Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.480/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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1C_480/2017            

 
 
 
Urteil vom 30. April 2018  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Karlen, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Chaix, Kneubühler, 
Gerichtsschreiber Stohner. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Dr. Michael Lips und Andrea P. Rohrer, 
Rechtsanwälte, 
 
gegen  
 
1. B.________, 
2. C.________, 
Beschwerdegegner, 
beide vertreten durch Rechtsanwalt Georges Schmid, 
 
Einwohnergemeinde Zermatt, 
Gemeindehaus, Kirchplatz 3, Postfach 345, 3920 Zermatt, 
Staatsrat des Kantons Wallis, 
Regierungsgebäude, Place de la Planta, Postfach 478, 1951 Sitten. 
 
Gegenstand 
Bauwesen, öffentliche Lokale; Fassadenänderung und Umnutzung eines bestehenden
Stalls und Betrieb einer Bar, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Wallis, Öffentlichrechtliche
Abteilung, vom 13. Juli 2017 (A1 16 258). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Am 10. Januar 2014 reichte B.________ bei der Einwohnergemeinde Zermatt ein
Baugesuch für eine Fassadenänderung und Umnutzung des bestehenden Stalls auf
der Parzelle Gbbl. Nr. 196 ein. Das Gesuch wurde im Amtsblatt vom 17. Januar
2014 publiziert. Es sprachen mehrere Personen ein und an der
Einigungsverhandlung konnte keine Einigung erzielt werden. 
Am 22. Juli 2014 stellte C.________ bei der Einwohnergemeinde Zermatt ein
Gesuch für den Betrieb einer Bar auf der Parzelle Gbbl. Nr. 196. Das Gesuch
wurde im Amtsblatt vom 8. August 2014 publiziert. Gegen das Gesuch gingen
mehrere Einsprachen ein. 
Am 28. Oktober 2014 erteilte die Einwohnergemeinde Zermatt B.________ die
Baubewilligung für die Fassadenänderung und Umnutzung des Stalls auf der
Parzelle Gbbl. Nr. 196 unter Vorbehalt diverser Bedingungen und Auflagen und
wies die Einsprachen ab. Gleichentags bewilligte die Einwohnergemeinde Zermatt
auch C.________ die gewerbsmässige Abgabe von Speisen und Getränken zum Genuss
vor Ort an Gäste auf der Parzelle Gbbl. Nr. 196 (Betrieb einer Bar mit Platz
für höchstens 13 Gäste im Obergeschoss des bestehenden Stalls) und wies die
Einsprachen ab. 
Am 27. November 2014 reichten diverse Personen, darunter A.________, gegen die
Erteilung der Bau- und der Betriebsbewilligung je Beschwerde an den Staatsrat
des Kantons Wallis ein. 
Mit Entscheid vom 28. September 2016 vereinigte der Staatsrat die beiden
Verfahren und hiess die Beschwerden teilweise gut; er ergänzte die Bau- sowie
die Betriebsbewilligung mit verschiedenen Auflagen betreffend Lärmschutz. Im
Übrigen wies der Staatsrat die Beschwerden ab, soweit er darauf eintrat. 
Dagegen erhob unter anderem A.________ am 2. November 2016
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Kantonsgericht Wallis. Mit Urteil vom 13.
Juli 2017 wies dieses die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat. 
 
B.   
Mit Eingabe vom 14. September 2017 führt A.________ Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Er beantragt, das
angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Bau- und die Betriebsbewilligung
seien nicht zu erteilen; eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die
Einwohnergemeinde Zermatt zurückzuweisen. 
Mit Verfügung vom 11. Oktober 2017 hat das präsidierende Mitglied der I.
öffentlich-rechtlichen Abteilung der Beschwerde aufschiebende Wirkung
zuerkannt. 
Das Kantonsgericht, die Einwohnergemeinde Zermatt und B.________ und C.________
beantragen die Abweisung der Beschwerde. Der Staatsrat verzichtet auf eine
Vernehmlassung. Der Beschwerdeführer verzichtet auf abschliessende
Bemerkungen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Gegen den kantonal letztinstanzlichen Endentscheid des Kantonsgerichts im
Bereich des Baurechts steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten grundsätzlich offen (Art. 82 ff. BGG; BGE 133 II 353 E. 2 S.
356). Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und
ist als Miteigentümer eines der Nachbargrundstücke der Bauparzelle zur
Beschwerde legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG).  
 
