Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.23/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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1C_23/2017             

 
 
 
Urteil vom 3. Oktober 2017  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Bundesrichter Karlen, Fonjallaz, 
Gerichtsschreiber Dold. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Interessensgemeinschaft Z.________, bestehend aus: 
 
1. A.________, 
2. B.________, 
3. C.________, 
4. D.________, 
5. E.________, 
6. F.________, 
7. G.________, 
8. H.________, 
Beschwerdeführer, 
alle vertreten durch Beschwerdeführer Nrn. 5 und 8, 
 
gegen  
 
I.________ AG, 
Beschwerdegegnerin, 
 
Einwohnergemeinde Thierachern, 
handelnd durch den Gemeinderat Thierachern, Dorfstrasse 1, 3634 Thierachern, 
Kanton Bern, 
handelnd durch den Regierungsrat und dieser vertreten durch die Bau-, Verkehrs-
und Energiedirektion des Kantons Bern, Reiterstrasse 11, 3011 Bern. 
 
Gegenstand 
Kantonale Überbauungsordnung "Aushubdeponie Eyacher", 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern,
Verwaltungsrechtliche Abteilung, vom 16. Dezember 2016 (100.2016.1U). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die I.________ AG beabsichtigt, im Eyacher, auf den Parzellen Nrn. 73, 210, 215
und 242 in der Gemeinde Thierachern, eine Deponie für Inertstoffe mit
beschränkter Stoffliste (unverschmutztes Aushubmaterial) zu erstellen. Der
Standort wurde in den regionalen Teilrichtplan Abbau und Deponie der Region
Thun/InnertPort vom 22. Juni 2006 aufgenommen. Die Stimmberechtigten der
Einwohnergemeinde Thierachern lehnten am 23. September 2012 den Erlass einer
kommunalen Überbauungsordnung (ÜO) jedoch ab. Kurz darauf stellte die
I.________ AG deshalb ein Gesuch um Erlass einer kantonalen Überbauungsordnung
(KÜO). Die Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion des Kantons Bern (JGK)
leitete ein entsprechendes Verfahren ein. Die KÜO mit Baugesuch und
Rodungsgesuch wurde vom 11. September bis 13. Oktober 2014 öffentlich
aufgelegt. 
Am 15. September 2014 erhoben unter anderen A.________, B.________, C.________,
D.________, E.________, F.________, G.________ und H.________ gemeinsam
Einsprache. Mit Verfügung vom 23. April 2015 beschloss die JGK die KÜO
"Aushubdeponie Eyacher" mit Änderung des Schutzzonenplans, erteilte die
Baubewilligung und die Rodungsbewilligung und wies die Einsprache ab. 
Gegen diese Verfügung erhoben die genannten Einsprecher am 29. April 2015
Beschwerde beim Regierungsrat des Kantons Bern. Dieser wies die Beschwerde mit
Entscheid vom 16. Dezember 2015 ab. Eine dagegen erhobene
Verwaltungsgerichtsbeschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit
Entscheid vom 16. Dezember 2016 im Sinn der Erwägungen ab. 
 
