Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.528/2017
Zurück zum Index I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2017
Retour à l'indice I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2017


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
1C_528/2017  
 
 
Urteil vom 1. Juni 2018  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Bundesrichter Fonjallaz, Chaix, 
Gerichtsschreiber Mattle. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Hermann Strölin, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Politische Gemeinde Eschenz, 
Hauptstrasse 88, 8264 Eschenz, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Mike Gessner, 
Departement für Inneres und Volkswirtschaft des Kantons Thurgau, 
Verwaltungsgebäude, 
Promenadenstrasse 8, 8510 Frauenfeld. 
 
Gegenstand 
Verletzung des Stimmrechts anlässlich der Gemeindeversammlung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom
16. August 2017 (VG.2017.26/E). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Am 29. August 2016 verlangten 214 Stimmberechtigte der politischen Gemeinde
Eschenz die Einberufung einer ausserordentlichen Gemeindeversammlung. Sie
stellten unter anderem folgende Anträge (Traktandum 1) : 
Wir stellen den Antrag, dass bei allen bestehenden Gemeindestrassen
(ausgenommen Neuerschliessungen) die Gemeinde Eschenz für deren Unterhalt,
Sanierung und Ausbau mit Steuergeldern aufkommt, sofern für die Grundeigentümer
kein besonderer Vorteil entsteht. Keine wesentlichen, besonderen Vorteile sind
insbesondere: Staubfreimachung und deren Unterbau, Ergänzen Oberflächenbelag
auf Strassenbreite, Rand- bzw. Wassersteine und deren Entwässerung etc. 
 
Wir stellen den Antrag, dass die Gemeinde Eschenz die bereits bezahlten Kosten
oder Aufwendungen im Zusammenhang mit Unterhalt, Sanierung, Ausbau von
Gemeindestrassen den Grundeigentümern zurückerstattet. Nur so besteht eine
Rechtsgleichheit für alle und der Frieden im Dorf kann einkehren. 
 
Mit Schreiben vom 26. September 2016 gelangte der Gemeinderat an alle
Stimmberechtigten, die das Begehren vom 29. August 2016 unterzeichnet hatten.
Darin teilte der Gemeinderat unter anderem mit, für ihn stehe fest, dass das
Geschäft gemäss Traktandum 1 übergeordnetes Recht verletze, da die Gemeinden
das kantonale Planungs- und Baugesetz anwenden müssten und in dieser Sache
keinen Ermessensspielraum hätten. Der Text der Initiative sei ungültig und
könne auf kommunaler Ebene nicht zur Abstimmung zugelassen werden. 
 
B.   
Nachdem einzelne Stimmberechtigte zu Handen des Gemeinderats an der
Durchführung einer ausserordentlichen Gemeindeversammlung und an einer
Behandlung des Geschäfts gemäss Traktandum 1 ausdrücklich festgehalten hatten,
beschloss der Gemeinderat am 7. Oktober 2016, eine ausserordentliche
Gemeindeversammlung definitiv innerhalb von zwei Monaten seit dem Begehren vom
29. August 2016 durchzuführen. In den darauf folgenden Tagen versandte er zu
Handen der Stimmberechtigten die Einladung zu einer ausserordentlichen
Gemeindeversammlung mit entsprechender Traktandenliste und Botschaft. Er
traktandierte unter anderem das Geschäft "Information über Unterhalt, Sanierung
und Ausbau von Gemeindestrassen" und hielt in der Einladung daran fest, dass
der Text der von den 214 Stimmberechtigten am 29. August 2016 eingereichten
Initiative betreffend Unterhalt, Sanierung und Ausbau von Gemeindestrassen
übergeordnetes Recht verletze, ungültig sei und auf kommunaler Ebene nicht zur
Abstimmung zugelassen werden könne. 
 
C.   
Am 27. Oktober 2016 fand die ausserordentliche Gemeindeversammlung statt. Zum
Traktandum "Information über Unterhalt, Sanierung und Ausbau von
Gemeindestrassen" fand eine rege Diskussion statt, in deren Verlauf
verschiedene Anträge gestellt wurden. Letztlich wurde einzig über folgende, vom
Gemeindepräsidenten formulierte Vorlage abgestimmt: 
Die politische Gemeinde Eschenz überarbeitet das Beitrags- und
Gebührenreglement der politischen Gemeinde Eschenz unter Mitwirkung von zwei
Stimmberechtigten, die nicht Einsitz im Gemeinderat haben. 
 