1.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann geltend
gemacht werden, der angefochtene Entscheid verletze Bundesrecht, Völkerrecht
oder kantonale verfassungsmässige Rechte (Art. 95 lit. a, b und c BGG). Die
Verletzung des übrigen kantonalen Rechts kann abgesehen von hier nicht
relevanten Ausnahmen gemäss Art. 95 lit. d BGG vor Bundesgericht nicht gerügt
werden; zulässig ist jedoch die Rüge, die Anwendung dieses Rechts führe zu
einer Verletzung von Bundesrecht, namentlich des verfassungsmässigen
Willkürverbots (BGE 138 I 143 E. 2 S. 149 f.). Nach der Praxis des
Bundesgerichts verstösst ein Entscheid gegen dieses Verbot, wenn er
offensichtlich unhaltbar ist, weil er zum Beispiel eine Norm oder einen
unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt. Dass eine andere Lösung
ebenfalls als vertretbar erscheint, genügt nicht. Das Bundesgericht hebt einen
Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch dessen
Ergebnis unhaltbar ist (BGE 141 I 70 E. 2.2 S. 72 mit Hinweisen).  
 
1.3. Rügt ein Beschwerdeführer die Verletzung des Willkürverbots von Art. 9 BV,
genügt es nicht, wenn er bloss behauptet, der angefochtene Entscheid sei
willkürlich. Er hat vielmehr anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids
im Einzelnen aufzuzeigen, inwiefern dieser an einem qualifizierten und
offensichtlichen Mangel leidet. Auf Rügen, mit denen bloss allgemein gehaltene,
appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid geübt wird, tritt das
Bundesgericht nicht ein (BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 262). Unter diesem Vorbehalt
ist auf die Beschwerde einzutreten.  
 
2.  
 
2.1. Der Beschwerdeführer rügt eine willkürliche Anwendung von Art. 18 des
kantonalen Baugesetzes in der Fassung vom 8. Februar 1996 (gültig bis 31.
Dezember 2017; aBauG/VS) und von Art. 10 Abs. 1 lit. a des Bau- und
Zonenreglements der Einwohnergemeinde Zermatt vom 8. Juni 1997 / 18. August
1999 (BZR/Zermatt). Die gemäss Baugesuch geplante Vergrösserung des Fensters
auf der Nordseite des Stalls, die Verglasung der Gebäudeöffnungen sowie das
Abluftrohr auf dem Dach seien entgegen der nicht haltbaren Auffassung der
Vorinstanz nicht bloss geringfügige Veränderungen im Sinne von Art. 10 Abs. 1
lit. a BZR/Zermatt. Zudem habe die Vorinstanz die Voraussetzungen dieser
kommunalen Bestimmung nur ungenügend geprüft, was eine Verletzung der
Begründungspflicht als Teilgehalt seines Anspruchs auf rechtliches Gehör
bedeute.  
 
2.2. Die Bezugnahme in Art. 18 aBauG/VS auf die Erhaltung, den Schutz und die
Pflege von Ortschaften, Landschaften und Kulturdenkmäler wurde im BauG/VS vom
15. Dezember 2016, in Kraft seit 1. Januar 2018, gestrichen, da die
Bestimmungen in diesem Bereich aus der Baugesetzgebung herausgelöst und in die
kantonale Gesetzgebung über den Natur- und Heimatschutz integriert worden sind
(Botschaft vom 23. März 2016 zum Entwurf für die Änderung des Baugesetzes vom
8. Februar 1996, S. 8). Vorliegend braucht die intertemporalrechtliche Frage
der Anwendbarkeit von Art. 18 aBauG/VS nicht geprüft zu werden, da das
Vorbringen der willkürlichen Anwendung kantonalen Rechts keinen eigenständigen
Gehalt aufweist. Vielmehr rügt der Beschwerdeführer konkret einzig, die
Vorinstanz habe die Voraussetzungen von Art. 10 Abs. 1 lit. a BZR/Zermatt nur
ungenügend geprüft und willkürlich als erfüllt erachtet (vgl. auch E. 2.1
hiervor).  
 
2.3. Die Dorfzonen - als Teil der Bauzonen (vgl. Art. 8 Abs. 1 lit. a BZR/
Zermatt) - umfassen gemäss Art. 9 BZR/Zermatt den Kernbereich des Dorfes; sie
sind für die Erstellung von Wohn- und Geschäftsbauten vorgesehen und dienen zur
Wahrung der erhaltenswerten Eigenart und zur Förderung einer zweckmässigen
Sanierung des Dorfes. Die Dorfzone D-A oder "Engere Dorfzone" umfasst gemäss
Art. 10 Abs. 1 BZR/Zermatt die dicht zusammenstehenden Gebäudegruppen der alten
Dorfteile und der Bahnhofstrasse. Die erhaltenswerten Bauten werden im Inventar
der schützenswerten Bauten bezeichnet und nach drei Kategorien unterschieden.
Die Kategorie I beinhaltet historische oder in ihrer baulichen Eigenart
bedeutsame Gebäude, die als solche zu erhalten bzw. zu restaurieren sind. Es
sind nur geringfügige äussere Veränderungen vorzunehmen, welche den Charakter
der Bauten in keiner Weise stören (Art. 10 Abs. 1 lit. a BZR/Zermatt).  
Es ist unbestritten, dass sich die Parzelle Nr. 196 in der Dorfzone D-A
befindet und der Stall zu den schützenswerten Bauten der Kategorie I gemäss
Art. 10 Abs. 1 lit. a BZR/Zermatt gehört. Nicht (mehr) umstritten ist auch,
dass der Betrieb einer Bar in der Dorfzone zonenkonform ist. 
 