B.   
Mit Beschwerde ans Bundesgericht vom 13. Januar 2017 beantragen A.________,
B.________, C.________, D.________, E.________, F.________, G.________ und
H.________, die KÜO "Aushubdeponie Eyacher" sei nichtig zu erklären und als
gegenstandslos abzuschreiben. Eventualiter sei sie aufzuheben und die
I.________ AG aus dem Verfahren auszuschliessen. 
Das Verwaltungsgericht beantragt, auf die Beschwerde nicht einzutreten. Die
Beschwerdeschrift entspreche wörtlich derjenigen im vorinstanzlichen Verfahren
und setze sich mit dem angefochtenen Entscheid nicht auseinander. Eventuell sei
die Beschwerde abzuweisen. Der Kanton Bern beantragt, die Beschwerde sei
abzuweisen, soweit angesichts der fehlenden Auseinandersetzung mit dem
angefochtenen Entscheid überhaupt darauf eingetreten werden könne. Die Gemeinde
Thierachern hat auf eine Stellungnahme verzichtet. Die Beschwerdegegnerin hat
sich nicht vernehmen lassen. Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) ist der
Auffassung, dass gewisse Aspekte bei der Interessenabwägung kaum berücksichtigt
worden seien. In Bezug auf die Rechtsbereiche Abfälle und Lärmschutz hält es
den angefochtenen Entscheid für bundesrechtskonform. Die Beschwerdeführer haben
sich in der Folge erneut vernehmen lassen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid in einer
öffentlich-rechtlichen Angelegenheit (Art. 82 lit. a, 86 Abs. 1 lit. d und 90
BGG). Die Beschwerdeführerin Nr. 7 ist Eigentümerin eines direkt an den
Perimeter der KÜO "Aushubdeponie Eyacher" angrenzenden Grundstücks und deshalb
zur Anfechtung des Urteils des Verwaltungsgerichts legitimiert (Art. 89 Abs. 1
BGG). Es kann offenbleiben, wie es sich insofern mit den weiteren
Beschwerdeführern verhält. Auf die Beschwerde ist unter Vorbehalt der
nachfolgenden Erwägungen einzutreten. 
 
2.  
 
2.1. Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung in gedrängter Form
darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Der Beschwerdeführer
muss sich wenigstens kurz mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids
auseinandersetzen. Zwar wendet das Bundesgericht das Recht grundsätzlich von
Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Das setzt aber voraus, dass auf die
Beschwerde überhaupt eingetreten werden kann, diese also wenigstens die
Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 2 BGG erfüllt. Strengere
Anforderungen gelten, wenn die Verletzung von Grundrechten (einschliesslich der
willkürlichen Anwendung von kantonalem Recht und Willkür bei der
Sachverhaltsfeststellung) geltend gemacht wird. Dies prüft das Bundesgericht
nicht von Amtes wegen, sondern nur insoweit, als eine solche Rüge in der
Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Das
Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich,
belegte Rügen (BGE 138 I 171 E. 1.4 S. 176 mit Hinweisen).  
 
2.2. Die Beschwerdeführer reichen im bundesgerichtlichen Verfahren eine
Beschwerdeschrift ein, welche praktisch Wort für Wort mit ihrer Beschwerde ans
Verwaltungsgericht übereinstimmt. Dies führt dazu, dass in mehreren Punkten
eine Auseinandersetzung mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids fehlt,
weshalb insoweit auf die Beschwerde nicht einzutreten ist:  
 
2.2.1. Der Regierungsrat führte aus, weshalb der Beschwerdegegnerin
Parteistellung zukommt. Insbesondere wies er darauf hin, dass es die
Beschwerdegegnerin war, die ein Gesuch um Erlass der KÜO gestellt hatte. Das
Verwaltungsgericht hat auf die betreffenden Ausführungen verwiesen. Die
Beschwerdeführer gehen darauf nicht ein und legen nicht dar, weshalb die
Bejahung der Parteistellung Bundesrecht verletzt.  
 
2.2.2. Die Beschwerdeführer sind der Auffassung, es verstosse in krasser Weise
gegen den Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit, wenn der Kanton eine KÜO erlasse,
nachdem eine kommunale ÜO abgelehnt worden sei. Das Verwaltungsgericht führte
im angefochtenen Entscheid aus, weshalb der Kanton diese Befugnis besitze.
Gemäss Art. 102 Abs. 1 Bst. b des Baugesetzes des Kantons Bern vom 9. Juni 1985
(BauG; BSG 721.0) könne die JGK zur Wahrung kantonaler oder gefährdeter
regionaler Interessen in kantonalen Überbauungsordnungen namentlich
Industriezonen, Ablagerungs- und Materialabbaustellen festlegen. Darauf gehen
die Beschwerdeführer ebenfalls nicht ein.  
 