Diese Vorlage wurde mit grossem Mehr angenommen. 
 
D.   
Am 31. Oktober 2016 erhob Hermann Strölin Stimmrechtsrekurs an das Departement
für Inneres und Volkswirtschaft des Kantons Thurgau unter anderem mit dem
Antrag, es sei zu untersuchen, ob die Gemeindeversammlung vom 27. Oktober 2016
zu wiederholen sei. Mit Entscheid vom 14. Februar 2017 hiess das Departement
für Inneres und Volkswirtschaft den Rekurs von Hermann Strölin gut; es wies den
Gemeinderat an, das Geschäft "Unterhalt, Sanierung und Ausbau von
Gemeindestrassen" für die nächste ordentliche Gemeindeversammlung zu
traktandieren und über den Antrag gemäss Traktandum 1 Absatz 1 des Begehrens
der 214 Stimmberechtigten vom 29. August 2016 sowie über allfällige weitere an
der Versammlung zu diesem Traktandum gestellte Anträge abstimmen zu lassen
(Dispositiv-Ziffer 3). 
 
E.   
Gegen den Entscheid des Departements für Inneres und Volkswirtschaft vom 14.
Februar 2016 erhob die politische Gemeinde Eschenz Beschwerde an das
Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau unter anderem mit dem Antrag,
Dispositiv-Ziffer 3 des angefochtenen Entscheids sei aufzuheben und auf den
Rekurs von Hermann Strölin vom 31. Oktober 2016 sei nicht einzutreten. Mit
Entscheid vom 16. August 2017 stellte das Verwaltungsgericht fest, das
Departement für Inneres und Volkswirtschaft sei zu Unrecht auf den Rekurs von
Hermann Strölin eingetreten. Es hiess die Beschwerde der politischen Gemeinde
Eschenz in diesem Sinne gut und hob Dispositiv-Ziffer 3 des Entscheids des
Departements für Inneres und Volkswirtschaft vom 14. Februar 2017 auf. 
 
F.   
Gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts hat Hermann Strölin am 5. bzw. 6.
Oktober 2017 Beschwerde an das Bundesgericht erhoben. Er beantragt, der
angefochtene Entscheid sei aufzuheben und der Entscheid des Departements für
Inneres und Volkswirtschaft vom 14. Februar 2017 zu bestätigen. Die Vorinstanz
beantragt Beschwerdeabweisung und verweist zur Begründung auf den angefochtenen
Entscheid. Die politische Gemeinde Eschenz beantragt, die Beschwerde sei
abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne. Das Departement für Inneres
und Volkswirtschaft beantragt, die Beschwerde sei gutzuheissen und der
angefochtene Entscheid aufzuheben. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen letztinstanzlichen
kantonalen Endentscheid betreffend die politischen Rechte, gegen den die
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht in
Form der Beschwerde in Stimmrechtssachen nach Art. 82 lit. c, Art. 88 Abs. 1
lit. a und Abs. 2 sowie Art. 90 BGG grundsätzlich zulässig ist. Als in der
politischen Gemeinde Eschenz stimm- und wahlberechtigte Person ist der
Beschwerdeführer nach Art. 89 Abs. 3 BGG zur Beschwerde legitimiert. Da auch
die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde
grundsätzlich einzutreten. 
 
2.   
Ohne sich zur Sache materiell zu äussern, stellte die Vorinstanz im
angefochtenen Entscheid fest, das Departement für Inneres und Volkswirtschaft
sei zu Unrecht auf den Rekurs von Hermann Strölin vom 31. August 2016
eingetreten. Gegenstand des Verfahrens vor Bundesgericht kann materiell
folglich einzig die Frage sein, ob die Vorinstanz im Sinne von Art. 95 BGG
Recht verletzt hat, indem sie feststellte, dass das Departement zu Unrecht auf
den Rekurs eingetreten sei. Wäre dies zu bejahen, wäre der vorinstanzliche
Entscheid aufzuheben und die Sache zu materiellem Entscheid an die Vorinstanz
zurückzuweisen. Soweit sich die Verfahrensbeteiligten zur Frage geäussert
haben, ob der Gemeinderat an der Gemeindeversammlung vom 27. Oktober 2016
bestimmte Anträge zur Abstimmung hätte zulassen müssen, ist darauf im
vorliegenden Verfahren nicht einzugehen. 
 