2.4. Die Vorinstanz hat ausgeführt, der Staatsrat habe im Entscheid vom 28.
September 2016 erwogen, das Fenster an der Nordfassade des Stalls werde auf 60
x 60 cm vergrössert. Die Nordfassade sei nicht der Strasse zugewandt und das
Fenster befinde sich im unteren Teil des Gebäudes. Das Fenster ziehe keine
grosse Aufmerksamkeit auf sich. Die Vergrösserung stelle eine geringfügige
Änderung dar. Mit diesen Erwägungen des Staatsrats setze sich der
Beschwerdeführer nicht auseinander und begründe nicht, inwiefern der
angefochtene Entscheid in diesem Punkt gegen Recht verstossen sollte. Das vom
Beschwerdeführer erstmals erwähnte Lüftungsrohr sei auf der von der Strasse
nicht einsehbaren Nordseite des Dachs vorgesehen und rage nicht über das Dach
hinaus. Diese minimale Veränderung auf der Rückseite des Gebäudes falle noch
weniger ins Gewicht als das vergrösserte Fenster. Weshalb das Lüftungsrohr den
Charakter der Baute stören und damit gegen Art. 10 Abs. 1 lit. a BZR/Zermatt
verstossen sollte, sei nicht nachvollziehbar.  
 
2.5. Die Vorinstanz konnte vorliegend ohne Verletzung von Bundesrecht folgern,
der Beschwerdeführer übe über weite Strecken blosse appellatorische Kritik am
ausführlich begründeten Entscheid des Staatsrats vom 28. September 2016. Sie
ist im angefochtenen Urteil auf sämtliche entscheidrelevanten und
substanziierten Vorbringen des Beschwerdeführers eingegangen und hat ihren
Entscheid hinreichend begründet. Es liegt keine Verletzung der
Begründungspflicht als Teilgehalt des Anspruchs auf rechtliches Gehör vor.  
Die Auswirkungen der Verglasung der Gebäudeöffnungen beanstandet der
Beschwerdeführer erstmals in seiner Beschwerde an das Bundesgericht, weshalb
sich die Vorinstanz hierzu auch nicht äussern musste. Im bundesgerichtlichen
Verfahren handelt es hierbei um ein nach Art. 99 Abs. 1 BGG unzulässiges neues
Vorbringen. Neu und zudem nicht hinreichend begründet ist auch die Rüge des
Beschwerdeführers, die Nutzungsänderung des Stalls wirke sich nachteilig auf
dessen Erhaltung aus. 
 
2.6. Der Beschwerdeführer rügt keine willkürliche Sachverhaltsfeststellung und
Beweiswürdigung. Entgegen seiner Behauptung kann der Vorinstanz auch keine
willkürliche Anwendung von Art. 10 Abs. 1 lit. a BZR/Zermatt angelastet werden.
Die kantonale Dienststelle für Hochbau, Denkmalpflege und Archäologie (DHDA)
hat die geplanten baulichen Massnahmen geprüft und im kantonalen Verfahren
unbestrittenermassen eine positive Vormeinung abgegeben (vgl. hierzu
angefochtenes Urteil S. 3). Der mit der Meinung der Fachbehörde
übereinstimmende Schluss der Vorinstanz, das Bauprojekt sei nur mit
geringfügigen äusseren Veränderungen verbunden, welche den Charakter der Baute
in keiner Weise störten, ist ohne Weiteres vertretbar.  
 
3.   
Die Beschwerde ist nach dem Gesagten abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
Bei diesem Verfahrensausgang hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu
tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG) und den anwaltlich vertretenen Beschwerdegegnern
eine angemessene Entschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Die
kommunalen und kantonalen Behörden haben keinen Anspruch auf Ausrichtung einer
Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Der Beschwerdeführer hat den Beschwerdegegnern für das bundesgerichtliche
Verfahren eine Entschädigung von Fr. 2'500.-- zu bezahlen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, der Einwohnergemeinde Zermatt, dem Staatsrat
des Kantons Wallis und dem Kantonsgericht Wallis, Öffentlichrechtliche
Abteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 30. April 2018 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Karlen 
 
Der Gerichtsschreiber: Stohner 

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