2.2.3. Im vorinstanzlichen Verfahren machten die Beschwerdeführer geltend, es
bestehe kein "Deponie-Notstand". Das hätten die zwei grössten Kies- und
Deponieunternehmen im Entwicklungsraum Thun bestätigt. Der Entwicklungsraum
Thun verfüge in den nächsten zwei bis fünf Jahren über Reserven von
90'000-100'000 m3. Zudem kritisierten sie, die Berechnungsmethode sei nicht
nachvollziehbar. Wenn man von einer Richtmenge von 2 m3 pro Einwohner ausgehe,
resultiere ein Angebotsüberhang.  
Das Verwaltungsgericht legte zur kantonalen Deponieplanung gemäss Art. 31 Abs.
1 USG (SR 814.01) und Art. 4 Abs. 1 lit. d der Verordnung vom 4. Dezember 2015
über die Vermeidung und die Entsorgung von Abfällen (Abfallverordnung, VVEA; SR
814.600) dar, dass der Erlass einer KÜO keinen eigentlichen Notstand
voraussetze. Es führte aus, gemäss dem kantonalen Sachplan Abbau, Deponie,
Transporte sei von einem künftigen kantonalen Bedarf für Aushubvolumen von
jährlich 2,5 Mio. m3 auszugehen. Dies ergebe einen Bedarf von 2,5 m3 pro
Einwohner und Jahr, der aufgrund regionaler Besonderheiten im Entwicklungsraum
Thun (hohe Deponieengpässe, hoher Exportanteil, Entsorgung aus Nachbarregionen,
Reserven für Grossprojekte sowie Planungsunsicherheiten) auf 3 m3 zu erhöhen
sei. Gestützt darauf betrage der Bedarf für die nächsten 35 Jahre 13,65 Mio.
m3. Es bestünden 7,05 Mio. m3 Reserven (Stand 2015), woraus eine Differenz von
6,6 Mio. m3 resultiere, die mit neuen Standortfestsetzungen zu decken sei. Das
BAFU hat diese Berechnung in seiner Vernehmlassung als nachvollziehbar und
plausibel bezeichnet und darauf hingewiesen, dass keine Berechnungsgrundlagen
bekannt seien, die eine sicherere Basis lieferten. 
Die Beschwerdeführer wiederholen in ihrer Beschwerde ans Bundesgericht die
Kritik, welche sie bereits vor Verwaltungsgericht vorgebracht hatten, und
setzen sich mit den Erwägungen im angefochtenen Entscheid nicht auseinander.
Insbesondere berufen sie sich weiterhin darauf, es bestehe kein
Deponie-Notstand, obwohl das Verwaltungsgericht mit konkreten Zahlen aufzeigte,
welcher Bedarf in den nächsten 35 Jahren zu erwarten sei. Weshalb die
betreffenden Werte unrealistisch sind und die Berechnungsmethode nicht
nachvollziehbar ist, legen sie nicht dar. Dasselbe gilt für die Ausführungen,
die sie unter dem Titel "Aushubdeponien in Planung" machen. Sie berufen sich
darauf, es bestünden Reserven von 7,05 Mio. m3, bestreiten jedoch nicht in
substanziierter Weise die Erwägungen des Verwaltungsgerichts, wonach diese
Reserven nicht ausreichen, um den künftigen Bedarf zu decken. 
 
2.2.4. Auch in Bezug auf die Verkehrssicherheit beschränken sich die
Beschwerdeführer darauf, ihre Ausführungen im vorinstanzlichen Verfahren zu
wiederholen. Das Verwaltungsgericht kam gestützt auf den Bericht der J.________
AG vom 15. Januar 2014 zum Schluss, die Verkehrssicherheit stehe der geplanten
Deponie nicht entgegen. Dass der angefochtene Entscheid in diesem Punkt
Bundesrecht verletzt, legen die Beschwerdeführer nicht hinreichend
substanziiert dar. Wenn sie vorbringen, die inzwischen umgesetzten
Verkehrsmassnahmen seien untauglich, so übersehen sie, dass die J.________ AG
empfahl, mit derartigen Massnahmen bestehende Schwachstellen zu beheben,
gleichzeitig aber festhielt, diese seien kein Argument gegen den von der
Deponie verursachten Mehrverkehr. Die Empfehlungen ergingen somit unabhängig
von der Planung der Deponie.  
 
