Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.266/2017
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
1C_266/2017        

Verfügung vom 24. Juli 2017

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Gerichtsschreiber Dold.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Dominic Nellen,

gegen

Bundesamt für Justiz, Fachbereich Auslieferung,
Bundesrain 20, 3003 Bern.

Gegenstand
Internationale Rechtshilfe in Strafsachen;
Rechtsverweigerung / Rechtsverzögerung.

Sachverhalt:

A. 
Am 8. April 2016 ersuchte Rumänien die Schweiz um Auslieferung von A.________
zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe. Nachdem Rumänien verschiedene
Ergänzungen nachgereicht hatte, wurde er am 15. September 2016 gestützt auf
einen Auslieferungshaftbefehl des Bundesamts für Justiz (BJ) festgenommen.
Mit Auslieferungsentscheid vom 27. Oktober 2016 bewilligte das BJ die
Auslieferung. Dagegen erhob A.________ am 28. November 2016 Beschwerde ans
Bundesstrafgericht.
Mit Schreiben vom 29. November 2016 zog Rumänien das Auslieferungsersuchen
zurück, worauf das BJ mit Faxschreiben vom 12. Dezember 2016 das
Bundesstrafgericht über die sofort verfügte Haftentlassung informierte. Tags
darauf erklärte das BJ, das Auslieferungsverfahren sei nun gegenstandslos
geworden. Mit Schreiben vom 7. Februar 2017 beantragte A.________, die
Verfahrenskosten seien vom Staat zu tragen und es sei ihm eine Genugtuung für
die erstandene Haft auszurichten. Mit Schreiben vom 29. März 2017 und vom 18.
April 2017 erkundigte er sich beim Bundesstrafgericht über den Stand des
Verfahrens.

B. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 15. Mai 2017 ans
Bundesgericht beantragt A.________, es sei festzustellen, dass das
Bundesstrafgericht eine Rechtsverweigerung bzw. -verzögerung begangen habe. Das
Bundesstrafgericht sei anzuweisen, innert einer gerichtlich bestimmten Frist
einen Entscheid zu fällen.
Das BJ hat sich vernehmen lassen, ohne einen förmlichen Antrag zu stellen. Das
Bundesstrafgericht legt in seiner Vernehmlassung dar, dass aufgrund der
Gegenstandslosigkeit des Verfahrens nur noch über die Kosten- und
Entschädigungsfolgen zu entscheiden sei. Dies erfordere eine inhaltliche
Auseinandersetzung mit der Beschwerde, da auf den mutmasslichen
Verfahrensausgang abzustellen sei. Jedoch sei der Fall weniger dringlich als
andere. Es sei davon auszugehen, dass der Entscheid innert einer Woche versandt
werden könne.

C. 
Mit Entscheid vom 6. Juni 2017 schrieb das Bundesstrafgericht das Verfahren als
gegenstandslos geworden vom Geschäftsverzeichnis ab. Zudem hielt es fest, dass
die Beschwerde als aussichtslos hätte beurteilt werden müssen und das Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege deshalb abzuweisen sei. Die Gerichtsgebühr
auferlegte es dementsprechend dem Beschwerdeführer.
Mit Schreiben vom 16. Juni 2017 hielt der Beschwerdeführer daran fest, dass die
Rechtsverzögerung festzustellen sei.
In der Folge teilte das Bundesgericht den Verfahrensbeteiligten mit, das
Verfahren scheine gegenstandslos geworden zu sein, und räumte ihnen Gelegenheit
zur Stellungnahme ein. Das Bundesstrafgericht verzichtete darauf. Das BJ liess
sich vernehmen, ohne einen förmlichen Antrag zu stellen. Der Beschwerdeführer
hielt in seiner Stellungnahme fest, er widersetze sich der Abschreibung des
Verfahrens nicht. Da davon auszugehen sei, dass er mit seiner Beschwerde
obsiegt hätte, seien ihm keine Gerichtskosten aufzuerlegen und habe er Anspruch
auf eine Parteientschädigung.

