Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.343/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
1C_343/2017  
 
 
Urteil vom 12. Februar 2018  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Bundesrichter Karlen, Kneubühler, 
Gerichtsschreiber Gelzer. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Lukas Wolfer, 
 
gegen  
 
B.________, 
Beschwerdegegnerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Albert Staffelbach, 
 
Baukommission Küsnacht, 
Obere Dorfstrasse 32, 8700 Küsnacht. 
 
Gegenstand 
Baubewilligung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 1.
Abteilung, 1. Kammer, vom 4. Mai 2017 (VB.2016.00238). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
B.________ (Bauherrin) ist Eigentümerin des Grundstücks Kat.-Nr. 4328 in
Küsnacht (Baugrundstück). Dieses grenzt gegen Norden an die Parzelle Kat. Nr.
4381, die im Eigentum von A.________ (Nachbar) steht. Vor rund 100 Jahren
wurden auf dem Baugrundstück in geschlossener Bauweise mit dem Gebäude auf dem
Nachbargrundstück ein Wohnhaus mit drei Stockwerken errichtet. Die gegen
Südweten gerichteten strassenseitigen Fassaden der beiden Häuser befinden sich
auf einer Linie. Das Gebäude des Nachbars ist jedoch auf der
strassenabgewandten Seite wesentlich tiefer als das Haus der Bauherrin. Dieses
weist gegen Nordosten bzw. gegen den Garten hin einen 4,8 m langen
Fassadenvorsprung auf. 
Die Bauherrin stellte bei der Gemeinde Küsnacht das Gesuch, anschliessend an
diesen Fassadenvorsprung die Errichtung eines befestigten Balkonturms in
leichter Metallkonstruktion mit 3,9 m langen und 2,1 m tiefen Betonplattenböden
und Staketengeländern zu bewilligen. Dieser Balkonturm soll zur seitlichen
Fassade des Nachbargebäudes einen Abstand von rund 2,5 m aufweisen und die
heute im Ober- und Dachgeschoss bestehenden 2,3 m langen und 0,9 m tiefen
Balkone ersetzen. 
Mit Beschluss vom 18. August 2015 erteilte die Baukommission Küsnacht der
Bauherrin die entsprechende Bewilligung. 
 
B.   
Einen dagegen vom Nachbar erhobenen Rekurs wies das Baurekursgericht des
Kantons Zürich mit Entscheid vom 22. März 2016 ab. Der Nachbar focht diesen
Entscheid mit Beschwerde an, die das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich mit
Urteil vom 4. Mai 2017 abwies. 
 
C.   
Der Nachbar erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit den
Anträgen, das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 4. Mai 2017 sowie die
Baubewilligung vom 18. August 2015 aufzuheben. Eventuell sei die Angelegenheit
zur Vornahme der nötigen Untersuchungshandlungen und Neuentscheidung an die
Vorinstanz oder das Baurekursgericht zurückzuweisen. Dem Antrag, der Beschwerde
die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wurde mit Präsdialverfügung vom 14.
Juli 2017 entsprochen. 
Das Verwaltungsgericht und die Bauherrin beantragen, die Beschwerde abzuweisen,
soweit darauf einzutreten sei. Die Gemeinde Küsnacht verzichtet auf eine
Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Gegen den kantonal letztinstanzlichen Endentscheid der Vorinstanz im
Bereich des Baurechts steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten grundsätzlich offen (Art. 82 ff. BGG; BGE 133 II 353 E. 2 S.
356). Der Beschwerdeführer ist zur Beschwerde legitimiert, da er am
vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen hat, er als Nachbar von der strittigen
Baubewilligung besonders berührt ist und er an deren Aufhebung ein
schutzwürdiges Interesse hat (Art. 89 Abs. 1 BGG). Da auch die übrigen
Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde grundsätzlich
einzutreten.  
 
1.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann geltend
gemacht werden, der angefochtene Entscheid verletze Bundes- oder Völkerrecht (
Art. 95 lit. a und b BGG). Zulässig ist auch die Rüge der Verletzung von
kantonalen verfassungsmässigen Rechten, kantonalen Bestimmungen über die
politische Stimmberechtigung der Bürger und über Volkswahlen- und Abstimmungen
(Art. 95 lit. c und d BGG). Abgesehen davon überprüft das Bundesgericht die
Anwendung des kantonalen Rechts nicht als solche. Jedoch kann gerügt werden,
diese Anwendung widerspreche dem Bundesrecht, namentlich dem Willkürverbot
gemäss Art. 9 BV (BGE 142 II 369 E. 2.1 S. 372 mit Hinweisen).  
 