2.2.5. Die Beschwerdeführer behaupten schliesslich pauschal, es sei mit
erheblich mehr Staubimmissionen zu rechnen. Mit den Ausführungen im
angefochtenen Entscheid, der insofern auf den Umweltverträglichkeitsbericht vom
29. März 2012 (UVB, revidiert am 14. Juli 2014) verweist, setzen sie sich in
keiner Weise auseinander. Darauf ist ebenfalls nicht einzutreten.  
 
3.  
 
3.1. Die Deponie erfordert unter anderem eine Rodungsbewilligung nach Art. 5
des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1991 über den Wald (Waldgesetz, WaG; SR
921.0). Es liegt deshalb eine Bundesaufgabe im Sinne des Bundesgesetzes vom 1.
Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG; SR 451) vor (vgl. Art. 2 Abs.
1 lit. b NHG). Anwendbar ist somit Art. 3 NHG, wonach die Kantone bei der
Erfüllung der Bundesaufgaben dafür sorgen, dass das heimatliche Landschafts-
und Ortsbild, geschichtliche Stätten sowie Natur- und Kulturdenkmäler geschont
werden und, wo das allgemeine Interesse an ihnen überwiegt, ungeschmälert
erhalten bleiben (Abs. 1). Diese Pflicht gilt unabhängig davon, ob der Eingriff
in ein Objekt von nationaler, regionaler oder lokaler Bedeutung vorgenommen
wird (Art. 3 Abs. 3 i.V.m. Art. 4 NHG).  
Art. 3 NHG verlangt eine umfassende Interessenabwägung, in deren Rahmen auch zu
prüfen ist, welche Alternativen und Varianten in Betracht fallen. Diese
Anforderung ergibt sich nebst Art. 3 NHG auch aus Art. 2 Abs. 1 lit. b RPV (SR
700.1) sowie aus dem Erfordernis der Standortgebundenheit des Werks für die
erforderliche Rodung (Art. 5 Abs. 2 lit. a WaG; BGE 120 Ib 400 E. 4c S. 408 f.;
Urteil 1C_346/2014 vom 26. Oktober 2016 E. 2.10 und 6.1, in: URP 2017 S. 45; je
mit Hinweisen). 
Bei der Gesamtinteressenabwägung mitzuberücksichtigen sind die
Planungsgrundsätze gemäss Art. 3 RPG (SR 700), wonach sich Bauten und Anlagen
in die Landschaft einordnen (Abs. 2 lit. b), naturnahe Landschaften und
Erholungsräume erhalten bleiben (Abs. 2 lit. d), Wohn- und Arbeitsgebiete
einander zweckmässig zugeordnet sein (Abs. 3 lit. a) und Wohngebiete vor
schädlichen und lästigen Einwirkungen wie Luftverschmutzung, Lärm und
Erschütterungen möglichst verschont werden sollen (Abs. 3 lit. b). 
 
3.2. Die Beschwerdeführer sind der Auffassung, die Deponie sei unzulässig, weil
sie einen erheblichen Eingriff in das Landschaftsbild bewirke. Zudem machen sie
geltend, gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung dürfe durch Wohngebiete
kein Schwerverkehr führen.  
 