3.   
Bei der Beschwerde in Stimmrechtssachen prüft das Bundesgericht nicht nur die
Auslegung von Bundesrecht und kantonalen verfassungsmässigen Rechten frei,
sondern auch diejenige anderer kantonaler Vorschriften, welche den Inhalt des
Stimm- und Wahlrechts normieren oder mit diesem in engem Zusammenhang stehen (
Art. 95 lit. d BGG). Die Anwendung anderer kantonaler Vorschriften und die
Feststellung des Sachverhalts prüft es nur unter dem Gesichtswinkel des
Willkürverbots (Art. 95 BGG und Art. 97 Abs. 1 sowie Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG
i.V.m. Art. 9 BV). 
 
4.   
Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe den Sachverhalt falsch
dargestellt. Falsch sei namentlich die Feststellung, dass nach dem Versand der
Einladung bis zur Gemeindeversammlung und während der Gemeindeversammlung von
keiner Person eine Rüge zum Vorgehen des Gemeinderats erhoben worden sei. 
Die Vorinstanz hat unter Hinweis auf die in den Akten liegenden Dokumente die
tatsächlichen Geschehnisse im Vorfeld der ausserordentlichen
Gemeindeversammlung vom 27. Oktober 2016 sowie den Ablauf der Versammlung
ausführlich dargelegt. Namentlich hat sie gestützt auf das Protokoll zur
Gemeindeversammlung die Diskussion zum Traktandum "Information über Unterhalt,
Sanierung und Ausbau von Gemeindestrassen" ausführlich wiedergegeben, die in
diesem Zusammenhang von verschiedenen Stimmberechtigten an der Versammlung
gestellten Anträge erwähnt und die an der Versammlung geäusserte Kritik am
Vorgehen des Gemeinderats geschildert. Der Beschwerdeführer legt nicht dar und
es ist nicht ersichtlich, inwiefern die Vorinstanz den entscheidwesentlichen
Sachverhalt offensichtlich unrichtig festgestellt haben sollte. Bei der Frage,
ob mit Blick auf die geschilderten Geschehnisse die geltend gemachten Mängel
bei der Vorbereitung und Durchführung der Gemeindeversammlung im Sinne von Art.
5 Abs. 3 BV sowie § 98 Abs. 2 des Gesetzes des Kantons Thurgau über das Stimm-
und Wahlrecht vom 12. Februar 2014 (StWG; RB 161.1) rechtzeitig gerügt worden
sind, handelt es sich nicht um eine Tat-, sondern um eine Rechtsfrage (vgl. E.
5 und 6 hiernach). Soweit der Beschwerdeführer eine offensichtlich unrichtige
Sachverhaltsfeststellung überhaupt in genügender Weise rügt, dringt er damit
nicht durch. 
 
5.  
 
5.1. Nach § 97 Abs. 1 StWG können im Kanton Thurgau Stimmberechtigte wegen
Verletzung des Stimm- und Wahlrechts einschliesslich Rechtsverletzungen bei der
Vorbereitung und Durchführung von Abstimmungen oder Wahlen Rekurs erheben (Satz
1). Rekursinstanz ist bei Abstimmungen und Gemeindewahlen das zuständige
Departement (Satz 2). Betrifft der Rekurs eine Gemeindeversammlung, ist er
spätestens drei Tage nach der Versammlung einzureichen (§ 98 Abs. 1 Ziff. 2
StWG). Unabhängig von dieser Frist sind vermutete Rechtsverletzungen
unverzüglich nach deren Kenntnis, bei Gemeindeversammlungen in der Versammlung
selbst zu rügen; erfolgt die Rüge verspätet, ist auf den Rekurs nicht
einzutreten (§ 98 Abs. 2 StWG).  
 
