Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.520/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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1C_520/2017            

 
 
 
Urteil vom 1. November 2017  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Bundesgerichter Chaix, Kneubühler, 
Gerichtsschreiber Dold. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jürg Wissmann, 
 
gegen  
 
Bundesanwaltschaft, Zweigstelle Zürich, Werdstrasse 138 + 140, Postfach 9666,
8036 Zürich. 
 
Gegenstand 
Internationale Rechtshilfe in Strafsachen an Brasilien; Herausgabe von
Beweismitteln, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid vom 19. September 2017 des Bundesstrafgerichts,
Beschwerdekammer (RR.2017.90 [IRH2016004945, B 235'459]). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die brasilianischen Behörden führen eine Strafuntersuchung im Zusammenhang mit
einer kriminellen Organisation, die sich im Bereich des illegalen Glücksspiels
betätigt. Die Untersuchung richtete sich auch gegen B.________ als hochrangiges
Mitglied der Organisation. Als er im Jahr 2007 davon erfuhr, versuchte er,
mehrere hunderttausend Real, in bar von verschiedenen Bankverbindungen
abzuheben, um die Einziehung zu vereiteln. In der Folge wurde er in Brasilien
wegen Bildung einer kriminellen Organisation und Geldwäscherei verurteilt. 
Im Zusammenhang mit diesem Sachverhaltskomplex besteht der Verdacht, es könnten
im Zeitraum zwischen Mai 2008 und Juli 2011 insgesamt rund USD 1'400'000.-- aus
den illegalen Glücksspielen auf die Bankverbindung Nr. xxx, lautend auf
C.________ SA, bei der Bank D.________ AG bzw. der Bank E.________ AG
transferiert worden sein, um sie vor den brasilianischen Behörden zu verbergen
und ihre Einziehung zu verhindern. 
Mit ergänzendem Rechtshilfeersuchen vom 14. Juni 2016 gelangten die
brasilianischen Behörden an die Schweiz. Sie ersuchen unter anderem um die
Erhebung und Übermittlung der Bankunterlagen betreffend die Kontoverbindung mit
der Stammnummer yyy, lautend auf F.________ SA, bei der Bank G.________ AG. 
Die Bundesanwaltschaft trat mit Verfügung vom 5. Dezember 2016 auf das
Rechtshilfeersuchen ein. Nachdem sie bei der Bank G.________ AG die
Bankunterlagen zur erwähnten Kontoverbindung erhoben und die F.________ SA
eingeladen hatte, sich zur vereinfachten Ausführung gemäss Art. 80c IRSG (SR
351.1) zu äussern, teilte Rechtsanwalt Jürg Wissmann mit, dass ihn der
wirtschaftlich Berechtigte dieser Gesellschaft mit der Wahrung seiner
Interessen betraut habe. Er stellte den Antrag, keine Rechtshilfe zu leisten. 
Mit Schlussverfügung vom 17. März 2017 ordnete die Bundesanwaltschaft
insbesondere an, dass die Bankunterlagen der betreffenden Kontoverbindung für
den Zeitraum zwischen 1. Januar 2007 und 19. April 2010 herausgegeben werden.
Die Schlussverfügung stellte die Bundesanwaltschaft Rechtsanwalt Wissmann zur
Kenntnis zu, nachdem sie die Berechtigung seiner Klientschaft, am Verfahren
teilzunehmen, verneint hatte. 
Dagegen erhob Rechtsanwalt Wissmann Beschwerde ans Bundesstrafgericht. Auf
Aufforderung hin teilte er mit, dass es sich bei seinem Klienten um A.________
handle. Mit Entscheid vom 19. September 2017 trat das Bundesstrafgericht auf
die Beschwerde nicht ein. 
 