3.3. Grundsätzlich widerspricht die Erschliessung von Abbau- und Deponiezonen
durch Wohngebiete den Planungsgrundsätzen gemäss Art. 3 Abs. 3 lit. a und b RPG
(BGE 127 I 103 E. 7f S. 112 f.; 112 Ib 26 E. 5d S. 37 ff.; je mit Hinweisen).
Allerdings sind die Planungsgrundsätze lediglich Entscheidungskriterien und
Zielvorgaben, die keine absolute Geltung beanspruchen, sondern im Rahmen der
Interessenabwägung mit und gegen andere, möglicherweise widersprechende
Planungsgrundsätze und anderswo gesetzlich fixierte Zielvorschriften abgewogen
werden müssen (Urteile 1C_361/2008 vom 27. April 2009 E. 3.1.3, in: URP 2009 S.
877; 1C_145/2008 vom 3. Juli 2008 E. 2.1; je mit Hinweisen). In dieser Hinsicht
ist zu berücksichtigen, dass die Erschliessung der geplanten Deponie nicht über
Gemeindestrassen und durch von Schwerverkehr unbelastete Wohngebiete führt,
sondern über Kantonsstrassen, welche die Hauptverkehrsachsen in Thierachern
bilden und einen Lkw-Anteil von ca. 4-6 % aufweisen (vgl. zur Bedeutung der
Verkehrszusammensetzung für die Wahrnehmung einer Lärmzunahme BGE 136 II 281 E.
2.5.4 S. 289 f.). Konkret ist gemäss dem UVB von durchschnittlich 32
betriebsbedingten täglichen Lkw-Fahrten (auf 365 Tage verteilt) zwischen
Eyacher und dem Zentrum von Thierachern auszugehen. Diese teilen sich ab diesem
Punkt hälftig auf die in Nord- und in Südrichtung führenden Kantonsstrassen
auf. Das BAFU hält die Annahmen im UVB zu den Fahrtenzahlen für plausibel.
Gestützt darauf sei an der Blumensteinstrasse (d.h. zwischen der geplanten
Deponie und dem Dorfzentrum) von einer Zunahme von 0,2 bis 0,3 Dezibel
auszugehen, was nicht wahrnehmbar sei. Vor dem Hintergrund dieser
Feststellungen, die von den Beschwerdeführern nicht substanziiert bestritten
werden, kommt der durch den Deponiebetrieb verursachten Lärmzunahme im Rahmen
der Gesamtinteressenabwägung ein relativ geringes Gewicht zu.  
 
3.4.  
 
3.4.1. Der vorgesehene Deponiestandort liegt im regionalen
Landschaftsschutzgebiet "Drumlinlandschaft und Erholungsgebiet Thuner Westamt".
Zudem wird er von einem kommunalen Landschaftsschutzgebiet erfasst, wobei die
KÜO "Aushubdeponie Eyacher" in dieser Hinsicht eine Entlassung des
Deponieperimeters aus dem kommunalen Schutzzonenplan vorsieht. Insofern als die
Beschwerdeführer vorbringen, das Projekt sei mit den auf das kommunale
Landschaftsschutzgebiet anwendbaren Bestimmungen unvereinbar, geht ihre Kritik
deshalb ins Leere. Eingehender zu prüfen ist jedoch, welche Beeinträchtigung
der Drumlinlandschaft zu erwarten ist. Hinsichtlich der Betriebsphase ist dem
angefochtenen Entscheid und dem UVB diesbezüglich zu entnehmen, dass die
landschaftliche Beeinträchtigung insbesondere durch eine gestaffelte Auffüllung
minimiert werden soll. In der Endphase wird die Drumlinlandschaft durch die
Auffüllung der bestehenden Senke und die Aufschüttung verändert werden.  
 
