Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.265/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
1C_265/2017  
 
 
Urteil vom 25. Juni 2018  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Bundesrichter Karlen, Chaix, 
Gerichtsschreiber Kessler Coendet. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.C.________ und B.C.________, 
Beschwerdeführer, 
beide vertreten durch Rechtsanwalt Remo Cahenzli, 
 
gegen  
 
D.________, 
Beschwerdegegner, 
vertreten durch Rechtsanwältin Caterina Ventrici, 
 
Gemeinde Luzein, 
Gemeindehaus, Dorf 108A, 7243 Pany, 
vertreten durch Rechtsanwältin Rita Marugg, 
 
Gegenstand 
Baueinsprache, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden, 5.
Kammer, vom 22. März 2017 (R 16 63). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Der Gemeindevorstand Luzein bewilligte am 3. September 2016 D.________ den
Abbruch und Neubau eines Mehrfamilienhauses auf dem Grundstück Nr. 1621 in der
Wohnzone 2 des Dorfs Pany. Gleichzeitig wies der Gemeindevorstand die gegen das
Bauvorhaben gerichtete Einsprache von A.C.________ und B.C.________ ab. Bei dem
damit bewilligten Vorhaben handelt es sich um eine Projektänderung zur
rechtskräftigen Baubewilligung vom 18. September 2015, die ebenfalls den
Abbruch und Neubau des Mehrfamilienhauses zum Gegenstand hatte. 
A.C.________ und B.C.________ fochten den Bau- und Einspracheentscheid vom 3.
September 2016 beim Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden an. Dieses wies
die Beschwerde mit Urteil vom 22. März 2017 ab. 
 
B.  
Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts haben A.C.________ und B.C.________
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht erhoben.
Sie beantragen, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und das Baugesuch
abzuweisen. In der Beschwerdebegründung machen sie erstmals eine Verletzung von
Bestimmungen des Zweitwohnungsgesetzes geltend. 
D.________ und das Verwaltungsgericht ersuchen um Abweisung der Beschwerde,
soweit darauf einzutreten sei. Die Gemeinde Luzein schliesst auf Abweisung der
Beschwerde. Das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) äussert sich in der
Vernehmlassung vom 13. Oktober 2017 zur Sache, ohne einen Antrag zu stellen. 
Im weiteren Schriftenwechsel halten Beschwerdeführer, Beschwerdegegner und
Gemeinde an ihren Standpunkten fest. Am 8. März 2018 haben die Beschwerdeführer
wiederum Stellung genommen. In der Folge haben sich die übrigen
Verfahrensbeteiligten nicht mehr vernehmen lassen. 
 
C.  
Der Präsident der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung hat der Beschwerde mit
Verfügung vom 6. Juni 2017 die aufschiebende Wirkung zuerkannt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid über eine
baurechtliche Bewilligung (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90
BGG). Dagegen steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
offen; ein Ausschlussgrund nach Art. 83 BGG liegt nicht vor. Die
Beschwerdeführer haben am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen; als
unmittelbare Nachbarn sind sie von der umstrittenen Baubewilligung besonders
berührt und haben an deren Aufhebung ein schutzwürdiges Interesse. Daher sind
sie zur Beschwerdeführung berechtigt (Art. 89 Abs. 1 BGG). Da auch die übrigen
Sachurteilsvoraussetzungen gegeben sind, ist auf die Beschwerde grundsätzlich
einzutreten. 
 
2.  
Es ist unbestritten, dass die Gemeinde Luzein einen Zweitwohnungsanteil von
über 20 Prozent aufweist. Das Bundesgesetz über Zweitwohnungen (ZWG; SR 702)
ist am 1. Januar 2016 in Kraft getreten (AS 2015 5668) und damit auf die
umstrittene Baubewilligung vom 3. September 2016 anwendbar (vgl. Art. 1 i.V.m. 
Art. 25 Abs. 1 ZWG). 
 
