Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.229/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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1C_229/2017            

 
 
 
Urteil vom 28. September 2017  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Bundesrichter Karlen, Kneubühler, 
Gerichtsschreiber Uebersax. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.A.________, 
2. B.A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Bernhard Stadelmann, 
 
gegen  
 
C.________, 
Beschwerdegegnerin, 
 
Gemeinderat Horw, Gemeindehausplatz 1, Postfach, 6048 Horw. 
 
Gegenstand 
Bau- und Planungsrecht; Sistierung des Verfahrens, 
 
Beschwerde gegen die Verfügung vom 7. März 2017 
des Kantonsgerichts Luzern, 4. Abteilung (Verfahren 7H 16 173). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Am 7. Mai 2015 bewilligte der Gemeinderat Horw A.A.________ und
B.A.________ den Neubau eines Einfamlienhauses auf ihrem Grundstück Nr. 2130,
Grundbuch Horw. Dagegen erhob C.________ als Eigentümerin des benachbarten
Grundstücks Nr. 2617, Grundbuch Horw, Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim
Kantonsgericht Luzern. Das Verfahren ist dort unter der Nummer 7H 15 156
hängig.  
 
A.b. Am 7. Juli 2016 bewilligte der Gemeinderat Horw A.A.________ und
B.A.________ die Abänderung des Garagengeschosses und der Zufahrt auf dem
genannten eigenen Grundstück. Die Zufahrt führt teilweise über das
Nachbarsgrundstück Nr. 2617 von C.________. Diese erhob auch dagegen
Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Kantonsgericht, welches das Verfahren unter
der Nummer 7H 16 173 führt. In prozessualer Hinsicht beantragte sie die
Sistierung des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Beurteilung der vor dem
Bezirksgericht Kriens unter der dortigen Verfahrensnummer 1A2 16 12 hängigen
Zivilklage zu den sachenrechtlichen Verhältnissen, insbesondere zur Tragweite
eines Fuss- und Fahrwegrechts im Bereich der Grenze zwischen den beiden
betroffenen Grundstücken.  
 
A.c. Mit Verfügung vom 16. September 2016 stellte das Kantonsgericht unabhängig
davon fest, die beiden kantonsgerichtlichen Verfahren stünden in engem
Zusammenhang, wobei der Ausgang des zweiten Verfahrens 7H 16 173 entscheidenden
Einfluss auf die Beurteilung des ersten Verfahrens 7H 15 156 habe. Das
Kantonsgericht sistierte daher das erste bis zum Abschluss des zweiten
Verfahrens.  
 