Erwägungen:

1.

1.1. Gemäss Art. 94 BGG kann gegen das unrechtmässige Verweigern oder Verzögern
eines anfechtbaren Entscheids Beschwerde geführt werden. Die vorliegende
Beschwerde wegen Rechtsverweigerung bzw. -verzögerung betrifft das Gebiet der
internationalen Rechtshilfe in Strafsachen, weshalb die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art. 82 ff. BGG gegeben ist.

1.2. Angesichts des Umstands, dass das Bundesstrafgericht am 6. Juni 2017 einen
Entscheid gefällt hat, besitzt der Beschwerdeführer kein aktuelles praktisches
Interesse mehr an seiner Beschwerde wegen Rechtsverweigerung bzw. -verzögerung
(Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG). Er widersetzt sich denn auch einer Abschreibung
des Verfahrens nicht. Das Verfahren wird deshalb mit einzelrichterlichem
Entscheid vom Geschäftsverzeichnis abgeschrieben (Art. 32 Abs. 2 BGG; vgl. BGE
137 I 120 E. 2.2 S. 123, 296 E. 4.3 S. 299 ff.; je mit Hinweisen).

2.

2.1. Erklärt das Bundesgericht einen Rechtsstreit als gegenstandslos,
entscheidet es mit summarischer Begründung über die Prozesskosten aufgrund der
Sachlage vor Eintritt des Erledigungsgrundes (Art. 71 BGG in Verbindung mit
Art. 72 BZP). Bei der Beurteilung der Kosten- und Entschädigungsfolgen ist
somit in erster Linie auf den mutmasslichen Ausgang des Prozesses abzustellen (
BGE 142 V 551 E. 8.2 S. 568; 125 V 373 E. 2a S. 374 f.; je mit Hinweisen).

2.2. Gemäss Art. 84 BGG ist auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in
Strafsachen die Beschwerde nur zulässig, wenn es sich um einen besonders
bedeutenden Fall handelt. Das Bundesgericht befasst sich im Bereich der
internationalen Rechtshilfe in Strafsachen somit ausschliesslich mit besonders
bedeutenden Fällen, was das ausdrückliche Ziel des Gesetzgebers war (vgl. das
ebenfalls eine Rechtsverweigerungsbeschwerde betreffende Urteil 1C_189/2012 vom
18. April 2012 E. 1.2 mit Hinweis).
Mit dem Rückzug des Rechtshilfeersuchens durch Rumänien hatte der
Beschwerdeführer keine Auslieferung mehr zu befürchten. Zudem wurde er
unverzüglich aus der Haft entlassen. Es ging ausschliesslich noch um die
Festlegung der Kosten- und Entschädigungsfolgen. Unter diesen Umständen ist
nicht von einer Verletzung elementarer Verfahrensgrundsätze auszugehen (Art. 84
Abs. 2 BGG), wenn das Bundesstrafgericht für die Durchführung eines
Schriftenwechsels und für seinen Entscheid insgesamt knapp sechs Monate
benötigte. Ein besonders bedeutender Fall liegt nicht vor.

2.3. Aufgrund der Sachlage vor Eintritt des Erledigungsgrundes wäre auf die
Beschwerde daher nicht einzutreten gewesen.
Der Beschwerdeführer ersucht um unentgeltliche Prozessführung und
Verbeiständung. Das Gesuch ist aufgrund der Aussichtslosigkeit des
Rechtsmittels abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Demnach sind die
Verfahrenskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG) und
keine Parteikosten zuzusprechen (Art. 68 BGG).

 Demnach verfügt der Präsident:

1. 
Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden vom Geschäftsverzeichnis
abgeschrieben.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4. 
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

5. 
Diese Verfügung wird dem Beschwerdeführer, dem Bundesamt für Justiz,
Fachbereich Auslieferung, und dem Bundesstrafgericht, Beschwerdekammer,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 24. Juli 2017

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Merkli

Der Gerichtsschreiber: Dold

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