2.1. In der Beschwerdeschrift an das Bundesgericht werden erstmals Art. 75b BV
und Bestimmungen des ZWG, namentlich dessen Art. 7 und 11, angerufen. Dabei
wird bestritten, dass diese eingehalten sind; es wird auch geltend gemacht,
weder der Gemeindevorstand noch das Verwaltungsgericht hätten das Projekt
daraufhin überprüft. Der geplante Neubau sei zu Unrecht ohne
Nutzungsbeschränkung gemäss Art. 7 ZWG bewilligt worden. Der Bauherr bzw.
Beschwerdegegner sei verpflichtet gewesen, Anträge bzw. Erklärungen bezüglich
Überführung der bisherigen Hauptnutzfläche in das neue Mehrfamilienhaus zu
äussern bzw. die entsprechenden Pläne einzureichen. Der Sachverhalt sei
insoweit unvollständig. Das Verwaltungsgericht hätte das Projekt nach Art. 110
BGG von Amtes wegen auf die Vereinbarkeit mit dem ZWG überprüfen müssen. Diese
Unterlassung bilde eine Rechtsverweigerung (Art. 29 Abs. 1 BV) und verstosse
gegen das Willkürverbot (Art. 9 BV). Ausserdem bringen die Beschwerdeführer in
der Eingabe vom 8. März 2018 vor, die Baubewilligung erweise sich im Sinne von
Art. 75b i.V.m. Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV als nichtig; dies könne jederzeit
geltend gemacht werden.  
 
2.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann
insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG);
dieses wendet das Bundesgericht grundsätzlich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs.
1 BGG). Die Verletzung von Grundrechten, einschliesslich die willkürliche
Anwendung von kantonalem Recht, prüft es dagegen nur insoweit, als eine solche
Rüge in der Beschwerde vorgebracht und genügend begründet worden ist (Art. 106
Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den
die Vorinstanz festgestellt hat, sofern dieser nicht offensichtlich unrichtig
ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105
und Art. 97 Abs. 1 BGG).  
 
2.3. Was die behauptete Nichtigkeit betrifft, so ist zu beachten, dass die
Regelung von Art. 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV über die Nichtigkeit von
Baubewilligungen für Zweitwohnungen seit dem Inkrafttreten des ZWG
gegenstandslos geworden ist. Deshalb beurteilt sich die Frage, ob die
Baubewilligung vom 3. September 2016 an einem Nichtigkeitsgrund leidet, nach
den allgemeinen Grundsätzen der Rechtsprechung. Danach sind fehlerhafte
Verwaltungsakte in der Regel nicht nichtig, sondern nur anfechtbar, und sie
werden durch Nichtanfechtung rechtsgültig. Nichtigkeit, d.h. absolute
Unwirksamkeit, einer Verfügung wird nur angenommen, wenn sie mit einem
tiefgreifenden und wesentlichen Mangel behaftet ist, wenn dieser schwerwiegende
Mangel offensichtlich oder zumindest leicht erkennbar ist und wenn zudem die
Rechtssicherheit durch die Annahme der Nichtigkeit nicht ernsthaft gefährdet
wird. Als Nichtigkeitsgründe fallen ausserordentlich schwerwiegende,
inhaltliche Mängel oder krasse Verfahrensfehler (wie z.B. der Umstand, dass der
Betroffene keine Gelegenheit hatte, am Verfahren teilzunehmen) in Betracht
(vgl. BGE 137 I 273 E. 3.1 S. 275 mit Hinweisen). Derartige Mängel sind bei der
umstrittenen Baubewilligung vom 3. September 2016 nicht ersichtlich. Somit ist
deren Nichtigkeit zu verneinen.  
 
