Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.50/2017
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1C_50/2017

Urteil vom 16. Mai 2017

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Fonjallaz, Kneubühler,
Gerichtsschreiber Mattle.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Marc Frédéric Schäfer,

gegen

Departement für Justiz, Sicherheit und Gesundheit Graubünden,
Hofgraben 5, 7001 Chur.

Gegenstand
Entzug des Führerausweises,

Beschwerde gegen das Urteil vom 6. Dezember 2016 des Verwaltungsgerichts des
Kantons Graubünden, 1. Kammer.

Sachverhalt:

A. 
A.________ überholte am 3. Juli 2015 am Steuer eines Lieferwagens auf der
Hauptstrasse von Scuol in Richtung Ardez vor einer Baustelle und einer
unübersichtlichen Rechtskurve zwei vor einem roten Lichtsignal stillstehende
Personenwagen und passierte das Lichtsignal anschliessend bei Rot. Das
Lichtsignal diente der Regelung des einspurigen Verkehrs im Bereich der
Baustelle, weil nur eine Strassenseite passierbar war. Mit Strafbefehl vom 4.
August 2015 erkannte ihn die Staatsanwaltschaft Graubünden, Zweigstelle
Samedan, wegen dieses Vorfalls der groben Verletzung der Verkehrsregeln für
schuldig. Dieser Strafbefehl erwuchs in Rechtskraft.

B. 
Das Strassenverkehrsamt des Kantons Graubünden wertete diese Widerhandlung
gegen die Strassenverkehrsvorschriften als schwer im Sinne von Art. 16c SVG und
entzog A.________ am 19. November 2016 den Führerausweis für die Dauer von
zwölf Monaten, weil der Ausweis in den vorangegangenen fünf Jahren bereits
einmal wegen einer schweren Widerhandlung entzogen worden sei. Die von
A.________ dagegen erhobene Beschwerde wies das Departement für Justiz,
Sicherheit und Gesundheit Graubünden (nachfolgend DJSG) mit
Departementsverfügung vom 10. Juni 2016 ab. Mit Urteil vom 6. Dezember 2016
wies das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden die hiergegen erhobene
Beschwerde ebenfalls ab.

C. 
A.________ hat am 30. Januar 2017 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten und subsidiäre Verfassungsbeschwerde ans Bundesgericht erhoben.
Er beantragt, der Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 6. Dezember 2016 sei
aufzuheben und auf die Anordnung einer Administrativmassnahme sei zu
verzichten. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz
zurückzuweisen.
Das DJSG und das Verwaltungsgericht beantragen unter Hinweis auf den
angefochtenen Entscheid die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten
sei. Das Bundesamt für Strassen (ASTRA) verweist ebenfalls auf den
angefochtenen Entscheid und schliesst auf Abweisung der Beschwerde.

Erwägungen:

1.

1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid über einen
Führerausweisentzug. Dagegen steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten nach Art. 82 ff. BGG offen; ein Ausnahmegrund ist nicht gegeben
(Art. 83 BGG). Da die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf
die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten einzutreten.

1.2. Die Verfassungsbeschwerde ist im Verhältnis zur Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten subsidiär (Art. 113 BGG). Weil
vorliegend die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig
ist, ist auf die vom Beschwerdeführer gleichzeitig erhobene
Verfassungsbeschwerde nicht einzutreten. Soweit der Beschwerdeführer eine
Verletzung seiner verfassungsmässigen Rechte in genügender Weise rügt (vgl.
Art. 42 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG), ist darauf im Rahmen der von ihm erhobenen
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten einzugehen.