1.3. Das Bundesgericht wendet das Bundesrecht grundsätzlich von Amtes wegen an
(Art. 106 Abs. 1 BGG). Gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG prüft es die Verletzung von
Grundrechten jedoch nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde
vorgebracht und begründet worden ist. In der Beschwerde ist daher klar und
detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen,
inwiefern Grundrechte verletzt worden sein sollen (BGE 142 II 369 E. 2.1 S. 372
mit Hinweisen). Dieses Begründungserfordernis gilt nach der Rechtsprechung
nicht nur für Grundrechte (vgl. Art. 7 - 34 BV), sondern für alle
verfassungsmässigen Rechte (BGE 133 III 638 E. 2 S. 640; 135 III 232 E. 1.2 S.
234; je mit Hinweisen).  
Rügt ein Beschwerdeführer die Verletzung von Art. 9 BV, genügt es daher nicht,
wenn er bloss behauptet, der angefochtene Entscheid sei willkürlich. Er hat
vielmehr anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids im Einzelnen
aufzuzeigen, inwiefern dieser an einem qualifizierten und offensichtlichen
Mangel leidet. Auf Rügen, mit denen bloss allgemein gehaltene, appellatorische
Kritik am angefochtenen Entscheid geübt wird, tritt das Bundesgericht nicht ein
(BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 262; 137 V 57 E. 1.3 S. 60; je mit Hinweisen). 
 
1.4. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zu Grunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die vorinstanzliche
Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich
unrichtig, d.h. willkürlich, ist, oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von 
Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 137 II 353 E. 5.1;
137 III 226 E. 4.2; je mit Hinweisen).  
 
2.  
 
2.1. Gemäss dem ersten Satz von § 357 Abs. 1 PBG dürfen bestehende Bauten, die
Bauvorschriften widersprechen, umgebaut und erweitert werden, wenn keine
überwiegenden öffentlichen oder nachbarlichen Interessen entgegenstehen. Diese
Regel wird durch den zweiten Satz von § 357 Abs. 1 PBG eingeschränkt, der für
neue oder weiter gehende Abweichungen von Vorschriften die erforderlichen
Ausnahmebewilligungen vorbehält. Nach der Rechtsprechung des
Verwaltungsgerichts und des Bundesgerichts liegt im Sinne von § 357 Abs. 1 Satz
2 PBG eine weiter gehende Abweichung vor, wenn zusätzlich gegen eine bereits
verletzte Bestimmung verstossen wird, also z.B. die bereits überschrittene
Bauhöhe noch einmal erhöht würde. Dagegen führt die Aufstockung eines
abstandswidrigen Gebäudes zu keiner zusätzlichen Abstandsunterschreitung,
sondern im Lichte der durch die Abstandsvorschriften geschützten
wohnhygienischen und feuerpolizeilichen Interessen bloss zu einer
Verschlechterung, die der Gesetzgeber nur auf Grund einer im Einzelfall gegen
das Bauvorhaben sprechenden Interessenabwägung ausschliessen wollte (Urteil des
Verwaltungsgerichts ZH vom 10. April 2002, BV.2001.00375, E. 2c, in: BEZ 2002
Nr. 20 S. 13; Urteile des Bundesgerichts 1C_198/2007 vom 21. Dezember 2007 E.
4.1; 1C_5/2016 vom 18. Mai 2016 E. 4; 1C_319/ 2016 vom 1. Februar 2017 E. 3.5).
 