B.  
Am 7. März 2017 verfügte der verfahrensleitende Einzelrichter am Kantonsgericht
Luzern überdies antragsgemäss die Sistierung des vor dem Kantonsgericht
hängigen Beschwerdeverfahrens 7H 16 173 bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen
Urteils in dem vor dem Bezirksgericht hängigen Klageverfahren 1A2 16 12. 
Mit Eingaben vom 24. März und 12. April 2017 ersuchten A.A.________ und
B.A.________ um Wiedererwägung der Sistierungsverfügung vom 7. März 2017. Auf
das erste Gesuch trat das Kantonsgericht nicht ein, das zweite wies es aus dem
Recht, weil A.A.________ selbst und nicht der Rechtsvertreter des Ehepaars das
Gesuch unterzeichnet habe. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 24. April 2017 an
das Bundesgericht beantragen A.A.________ und B.A.________, "die Verfügung des
Kantonsgerichts vom 7. März 2017 [...] aufzuheben und das Verfahren 7H 16 173
[...] an die Vorinstanz zur Weiterführung zurückzuweisen"; eventuell sei das
Wiedererwägungsgesuch vom 12. April 2017 der Vorinstanz zur Beurteilung zu
unterbreiten. Zur Begründung wird im Wesentlichen geltend gemacht, das
Kantonsgericht wende bei der angefochtenen Sistierung das kantonale
Verfahrensrecht willkürlich an und verstosse gegen den Beschleunigungsgrundsatz
von Art. 29 Abs. 1 BV; überdies habe es eine Gehörsverletzung begangen, indem
es das zweite Wiedererwägungsgesuch aus dem Recht gewiesen habe. 
C.________ beantragt, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten oder sie sei
vollumfänglich abzuweisen. Der Gemeinderat Horw schliesst auf Aufhebung der
Sistierung und damit sinngemäss auf Gutheissung der Beschwerde. Das
Kantonsgericht beantragt die Abweisung der Beschwerde. In der Folge äusserte
sich C.________ zur Vernehmlassung des Gemeinderates. 
In weiteren Stellungnahmen (Replik und Duplik) vom 9. Juni 2017 einerseits
sowie vom 23. und 25. Juni 2017 andererseits halten A.A.________ und
B.A.________ sowie C.________ im Wesentlichen an ihren Standpunkten fest. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten sind mit derselben Beschwerde zwei verschiedene Hoheitsakte des
Kantonsgerichts. Zunächst und hauptsächlich richtet sich die Beschwerde gegen
die eigentliche Sistierungsverfügung vom 7. März 2017. Zweitens und subsidiär
fechten die Beschwerdeführer den ihnen per Schreiben vom 18. April 2017
mitgeteilten Beschluss des Kantonsgerichts an, das zweite
Wiedererwägungesbegehren vom 12. April 2017 aus dem Recht zu weisen. Die
Anfechtung von zwei separaten, hier im Übrigen inhaltlich zusammenhängenden
Hoheitsakten in einer Rechtsschrift schadet nicht. Beide angefochtenen
Schriftstücke wurden eingereicht, und die Beschwerdeschrift äussert sich auch
zu beiden Streitobjekten. 
 
2.  
 
2.1. Mit der Verfügung vom 7. März 2017 wird ein kantonal letztinstanzlicher
Entscheid über die Sistierung eines Verfahrens im Zusammenhang mit dem Bau- und
Planungsrecht angefochten, bei dem es sich um einen behördlichen Hoheitsakt mit
Rechtswirkungen handelt und gegen den grundsätzlich die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht offen steht (Art.
82 lit. a BGG in Verbindung mit Art. 34 Abs. 1 RPG und Art. 86 Abs. 1 lit. d
BGG; vgl. auch BGE 133 II 249 E. 1.2 S. 251; 133 II 409 E. 1.1 S. 411). Die
Beschwerdeführer haben insofern am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und
sind zur Beschwerdeerhebung legitimiert (vgl. Art. 89 Abs. 1 BGG).  
 
2.2. Nach Art. 90 BGG ist die Beschwerde zulässig gegen Entscheide, die das
Verfahren abschliessen. Von weiteren, hier nicht interessierenden Ausnahmen
abgesehen wird davon abgewichen, wenn ein selbständig eröffneter Vor- oder
Zwischenentscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (
Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG), wobei nach der Rechtsprechung ein rechtlicher
Nachteil drohen muss. Bei der angefochtenen Sistierungsverfügung handelt es
sich um einen Zwischenentscheid. Nach der Rechtsprechung kann ein
Sistierungsentscheid auch dann selbständig angefochten werden, wenn er keinen
nicht wieder gutzumachenden Nachteil nach Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG bewirkt,
falls die beschwerdeführende Partei eine ungerechtfertigte
Verfahrensverzögerung oder Rechtsverweigerung rügt bzw. geltend macht, die
Sistierung führe zu einer Verletzung des Beschleunigungsgebots, und dieses
Vorbringen hinreichend begründet wird (BGE 138 III 190 E. 6 S. 191 f.; 134 IV
43 E. 2).  
 