5.2. Im bundesgerichtlichen Verfahren sind Mängel in der Vorbereitung von
Wahlen und Abstimmungen sofort und vor Durchführung des Urnenganges zu rügen,
andernfalls der Stimmberechtigte sein Beschwerderecht im Grundsatz verwirkt (
BGE 118 Ia 271 E. 1d S. 274, 415 E. 2a S. 417; Urteile 1C_511/2015 vom 12.
Oktober 2016 E. 1.1, nicht publ. in BGE 143 I 92, 1C_100/2016 vom 4. Juli 2016
E. 3.1 sowie 1C_495/2012 vom 12. Februar 2014 E. 1.1, nicht publ. in BGE 140 I
107). Diese Praxis bezweckt, dass Mängel möglichst noch vor der Abstimmung
behoben werden können, womit sich eine längere Phase der Unsicherheit vermeiden
lässt und der Urnengang nicht wiederholt zu werden braucht. Es wäre zudem mit
dem Prinzip von Treu und Glauben (Art. 5 Abs. 3 BV) nicht vereinbar, wenn ein
Mangel vorerst widerspruchslos hingenommen wird und hinterher die Wahl oder
Abstimmung, soweit deren Ergebnis nicht den Erwartungen entspricht, wegen eben
dieses Mangels angefochten würde (Urteile 1C_596/2017 vom 19. April 2018 E. 2.2
sowie 1C_100/2016 vom 4. Juli 2016 E. 3.1; je mit Hinweis).  
Diese Rechtsprechung gilt gemäss der ausdrücklichen Regel von § 98 Abs. 2 StWG
(vgl. E. 5.1 hiervor) im Kanton Thurgau auch für das kantonale
Rechtsmittelverfahren und insbesondere die Anfechtung von angeblichen Mängeln
bei der Durchführung einer Gemeindeversammlung. Dementsprechend ist
erforderlich, dass der an der Gemeindeversammlung teilnehmende Stimmberechtigte
formelle Mängel noch an der Gemeindeversammlung selber beanstandet, soweit ihm
das zumutbar ist. Das Erfordernis soll der raschen Klarstellung der
Förmlichkeiten dienen, eine allfällige Korrektur des Verfahrens ermöglichen und
damit zur Vermeidung einer allfälligen Wiederholung der Gemeindeversammlung
beitragen. Unterlässt der Stimmberechtigte eine Beanstandung, obwohl eine
entsprechende Intervention nach den Umständen als zumutbar erscheint, so kann
er sich in der Folge nicht mehr darauf berufen, dass die Abstimmung nicht
richtig zustandegekommen ist (vgl. Urteile 1C_596/2017 vom 19. April 2018 E.
2.3 sowie 1C_582/2016 vom 5. Juli 2017 E. 2.4 mit Hinweis). 
 
6.   
Die Vorinstanz prüfte im angefochtenen Entscheid erstens, ob der
Beschwerdeführer oder eine andere stimmberechtigte Person im Vorfeld der
ausserordentlichen Gemeindeversammlung den Entscheid des Gemeinderats, dass
über die Anträge gemäss Traktandum 1 der Eingabe der 214 Stimmberechtigten vom
29. August 2016 nicht abgestimmt werde, in genügender Weise gerügt hatte.
Zweitens untersuchte sie, ob während der Gemeindeversammlung von einer
stimmberechtigten Person in genügender Weise gerügt worden war, dass über an
der Versammlung eingebrachte Anträge nicht abgestimmt wurde. Die Vorinstanz
verneinte beide Punkte und kam zum Schluss, das Departement für Inneres und
Volkswirtschaft hätte auf den Stimmrechtsrekurs des Beschwerdeführers nicht
eintreten dürfen. Der Beschwerdeführer macht geltend, der Entscheid der
Vorinstanz sei willkürlich im Sinne von Art. 9 BV und verstosse gegen Art. 5
Abs. 3, Art. 29 sowie Art. 34 BV. 
 
