Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.204/2017
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
1C_204/2017        

Urteil vom 18. Juli 2017

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Karlen, Kneubühler,
Gerichtsschreiber Störi.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hannes Zehnder,

gegen

Verkehrsamt des Kantons Schwyz,
Postfach 3214, 6431 Schwyz.

Gegenstand
Führerausweisentzug,

Beschwerde gegen den Entscheid vom 6. März 2017
des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz,
Kammer III.

Sachverhalt:

A.
A.________ überholte am 18. Juli 2016 in Meiringen, als er am Steuer eines
Personenwagens bergwärts in Richtung Brünig fuhr, in einer unübersichtlichen
Rechtskurve auf der linken Seite der Sicherheitslinie einen hinter einem
Velofahrer herfahrenden Reisecar. Dabei kam es zu einer Kollision zwischen dem
Personenwagen und dem Car, als dieser seinerseits den Velofahrer überholte.
Am 21. November 2016 sprach die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern, Region
Oberland, A.________ wegen dieses Vorfalls der groben Verkehrsregelverletzung
im Sinn von Art. 90 Abs. 2 SVG schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingten
Geldstrafe von 10 Tagessätzen und einer Busse von Fr. 300.--.
Am 23. November 2016 entzog das Verkehrsamt Schwyz A.________ den Führerausweis
für immer und auferlegte ihm eine Sperrfrist von fünf Jahren gemäss Art. 23
Abs. 3 SVG.
Am 6. März 2017 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz die Beschwerde
von A.________ gegen diese Entzugsverfügung im Sinne der Erwägungen ab, soweit
es darauf eintrat.

B.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________,
diesen Entscheid des Verwaltungsgerichts aufzuheben und ihm den Ausweis bloss
für zwei Jahre zu entziehen oder eventuell die Sache zur Neubeurteilung an die
Vorinstanz zurückzuweisen.

C.
Das Verwaltungsgericht beantragt in seiner Vernehmlassung, die Beschwerde
abzuweisen. Denselben Antrag stellt das Bundesamt für Strassen. Der
Beschwerdeführer hat repliziert.

Erwägungen:

1.
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid über eine
Administrativmassnahme gegen einen Fahrzeuglenker. Dagegen steht die Beschwerde
in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art. 82 ff. BGG offen; ein
Ausnahmegrund ist nicht gegeben (Art. 83 BGG). Der Beschwerdeführer ist zur
Beschwerde befugt (Art. 89 Abs. 1 BGG). Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen
geben zu keinen Bemerkungen Anlass, sodass auf die Beschwerde einzutreten ist.

2.

2.1. Das Gesetz unterscheidet zwischen der leichten, mittelschweren und
schweren Widerhandlung (Art. 16a-c SVG). Gemäss Art. 16a SVG begeht eine
leichte Widerhandlung, wer durch Verletzung von Verkehrsregeln eine geringe
Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft und ihn dabei nur ein leichtes
Verschulden trifft (Abs. 1 lit. a). Die fehlbare Person wird verwarnt, wenn in
den vorangegangenen zwei Jahren der Ausweis nicht entzogen war und keine andere
Administrativmassnahme verfügt wurde (Abs. 3). Gemäss Art. 16b SVG begeht eine
mittelschwere Widerhandlung, wer durch Verletzung von Verkehrsregeln eine
Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf nimmt (Abs. 1 lit.
a). Nach einer mittelschweren Widerhandlung wird der Führerausweis für
mindestens einen Monat entzogen (Abs. 2 lit. a) bzw. für mindestens vier
Monate, wenn in den vorangegangenen zwei Jahren der Ausweis bereits einmal
wegen einer schweren oder mittelschweren Widerhandlung entzogen war (Abs. 2
lit. b). Leichte und mittelschwere Widerhandlungen werden von Art. 90 Ziff. 1
SVG als einfache Verkehrsregelverletzungen erfasst (BGE 135 II 138 E. 2.4 S.
143). Gemäss Art. 16c SVG begeht eine schwere Widerhandlung, wer durch grobe
Verletzung von Verkehrsregeln eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer
hervorruft oder in Kauf nimmt (Abs. 1 lit. a). Nach einer schweren
Widerhandlung, welche einer groben Verkehrsregelverletzung im Sinne von Art. 90
Ziff. 2 SVG entspricht (BGE 132 II 234 E. 3 S. 237), wird der Führerausweis für
mindestens drei Monate entzogen (Abs. 2 lit. a). Für immer wird er nach Abs. 2
lit. e entzogen, wenn in den vorangegangenen fünf Jahren der Ausweis gemäss
Abs. 2 lit. d oder gemäss Art. 16b Abs. 2 lit. e auf unbestimmte Zeit, d.h.
mindestens für zwei Jahre, entzogen worden war. Eine Unterschreitung der
gesetzlichen Mindestentzugsdauer ist ausgeschlossen (Art. 16 Abs. 3 SVG; zum
Ganzen: Urteil 1C_424/2012 vom 15. Januar 2013 E 2.1).