 
2.2. Die Vorinstanz erwog zusammengefasst, die beiden streitbetroffenen Gebäude
hätten auch nach der heute geltenden Bauordnung in geschlossener Bauweise
erstellt werden dürfen. Nicht bewilligungsfähig sei indessen die Staffelung der
rückwärtigen Fassaden in einer Art und Weise, dass zwischen der Südostfassade
des Nachbargebäudes und der Seitenfassade des rückwärtigen Vorbaus der
Liegenschaft auf dem Baugrundstück ein Gebäudeabstand von nur zwei Metern
resultiere. Gemäss § 271 PBG habe der Abstand zwischen zwei Gebäuden, die
Grenzabstände einhalten müssen, ohne Rücksicht auf Grundstücksgrenzen der Summe
der beidseitig nötigen Grenzabstände zu entsprechen. In der fraglichen
dreigeschossigen Wohnzone betrage der Grenzabstand nach der geltenden
Bauordnung 6 m, was einen Gebäudeabstand von 12 m bedeute. Selbst wenn ein
Gebäude näher an der Grenze stehe, als es nach den Bauvorschriften zulässig
ist, hätte ein Neubauvorhaben als Abstand die Summe aus dem Grenzabstand, den
das neue Bauvorhaben benötigt und den kantonalrechtlichen Mindestgrenzabstand
von 3,5 m einzuhalten. Ausserdem seien auch zwischen blossen Gebäudeteilen
grundsätzlich Abstände zu messen. Im Lichte dieser Vorschriften seien die
streitbetroffenen Wohnhäuser klarerweise vorschriftswidrig. Demnach sei zu
prüfen, ob das streitbetroffene Bauvorhaben im Sinne von § 357 Abs. 1 PBG zu
neuen oder weitergehenden Abweichungen von Bauvorschriften führe. Der
Beschwerdeführer mache als solche Abweichung eine Verletzung von § 260 Abs. 3
PBG geltend. Gemäss der bisherigen Rechtsprechung bestimme diese Regelung
jedoch ausschliesslich, wie weit Balkone und andere Gebäudevorsprünge in den
für Gebäude geltenden senkrecht zur Fassade zu messenden Grenzabstand
hineinragen dürfe. Eine seitliche Abstandspflicht lasse sich aus dieser
Bestimmung nicht ableiten (BR 1991 Nr. 65 sowie 1997 Nr. 99). An dieser
Rechtsprechung zum seitlichen Abstandsprivileg von einzelnen Vorsprüngen im
Sinne von § 260 Abs. 3 PBG sei festzuhalten. Da dieser Absatz gemäss seinem
klaren und eindeutigen Wortlaut einen Abstand von Erkern, Balkonen und
dergleichen zum Nachbargrundstück nur in jener Richtung vorsehe, in welcher sie
der betreffenden Fassade vorgelagert seien, könne eine analoge Anwendung über
den Wortlaut hinaus nur gerechtfertigt sein, wenn der scheinbar klare Wortlaut
nicht den wahren Sinn der Norm wiedergebe, was vorliegend nicht zutreffe. Daran
vermöge nichts zu ändern, dass gemäss dem Entscheid des Verwaltungsgerichts vom
27. März 2015, VB.201400232 und BV.2014.00248 E. 5.2 (in: BEZ 2015 Nr. 29) die
von Balkonen ausgehenden Immissionen auf benachbarte Grundstücke sich in ihrer
Richtung nicht unterschieden und demzufolge auch im seitlichen Verhältnis
dieselben seien. Demnach sei entgegen der Meinung des Beschwerdeführers an der
bisherigen Rechtsprechung festzuhalten, wonach Balkone - vorbehältlich einer
abweichenden Regelung des kommunalen Rechts - keiner seitlichen Abstandspflicht
unterlägen. Da die kommunale Bauordnung im vorliegenden Fall diesbezüglich
keine Vorschrift enthalte, führten die strittigen Balkone nicht zu einer neuen
oder weitergehenden Abweichung von Vorschriften im Sinne von § 357 Abs. 1 PBG.
 
 
2.3. Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe in willkürlicher Anwendung
von § 260 und § 357 PBG eine weitergehende Abstandsverletzung verneint. Er übt
dabei jedoch bloss appellatorische Kritik an der vorinstanzlichen Auslegung von
§ 260 Abs. 3 PBG, zumal das von ihm angerufene Werk diese bestätigt (vgl.
FRITZSCHE/BÖSCH/WIPF, Zürcher Planungs- und Baurecht, 5. Aufl. 2011, Bd. 2, S.
855 f.). Zwar bringt er vor, die darin abgebildeten seitlichen Balkone liessen
keine Einblicke zu, wie sie vorliegend möglich würden und hätten nicht
ansatzweise solch negative Konsequenzen wie im vorliegenden Fall. Damit macht
er jedoch dem Sinne nach geltend, seine Interessen würden unter den gegebenen
besonderen Umständen übermässig beeinträchtigt. Ob dies zutrifft, ist im Rahmen
der gemäss § 357 Abs. 1 PBG erforderlichen Interessenabwägung zu prüfen (vgl.
E. 4).  
 