2. 
Der Beschwerdeführer anerkennt den im Strafverfahren ermittelten Sachverhalt,
wonach er vor einer Baustelle und einer unübersichtlichen Rechtskurve zwei vor
dem roten Lichtsignal stillstehende Personenwagen überholt und anschliessend
das Lichtsignal bei Rot passiert hat. Er macht indessen geltend, das
angefochtene Urteil sei bundesrechtswidrig, weil die Vorinstanz sich einzig auf
den im Strafverfahren ermittelten Sachverhalt abgestützt habe. Wie der
Beschwerde entnommen werden kann, hätte die Vorinstanz nach Ansicht des
Beschwerdeführers in tatsächlicher Hinsicht zusätzlich berücksichtigen müssen,
dass im fraglichen Bereich eine signalisierte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h
bestanden habe, die Lichtsignalanlage auf die langsamsten Verkehrsteilnehmer
(Fahrräder) bzw. eine Geschwindigkeit von 10 km/h eingestellt gewesen sei, kurz
vor dem Beschwerdeführer noch andere Fahrzeuge das Lichtsignal passiert hätten,
der Beschwerdeführer vor dem Überholmanöver noch ein Stück weit in die Kurve
habe Einblick nehmen können und gute Strassen- sowie Wetterverhältnisse
geherrscht hätten.
Nach Art. 105 BGG legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Abs. 1). Es kann diese
Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruht (Abs. 2). Von der beschwerdeführenden Person kann die
Feststellung des Sachverhalts wiederum nur gerügt werden, wenn sie
offensichtlich unrichtig, d.h. willkürlich (Art. 9 BV) ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1
BGG). Eine entsprechende Rüge ist substanziiert vorzubringen (Art. 42 Abs. 2
BGG i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen vor
Bundesgericht nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der
Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).
Wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt, sind die erwähnten, erst im
Verwaltungsverfahren erhobenen tatsächlichen Einwendungen des Beschwerdeführers
für die zu beurteilenden Rechtsfragen nicht wesentlich bzw. vermag der
Beschwerdeführer nicht darzutun, inwiefern die Vorinstanz den
entscheidwesentlichen Sachverhalt offensichtlich unrichtig festgestellt haben
sollte. Damit erübrigt sich die Beantwortung der Frage, ob der Beschwerdeführer
- wovon die Vorinstanz ausging - nach Treu und Glauben verpflichtet gewesen
wäre, die Feststellung des Sachverhalts betreffende Rügen schon im Rahmen des
(summarischen) Strafverfahrens vorzubringen sowie allenfalls schon im
Strafverfahren die nötigen Rechtsmittel zu ergreifen (vgl. dazu BGE 123 II 97
E. 3c/aa S. 103; Urteil 1C_503/2016 vom 12. Januar 2017 E. 3.1 mit Hinweisen).
Unbehelflich ist unter diesen Umständen sodann der Einwand des
Beschwerdeführers, die Vorinstanz habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör
verletzt, indem sie ihm - ohne dass er sich hierzu vorgängig habe äussern
können - entgegengehalten habe, er habe aufgrund eines Ausweisentzugs im Jahr
2014 wissen müssen, dass er die Feststellung des Sachverhalts betreffende Rügen
schon im Rahmen des Strafverfahrens vorzubringen hatte. Immerhin ist in diesem
Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer mit Schreiben des
Strassenverkehrsamts vom 29. Juli 2015 ausdrücklich darauf hingewiesen wurde,
dass die Beurteilung des Falls durch die Strafbehörde auf das
Administrativverfahren einen wesentlichen Einfluss habe.

3.

3.1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches
Gehör, da sich die Vorinstanz nicht genügend mit seinen Rügen
auseinandergesetzt habe.

3.2. Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) verlangt, dass die
Behörde die Vorbringen des vom Entscheid in seiner Rechtsstellung Betroffenen
tatsächlich hört, prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt. Daraus
folgt die Verpflichtung der Behörde, ihren Entscheid zu begründen. Dabei ist es
nicht erforderlich, dass sie sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich
auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich abhandelt. Vielmehr
kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Die
Begründung muss so abgefasst sein, dass sich der Betroffene über die Tragweite
des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die
höhere Instanz weiterziehen kann. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die
Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und
auf die sich ihr Entscheid stützt (BGE 141 III 28 E. 3.2.4 S. 41; 134 I 83 E.
4.1 S. 88; je mit Hinweisen).

