Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.498/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
1C_498/2017  
 
 
Urteil vom 25. Oktober 2018  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Bundesrichter Karlen, Kneubühler, 
Gerichtsschreiber Schoch. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Erben der A. A.________, nämlich: 
B.A.________, und 
C.A.________, 
Beschwerdeführer, 
alle vertreten durch Rechtsanwalt Albert Staffelbach, 
 
gegen  
 
Bausektion der Stadt Zürich, 
Amtshaus IV, Lindenhofstrasse 19, 
Postfach, 8021 Zürich, 
Baudirektion des Kantons Zürich, 
Walcheplatz 2, Postfach, 8090 Zürich. 
 
Gegenstand 
Baubewilligung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 1.
Abteilung, 1. Kammer, vom 13. Juli 2017 (VB.2017.00068). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Mit Beschluss vom 15. Juni 2016 erteilte die Bausektion der Stadt Zürich der
Erbengemeinschaft A. A.________ die nachträgliche Baubewilligung für die
Nutzungsänderung eines Parkplatzes mit 21 Abstellplätzen auf dem Grundstück
Kat.-Nr. WD8942 am X.________weg. Die Bewilligung wurde mit der Auflage
erteilt, innert 60 Tagen ab Rechtskraft dieses Beschlusses die folgende
öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkung im Grundbuch anmerken zu lassen:
"21 Autoabstellplätze auf der Parzelle Kat.-Nr. WD8942 mit entsprechendem
Zufahrts- und Zugangsrecht gelten als Abstellplätze für die Parzelle Kat.-Nr.
WD8418. Deren rechtliche oder tatsächliche Aufhebung bedarf der Zustimmung der
Baubehörde (Art. 4 f. PPV, § 321 Abs. 2 PBG)." 
Mit gleichzeitig eröffneter Verfügung vom 26. April 2016 erteilte die
Baudirektion des Kantons Zürich eine Ausnahmebewilligung gemäss Art. 24c RPG
(SR 700). Dies unter der Nebenbestimmung, dass die 21 Abstellplätze
ausschliesslich dem Hotel Y.________ dienen und nicht anderweitig vermietet
werden dürfen. 
Hiergegen erhob die aus B. A.________ und C. A.________ bestehende
Erbengemeinschschaft A. A.________ Rekurs an das Baurekursgericht, welches das
Rechtsmittel am 16. Dezember 2016 abwies. 
 
B.   
Mit Urteil vom 13. Juli 2017 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich die
Beschwerde der Erbengemeinschaft A. A.________ dagegen ab, soweit es darauf
eintrat. 
 
C.   
Die Erbengemeinschaft A. A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten mit dem Antrag, das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben. 
Die Baudirektion schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Verwaltungsgericht
und die Bausektion der Stadt Zürich beantragen, die Beschwerde abzuweisen,
soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) hat auf
eine Stellungnahme verzichtet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid über eine
baurechtliche Bewilligung (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90
BGG). Dagegen steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
offen; ein Ausschlussgrund nach Art. 83 BGG liegt nicht vor.  
 
1.2.  
 
1.2.1. Zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist nach Art.
89 Abs. 1 BGG berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder
keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a), durch den angefochtenen
Entscheid oder Erlass besonders berührt ist (lit. b), und zudem ein
schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (lit. c).  
 
1.2.2. Die Stadt Zürich bestreitet die Beschwerdebefugnis der Beschwerdeführer
und auch das Verwaltungsgericht sprach ihnen diese ab. Sie hätten die Zuweisung
der Abstellplätze zum Y.________ in ihrem Gesuch um Erteilung einer neuen
Baubewilligung vom November 2015 zumindest sinngemäss selber beantragt. Wenn
sie diese nun anfechten würden, erscheine dies treuwidrig sowie widersprüchlich
und entbehre eines schutzwürdigen Interesses.  
 
1.2.3. Die Beschwerdeführer halten entgegen, sie hätten das betreffende
Baugesuch nur eingereicht, weil das Amt für Baubewilligungen der Stadt Zürich
dies fälschlicherweise von ihnen verlangt habe.  
 