6.1. Was den Zeitraum vor der ausserordentlichen Gemeindeversammlung vom 27.
Oktober 2016 betrifft, ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer vom
Entscheid des Gemeinderats, wonach über die Anträge gemäss Traktandum 1 der
Eingabe vom 29. August 2016 nicht abgestimmt werden könne, spätestens mit
Kenntnisnahme der Einladung zur ausserordentlichen Gemeindeversammlung bzw.
spätestens kurz nach dem 7. Oktober 2016 erfahren hat. Unbestritten ist weiter,
dass er den entsprechenden Entscheid des Gemeinderats im Vorfeld der
Gemeindeversammlung nicht beim Gemeinderat oder beim Departement gerügt hat.
Dazu wäre er nach § 98 Abs. 2 StWG i.V.m. Art. 5 Abs. 3 BV indessen
verpflichtet gewesen, wenn er dagegen mit Stimmrechtsrekurs vorgehen wollte.
Dies zumal es sich bei der auch im Kanton Thurgau geltenden Rügepflicht
betreffend Mängel im Vorfeld von Wahlen und Abstimmungen insofern um eine
persönliche Pflicht handelt, als einer stimmberechtigten Person, die einen
angeblichen Mangel nicht sofort persönlich rügt, die spätere Anfechtung
grundsätzlich verwehrt ist, selbst wenn der angebliche Mangel bereits von
anderen Stimmberechtigten gerügt wurde.  
Folglich hilft es dem Beschwerdeführer nichts, wenn er geltend macht, andere
Stimmberechtigte hätten im Vorfeld der Gemeindeversammlung kundgetan, dass sie
mit dem Vorgehen des Gemeinderats nicht einverstanden seien. Weiter kann der
Beschwerdeführer aus einem kurz vor der Gemeindeversammlung erschienenen
Leserbrief, in welchem eine Abstimmung über die Anträge gemäss Traktandum 1 der
Eingabe vom 29. August 2016 verlangt wurde, nichts zu seinen Gunsten ableiten.
Dass schliesslich anlässlich der Gemeindeversammlung noch einmal verlangt
wurde, es sei über die Anträge gemäss Traktandum 1 der Eingabe vom 29. August
2016 abzustimmen, ändert ebenfalls nichts daran, dass der Beschwerdeführer den
entsprechenden Entscheid des Gemeinderats sofort nach Kenntnisnahme hätte rügen
müssen, wenn er dagegen mit Rekurs vorgehen wollte. Nachdem der
Beschwerdeführer den angeblichen Mangel vorerst widerspruchslos hingenommen
hat, blieb ihm eine Anfechtung des entsprechenden Entscheids des Gemeinderats
im Anschluss an die Gemeindeversammlung verwehrt. 
 
6.2. Was Verfahrensmängel angeht, die nicht im Vorfeld einer
Gemeindeversammlung geschehen sein sollen, sondern erst während der Versammlung
selber, erscheint fraglich, ob mit Blick auf ein späteres Rechtsmittel in jedem
Fall eine persönliche Rüge an der Versammlung selbst notwendig bzw. im Sinne
der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zumutbar ist oder ob es unter Umständen
genügt, wenn der angebliche Mangel von irgendeiner stimmberechtigten Person an
der Versammlung gerügt wird. Unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des
Erfordernisses einer Rüge an der Versammlung selbst (vgl. E. 5.2 hiervor) ist
nicht recht einzusehen, weshalb eine anlässlich der Gemeindeversammlung bereits
erhobene, klare Rüge von jeder Person, die ein Rechtsmittel zu erheben gedenkt,
noch einmal angebracht werden müsste. Jedenfalls soweit das kantonale Recht in
einem solchen Fall nicht ausdrücklich eine persönliche Rüge verlangt, erscheint
denkbar, dass einer stimmberechtigten Person die Erhebung eines Rechtsmittels
im Anschluss an die Gemeindeversammlung auch dann möglich sein muss, wenn eine
entsprechende Rüge während der Versammlung von einer anderen Person erhoben
wurde. Dem entsprechend ging auch die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid
davon aus, es genüge nach § 98 Abs. 2 StWG, wenn eine stimmberechtigte Person
an der Gemeindeversammlung gegen die Nichtdurchführung einer Abstimmung
protestiere bzw. die entsprechende Rüge müsse nicht zwingend von derjenigen
Person angebracht worden sein, die den Versammlungsbeschluss anfechten wolle.  
Wie es sich damit verhält, kann vorliegend offen bleiben, zumal die Vorinstanz
- wie nachfolgend aufzuzeigen ist - zu Recht davon ausging, anlässlich der
Gemeindeversammlung sei von keiner stimmberechtigten Person in genügender Weise
gerügt worden, dass über an der Versammlung eingebrachte Anträge nicht
abgestimmt wurde. 
 
