Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.286/2017
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
1C_286/2017        

Urteil vom 28. Juni 2017

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Karlen, Fonjallaz,
Gerichtsschreiber Dold.

Verfahrensbeteiligte
A.________ S.A.,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hans-Peter Schaad,

gegen

Schweizerische Bundesanwaltschaft,
Taubenstrasse 16, 3003 Bern.

Gegenstand
Internationale Rechtshilfe in Strafsachen an die Ukraine; Herausgabe von
Beweismitteln,

Beschwerde gegen den Entscheid vom 4. Mai 2017 des Bundesstrafgerichts,
Beschwerdekammer.

Sachverhalt:

A. 
Das Nationale Antikorruptionsbüro der Ukraine führt gegen D.________ und
weitere Personen eine Strafuntersuchung wegen Korruption. Es untersucht den
Verdacht auf Zahlung von Euro 6,4 Mio. zur Bestechung ukrainischer
Parlamentarier und Beamter im Zusammenhang mit der Lieferung von Bestandteilen
an ukrainische Kernkraftwerke. Das Büro geht davon aus, dass die
Bestechungsgelder auf zwei schweizerische Konten der in Panama registrierten
A.________ S.A. bei der B.________ SA und der C.________ SA geflossen sind.
Die Bundesanwaltschaft führt ebenfalls eine Strafuntersuchung gegen D.________.
Diese betrifft den Verdacht auf Bestechung fremder Amtsträger und
Geldwäscherei.
Mit Rechtshilfeersuchen vom 29. Februar 2016 und Ergänzungsersuchen vom 28.
April 2016 verlangte die Ukraine von der Schweiz verschiedene
Rechtshilfemassnahmen, darunter die Übermittlung sämtlicher Bankunterlagen
betreffend die A.________ S.A. Das Bundesamt für Justiz übertrug der
Bundesanwaltschaft den Vollzug. Mit Verfügung vom 14. Juni 2016 trat die
Bundesanwaltschaft auf das Rechtshilfeersuchen ein. Mit Schlussverfügung vom
19. Oktober 2016 entsprach sie dem Ersuchen und ordnete die Herausgabe diverser
Bankunterlagen betreffend auf die A.________ S.A. lautende Konten bei den
beiden erwähnten Banken an.
Dagegen erhob die A.________ S.A. Beschwerde ans Bundesstrafgericht und
verlangte gleichzeitig den Ausstand der Bundesanwaltschaft bzw. des leitenden
Staatsanwalts. Mit Entscheid vom 4. Mai 2017 trat das Bundesstrafgericht auf
das Ausstandsgesuch nicht ein und wies die Beschwerde ab, soweit es darauf
eintrat.

B. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht vom
22. Mai 2017 beantragt die A.________ S.A., der Entscheid des
Bundesstrafgerichts sei aufzuheben und die Sache sei zur Neubeurteilung
zurückzuweisen.
Das Bundesstrafgericht verweist in seiner Stellungnahme auf den angefochtenen
Entscheid. Das Bundesamt für Justiz und die Bundesanwaltschaft beantragen, auf
die Beschwerde sei nicht einzutreten. Es liege kein besonders bedeutender Fall
im Sinne von Art. 84 BGG vor. Die Beschwerdeführerin hat dazu Stellung
genommen.

Erwägungen:

1.

1.1. Gemäss Art. 84 BGG ist gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der
internationalen Rechtshilfe in Strafsachen die Beschwerde nur zulässig, wenn er
unter anderem eine Übermittlung von Informationen aus dem Geheimbereich
betrifft und es sich um einen besonders bedeutenden Fall handelt (Abs. 1). Ein
besonders bedeutender Fall liegt insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme
bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das
Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist (Abs. 2).
Art. 84 BGG bezweckt die wirksame Begrenzung des Zugangs zum Bundesgericht im
Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen (BGE 134 IV 156 E. 1.3.1
S. 160 mit Hinweisen). Ein besonders bedeutender Fall ist mit Zurückhaltung
anzunehmen (BGE 136 IV 139 E. 2.4 S. 144 mit Hinweis).
Bei der Beantwortung der Frage, ob ein besonders bedeutender Fall gegeben ist,
steht dem Bundesgericht ein weiter Ermessensspielraum zu (BGE 134 IV 156 E.
1.3.1 S. 160 mit Hinweis).
Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung der Rechtsschrift in gedrängter
Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine
Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass ein besonders bedeutender
Fall nach Artikel 84 vorliegt, so ist auszuführen, warum diese Voraussetzung
erfüllt ist.
Erachtet das Bundesgericht eine Beschwerde auf dem Gebiet der internationalen
Rechtshilfe in Strafsachen als unzulässig, so fällt es gemäss Art. 107 Abs. 3
BGG - abgesehen von einem hier nicht gegebenen Ausnahmefall - den
Nichteintretensentscheid innert 15 Tagen seit Abschluss eines allfälligen
Schriftenwechsels.
Nach Art. 109 BGG entscheidet die Abteilung in Dreierbesetzung über
Nichteintreten auf Beschwerden, bei denen kein besonders bedeutender Fall
vorliegt (Abs. 1). Der Entscheid wird summarisch begründet. Es kann ganz oder
teilweise auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Abs. 3).