2.3. Die Beschwerdeführer machen geltend, einen irreversiblen Rechtsnachteil zu
erleiden. Mit dem Entscheid vom 7. Mai 2015 habe der Gemeinderat Horw den
Neubau eines Einfamilienhauses mit einer neuen Zufahrt bewilligt, das an das
bestehende Haus angebaut wird. Da die neue Erschliessungsvariante den Abbruch
eines Teils einer bestehenden Stützmauer bedinge, die auch auf der
Nachbarsliegenschaft der Beschwerdegegnerin stehe, habe der Gemeinderat Horw
die Beschwerdeführer insofern an den Zivilrichter verwiesen. Im Falle der
Nichterstellung der Zufahrt könnten die zwei fehlenden Abstellplätze durch eine
Ersatzabgabe abgegolten werden, weshalb die Errichtung der Zufahrt nicht
zwingend nötig sei. Bereits früher sei im Rahmen des Ausbaus der
Gemeindestrasse die Stützmauer mit Entscheid des Gemeinderats Horw vom 9.
September 2010 auf Kosten der Gemeinde zurückgebaut und teilweise abgebrochen
worden. In der Folge habe der Containerplatz neu auf das Grundstück der
Beschwerdeführer verlegt werden müssen. Am 29. Mai 2013 habe der Gemeinderat
einen neuen Container- und Velounterstand bewilligt, der direkt von der Strasse
erschlossen werde und zu dem die Beschwerdegegnerin ihre Zustimmung erteilt
habe. In der Folge hätten die Beschwerdeführer die Erschliessung zur geplanten
Garage ihres Neubaus geändert und sähen nunmehr dafür die Zufahrt vor, über die
auch der Containerplatz erschlossen werde. Dies sei vom Gemeinderat am 7. Juli
2016 so bewilligt worden. Die Beschwerdeführer stehen dabei, gleich wie im
Übrigen auch der Gemeinderat Horw, auf dem Standpunkt, das im Grundbuch
eingetragene Fuss- und Fahrwegrecht erstrecke sich über die gesamte Fläche des
Grundstücks der Beschwerdegegnerin bzw. erfasse die geplante Erschliessung.
Nach Ansicht der Beschwerdeführer handle die Beschwerdegegnerin überdies
widersprüchlich, indem sie die Benutzung ihres Grundstücks für die öffentlichen
Dienste, die den Containerplatz bedienten, akzeptiere, hingegen das Bestehen
einer Dienstbarkeit für die Zufahrt zur Garage bestreite.  
 
2.4. Die hier angefochtene Sistierung steht einzig mit der Nutzung der
Liegenschaft für die geplante Garagenzufahrt unmittelbar im Zusammenhang. Das
Kantonsgericht hat allerdings auch das Beschwerdeverfahren 7H 15 156 über die
Bewilligung des Neubaus auf dem Grundstück der Beschwerdeführer sistiert bis
zum Abschluss des hier strittigen Verfahrens 7H 16 173 über die Bewilligung für
eine Abänderung des Garagengeschosses und der Zufahrt zur Garage. Durch die
zusätzliche Sistierung des zweiten Verfahrens 7H 16 173 bis zur Klärung der
sachenrechtlichen Rechtslage, insbesondere der Tragweite der bestehenden
Dienstbarkeit, erleiden die Beschwerdeführer keinen nicht wieder gutzumachenden
Rechtsnachteil. Sollte das zivilrechtliche Verfahren ergeben, dass die geplante
Zufahrt von der bestehenden Dienstbarkeit gedeckt ist, kann die Baubewilligung
aus diesem Grunde nicht verweigert werden. Andernfalls müssen sich die
Beschwerdeführer anderweitig um eine Regelung der privatrechtlichen
Verhältnisse bemühen. Der Sistierungsentscheid ändert daran nichts. Im Übrigen
machen die Beschwerdeführer selbst geltend, gegen eine Ersatzabgabe sogar auf
die Erstellung der Abstellplätze verzichten zu können, womit sie gar nicht
zwingend auf die verlangte Zufahrt angewiesen seien. Ob die Fortsetzung des
hauptsächlichen Baubewilligungsverfahrens für das Projekt des Einfamilienhauses
- und nicht des hier fraglichen Bewilligungsverfahrens zur Erschliessung -
damit tatsächlich zwingend von der Regelung der Garagenzufahrt abhängt, bildet
nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens und braucht nicht geprüft zu
werden. Auf die vorliegende Beschwerde ist jedenfalls mangels irreversiblen
Rechtsnachteils nicht einzutreten, soweit die Beschwerdeführer in der
angefochtenen Sistierung allgemein einen Rechtsverstoss und dabei insbesondere
eine willkürliche Anwendung des kantonalen Verfahrensrechts sehen.  
 
