Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.175/2017
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
1C_175/2017        

Urteil vom 28. Juni 2017

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Karlen, Chaix,
Gerichtsschreiber Dold.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Jacques Marti,

gegen

Evangelisch-reformierte Kirchgemeinde Kloten,
Beschwerdegegnerin,

Baukommission der Stadt Kloten,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Christoph Schaub.

Gegenstand
Baubewilligung,

Beschwerde gegen das Urteil vom 9. Februar 2017 des Verwaltungsgerichts des
Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer.

Sachverhalt:

A.
Der evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Kloten gehört die am Reutlenweg 27
gelegene Parzelle Kat.-Nr. 2880. Das Grundstück befindet sich in der Wohnzone
W4. Zurzeit steht darauf ein zweigeschossiges Gebäude, das die Bezeichnung
altes Pfarrhaus "Saal Reutlen" trägt. Die Bauherrschaft möchte dieses Gebäude
abbrechen und durch einen Neubau ersetzen. Geplant ist ein Mehrfamilienhaus mit
einer Unterniveaugarage, einem anrechenbaren Untergeschoss sowie vier
Vollgeschossen. Als Gebäudenutzung sind dreizehn Wohnungen und eine Büroeinheit
vorgesehen. Südlich bzw. südwestlich der Bauparzelle befindet sich die
sogenannte 1. Swissairsiedlung. Hierbei handelt es sich um ein im Jahr 1948
nach dem Gartenstadtkonzept errichtetes Gebäudeensemble. Dieses besteht im
Wesentlichen aus freistehenden Einfamilienhäusern und horizontal
aneinandergebauten Reiheneinfamilienhäusern. Die Siedlung ist seit dem Jahr
1982 im Inventar der schutzwürdigen Gebäude eingetragen.
Mit Beschluss vom 14. März 2016 erteilte die Baukommission der Stadt Kloten der
Kirchgemeinde die Baubewilligung für das erwähnte Projekt. Dagegen rekurrierte
A.________ am 18. April 2016 ans Baurekursgericht des Kantons Zürich. Er ist
Eigentümer des mit einem Einfamilienhaus überbauten Grundstücks Kat.-Nr. 1928
am B.________-Weg. Das Baurekursgericht wies sein Rechtsmittel mit Entscheid
vom 1. September 2016 ab.
Eine von A.________ daraufhin erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht
des Kantons Zürich mit Urteil vom 9. Februar 2017 ebenfalls ab.

B.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht vom
27. März 2017 beantragt A.________, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei
aufzuheben und die Baubewilligung sei zu verweigern.
Das Verwaltungsgericht beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf
einzutreten sei. Die Baukommission und die Beschwerdegegnerin beantragen, auf
die Beschwerde nicht einzutreten, und eventuell, sie abzuweisen.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde richtet sich gegen einen kantonal letztinstanzlichen Entscheid
in einer öffentlich-rechtlichen Angelegenheit, der das Verfahren abschliesst
(Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 91 lit. b BGG). Gemäss den
Ausführungen des Baurekursgerichts liegt die Parzelle des Beschwerdeführers in
80 m Entfernung vom Baugrundstück und wäre das geplante mehrstöckige
Mehrfamilienhaus von dort aus sichtbar. Unter diesen Umständen ist der
Beschwerdeführer zur Beschwerde berechtigt (Art. 89 Abs. 1 BGG; Urteil 1C_204/
2016 vom 19. August 2016 E. 2 mit Hinweisen).

2.
Der Beschwerdeführer bringt vor, die Baukommission schaffe ein unnötiges
Präjudiz, wenn sie das Bauprojekt bewillige, ohne sich mit dem noch
auszuarbeitenden Gestaltungsplan Mittelholzerweg auseinanderzusetzen. Das
Verwaltungsgericht hielt dazu fest, die Bauparzelle falle nicht in den
Gestaltungsplanperimeter. Die Ausarbeitung des Gestaltungsplans müsse deshalb
nicht abgewartet werden und es sei darauf auch keine Rücksicht zu nehmen. Der
Beschwerdeführer kritisiert diese Ausführungen. Er macht geltend, der
Gestaltungsplan müsste schon lange vorliegen und eine Interessenabwägung
spreche ebenfalls dafür, das Baugesuch zu sistieren. Inwiefern das
Verwaltungsgericht in diesem Punkt Recht verletzt haben soll (Art. 95 BGG),
legt er jedoch nicht substanziiert dar. Darauf ist nicht einzutreten (Art. 42
Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG).