1.2.4. Gemäss den insoweit unbestrittenen Erwägungen der Vorinstanz wurden die
Abstellplätze Ende der 1960er-Jahre erstellt und eine vertragliche Regelung mit
der Stadt Zürich dokumentiert ihr Bestehen. Demnach hatte die Stadt Zürich
Kenntnis davon, dass die Parkplätze gebaut wurden, bevor mit dem Inkrafttreten
des Planungs- und Baugesetzes des Kantons Zürich vom 7. September 1975 (PBG; LS
700.1) am 1. April 1976 eine entsprechende Bewilligungspflicht eingeführt
wurde. So ist denn auch nicht strittig, dass diese unter die
Besitzstandsgarantie fallen; das Amt für Baubewilligungen der Stadt Zürich
hätte dies ebenfalls wissen können bzw. müssen. Dennoch forderte es die
Beschwerdeführer mit Schreiben vom 11. September 2015 auf, die Parkplätze
abzubrechen, oder deren Bestandesgarantie nachzuweisen und mitzuteilen, für
welchen Zweck diese nach der Auflösung der Dienstbarkeit mit dem Hotel
Z.________ verwendet werden sollten, oder dafür ein Baugesuch einzureichen.
Demnach hat die Stadt Zürich die Einreichung des Baugesuchs in der vorgelegten
Form veranlasst. Unter diesen Umständen erscheint das Vorgehen der
Beschwerdeführer nicht als treuwidrig oder widersprüchlich. Folglich haben
diese ein schutzwürdiges Interesse an der Anfechtung der Baubewilligung vom 15.
Juni 2016 und damit auch des angefochtenen Urteils.  
Die Beschwerdeführer haben ferner am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen (
Art. 89 Abs. 1 lit. a BGG) und sind als Eigentümer der streitgegenständlichen
Parkplätze vom angefochtenen Entscheid besonders berührt. Sie sind somit zur
Beschwerdeführung berechtigt. 
 
2.  
 
2.1. Die Beschwerdeführer rügen eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung. Die
vorinstanzliche Erwägung, wonach die Parkplätze bereits zum Zeitpunkt ihrer
Errichtung rechtlich eine - im Hinblick auf eine Hauptnutzung - dienende
Funktion hatten und in ihrer Nutzung nicht frei gewesen seien, treffe
offensichtlich nicht zu. Richtig sei vielmehr, dass die Bestandesgarantie für
die Parkplätze auch deren freie Nutzung durch die Eigentümer beinhalte.  
 
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den vorinstanzlich festgestellten
Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), den es nur berichtigen oder
ergänzen kann, wenn er offensichtlich unrichtig, d.h. willkürlich ist oder auf
einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 97 Abs. 1 und Art.
105 Abs. 2 BGG; BGE 137 III 226 E. 4.2 S. 234 mit Hinweisen). Die
Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt werden, wenn sie auf diese Weise
rechtsfehlerhaft ist und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 BGG).  
Ein Urteil, dem es an den für die Prüfung der Gesetzesanwendung notwendigen
tatsächlichen Grundlagen fehlt, ist bundesrechtswidrig. Der insofern lückenhaft
festgestellte Sachverhalt beruht in diesem Fall auf einer Rechtsverletzung im
Sinne von Art. 95 BGG. Mit der Wesentlichkeit der nicht vorhandenen Angaben
geht zudem einher, dass die Behebung dieses Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann. Eine in der Weise unvollständige
Sachverhaltsfeststellung ist deshalb unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG.
Der angefochtene Entscheid ist diesfalls aufzuheben und die Sache gemäss Art.
107 Abs. 2 BGG zur ergänzenden Tatsachenfeststellung und neuen Beurteilung an
die Vorinstanz zurückzuweisen (vgl. zum Ganzen BGE 133 IV 293 E. 3.4.2 S. 295
f. mit Hinweisen). 
 
2.3. Die Vorinstanz führt aus, auf den streitbetroffenen Grundstücken habe seit
1964 ein Bauverbot bestanden. Danach habe keine Überbauung erfolgen dürfen, mit
Ausnahme der "Erstellung einer Parkanlage, einschliesslich eines
Schwimmbassins, zwei Tennisplätzen und der damit verbundenen unterirdischen
Räumlichkeiten". Somit seien die Parkplätze bereits bei ihrer Errichtung im
Zusammenhang mit den erwähnten Anlagen gestanden und hätten nicht frei genutzt
werden dürfen. Demnach hätten diese vom Zeitpunkt ihrer Entstehung an eine
dienende Funktion gehabt. Folglich beinhalte die Bestandesgarantie nicht deren
freie Nutzung. Später hätten die Parkplätze aufgrund einer privatrechtlichen
Dienstbarkeit dem auf dem westlich benachbarten Grundstück stehenden Z.________
als Besucherparkplätze gedient. Nachdem das Z.________ mit einer Tiefgarage
ergänzt worden sei, sei diese gelöscht worden. Dadurch sei die Verbindung
zwischen den Abstellplätzen und einer bestimmten Grundstücksnutzung
unterbrochen worden. Mit der Löschung der Dienstbarkeit sei somit eine Änderung
der Benutzung vonstatten gegangen, was eine Neuzuweisung der Parkplätze
erforderlich gemacht habe. Es sei nicht zu beanstanden, dass dafür ein
Verfahren eingeleitet und durchgeführt worden sei.  
 