2.4. Gemäss Art. 110 BGG muss zumindest eine kantonale richterliche Instanz den
Sachverhalt frei prüfen und das massgebende Recht von Amtes wegen anwenden
(vgl. BGE 142 II 49 E. 4.4 S. 52). Eine eigentliche Rügepflicht, wie sie vor
Bundesgericht in bestimmten Fällen gilt (Art. 106 Abs. 2 BGG), ist im
kantonalen Verfahren unzulässig, wenn, wie im vorliegenden Fall, das
Verwaltungsgericht als einzige gerichtliche Instanz entscheidet (vgl. BGE 141
II 307 E. 6.5 S. 314 f.). Hingegen kann das kantonale Verfahrensrecht als
Eintretensvoraussetzung verlangen, dass eine genügende Beschwerdebegründung
vorliegt (vgl. Art. 38 des kantonalen Gesetzes vom 31. August 2006 über die
Verwaltungsrechtspflege [VRG; BR 370.100]). Eine solche kantonale
Rechtsmittelinstanz ist trotz Rechtsanwendung von Amtes wegen nicht
verpflichtet, wie eine erstinstanzliche Behörde alle möglicherweise relevanten
Rechtsfragen von Amtes wegen aufzugreifen, sondern kann sich grundsätzlich
darauf beschränken, sich mit den Argumentationen der Parteien
auseinanderzusetzen, falls allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 141 II 307 E. 6.5 S. 314 mit Hinweisen).  
Vor Bundesgericht sind neue rechtliche Vorbringen im Rahmen des
Streitgegenstandes grundsätzlich zulässig (BGE 142 I 155 E. 4.4.3-4.4.6 S. 156
ff.). Den Parteien steht es - vorbehältlich einer Verletzung von Treu und
Glauben im Prozess - frei, ihre rechtliche Argumentation im Laufe des
Rechtsmittelverfahrens anzupassen, ohne dass darin eine unzulässige Veränderung
des Streitgegenstands oder gar ein unzulässiges Novum zu sehen wäre (vgl.
Urteil 2C_124/2013 vom 25. November 2013 E. 2.2.2, in: ZBl 115/2014 S. 663).
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG; BGE 142 I 155 E. 4.4.3 S. 156
mit Hinweisen). Falls die Vorinstanz den Sachverhalt indessen unvollständig und
damit bundesrechtswidrig festgestellt hat (vgl. BGE 135 II 369 E. 3.1 S. 373),
kann das Bundesgericht gestützt auf Art. 105 Abs. 2 BGG den Sachverhalt
ergänzen, soweit dieser offenkundig ist, oder die Angelegenheit, in Gutheissung
der Beschwerde, an die Vorinstanz zurückweisen (Art. 107 Abs. 2 BGG). 
Dem Willkürverbot (Art. 9 BV) und dem Rechtsverweigerungsverbot (Art. 29 BV)
kommt im vorliegenden Zusammenhang keine weitergehende Bedeutung zu. 
 