3.

3.1. Umstritten ist die Gestaltung des Bauprojekts. In dieser Hinsicht sieht §
238 des Planungs- und Baugesetzes des Kantons Zürich vom 7. September 1975
(PBG; LS 700.1), soweit vorliegend relevant, Folgendes vor:

1 Bauten, Anlagen und Umschwung sind für sich und in ihrem Zusammenhang mit der
baulichen und landschaftlichen Umgebung im ganzen und in ihren einzelnen Teilen
so zu gestalten, dass eine befriedigende Gesamtwirkung erreicht wird; diese
Anforderung gilt auch für Materialien und Farben.
2 Auf Objekte des Natur- und Heimatschutzes ist besondere Rücksicht zu nehmen
[...]

3.2. Das Verwaltungsgericht legte dazu dar, das geplante Mehrfamilienhaus
grenze nicht direkt an die 1. Swissairsiedlung an. Vielmehr verlaufe zwischen
der Bauparzelle und der inventarisierten Siedlung der Reutlenweg. Dieser bilde
somit eine optische Zäsur und stelle sicher, dass die Grenzen zwischen der
Wohnzone W4 und der für die 1. Swissairsiedlung geltenden Landhauszone L2 und
Wohnzone W2b erkennbar blieben. Das geplante 13-Familienhaus bilde kein
quartierfremdes Element. In direkter Nachbarschaft zur Bauparzelle stünden
bereits heute mehrere ähnlich grosse Mehrfamilienhäuser aus den 1980er- und
1990er-Jahren. Insofern werde mit dem Abbruch des alten Pfarrhauses "Saal
Reutlen" und dem Neubau des 13-Familienhauses bloss eine Baulücke geschlossen.
Indem der Gesetzgeber die Wohnzone W4 direkt an die Landhauszone L2 und die
Wohnzone W2b angrenzen liess, habe er bewusst einen Gebäudehöhenunterschied
zwischen den einzelnen Zonen in Kauf genommen. Bei diesem baulichen Umfeld
lasse sich der vom Beschwerdeführer geforderte Volumenverzicht nicht
rechtfertigen.
Auch in gestalterischer Hinsicht nehme das Projekt die gebotene besondere
Rücksicht auf die 1. Swissairsiedlung. Dessen Gebäude wiesen eine für die
unmittelbaren Nachkriegsjahre typische Formgebung auf. Ihre Fassaden seien
einheitlich befenstert. Die Baukörper seien schlicht gehalten und verzichteten
fast vollständig auf schmückende Elemente. Dies zeige sich auch bei der
Dachgestaltung. Die Neigung der Satteldächer sei gering. Die Vordächer seien
stirn- und traufseitig nur rudimentär ausgebildet. Dachaufbauten seien kaum
vorhanden oder stammten aus einer späteren Zeit. Das Bauprojekt greife einzelne
dieser Gestaltungselemente auf. Zu erwähnen seien namentlich die nur schwach
ausgeprägten Satteldächer sowie die weitgehend fehlenden Vordächer an den
Stirn- und Traufseiten. Mit seiner einfachen Form und der schmalen Stirnseite
ähnele der Gebäudekubus stärker den Bauten der 1. Swissairsiedlung als den
angrenzenden Mehrfamilienhäusern aus den 1980/1990er-Jahren mit ihren
überladenen Balkonvorbauten. Die dreifache Höhenstaffelung verhindere zudem,
dass das Projekt als monolithische Zeilenbaute erscheine. Im Übrigen könne im
Zusammenhang mit der Einordnung auf die Ausführungen des Baurekursgerichts
verwiesen werden. Dieses gehe zu Recht von einer guten Einordnung im Sinn von §
238 Abs. 2 PBG aus.