2.2. Der fahrerische Leumund des Beschwerdeführers ist wie folgt belastet:
Wegen einer mittelschweren Widerhandlung gegen die Verkehrsregeln vom 15. März
2004 wurde dem Beschwerdeführer der Ausweis am 1. April 2004 für 2 Monate
entzogen. Wegen einer Trunkenheitsfahrt mit einem Blutalkoholgehalt von
mindestens 1.28 Promillen vom 28. April 2009 wurde ihm sodann der Ausweis am 3.
Juni 2009 für drei Monate (schwere Widerhandlung) und wegen einer weiteren
Trunkenheitsfahrt vom 21. August 2010 mit einem Blutalkoholgehalt von
mindestens 1.24 Promillen am 14. Oktober 2010 für 19 Monate entzogen (schwere
Widerhandlung). Wegen einer Trunkenheitsfahrt mit einem Motorfahrrad mit einem
Blutalkoholgehalt von mindestens 1.24 Promillen vom 12. Juli 2011 wurde ihm der
Ausweis am 14. September 2011 auf unbestimmte Zeit entzogen (schwere
Widerhandlung).

2.3. Gemäss Strafbefehl der Staatsanwaltschaft des Kantons Bern, Region
Oberland, vom 21. November 2011 hat der Beschwerdeführer am 18. Juli 2016 eine
grobe Verkehrsregelverletzung begangen, weil er mit einem Personenwagen in
einer unübersichtlichen Rechtskurve einen Gesellschaftswagen überholte, wobei
er nicht die gesamte Überholstrecke einsehen konnte, eine Sicherheitslinie
überfuhr, dadurch andere Verkehrsteilnehmer gefährdete bzw. deren Gefährdung in
Kauf nahm und einen Unfall mitverursachte. Der Strafbefehl ist in Rechtskraft
erwachsen und damit verbindlich. Er ist im Übrigen auch sachlich zutreffend:
Wer unter Missachtung einer Sicherheitslinie ein Fahrzeug überholt, ohne die
Gegenfahrbahn weit genug einsehen und damit sicherstellen zu können, den
Überholvorgang rechtzeitig vor dem Eintreffen von allfälligem Gegenverkehr
durch Wiedereinbiegen in die eigene Fahrspur abzuschliessen, nimmt
offensichtlich eine ernstliche Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer zumindest
in Kauf und begeht damit eine grobe Verkehrsregelverletzung im Sinn von Art. 90
Abs. 2 SVG.

2.4. Eine strafrechtliche grobe Verkehrsregelverletzung entspricht nach
konstanter Rechtsprechung administrativrechtlich einer schweren Widerhandlung
(oben E. 2.1). Das Verwaltungsgericht hat kein Bundesrecht verletzt, indem es
den Vorfall vom 18. Juli 2016 als solche einstufte.

2.5. Nach einer schweren Widerhandlung ist der Führerausweis u.a. dann für
immer zu entziehen, wenn er innerhalb der letzten fünf Jahre bereits einmal
nach Art. 16c Abs. 2 lit. d SVG, d.h. nach einer schweren Widerhandlung für
unbestimmte Zeit, mindestens aber für 2 Jahre, entzogen worden war. Diese
Voraussetzung ist vorliegend klarerweise erfüllt, wurde dem Beschwerdeführer
doch am 14. September 2011 der Führerausweis wegen einer schweren Widerhandlung
- einer Trunkenheitsfahrt mit einem Blutalkoholgehalt von 1.24 Promillen mit
einem "Töffli" - auf unbestimmte Zeit entzogen. Der Beschwerdeführer macht
geltend, diese Entzugsverfügung sei fehlerhaft: eine Trunkenheitsfahrt mit
einem "Töffli" gefährde die Verkehrssicherheit ungleich weniger als eine solche
mit einem Personenwagen oder gar einem Lastwagen. Seine damalige Verfehlung
hätte korrekterweise als leichte Widerhandlung sanktioniert werden müssen. Es
gehe daher nicht an, sie bei der kaskadenmässigen Erhöhung der Entzugsdauer
nach vorherigen Entzügen als schwere Widerhandlung zu berücksichtigen.
Der Einwand geht fehl. Die Verfügung vom 14. September 2011 ist längst in
Rechtskraft erwachsen und wurde auch vollzogen. Sie könnte allenfalls bei
Vorliegen von Revisionsgründen in Wiedererwägung gezogen werden. Solche macht
der Beschwerdeführer nicht geltend, und es sind auch keine ersichtlich.
Demzufolge ist die Verfügung vom 14. September 2011 unter dem Gesichtspunkt von
Art. 16c Abs. 2 lit. e SVG uneingeschränkt zu berücksichtigen, wie es das
Verwaltungsgericht zu Recht getan hat. Im Übrigen trifft die Auffassung des
Beschwerdeführers, Trunkenheitsfahrten mit "Töfflis" stellten stets leichte
Widerhandlungen im Sinn von Art. 16a SVG dar, keineswegs zu; es kann auf E. 4
des Urteils des Bundesgerichts 1C_766/2013 vom 1. Mai 2014 verwiesen werden.

2.6. Es ergibt sich somit, dass das Verwaltungsgericht kein Bundesrecht
verletzt hat, indem es den vom Strassenverkehrsamt "für immer, mindestens für 5
Jahre" verfügten Führerausweisentzug schützte. Es handelt sich um die
gesetzliche Minimaldauer, die nicht unterschritten werden darf und führt auch
nicht zu einem unhaltbaren Ergebnis. Damit erweist sich auch der Einwand des
Beschwerdeführers, die Verfügung treffe ihn unverhältnismässig hart und
verletze seinen verfassungsmässigen Anspruch auf persönliche Freiheit,
Bewegungsfreiheit und Wirtschaftsfreiheit, als unbegründet.

3.
Die Beschwerde ist somit abzuweisen. Dem Ausgang entsprechend trägt der
Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Verkehrsamt des Kantons Schwyz,
dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, Kammer III, und dem Bundesamt für
Strassen schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 18. Juli 2017

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Merkli

Der Gerichtsschreiber: Störi

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