3.3. Diesen Anforderungen genügt der angefochtene Entscheid. Der
Beschwerdeführer lässt ausser Acht, dass die Vorinstanz im angefochtenen Urteil
auf die geltend gemachte fehlende objektive Gefährdungssituation einging und
sie ihre entsprechenden Überlegungen nannte (angefochtener Entscheid E. 4c S.
12 f.). Dass sie dabei ergänzend auch auf die aus ihrer Sicht zutreffenden
Erwägungen des Entscheids des DJSG verwies, schadet dem nicht. Sie machte
deutlich, dass sie die Vorbringen des Beschwerdeführers als unzutreffend
erachtete, namentlich weil dieser wesentliche Punkte ausgeklammert habe. Der
Beschwerdeführer war in der Lage, das angefochtene Urteil sachgerecht
anzufechten, weshalb eine Verletzung der Begründungspflicht zu verneinen ist.

4.
Streitig ist, ob die Vorinstanz das Verhalten des Beschwerdeführers zu Recht
als schwere Widerhandlung im Sinne von Art. 16c Abs. 1 lit. a SVG erachtete.

4.1. Im Zusammenhang mit dem administrativen Führerausweisentzug unterscheidet
das Gesetz zwischen der leichten, mittelschweren und schweren Widerhandlung
(Art. 16a-c SVG). Eine leichte Widerhandlung begeht, wer durch Verletzung von
Verkehrsregeln eine geringe Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft und
ihn dabei nur ein leichtes Verschulden trifft (Art. 16a Abs. 1 lit. a SVG).
Eine mittelschwere Widerhandlung begeht, wer durch Verletzung von
Verkehrsregeln eine Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf
nimmt (Art. 16b Abs. 1 lit. a SVG). Eine schwere Widerhandlung begeht, wer
durch grobe Verletzung von Verkehrsregeln eine ernstliche Gefahr für die
Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf nimmt (Art. 16c Abs. 1 lit. a SVG).
Die Annahme einer schweren Widerhandlung setzt kumulativ eine qualifizierte
objektive Gefährdung und ein qualifiziertes Verschulden voraus. In objektiver
Hinsicht wird verlangt, dass die Verkehrssicherheit ernsthaft gefährdet wurde.
Dabei genügt nach der Rechtsprechung eine erhöhte abstrakte Gefährdung, die
vorliegt, wenn in Anbetracht der jeweiligen Verhältnisse des Einzelfalls der
Eintritt einer konkreten Gefährdung oder gar einer Verletzung nahe liegt.
Subjektiv erfordert der Tatbestand der groben Verkehrsregelverletzung ein
rücksichtsloses oder sonst schwerwiegend verkehrswidriges Verhalten, d.h. ein
schweres Verschulden, bei fahrlässiger Begehung grobe Fahrlässigkeit (BGE 131
IV 133 E. 3.2 S. 136; Urteil 1C_588/2015 vom 14. April 2016 E. 2.2; je mit
Hinweisen).