3.  
 
3.1. Die Vorinstanz ging davon aus, auf einen Augenschein könne verzichtet
werden, da die Akten eine hinreichende Entscheidgrundlage darstellten. Der
Beschwerdeführer zeige nicht auf, welche für die Interessenabwägung gemäss §
357 Abs. 1 PBG massgeblichen tatsächlichen Gegebenheiten den Akten nicht
entnommen werden könnten, was auch nicht ersichtlich sei. So seien in den
Planunterlagen und der umfangreichen Fotodokumentation die Verhältnisse im
Äusseren und insbesondere Zahl und Anordnung der Fensteröffnungen in der
Südostfassade des Gebäudes des Beschwerdeführers ohne weiteres erkennbar. Bei
den Akten befinde sich auch ein Gebäudegrundriss mit den Raumeinteilungen im
Innern des Nachbargebäudes.  
 
3.2. Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe seinen Anspruch auf
rechtliches Gehör verletzt, indem es in unzulässiger antizipierter
Beweiswürdigung auf die Durchführung eines Augenscheins verzichtet habe. Der
Vorwurf der ungenügenden Begründung dieses Beweisantrags sei überspitzt
formalistisch, da er in seiner kantonalen Beschwerdeschrift bereits geltend
gemacht habe, dass eine objektive und rechtsstaatlich korrekte Beurteilung der
künftigen wohnhygienischen Verhältnisse sowie der Belichtungssituation in
seinem Gebäude unbestreitbar nur an einem Augenschein vor Ort bzw. in den
betroffenen Räumen vorgenommen werden könne. Die Vorinstanz lege denn auch
nicht dar, was er zur Notwendigkeit eines Augenscheins weiter hätte ausführen
müssen. Dies sei auch nicht ersichtlich, weil nicht weiter ausgeführt werden
müsse, dass die Belichtungssituation in Räumen sowie die daraus zu
verzeichnende Aussicht bzw. deren Beeinträchtigung nur mittels eines
Augenscheins  in diesen Räumen zuverlässig beurteilt werden könne.  
 
3.3. Wie die Vorinstanz zu Recht ausführte, erlauben die bei den Akten
liegenden Fotos in Verbindung mit den Plänen, sich ein klares Bild von der
fraglichen Situation zu verschaffen, zumal kleinräumige und überschaubare
räumliche Verhältnisse vorliegen. Streitig sind nicht eigentlich die
tatsächlichen Verhältnisse, sondern ihre rechtliche Beurteilung bzw. die
Abwägung der daraus resultierenden Interessen. Da die geplanten Balkone noch
nicht errichtet sind, könnte zudem ihre Schattenwirkung an einem Augenschein
nicht beurteilt werden. Unter diesen Umständen durfte die Vorinstanz
willkürfrei davon ausgehen, ein Augenschein könnte nichts Wesentliches zur
weiteren Erhellung der sachlichen Grundlagen des Rechtsstreites beitragen. Sie
durfte daher in antizipierter Beweiswürdigung auf den beantragten Augenschein
verzichten, ohne das rechtliche Gehör der Beschwerdeführerin zu verletzen (vgl.
Urteil 1C_68/2017 vom 1. September 2017 E. 2.3).  
 
4.  
 