3.3. Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe das Argument, die Einordnung
stelle eben die Abgrenzung zwischen den Zonen dar, schon im vorinstanzlichen
Verfahren kritisiert. Das Bundesgericht habe seine Auffassung im Urteil 1C_317/
2015 vom 10. August 2016 sinngemäss gestützt. Die Bauparzelle liege zudem in
direkter Nachbarschaft zur 1. Swissairsiedlung, was genüge, um erhöhte
Anforderungen zu stellen. Die Aufzonung der Liegenschaft der Beschwerdegegnerin
stelle ein Privileg im Sinne von § 71 PBG dar, weshalb als Ausgleich dafür eine
besonders gute Einordnung und Gestaltung notwendig sei, welche über das in §
238 PBG geforderte Mass hinausgehe. Dafür spreche auch die Scharnierfunktion,
welche die zu bebauende Liegenschaft an der Grenze der Bauzonen habe. Eine
echte Eingliederung sei mit dem geplanten, grossvolumigen Baukörper nur schwer
möglich. Zu den erhöhten Anforderungen gehöre zum Beispiel eine
Seitenstaffelung, welche sich bei allen Mehrfamilienhäusern der 1.
Swissairsiedlung finde. Auch das Flachdach mit seiner Neigung von 10 % genüge
den Anforderungen nicht.

3.4. Diese Vorbringen genügen nur knapp den Begründungsanforderungen von Art.
106 Abs. 2 BGG. Insoweit, als der Beschwerdeführer auf die vorinstanzlichen
Ausführungen eingeht, überzeugt seine Kritik daran nicht.
Nach § 71 Abs. 1 PBG ist bei Arealüberbauungen eine besonders gute Gestaltung
erforderlich (vgl. dazu E. 4.1 und E. 4.5 des vom Beschwerdeführer zitierten
bundesgerichtlichen Urteils 1C_317/2015 vom 10. August 2016). Vorliegend
handelt es sich jedoch nicht um eine Arealüberbauung und ist § 71 PBG nicht
anwendbar. Willkür in der Anwendung des kantonalen Rechts ist insofern nicht
erkennbar.
Das Verwaltungsgericht hat eingehend begründet, weshalb ein Volumenverzicht
nicht gefordert werden könne. Dies entspricht der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung, wonach ohne klar überwiegende öffentliche Interessen keine
Unvereinbarkeit mit dem Eingliederungsgebot festgestellt werden darf, nur weil
die Baute die bau- und planungsrechtlich zulässigen Masse ausschöpft (Urteil
1C_645/2012 vom 29. Juli 2013 E. 2.4 mit Hinweisen).
Dass die gebotene Rücksichtnahme auf die angrenzende 1. Swissairsiedlung einen
derartigen Volumenverzicht oder eine anderweitige Projektmodifikation erfordern
würde, ist gemäss den nachvollziehbaren Ausführungen des Verwaltungsgerichts
ebenfalls nicht erkennbar. Die in den Akten befindlichen Pläne, Fotos und
Visualisierungen bestätigen, dass der Reutlenweg eine optische Zäsur zwischen
der 1. Swissairsiedlung und dem Baugrundstück schafft und dass in direkter
Nachbarschaft ähnlich grosse Mehrfamilienhäuser stehen. Es erscheint nicht
willkürlich, wenn es das Verwaltungsgericht unter diesen Umständen genügen
liess, dass das Bauprojekt einzelne Gestaltungselemente der 1. Swissairsiedlung
aufgreift (schwach ausgeprägte Satteldächer und weitgehend fehlende Vordächer)
und zudem eine dreifache Höhenstaffelung verhindert, dass es als monolithische
Baute wahrgenommen wird.

4.
Die Beschwerde ist aus diesen Gründen abzuweisen, soweit darauf einzutreten
ist.
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die nicht durch einen Dritten vertretene
Beschwerdegegnerin hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68
Abs. 1 f. BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Baukommission der Stadt Kloten und dem
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer, schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 28. Juni 2017

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Merkli

Der Gerichtsschreiber: Dold

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