2.5. Die Beschwerdeführer sind sodann der Ansicht, die angefochtene Sistierung
führe zu einer ungerechtfertigten Verfahrensverschleppung, die das in Art. 29
Abs. 1 BV enthaltene Prinzip der Verfahrensbeschleunigung verletze und auf eine
Rechtsverweigerung bzw. -verzögerung hinauslaufe. Insoweit ist auf die
Beschwerde einzutreten.  
 
2.5.1. Eine formelle Rechtsverweigerung liegt vor, wenn eine Behörde auf eine
ihr frist- und formgerecht unterbreitete Sache nicht eintritt bzw. diese nicht
behandelt, obschon sie darüber befinden müsste (BGE 135 I 6 E. 2.1 S. 9; 134 I
229 E. 2.3 S. 232; vgl. auch BGE 136 II 177 E. 2.1). Um eine unzulässige
Rechtsverzögerung handelt es sich, wenn die Behörde ihren Entscheid in objektiv
nicht gerechtfertigter Weise hinauszögert. Ob dies zutrifft, beurteilt sich auf
Grund der konkreten Umstände des Einzelfalls. Massgebend sind in diesem
Zusammenhang namentlich die besondere Bedeutung und die Art des Verfahrens, die
Komplexität und Schwierigkeit der Sache sowie das prozessuale Verhalten der
Beteiligten (BGE 125 V 188 E. 2a S. 191 f.).  
 
2.5.2. Die strittige Garagenzufahrt führt, wenn auch nur in geringem Masse,
über die Liegenschaft der Beschwerdegegnerin. Dass das Grundstück flächenmässig
nur wenig tangiert ist - die genaue Fläche ist umstritten; zwischen den
Verfahrensbeteiligten ist die Rede von 0,3-1,8 m ^2 -, spielt keine Rolle.
Unbestritten ist, dass das Grundstück der Beschwerdegegnerin betroffen ist,
weshalb es einer privatrechtlichen Erlaubnis der Zufahrt bedarf. Es bildet
jedoch nicht Streitobjekt des öffentlich-rechtlichen Baubewilligungs- und erst
recht nicht des entsprechenden Sistierungsverfahrens, über die zivilrechtliche
Lage zu entscheiden, insbesondere darüber, ob hier die strittige Garagenzufahrt
auf dem Grundstück der Beschwerdegegnerin vom bestehenden Servitut gedeckt wird
oder nicht. Im öffentlich-rechtlichen Bewilligungsverfahren kann, abgesehen von
besonderen Ausnahmekonstellationen wie Dringlichkeit oder
Rechtsmissbräuchlichkeit, nur auf unbestrittene oder allenfalls eindeutige
privatrechtliche Verhältnisse abgestellt werden. Die sachenrechtlichen
Verhältnisse sind hier jedoch gerade umstritten und nicht offensichtlich. Weite
Teile der Rechtsschriften geben bloss die jeweilige Einschätzung der
sachenrechtlichen Problematik wieder und sind daher für das vorliegende
Verfahren bedeutungslos. Zu prüfen ist einzig, ob die vom Kantonsgericht
verfügte Sistierung auf eine Rechtsverweigerung oder -verzögerung hinausläuft.
 