4.2. Signale und Markierungen sowie die Weisungen der Polizei sind zu befolgen
(Art. 27 Abs. 1 Satz 1 SVG). Überholen und Vorbeifahren an Hindernissen ist nur
gestattet, wenn der nötige Raum übersichtlich und frei ist und der Gegenverkehr
nicht behindert wird. Im Kolonnenverkehr darf nur überholen, wer die Gewissheit
hat, rechtzeitig und ohne Behinderung anderer Fahrzeuge wieder einbiegen zu
können (Art. 35 Abs. 2 SVG). In unübersichtlichen Kurven, auf und unmittelbar
vor Bahnübergängen ohne Schranken sowie vor Kuppen darf nicht überholt werden,
auf Strassenverzweigungen nur, wenn sie übersichtlich sind und das
Vortrittsrecht anderer nicht beeinträchtigt wird (Art. 35 Abs. 4 SVG).
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, vor einer unübersichtlichen Rechtskurve
mit Baustelle auf der Gegenfahrbahn an zwei vor einem Rotlicht stillstehenden
Fahrzeugen vorbeigefahren zu sein. Er hat durch das Missachten der auf Rot
stehenden Lichtsignalanlage - wie bereits im Strafverfahren festgestellt - Art.
27 Abs. 1 SVG verletzt. Weiter hat er durch das Überholmanöver Art. 35 Abs. 2
SVG verletzt, da es an der genügenden Länge der Überholspur fehlte, um das
Manöver rechtzeitig - also vor der auf Rot stehenden Lichtsignalanlage -
abschliessen zu können (vgl. BGE 121 IV 235 E. 1b S. 237). Da das
Überholmanöver im Bereich der unübersichtlichen Rechtskurve bzw. der Baustelle
beendet wurde, verletzte der Beschwerdeführer auch Art. 35 Abs. 4 SVG.

4.3. Bestritten wird vom Beschwerdeführer, dass er durch die
Verkehrsregelverletzungen eine (ernsthafte) Gefahr für andere
Verkehrsteilnehmer hervorgerufen habe.
Wie aus den Akten des Strafverfahrens hervorgeht und vom Beschwerdeführer nicht
bestritten wird, fuhr der Beschwerdeführer am Lichtsignal vorbei, nachdem
dieses mindestens seit fünf Sekunden auf Rot geschaltet hatte. Nach dem
Lichtsignal verengte sich die Strasse im Bereich der ca. 100 Meter langen
Baustelle auf eine Spur, wobei das Ende der Baustelle aufgrund der Rechtskurve
nicht einsehbar und diese damit unübersichtlich war. Der Beschwerdeführer
konnte somit nicht überblicken, ob ihm nicht auf der einspurig befahrbaren
Strecke jemand entgegen kommt und durfte nicht darauf vertrauen, dass die
Strecke frei ist. Daran ändert sein Einwand nichts, er habe ein Stück weit in
die Kurve Einblick nehmen können und es hätten gute Strassen- sowie
Wetterverhältnisse geherrscht (vgl. E. 2 hiervor).
Es ist davon auszugehen, dass zum Tatzeitpunkt, um 11.55 Uhr, auf der Baustelle
gearbeitet wurde. In der Nähe von Baustellen ist - wie der Beschwerdeführer
selbst einräumt - allgemein besonders vorsichtiges Fahren notwendig und es
werden hohe Anforderungen an das Verhalten und an die Aufmerksamkeit der
passierenden Fahrzeuglenker gestellt, da in diesem Bereich mit allfälligen
Hindernissen und mit Baustellenpersonal gerechnet werden muss. Dies trifft auch
dann zu, wenn - wie der Beschwerdeführer vorbringt - die signalisierte
Höchstgeschwindigkeit 80 km/h betragen hat (vgl. E. 2 hiervor). Die durch die
deutlich zu späte Durchfahrt entstehende Lücke zu voranfahrenden Fahrzeugen
konnte Baustellenarbeiter veranlassen, die Fahrbahn zu überschreiten oder
Baustellenfahrzeuge in die eine oder andere Richtung zu verschieben. Da
einzelne Arbeiter oder ein Baustellenfahrzeug nicht mit einem herannahenden
Fahrzeug aus dieser Richtung hätten rechnen müssen, hat der Beschwerdeführer
ein erhebliches Unfallrisiko geschaffen. Der Beschwerdeführer durfte nicht
davon ausgehen, dass die Baustellenarbeiter vor jeder Überquerung der Fahrbahn
oder Verschiebung eines Baustellenfahrzeugs zuerst die beiden
Lichtsignalanlagen auf Rot schalten würden, dürfen sie doch aufgrund des
Vertrauensgrundsatzes (Art. 26 SVG) grundsätzlich darauf vertrauen, dass
Fahrzeuglenker das Fahrverbot bei rotem Lichtsignal beachten. Das zu späte
Durchfahren durch eine mittels Lichtsignal gesicherte, einspurig befahrbare
Baustelle erhöht sodann die Bereitschaft, schneller zu fahren, um noch
rechtzeitig durchzukommen. So gibt der Beschwerdeführer an, er habe zu den das
Lichtsignal vor ihm passierten Fahrzeugen aufschliessen wollen.
Der Beschwerdeführer gefährdete durch sein deutlich zu spätes Durchfahren
sodann auch allfällige entgegenkommende Fahrzeuge. Die Gefahr für
entgegenkommende Fahrzeuge ergibt sich auch daraus, dass im Baustellenbereich
eine Verzögerung der Durchfahrt aufgrund eines Hindernisses oder eines
rangierenden Baustellenfahrzeugs nicht aussergewöhnlich ist, und damit die
Rotphase der anderen Lichtsignalanlage enden könnte, während der
Beschwerdeführer sich noch im einspurigen Baustellenbereich befindet. Daran
ändert auch der Einwand nichts, die Lichtsignalanlage sei auf eine
Geschwindigkeit von 10 km/h eingestellt gewesen (vgl. E. 2 hiervor). Allfällige
entgegenkommende Verkehrsteilnehmer mussten nicht mit Gegenverkehr rechnen. Es
bestand eine erhebliche Gefahr, dass ein entgegenkommender Fahrzeuglenker nicht
mehr rechtzeitig hätte bremsen können oder wegen des unvermuteten Gegenverkehrs
eine Fehlmanipulation vorgenommen hätte. Der Beschwerdeführer bewirkte mit
seinem Verhalten somit eine erhöhte abstrakte Gefährdung anderer
Verkehrsteilnehmer, da der Eintritt einer konkreten Gefährdung aufgrund seines
Verhaltens nahe lag.