2.5. Die Beschwerdeführer hatten schon im verwaltungsgerichtlichen Verfahren
die Bewilligungsfähigkeit des Bauvorhabens als Ganzes in Frage gestellt.
Einzelne Teilaspekte davon, wie die Vereinbarkeit mit den Vorschriften des ZWG
stellen Begründungselemente dar. Diesbezügliche Rügen können daher
zulässigerweise erst vor Bundesgericht vorgebracht werden. Es ist allerdings zu
berücksichtigen, dass das Bauprojekt den Abbruch und Neubau eines
Mehrfamilienhauses umfasst. Die Wohnungen im bestehenden Gebäude sind
unbestrittenermassen altrechtlich im Sinne von Art. 10 ZWG und insoweit in der
Nutzung frei (Art. 11 Abs. 1 ZWG).  
Gemäss Art. 11 Abs. 2 ZWG dürfen altrechtliche Wohnungen im Rahmen der
vorbestandenen Hauptnutzfläche erneuert, umgebaut und wieder aufgebaut werden.
Die Art der Wohnnutzung bleibt in diesem Rahmen frei (ARON PFAMMATTER, in:
Zweitwohnungsgesetz (ZWG) - unter Einbezug der Zweitwohnungsverordnung (ZWV),
Wolf/Pfammatter (Hrsg.), 2017, N. 7 zu Art. 11 ZWG; JONAS ALIG, Das
Zweitwohnungsgesetz, in: ZBl 117/2016 S. 227 ff., 246). Die nach den
Anforderungen von Art. 11 Abs. 2 ZWG an den Wiederaufbau erstellten neuen
Wohnungen sind altrechtlichen Wohnungen gleichgestellt und deshalb ebenfalls in
der Nutzungsart frei. 
Die zweitwohnungsrechtliche Charakterisierung von Wohnungen in einem wieder
aufgebauten Gebäude hängt nicht allein von den Feststellungen in der
entsprechenden Baubewilligung, sondern auch von den tatsächlichen Gegebenheiten
bei der Liegenschaft ab. Allfällige diesbezügliche Feststellungen in der
Baubewilligung dienen der Nachvollziehbarkeit und sind für die Rechtssicherheit
ratsam; sie sind aber nicht Gültigkeitsvoraussetzung für den Bestandesschutz
gemäss Art. 11 Abs. 2 ZWG. Die Vermutung von Art. 7 Abs. 3 ZWG, wonach ohne
Vorliegen einer Nutzungsbeschränkung nach Art. 7 Abs. 1 oder 2 ZWG eine
Nutzungsbeschränkung als Erstwohnung gilt, kommt im Rahmen von Art. 11 Abs. 2
ZWG nicht zum Tragen. 
Dies hat zur Folge, dass beim Wiederaufbau in der Regel keine Anordnung zu
allfälligen Nutzungsbeschränkungen erforderlich ist, weil die entsprechenden
neuen Wohnungen in der Nutzung wiederum frei sind. In diesem Rahmen sind auch
keine Erklärungen oder Anträge der Bauherrschaft zur Nutzungsart erforderlich.
Da vorliegend ein Wiederaufbau zur Diskussion steht, bildet es nicht von
vornherein einen Mangel, wenn Feststellungen zur Nutzungsart der neuen bzw.
wieder aufgebauten Wohnungen in der Baubewilligung fehlen. Daraus ist auch
nicht ohne Weiteres zu schliessen, dass vorliegend zweitwohnungsrechtlich
unzulässige neue Wohnungen bewilligt wurden. Insoweit dringt die Beschwerde
nicht durch. 
Immerhin darf beim Ersatzbau der in Art. 11 Abs. 2 ZWG vorgeschriebene Rahmen
der vorbestandenen Hauptnutzfläche nicht gesprengt werden. Zu prüfen bleibt
somit, wie es sich damit verhält. 
 
3.  
 
3.1. Die Ermittlung der vorbestandenen Hauptnutzfläche und der Vergleich mit
der neuen Hauptnutzfläche erfordern Angaben der Bauherrschaft. Dieser obliegt
der Nachweis für die Einhaltung von Art. 11 Abs. 2 ZWG. Es ist unbestritten,
dass der Beschwerdegegner Unterlagen über den Vergleich der Hauptnutzflächen
beim vorliegenden Bauvorhaben weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im
kantonalen Beschwerdeverfahren eingereicht hat. Erst vor Bundesgericht hat er
ein entsprechendes Dokument vorgelegt.  
Die Beschwerdeführer hatten im kantonalen Rechtsmittelverfahren den
Eventualantrag gestellt, es sei die Nichtigkeit der Baubewilligung vom 3.
September 2016 festzustellen; diesen Antrag hatten sie aber nicht begründet.
Ausserdem liessen sie die Rüge der Unvollständigkeit der öffentlich aufgelegten
Baugesuchsunterlagen, die sie noch in der Einsprache erhoben hatten, in der
Beschwerde an das Verwaltungsgericht ausdrücklich fallen. Sie beschränkten ihr
Rechtsmittel vielmehr auf die Frage, ob die Ausnützungsziffer beim Bauprojekt
eingehalten sei. 
 