 
2.5.3. Eine Rechtsverweigerung ist schon deswegen zu verneinen, weil das
Kantonsgericht weder seine Zuständigkeit noch seine Bereitschaft zu einem
Entscheid verneint, sondern einen solchen lediglich bis zur Klärung der
zivilrechtlichen Verhältnisse aussetzt. Das ist grundsätzlich nicht zu
beanstanden.  
 
2.5.4. Für die Verzögerung, die wegen des Sistierungsentscheids eintritt, gibt
es gute Gründe. Bei der Nutzung des Grundstücks der Beschwerdegegnerin für die
öffentlichen Dienste und damit für den Zugang zum Containerplatz handelt es
sich um eine andere Verwendungsform als bei derjenigen für die geplante
Garagenzufahrt. Es erscheint nicht widersprüchlich oder missbräuchlich, das
eine zu dulden, beim anderen aber auf einer gerichtlichen Klärung bzw.
Bereinigung zu bestehen, wie das die Beschwerdeführer der Beschwerdegegnerin
vorhalten. Diese behauptet allerdings, ihre Zustimmung zum Containerplatz wegen
des angeblich treuwidrigen Verhaltens der Beschwerdeführer widerrufen zu haben.
Wie es sich damit verhält, kann dahingestellt bleiben. So oder so ist es üblich
und rechtlich unerlässlich, dass - vorbehältlich besonderer Ausnahmesituationen
wie Dringlichkeit (vgl. dazu etwa das Urteil des Bundesgerichts 1C_642/2015 vom
8. November 2016 E. 3) - die zivilrechtlichen Verhältnisse auch bei der
Erschliessung als Bewilligungsvoraussetzung (vgl. Art. 22 Abs. 2 lit. b RPG)
geklärt und bereinigt sein müssen, bevor eine Baubewilligung erteilt werden
kann. Eine Ausnahmelage ist hier nicht ersichtlich. Insbesondere behaupten die
Beschwerdeführer keine besondere objektive Dringlichkeit, und es gibt dafür
auch keine Anhaltspunkte. Es erscheint zwar subjektiv verständlich, dass sie
ihr Bauvorhaben möglichst rasch realisieren möchten. Soll dies mitsamt der
abgeänderten Zufahrt erfolgen, führt aber nichts daran vorbei, dass sie
zunächst die privatrechtlichen Verhältnisse bereinigen müssen. Erneut fällt im
Übrigen in Betracht, das geplante Einfamilienhaus gegebenenfalls gegen Leistung
einer Ersatzabgabe auch ohne Garagenzufahrt zu erstellen, was deren Bedeutung
und Dringlichkeit zusätzlich abschwächt. Die mit dem Sistierungsentscheid
verbundene zeitliche Verschiebung der Realisierung der Erschliessung erweist
sich demnach als vertretbar, weshalb der entsprechende angefochtene Entscheid
nicht auf eine unzulässige Rechtsverzögerung hinausläuft.  
 
3.  
 
3.1. Mit dem Schreiben vom 18. April 2017 informierte das Kantonsgericht die
Beschwerdeführer darüber, dass ihr zweites Gesuch um Wiedererwägung des
Sistierungsentscheids vom 7. März 2017 "aus dem Recht" gewiesen wurde. Diese
Formulierung erscheint unklar. Gemeinhin werden Akten oder Eingaben in einem
hängigen Verfahren aus dem Recht gewiesen, wenn sie nicht zulässig oder
irrelevant sind, ohne dass damit das Verfahren als solches in Frage gestellt
wird. Ein Gesuch aus dem Recht zu weisen mit der Folge, dass es gar nicht
geprüft wird, bedeutet, es entweder ohne Verfahrenseröffnung unbehandelt
abzulegen oder darauf unmittelbar zusammen mit der Eröffnung des Verfahrens
förmlich nicht einzutreten und das Verfahren gleich wieder zu beenden. Zur
Begründung führt das Kantonsgericht hier aus, der Beschwerdeführer 1 und nicht
der als Rechtsvertreter gegenüber dem Gericht auftretende Anwalt der
Beschwerdeführer habe das Gesuch unterzeichnet; wenn eine Partei aber einen
Rechtsvertreter benenne, könne sie nicht mehr selbst verbindlich
Prozesshandlungen vornehmen. Damit beruft sich das Kantonsgericht auf einen
Unzulässigkeitsgrund, was bedeutet, dass es auf das Gesuch nicht eingetreten
ist.  
 