B.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht vom
2. Oktober 2017 beantragt A.________, der Entscheid des Bundesstrafgerichts sei
aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz
zurückzuweisen. 
Das Bundesstrafgericht verweist in seiner Vernehmlassung auf den angefochtenen
Entscheid. Die Bundesanwaltschaft hat auf eine Stellungnahme verzichtet. Das
Bundesamt für Justiz beantragt, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten. Es
liege kein besonders bedeutender Fall vor. Der Beschwerdeführer hat dazu
Stellung genommen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Gemäss Art. 84 BGG ist gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der
internationalen Rechtshilfe in Strafsachen die Beschwerde nur zulässig, wenn er
unter anderem eine Übermittlung von Informationen aus dem Geheimbereich
betrifft und es sich um einen besonders bedeutenden Fall handelt (Abs. 1).  
Ein besonders bedeutender Fall liegt insbesondere vor, wenn Gründe für die
Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind
oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist (Abs. 2). 
Art. 84 BGG bezweckt die wirksame Begrenzung des Zugangs zum Bundesgericht im
Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen (BGE 134 IV 156 E. 1.3.1
S. 160 mit Hinweisen). Ein besonders bedeutender Fall ist mit Zurückhaltung
anzunehmen (BGE 136 IV 139 E. 2.4 S. 144 mit Hinweis). 
Bei der Beantwortung der Frage, ob ein besonders bedeutender Fall gegeben ist,
steht dem Bundesgericht ein weiter Ermessensspielraum zu (BGE 134 IV 156 E.
1.3.1 S. 160 mit Hinweis). 
Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung der Rechtsschrift in gedrängter
Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine
Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass ein besonders bedeutender
Fall nach Artikel 84 vorliegt, so ist auszuführen, warum diese Voraussetzung
erfüllt ist. 
Erachtet das Bundesgericht eine Beschwerde auf dem Gebiet der internationalen
Rechtshilfe in Strafsachen als unzulässig, so fällt es gemäss Art. 107 Abs. 3
BGG - abgesehen von einem hier nicht gegebenen Ausnahmefall - den
Nichteintretensentscheid innert 15 Tagen seit Abschluss eines allfälligen
Schriftenwechsels. 
Nach Art. 109 BGG entscheidet die Abteilung in Dreierbesetzung über
Nichteintreten auf Beschwerden, bei denen kein besonders bedeutender Fall
vorliegt (Abs. 1). Der Entscheid wird summarisch begründet. Es kann ganz oder
teilweise auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Abs. 3). 
 
1.2. Zwar geht es hier um die Übermittlung von Informationen aus dem
Geheimbereich und damit um ein Sachgebiet, bei dem die Beschwerde nach Art. 84
Abs. 1 BGG insoweit möglich ist. Es handelt sich jedoch um keinen besonders
bedeutenden Fall.  
Das Bundesstrafgericht hat die bundesgerichtliche Praxis zur
Beschwerdelegitimation korrekt dargelegt. Danach ist gemäss Art. 80h lit. b
IRSG und Art. 9a lit. a IRSV (SR 351.11) der bloss wirtschaftlich an einem
Bankkonto, Banksafe oder Wertschriftendepot Berechtigte im Gegensatz zum
Inhaber grundsätzlich nicht legitimiert, Rechtshilfemassnahmen anzufechten,
welche die Bankverbindung betreffen. Eine Ausnahme lässt die Praxis zu, falls
einzige Kontoinhaberin eine juristische Person war, die aufgelöst worden ist,
und zudem keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Liquidation dieser
Gesellschaft nur vorgeschoben wird bzw. rechtsmissbräuchlich erfolgte (BGE 139
II 404 E. 2.1.1 S. 411 f.; 137 IV 134 E. 5.2.1 S. 137 f.; je mit Hinweisen).
Der wirtschaftlich Berechtigte muss in diesem Fall beweisen, dass ihm der
Liquidationserlös zugeflossen ist (Urteil 1C_370/2012 vom 3. Oktober 2012 E. 2
mit Hinweisen). Die Kritik des Beschwerdeführers gibt keinen Anlass, auf diese
Rechtsprechung zurückzukommen. Dass er nicht hat beweisen können, Begünstigter
des Liquidationserlöses zu sein, bestreitet er nicht. Damit ist das
Bundesstrafgericht zu Recht auf seine Beschwerde nicht eingetreten. 
Eine rechtliche Grundsatzfrage stellt sich mithin nicht. Auch sonst bringt der
Beschwerdeführer nichts vor, was es rechtfertigen könnte, den vorliegenden Fall
als besonders bedeutend einzustufen. 
 
2.   
Auf die Beschwerde ist aus den genannten Gründen nicht einzutreten. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten
(Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Bundesanwaltschaft, Zweigstelle
Zürich, dem Bundesstrafgericht, Beschwerdekammer, und dem Bundesamt für Justiz,
Fachbereich Rechtshilfe, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 1. November 2017 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Merkli 
 
Der Gerichtsschreiber: Dold 

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