3.2. Im vorinstanzlichen Verfahren hatten die Beschwerdeführer den Rechtsstreit
folglich auf die Tatsachenbasis der öffentlich aufgelegten bzw. aktenkundigen
Unterlagen beschränkt. Weiter ergab sich aus dem unbegründeten Antrag auf
Nichtigerklärung der Baubewilligung nicht in offensichtlicher Weise, dass damit
eine Überprüfung der Baubewilligung im Hinblick auf das ZWG angestrebt werden
sollte. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer gehört das
Zweitwohnungsverbot nicht zwingend zur Frage der kantonalrechtlich geregelten
Ausnützungsziffer. Nach den oben bei E. 2.4 dargelegten Grundsätzen war das
Verwaltungsgericht als Rechtsmittelinstanz nicht verpflichtet, von sich aus der
nicht thematisierten Frage der Hauptnutzflächen nachzugehen. Der Vorwurf einer
unvollständigen Sachverhaltsfeststellung oder Rechtsanwendung in diesem Punkt
geht fehl.  
 
3.3. Hinzu kommt, dass Planunterlagen des Beschwerdegegners zum vorbestehenden
Mehrfamilienhaus beim früheren, am 18. September 2015 bewilligten Baugesuch
öffentlich aufgelegt worden waren. Die Beschwerdeführer hatten auch gegen jenes
Baugesuch Einsprache erhoben. Sie bestreiten nicht substanziiert, dass sie im
Rahmen jener Einsprache Einsicht in die betreffenden Unterlagen nehmen konnten.
Zwar hat die Gemeinde jene Unterlagen nicht bereits dem Verwaltungsgericht,
sondern erst dem Bundesgericht eingereicht. Es ist aber davon auszugehen, dass
die Beschwerdeführer schon im Jahr 2015 von der Gemeinde Zugang dazu erhalten
hatten.  
Richtig ist, dass das ZWG damals noch nicht galt. In jenen Planunterlagen wurde
die vorbestandene Hauptnutzfläche nicht rechnerisch ausgewiesen. Nach den
nachvollziehbaren Darlegungen der Gemeinde sind diese Planunterlagen jedoch mit
den nötigen Massangaben versehen, so dass die vorbestandene Hauptnutzfläche
relativ einfach berechnet werden kann. Jedenfalls ist es unverständlich, wenn
in der Beschwerde an das Bundesgericht behauptet wird, es sei unklar, ob und
wie das bestehende Gebäude des Beschwerdegegners im Innern aufgeteilt sei. Im
Gegenteil waren den Beschwerdeführern bereits im Zeitpunkt der
Beschwerdeerhebung an das Verwaltungsgericht genügend konkrete Angaben bekannt,
um substanziierte Rügen zum Thema der Hauptnutzfläche vorzubringen. Es ist
verspätet, wenn erstmals vor Bundesgericht die Richtigkeit der diesbezüglichen
Angaben des Beschwerdegegners bestritten wird. Damit ist der Rüge, wonach das
Bauvorhaben den Rahmen der vorbestandenen Hauptnutzfläche gemäss Art. 11 Abs. 2
ZWG überschreite, die Grundlage entzogen. Im Ergebnis erweist sich diese Rüge
als unbegründet. 
 
4.  
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen. Bei diesem Verfahrensausgang
sind die Gerichtskosten den unterliegenden Beschwerdeführern aufzuerlegen (Art.
66 Abs. 1 und 5 BGG). Diese haben dem Beschwerdegegner unter solidarischer
Haftbarkeit eine angemessene Parteientschädigung für das bundesgerichtliche
Verfahren auszurichten (Art. 68 Abs. 1, 2 und 4 BGG). Der Gemeinde steht keine
Parteientschädigung zu (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt. 
 
3.   
Die Beschwerdeführer haben dem Beschwerdegegner eine Parteientschädigung von
insgesamt Fr. 3'000.-- zu bezahlen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, der Gemeinde Luzein, dem Verwaltungsgericht
des Kantons Graubünden, 5. Kammer, und dem Bundesamt für Raumentwicklung
schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 25. Juni 2018 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Merkli 
 
Der Gerichtsschreiber: Kessler Coendet 

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