4.1. Die Vorinstanz ging davon aus, die gemäss § 357 Abs. 1 PBG vorzunehmende
Abwägung der gegenläufigen Interessen durch die Rekursinstanz sei nicht zu
beanstanden. Im Haus des Beschwerdeführers seien pro Geschoss nur die Küche und
je ein Eckwohnraum betroffen. Bezüglich der Küchen seien in belichtungs- und
belüftungsmässiger Hinsicht durch die neuen Balkone keine ins Gewicht fallenden
Verschlechterungen zu erwarten, da sich das Küchenfenster im hinteren Bereich
des Fassadeneinschnitts befinde. Der Lichteinfall werde in diesem Bereich in
einem gewissen Masse beeinträchtigt, was aber eine Folge der rückwärtigen
Fassadenstaffelung sei und bei der Erstellung der beiden Wohnhäuser in Kauf
genommen worden sei. Einer allfälligen Verschlechterung der Belichtung des
Eckwohnraums werde durch eine filigrane Gestaltung der Balkone mit horizontalen
Balkonplatten und Staketengeländern begegnet, sodass auch diesbezüglich nicht
von einer massgeblichen Verschlechterung der Verhältnisse auszugehen sei.
Aufgrund der vergrösserten Balkonfläche sei wohl mit einer gewissen Zunahme des
mit der Balkonnutzung verbundenen Wohnlärms zu rechnen, der in einem § 357 Abs.
1 PBG gewissen Umfang bereits aufgrund der heute bestehenden Balkone vorhanden
sei und der auch mit einer vom Beschwerdeführer favorisierten intensivierten
Nutzung des rückwärtigen Gartens verbunden wäre. Demgegenüber falle das
Interesse der Bauherrschaft an einer Vergrösserung der Balkone im von der
Strasse abgewandten, rückwärtigen Bereich stark ins Gewicht. Dies stelle eine
wesentliche Verbesserung der Wohnqualität dar und wiege deutlich schwerer, als
die relativ geringfügige Zunahme der Wohnimmissionen auf das Nachbargrundstück,
das selber ebenfalls über relativ grosse rückwärtige Balkone verfüge.  
 
4.2. Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe eine völlig einseitige und
nicht mehr haltbare Interessenabwägung vorgenommen. Zwar sei nachvollziehbar,
dass die Beschwerdegegnerin ihren Mietern gerne grössere Aussenräume anbieten
möchte. Würden die für solche Räume letztlich bescheidenen Benutzungszeiten
berücksichtigt, ergebe sich jedoch, dass in Anbetracht der massiven
Unterschreitung der massgeblichen Abstände von einem deutlich schwerer
wiegenden Interesse der Beschwerdegegnerin keine Rede sein könne. Der vor den
Wohnräumen des Beschwerdeführers vom kantonalen Gesetzgeber vorgesehene
Bereich, der von Bauten bzw. auch von Gebäudevorsprüngen freizuhalten wäre,
werde bereits durch den vorspringenden Gebäudeteil und die heute noch
bescheidenen Balkone stark tangiert. Entsprechend hoch sei das Interesse des
Beschwerdeführers, eine weitergehende Verschlechterung abzuwenden. Anders als
Balkone würden im Haus des Beschwerdeführers die betroffenen Wohnräume über das
ganze Jahr benutzt. Für diese Räume hätten die massiven Balkonplatten, die bis
ins Dachgeschoss reichten, eine deutliche Verschlechterung der
Belichtungsverhältnisse zur Folge, da die Balkone so nahe stünden, dass von
einer filigranen Gestaltung bzw. von Durchsichten nicht gesprochen werden
könne. Der Balkonturm habe aufgrund seiner Ausdehnung in südöstlicher Richtung
zur Folge, dass die Erd- und Obergeschosswohnungen faktisch in gleicher Weise
von der Beschattung betroffen seien, wie wenn der Gebäudevorsprung als solcher
um die Dimensionen des Balkonturms erweitert würde. Zudem könnten die Balkone
aufgrund ihrer beträchtlichen Grösse als eigentliche Aussenräume mit Platz für
Tische, Stühle und Grills dienen. Sie würden daher - anders als die bestehenden
Balkone, die nicht für längere Aufenthalte nutzbar seien - zu neuen massiven
Benutzungsgeräuschen und auch Geruchsimmissionen von Grills, rauchenden
Bewohnern usw. führen. Die vorinstanzliche Annahme, es sei nur eine
geringfügige Zunahme der Wohnimmissionen zu erwarten, sei daher unhaltbar.
Zudem hätte die Beschwerdegegnerin ihren Mietern als Aussenraum den ebenfalls
strassen- bzw. lärmabgewandten Garten zur Verfügung stellen können. Die damit
verbundenen, durch den Boden gedämpften Wohngeräusche könnten nicht mit
denjenigen verglichen werden, die von einem bis ins Dachgeschoss reichenden
Balkonturm ausgingen. Dass auch die Privatsphäre sowie die feuerpolizeiliche
Sicherheit unter den völlig ungenügenden Abständen leide, bedürfe keiner
vertieften Ausführungen. Die mit § 260 Abs. 2 und 3 PBG verfolgten Ziele würden
demnach in nicht mehr vertretbarer Art und Weise beeinträchtigt, da der
geplante Balkonturm die Belichtungsverhältnisse und die Wohnhygiene objektiv
betrachtet in eklatanter Weise verschlechtere.  
 