4.4. Der Beschwerdeführer durfte in subjektiver Hinsicht nicht darauf
vertrauen, trotz Rotlicht und einem Überholmanöver die Fahrbahn für sich
alleine zu haben und niemanden zu gefährden. Dass im Übrigen in subjektiver
Hinsicht eine Ausnahmesituation vorgelegen hätte, macht er nicht geltend und
geht aus den Akten nicht hervor. Vielmehr hat der Beschwerdeführer sich bewusst
und ohne Not zu seiner verkehrsgefährdenden Handlung entschieden, womit ein
schweres Verschulden ohne Weiteres gegeben ist. Die Beurteilung der
Widerhandlung des Beschwerdeführers als schwer im Sinne von Art. 16c Abs. 1
lit. a SVG erweist sich somit als bundesrechtskonform.

5. 
Gemäss Art. 16c Abs. 2 lit. c SVG wird der Führerausweis nach einer schweren
Widerhandlung für mindestens zwölf Monate entzogen, wenn in den vorangegangenen
fünf Jahren der Ausweis einmal wegen einer schweren Widerhandlung entzogen war.
Die gesetzliche Mindestentzugsdauer darf nicht unterschritten werden (Art. 16
Abs. 3 Satz 2 SVG; vgl. BGE 141 II 220 E. 3.3.3 S. 226).
Dem Beschwerdeführer wurde am 28. Mai 2014 der Führerausweis für drei Monate
wegen einer schweren Widerhandlung entzogen. Da vorliegend die
Mindestentzugsdauer von zwölf Monaten angeordnet worden ist, bleibt kein Raum
für eine Berücksichtigung allfälliger anderer Faktoren.

6. 
Nach dem Ausgeführten ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten abzuweisen. Bei diesem Verfahrensausgang hat der
Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen.

2. 
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Departement für Justiz, Sicherheit
und Gesundheit Graubünden, dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, 1.
Kammer, und dem Bundesamt für Strassen schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 16. Mai 2017

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Merkli

Der Gerichtsschreiber: Mattle

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