2.4. Die 21 Parkplätze liegen unbestrittenermassen in einer Freihaltezone, auf
welche Art. 24 ff. RPG Anwendung finden (§ 40 PBG), und bilden eine
bestimmungsgemäss nutzbare, nicht mehr zonenkonforme Anlage, die in ihrem
Bestand grundsätzlich geschützt ist (Art. 24c Abs. 1 RPG). Strittig und zu
prüfen ist, ob der Bestandesschutz sich auch auf die freie und selbständige
Nutzung der Abstellplätze erstreckt. Dazu ist auf den Stand der Gesetzgebung
und die tatsächlichen Verhältnisse im für die Anwendbarkeit des Art. 24c RPG
massgeblichen Zeitpunkt abzustellen. Dies ist derjenige der Zuweisung zum
Nichtbaugebiet (vgl. Art. 42 Abs. 2 der Raumplanungsverordnung vom 28. Juni
2000 [RPV; SR 700.1]), wozu in der Regel auf das Inkrafttreten des
eidgenössischen Gewässerschutzgesetzes am 1. Juli 1972 abgestellt wird (vgl.
Urteil 1C_464/2016 vom 7. Juni 2017 E. 3.2 mit Hinweis).  
Die Vorinstanz leitet aus dem Bauverbot von 1964 ab, die Parkplätze hätten im
massgeblichen Zeitpunkt den darin genannten Anlagen gedient. Wie aus den Akten
hervorgeht, wurde das Bauverbot jedoch mittels einer zivilrechtlichen
Dienstbarkeit begründet, weshalb es nur privatrechtliche Wirkungen erzeugen
kann. Daher steht der Stadt Zürich frei, zu dessen Geltendmachung den Zivilweg
zu beschreiten. In öffentlich-rechtlicher Hinsicht vermag das Bauverbot den 21
Parkplätzen hingegen keinen dienenden Zweck zu begründen. Die Vorinstanz durfte
den Bestandesschutz der Parkplätze nicht allein gestützt auf diesen Umstand auf
eine dienende Funktion beschränken. 
Aus den weiteren tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz geht nicht
schlüssig hervor, ob im massgeblichen Zeitpunkt eine rechtliche Verbindung
zwischen den Parkplätzen und einer bestimmten Hauptnutzung bestand oder nicht.
In dieser Hinsicht unerheblich ist namentlich die erst im Jahre 2000 erfolgte
Zuweisung zum Hotel Z.________. Auch aus den übrigen dem Bundesgericht
vorliegenden Akten ergeben sich keine relevanten Aufschlüsse dazu. Bei dieser
Sachlage erweist es sich als unmöglich, zu beurteilen, ob der Bestandesschutz
sich auf die freie Nutzung der 21 Parkplätze erstreckt. Die
Sachverhaltsfeststellungen sind insoweit lückenhaft. 
 
2.5. Die Beschwerde ist gutzuheissen und die Sache zur Vornahme ergänzender
Abklärungen und zur Neubeurteilung im Sinne der vorstehenden Erwägungen an die
Vorinstanz zurückzuweisen.  
 
3.  
Bei diesem Verfahrensausgang sind für das bundesgerichtliche Verfahren keine
Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Die Stadt Zürich hat die
Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Bundesgericht zu entschädigen (Art.
68 Abs. 1 und 2 BGG). Das Verwaltungsgericht wird mit dem neuen Entscheid auch
über die Kosten und Entschädigungen im vorinstanzlichen Verfahren neu zu
befinden haben. 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Zürich vom 13. Juli 2017 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer
Beurteilung im Sinne der Erwägungen an das Verwaltungsgericht des Kantons
Zürich zurückgewiesen. 
 
2.   
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.   
Die Stadt Zürich hat den Beschwerdeführern für das Verfahren vor dem
Bundesgericht eine Parteientschädigung von insgesamt Fr. 3'000.-- zu bezahlen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Bausektion der Stadt Zürich, der
Baudirektion des Kantons Zürich, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 1.
Abteilung, 1. Kammer, und dem Bundesamt für Raumentwicklung schriftlich
mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 25. Oktober 2018 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Merkli 
 
Der Gerichtsschreiber: Schoch 

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