4.3. Mit diesen Ausführungen bestreitet der Beschwerdeführer nicht, dass
bezüglich des Mehrfamilienhauses der Beschwerdegegnerin ein Bedürfnis nach
grösseren Aussenräumen besteht. Dieses Bedürfnis durfte die Vorinstanz als
gewichtig qualifizieren, zumal die bestehenden Balkone sehr kleine Dimensionen
aufweisen und der Beschwerdeführer nicht geltend macht, dass andere Balkone
errichtet werden könnten. Vielmehr geht er nur von einer möglichen intensiveren
Gartennutzung aus, ohne aufzuzeigen, inwiefern diese Nutzung eine gleichwertige
Alternative sein soll. Dies ist auch nicht ersichtlich, weil der Zugang zum
Garten von den oberen Wohnungen aus über das Treppenhaus beschwerlich und die
gemeinsame Nutzung eines Gartens durch mehrere Mieter erfahrungsgemäss
konfliktträchtig ist. Die bei den Akten liegenden Fotos lassen erkennen, dass
auf einem der bestehenden Balkone zwei Stühle und ein kleiner Tisch aufgestellt
wurden, was zeigt, dass darauf entgegen der Angabe des Beschwerdeführers
längere Aufenthalte möglich waren. Die vorinstanzliche Feststellung, die
Balkonvergrösserung führe nur zu einer gewissen Zunahme des bestehenden
Wohnlärms, erweist sich daher als vertretbar, zumal auch grössere Balkone
erfahrungsgemäss nicht ganzjährig benutzt werden. Der Beschwerdeführer legt
abgesehen vom Hinweis auf die Unterschreitung der Mindestabstände nicht
substanziiert dar, inwiefern die geplanten Balkone die Privatsphäre in den
Wohnungen seines Hauses stark beeinträchtigen sollen. Dies ist auch nicht
ersichtlich, da die Fenster in den jeweiligen Küchen im Verhältnis zu den
Balkonen zurückversetzt sind und die betroffenen Eckwohnräume in Richtung der
geplanten Balkone pro Stockwerk nur über ein relativ kleines und auf der vom
Balkon abgewandten Seite über ein weiteres Fenster verfügen, das nicht
eingesehen werden könnte. Gemäss den bewilligten Bauplänen sollen die
vergrösserten Balkone mit relativ dünnen Böden und feingliedrigen und damit
lichtdurchlässigen Geländern ausgestattet werden, weshalb die Vorinstanz
willkürfrei annehmen konnte, die Balkone würden die Belichtungssituation im
Haus des Beschwerdeführers unter Berücksichtigung der vorgenannten
Fensteranordnung nicht erheblich verschlechtern. Schliesslich legt der
Beschwerdeführer nicht dar, weshalb die geplanten Balkone für sein Haus unter
Berücksichtigung der verwendeten Materialien eine feuerpolizeiliche Gefahr
darstellen sollen. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Vorinstanz nicht in
Willkür verfiel, wenn sie die Interessen an der Errichtung der strittigen
Balkonkonstruktion als gewichtiger qualifizierte als die entgegenstehenden
Interessen des Beschwerdeführers. Die Rüge der willkürlichen Interessenabwägung
gemäss § 357 Abs. 1 PBG erweist sich damit als unbegründet, soweit sie
rechtsgenüglich substanziiert wurde.  
 
5.   
Gemäss den vorstehenden Erwägungen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf
einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem
unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dieser hat
der anwaltlich vertretenen privaten Beschwerdegegnerin eine angemessene
Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 2 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, der Baukommission Küsnacht und dem
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer, schriftlich
mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 12. Februar 2018 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Merkli 
 
Der Gerichtsschreiber: Gelzer 

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