3.2. Wieweit bzw. unter welchen Voraussetzungen gegen einen
Wiedererwägungsentscheid im Zusammenhang mit einer Sistierungsverfügung die
Beschwerde an das Bundesgericht offen steht, erscheint fraglich. Dies kann aber
offen bleiben. Die Beschwerdeführer berufen sich nicht darauf, das
Kantonsgericht habe kantonales Verfahrensrecht verfassungswidrig, insbesondere
willkürlich, angewandt. Sie machen einzig einen Verstoss gegen Art. 29 Abs. 1
und allenfalls Art. 29a BV geltend. Gemäss der entsprechenden Rechtsprechung
stellt die Wiedererwägung lediglich einen Rechtsbehelf dar, auf deren Prüfung
grundsätzlich nur dann ein Anspruch besteht, wenn die Umstände sich seit dem
ersten Entscheid wesentlich geändert haben oder wenn der Gesuchsteller
erhebliche Tatsachen und Beweismittel namhaft macht, die ihm im früheren
Verfahren nicht bekannt waren oder die schon damals geltend zu machen für ihn
rechtlich oder tatsächlich unmöglich war oder keine Veranlassung bestand (BGE
136 II 177 E. 2.1 mit Hinweis).  
 
3.3. Selbst wenn auf die Beschwerde gegen das Nichteintreten auf das zweite
Wiedererwägungsgesuch einzutreten wäre, müsste sie abgewiesen werden. Die vom
Kantonsgericht angeführte Begründung erscheint zwar fragwürdig, ist doch trotz
möglicher Koordinationsproblemen, für deren Lösung die Partei allerdings selbst
verantwortlich ist, nicht ersichtlich, weshalb eine Partei nicht mehr selbst
verbindliche Prozesshandlungen vornehmen können sollte, wenn sie sich im
Übrigen durch einen Rechtsanwalt vertreten lässt. Darin könnte durchaus eine
massgebliche Rechtsverweigerung liegen (vgl. Urteil des Bundesgerichts 2C_550/
2007 vom 25. Februar 2008 E. 5.2). Die Beschwerdeführer machen jedoch nicht
geltend, die Verhältnisse hätten sich seit Fällung des Sistierungsentscheids
massgeblich verändert. Das Kantonsgericht musste daher schon deshalb auf das
Wiedererwägungsgesuch nicht eintreten, weil die Beschwerdeführer keinen
Anspruch auf Wiedererwägung belegen können. Aus gleichem Grund war das
Kantonsgericht bereits auf das erste Wiedererwägungsgesuch nicht eingetreten.
Im Übrigen gibt es insofern auch keine Hinweise auf einen Ermessensmissbrauch.
Angesichts dieser möglichen Motivsubstitution durch das Bundesgericht ist der
Nichteintretensentscheid des Kantonsgerichts hinsichtlich des zweiten Gesuchs
im Ergebnis nicht zu beanstanden.  
 
4.  
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf
eingetreten werden kann. 
Bei diesem Verfahrensausgang werden die unterliegenden Beschwerdeführer unter
Solidarhaft kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG, Art. 65 BGG).
Praxisgemäss ist der nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdegegnerin, die auch
keinen aussergewöhnlichen Aufwand belegen kann, keine Parteientschädigung
zuzusprechen (vgl. BGE 133 III 439 E. 4 S. 446). 
 
 
  
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden den Beschwerdeführern unter
Solidarhaft auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, der Gemeinderat Horw und dem Kantonsgericht
Luzern, 4. Abteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 28. September 2017 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Merkli 
 
Der Gerichtsschreiber: Uebersax 

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