3.4.2. Das Verwaltungsgericht hat die Kantonale Kommission zur Pflege der Orts-
und Landschaftsbilder (OLK) zu einer Stellungnahme zu den Auswirkungen der
geplanten Deponie auf das Landschaftsbild aufgefordert. In ihrem Bericht vom 7.
September 2016 führt die OLK aus, im weichen Relief der Amsoldinger Platte habe
sich eine überdurchschnittlich wertvolle, reich strukturierte und praktisch
unbeeinträchtigte Kulturlandschaft entwickelt. Sie sei aber der Meinung, dass
Veränderungen der Topografie an diesem Ort möglich seien. Das neu geformte
Gebiet der Aushubdeponie müsse sich jedoch eindeutig an den typischen Merkmalen
der Drumlinlandschaft orientieren. Das Wichtigste sei, dass die Anschlüsse an
das gewachsene Terrain harmonisch und ohne Bruch verliefen. Das sei mit der
vorliegenden Lösung weitgehend gelungen. Im Bereich des horizontalen Teils der
Blumensteinstrasse sollte aber das neue Terrain vor dem Anstieg zuerst etwas
sinken. Der Geländeanstieg auf der Ostseite sei noch zu gleichmässig und beim
Übergang zum gewachsenen Terrain in Richtung Thierachern zu steil. Zur
Unterstützung des bestehenden Reliefs dürfte der Drumlin sogar 2-3 m höher
sein. Die finale Modellierung der neuen Landschaft müsse zwingend von einem
kompetenten Landschaftsgestalter begleitet werden.  
Das Verwaltungsgericht hielt fest, die Vorschläge der OLK erschienen
berechtigt, zumal das Vorhaben ein Landschaftsschutzgebiet von regionaler
Bedeutung betreffe. Art. 15 Abs. 2 der Überbauungsvorschriften lasse
geringfügige Abweichungen vom Geländemodell im Überbauungsplan zu, sodass bei
der Endgestaltung den Vorgaben der OLK Rechnung getragen werden könne. Diese
liessen sich somit ohne Änderung der KÜO umsetzen. Dasselbe gelte für die
Forderung des Beizugs eines kompetenten Landschaftgestalters. Insgesamt werde
so dem Gebot der Schonung gemäss Art. 3 NHG entsprochen. 
 
3.4.3. Das BAFU bringt in seiner Vernehmlassung vor, im Bereich der geplanten
Deponie sei der in Nord-Süd-Richtung streichende Verlauf des Tälchens zwischen
zwei Drumlinzügen deutlich zu erkennen. Die Deponie käme genau dazwischen und
damit "quer" zur natürlich entstandenen geomorphologischen Struktur zu liegen.
Da es sich um eine grossflächige Geländeveränderung von teilweise
beträchtlicher Höhe handle, die ähnliche Ausmasse besitze wie die einzelnen
natürlichen Landschaftselemente, sei der Eingriff von grösserem Gewicht.  
 
3.5. Aus den im UVB abgebildeten Modellausschnitten geht hervor, dass die
Deponie zwischen die beiden erwähnten Drumlinzüge zu liegen kommt und damit die
Lesbarkeit der Fliessrichtung des Gletschers, der hier das Gelände geprägt hat,
leicht beeinträchtigt. Zumindest bei näherer Betrachtung wird die Deponie somit
als Fremdkörper erkennbar bleiben. Indessen ist vorgesehen, die Deponie einem
Drumlin nachzubilden und möglichst harmonisch an das gewachsene Terrain
anzupassen. Die landschaftliche Beeinträchtigung wird aufgrund der von der
Vorinstanz verbindlich erklärten Empfehlungen der OLK, die Form der künstlichen
Aufschüttung noch besser dem bestehenden Relief anzupassen und die
Endgestaltung durch einen kompetenten Landschaftsgestalter begleiten zu lassen,
weiter verringert. Die Errichtung der Deponie im regionalen
Landschaftsschutzgebiet stützt sich zudem auf eine Standortevaluation auf
Richtplanebene, welche gemäss den Ausführungen des Verwaltungsgerichts keine
alternativen Deponiemöglichkeiten in der Umgebung ergeben hat. Insbesondere
weil lange Materialtransportwege zur Beschränkung des Verkehrsaufkommens zu
vermeiden sind, ist die Standortwahl naturgemäss beschränkt. Die kantonale
Überbauungsordnung "Aushubdeponie Eyacher" hält somit einer umfassenden
Interessenabwägung stand. Der angefochtene Entscheid verletzt Art. 3 NHG nicht.
 
 
4.   
Die Beschwerde ist aus diesen Gründen abzuweisen, soweit darauf einzutreten
ist. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten den Beschwerdeführern
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdegegnerin ist weder anwaltlich
vertreten noch hat sie sich im bundesgerichtlichen Verfahren vernehmen lassen.
Sie hat deshalb keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 1
und 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt. 
 
3.   
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, der Einwohnergemeinde Thierachern, dem Kanton
Bern, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung,
und dem Bundesamt für Umwelt schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 3. Oktober 2017 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Merkli 
 
Der Gerichtsschreiber: Dold 

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