6.3. Wie die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid ausführlich darlegte, wurden
während der Gemeindeversammlung zum Traktandum "Information über Unterhalt,
Sanierung und Ausbau von Gemeindestrassen" mehrere Anträge gestellt, welche in
der Sache in die gleiche Richtung zielten, wie die Anträge gemäss Traktandum 1
der Eingabe vom 29. August 2016. Der Gemeindepräsident erläuterte, dass zwar
darüber abgestimmt werden könne, ob das kommunale Beitrags- und
Gebührenreglement überarbeitet werden solle, nicht aber darüber, in welchen
Fällen Grundeigentümer beim Bau, beim Ausbau oder bei der Sanierung von
Erschliessungsanlagen beitragspflichtig werden. Nachdem der Gemeindepräsident
ohne Abstimmung über die an der Versammlung gestellten Anträge zum nächsten
Traktandum übergehen wollte, verlangten der Beschwerdeführer und weitere
Personen, es solle über die an der Versammlung gestellten Anträge abgestimmt
werden, worauf der Gemeindepräsident die Versammlung unterbrach und der
Gemeinderat sich zwecks Beratung zurückzog. Nach der Unterbrechung ging der
Gemeindepräsident noch einmal auf die an der Versammlung gestellten Anträge ein
und erläuterte erneut, weshalb über sie nicht abgestimmt werden könne. Im
weiteren Verlauf der Diskussion formulierte Stimmbürger A.________ einen
bereits vor der Unterbrechung der Versammlung gestellten Antrag noch zwei mal
neu, woraufhin er vom Gemeindepräsidenten jeweils darauf hingewiesen wurde,
dass auch über die neu formulierten Anträge nicht abgestimmt werden könne,
sondern nur über die Frage, ob das Beitrags- und Gebührenreglement überarbeitet
werden solle. In der Folge bestätigte A.________ auf Nachfrage hin, dass eine
Abstimmung über die Überarbeitung des kommunalen Beitrags- und
Gebührenreglements seinem Antrag Rechnung trage. Sodann beantragte eine weitere
Person, dass zur Ausarbeitung des neuen Beitrags- und Gebührenreglements zwei
externe stimmberechtigte Personen beizuziehen seien. Schliesslich brachte der
Gemeindepräsident die von ihm formulierte Vorlage (vgl. Sachverhalt Lit. C)
ohne weitere Einwände seitens der Stimmberechtigten zur Abstimmung.  
 
6.4. Beim geschilderten Verlauf der Gemeindeversammlung ist mit der Vorinstanz
davon auszugehen, es sei während der Versammlung im Hinblick auf einen späteren
Rekurs von keiner stimmberechtigten Person in genügender Weise gerügt worden,
über erst an der Versammlung formulierte Anträge sei zu Unrecht nicht
abgestimmt worden. Namentlich hat die Vorinstanz zu Recht angenommen, es genüge
nicht, dass sich der Beschwerdeführer und weitere stimmberechtigte Personen
noch vor der erwähnten Unterbrechung der Versammlung mit dem Vorgehen des
Gemeinderats nicht einverstanden zeigten und zu diesem Zeitpunkt eine
Abstimmung über an der Versammlung formulierte Anträge verlangten. Dies zumal
der Gemeindepräsident auf die vor der Unterbrechung der Versammlung von
mehreren Personen erhobene Kritik reagierte, als Folge der Kritik das
Traktandum nach der Unterbrechung noch einmal aufnahm und der von A.________
gestellte Antrag mehrfach umformuliert sowie letztlich im Sinne der vom
Gemeindepräsidenten formulierten Vorlage zur Abstimmung gebracht wurde. Wenn
eine stimmberechtigte Person im Zeitpunkt der Abstimmung über das Geschäft nach
wie vor der Ansicht war, das Vorgehen des Gemeinderats bzw. des
Gemeindepräsidenten sei nicht korrekt, wäre sie nach § 98 Abs. 2 StWG i.V.m. 
Art. 5 Abs. 3 BV im Hinblick auf einen allfälligen Rekurs gehalten und wäre es
ihr nach den Umständen auch zuzumuten gewesen, dies (noch einmal) ausdrücklich
an der Versammlung selber zu rügen. Damit blieb dem Beschwerdeführer die
Erhebung eines Stimmrechtsrekurses im Anschluss an die Gemeindeversammlung auch
insoweit verwehrt.  
 
6.5. Nach dem Ausgeführten ist der Entscheid der Vorinstanz, wonach das
Departement für Inneres und Volkswirtschaft auf den Stimmrechtsrekurs des
Beschwerdeführers nicht hätte eintreten dürfen, im Ergebnis nicht zu
beanstanden. Soweit der Beschwerdeführer eine Rechtsverletzung im Sinne von 
Art. 95 BGG in genügender Weise rügt, dringt er damit nicht durch.  
 
7.   
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem
Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (vgl. Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Politischen Gemeinde Eschenz, dem
Departement für Inneres und Volkswirtschaft des Kantons Thurgau und dem
Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 1. Juni 2018 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Merkli 
 
Der Gerichtsschreiber: Mattle 

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben