe mit Eingabe vom 11. März
2016 auf eine Stellungnahme ausdrücklich verzichtet, der Regierungsrat am 5.
April 2016 eine kurze, zweiseitige Vernehmlassung eingereicht. Nach einer
eigenen, unaufgeforderten zusätzlichen Eingabe vom 5. Juli 2016 habe sie nichts
mehr gehört, abgesehen von einer 9-zeiligen Eingabe des Rechtsdiensts des
Baudepartements im Februar 2017, die sie mit ebenso kurzen Ausführungen
kommentiert habe. Mit Schreiben vom 25. August 2017 habe sie schliesslich
gegenüber dem Obergericht ihr Befremden über die Verfahrensführung zum Ausdruck
gebracht und erneut einen Augenschein vor Ort beantragt.  
 
2.2. Das Obergericht hält fest, der von der Beschwerdeführerin geschilderte
Ablauf sei grundsätzlich zutreffend. Es bedaure die Verzögerungen, seines
Erachtens liege jedoch noch keine Rechtsverzögerung vor. Aufgrund von
Personalmutationen, die sowohl die Gerichtsschreiberin als auch das
Richtergremium betroffen hätten, sei zeitweilig eine andere Prioritätensetzung
sowie eine neue Einarbeitung in den vorliegenden Fall unumgänglich gewesen. Zu
berücksichtigen sei auch, dass sich die Beschwerdeführerin mit ihrem Schreiben
vom 25. August 2017 erstmals nach dem Stand des Verfahrens erkundigte und
bereits am 6. Oktober 2017 ohne Vorankündigung Rechtsverzögerungsbeschwerde ans
Bundesgericht erhoben habe. Die Antwort auf den Antrag, einen Augenschein
durchzuführen, habe eine vertiefte Auseinandersetzung mit den Akten erfordert
und sei aufgrund von Ferienabwesenheiten erst mit Schreiben vom 16. Oktober
2017 erfolgt. Darin sei der Beschwerdeführerin mitgeteilt worden, dass mit
einem Entscheid voraussichtlich im Frühling 2018 gerechnet werden könne. Weiter
sei die anhaltend hohe Pendenzenlast am Gericht zu berücksichtigen.  
 
2.3. Art. 29 Abs. 1 BV und Art. 6 Abs. 1 EMRK verleihen jeder Person einen
Anspruch auf Beurteilung ihrer Sache innert angemessener Frist (zur
Anwendbarkeit der Konventionsgarantie im vorliegenden Fall vgl. Entscheid des
EGMR  Anton Haider gegen Österreich vom 29. Januar 2004, Beschwerde-Nr. 63413/
00). Ob die Verfahrensdauer angemessen ist, beurteilt sich nach den konkreten
Umständen des Einzelfalls. Zu berücksichtigen sind namentlich die Komplexität
des Falls, das Verhalten der Verfahrensbeteiligten und die Behandlung des Falls
durch die Behörden sowie die Bedeutung des Ausgangs des Verfahrens für den
Betroffenen (BGE 135 I 265 E. 4.4 S. 277 mit Hinweisen; Urteil des EGMR 
Satakunnan Markkinapörssi Oy und Satamedia Oy gegen Finnland vom 27. Juni 2017,
Beschwerde-Nr. 931/13, § 209). Massgebend ist, ob das Verfahren in Anbetracht
der auf dem Spiel stehenden Interessen zügig durchgeführt worden ist und die
Gerichtsbehörden insbesondere keine unnütze Zeit haben verstreichen lassen (BGE
127 III 385 E. 3a S. 389; vgl. auch Urteil 1B_32/2007 vom 18. Juni 2007 E. 4
betr. behördliche Untätigkeit von über 10 Monaten in einem
Strafuntersuchungsverfahren und Urteil 5A.36/2005 vom 18. April 2006 E. 2.3
betr. behördliche Untätigkeit von fast einem Jahr in einem
Stiftungsaufsichtsverfahren, nachdem bereits früher "Bearbeitungslücken"
aufgetreten waren).  
 
2.4. Im vorliegenden Fall sind vom Zeitpunkt des Eingangs der Beschwerde vom 3.
Februar 2016 bei der Vorinstanz - abgesehen von der Einholung von
Stellungnahmen - keine behördlichen Aktivitäten ersichtlich, mit welchen das
Verfahren vorangetrieben worden wäre. Zwar geht aus der Stellungnahme des
Obergerichts hervor, dass sich aufgrund von Personalmutationen eine neue
Einarbeitung in das Dossier notwendig erwiesen habe. Ebenfalls wird geltend
gemacht, dass der Antrag auf Durchführung eines Augenscheins ein vertieftes
Studium der Akten erforderlich gemacht habe. Diese internen Tätigkeiten waren
jedoch offenbar nicht darauf ausgerichtet, das Verfahren zu einem Abschluss zu
bringen, zumal das Dossier gemäss dem erwähnten Schreiben vom 16. Oktober 2017
nun zunächst weiterhin unbearbeitet bleiben und voraussichtlich erst im
Frühling 2018 mit einem Entscheid zu rechnen sein soll.  
Die behördliche Inaktivität während mehr als eineinhalb Jahren lässt sich mit
den geltend gemachten Personalmutationen und der hohen Geschäftslast nicht
rechtfertigen. Eine chronische Überlastung bewahrt (anders als ein
aussergewöhnlicher, vorübergehender Stau, gegen den rechtzeitig angemessene
Massnahmen getroffen werden) nicht vor dem Vorwurf der Rechtsverzögerung
(Urteil des EGMR  Zimmermann und Steiner gegen Schweiz vom 13. Juli 1983,
Beschwerde-Nr. 8737/79, § 29; BGE 107 Ib 160 E. 3c S. 165). Das Bauprojekt ist
zudem aufgrund seines Umfangs für die Beschwerdeführerin von einiger Bedeutung.
Insgesamt lässt sich eine weitere Verzögerung des Entscheids deshalb nicht
rechtfertigen.  
 
3.   
Die Beschwerde ist somit gutzuheissen. Das Obergericht ist anzuweisen, über die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde unverzüglich zu entscheiden. Mit dieser Anweisung
erübrigt sich die von der Beschwerdeführerin beantragte förmliche Feststellung
der Rechtsverzögerung im Dispositiv des bundesgerichtlichen Urteils. 
Es sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Der Kanton
Schaffhausen hat der anwaltlich vertretenen Beschwerdeführerin eine angemessene
Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 2 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird gutgeheissen und das Obergericht des Kantons Schaffhausen
angewiesen, unverzüglich über die Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 3. Februar
2016 zu entscheiden. 
 
2.   
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.   
Der Kanton Schaffhausen hat der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung von
Fr. 2'000.-- zu bezahlen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin und dem Obergericht des Kantons
Schaffhausen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 6. Dezember 2017 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Merkli 
 
Der Gerichtsschreiber: Dold 

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