1.2. Zwar geht es hier um die Übermittlung von Informationen aus dem
Geheimbereich und damit um ein Sachgebiet, bei dem die Beschwerde nach Art. 84
Abs. 1 BGG insoweit möglich ist. Es handelt sich jedoch um keinen besonders
bedeutenden Fall.
Allein der Umstand, dass es sich bei der im ukrainischen Verfahren
beschuldigten Person um einen dort bekannten Politiker handelt, verleiht dem
Fall keine besondere Bedeutung im Sinne des Gesetzes (Urteil 1C_356/2016 vom
12. September 2016 E. 1.2 mit Hinweisen). Dasselbe gilt für das von der
Beschwerdeführerin erwähnte mediale Interesse am Fall und den Umstand, dass die
Ehre und Glaubwürdigkeit der beschuldigten Person auf dem Spiel stünden.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, das Strafverfahren in der Ukraine genüge
rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht. Sie beruft sich auf Art. 2 IRSG (SR
351.1). Danach wird einem Ersuchen um Zusammenarbeit in Strafsachen nicht
entsprochen, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass das Verfahren im
Ausland den in der EMRK oder im UNO-Pakt II (SR 0.103.2) festgelegten
Verfahrensgrundsätzen nicht entspricht (lit. a) oder andere schwere Mängel
aufweist (lit. d). Die Vorinstanz hat die Legitimation der Beschwerdeführerin,
sich auf diese Bestimmung zu berufen, verneint. Dies entspricht der ständigen
bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 80h lit. b IRSG, wonach ein eigenes
schutzwürdiges Interesse erforderlich ist und Art. 2 IRSG in erster Linie die
Interessen des im ausländischen Verfahren Beschuldigten schützt (vgl. zuletzt
Urteil 1C_376/2016 vom 5. Oktober 2016 E. 2.2 mit Hinweisen). Die
Beschwerdeführerin hat ihren Sitz in Panama und ist im ukrainischen
Strafverfahren nicht beschuldigt. Die Vorinstanz hat kein Bundesrecht verletzt,
wenn sie auf die Rüge nicht eintrat.
Die Beschwerdeführerin rügt zudem eine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Sie
habe mit ihrer Replik im vorinstanzlichen Verfahren einen Entscheid eines
ukrainischen Gerichts beigelegt, der eine Rechtsverletzung durch das Nationale
Antikorruptionsbüro aufzeige. Nachdem das Bundesverwaltungsgericht ausführlich
dargelegt hatte, weshalb sich die Beschwerdeführerin nicht auf Art. 2 IRSG
berufen könne, erübrigte es sich indessen, gesondert auf dieses Vorbringen
einzugehen (vgl. BGE 140 II 262 E. 6.2 S. 274; 139 IV 1 E. 2.2 S. 183; je mit
Hinweisen). Schliesslich macht die Beschwerdeführerin geltend, ihrem Gesuch um
Aktenbeizug sei nicht vollständig stattgegeben worden, weshalb die Beilagen 2-4
bei den Akten gefehlt hätten. Was sie mit diesen Beilagen hätte aufzeigen
wollen, legt sie jedoch nicht dar (Art. 42 Abs. 2 BGG).
Eine rechtliche Grundsatzfrage stellt sich mithin nicht. Auch sonst bringt die
Beschwerdeführerin nichts vor, was es rechtfertigen könnte, den vorliegenden
Fall als besonders bedeutend einzustufen.

2. 
Auf die Beschwerde ist aus den genannten Gründen nicht einzutreten.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt die Beschwerdeführerin die
Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Schweizerischen
Bundesanwaltschaft, dem Bundesstrafgericht, Beschwerdekammer, und dem Bundesamt
für Justiz, Fachbereich Rechtshilfe, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 28. Juni 2017

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Merkli

Der Gerichtsschreiber: Dold

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