Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 1B.449/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 

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1B_449/2017            

 
 
 
Urteil vom 13. November 2017  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Bundesrichter Eusebio, Kneubühler, 
Gerichtsschreiber Stohner. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Julian Burkhalter, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft, 
Allgemeine Hauptabteilung, Grenzacherstrasse 8, Postfach, 4132 Muttenz. 
 
Gegenstand 
Sicherheitshaft, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung
Strafrecht, vom 18. September 2017 (460 17 57). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________, geboren am "..." 1996, wurde am 26. April 2016 in Untersuchungshaft
versetzt. 
Mit Urteil vom 25. November 2016 stellte das Strafgericht Basel-Landschaft
fest, dass A.________ tatbestandsmässig und rechtswidrig die folgenden Delikte
begangen hat: Versuchte einfache Körperverletzung, versuchte Drohung, mehrfache
Drohung, Tätlichkeit, mehrfache Sachbeschädigung, Beschimpfung, Fahren in
fahrunfähigem Zustand, mehrfaches Fahren ohne Berechtigung, mehrfaches Fahren
ohne Fahrzeugausweis und Kontrollschild, mehrfaches Fahren ohne
Haftpflichtversicherung und Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz.
Wegen Schuldunfähigkeit nach Art. 19 Abs. 1 StGB sprach das Strafgericht
A.________ frei und ordnete die Einweisung in eine geeignete psychiatrische
Einrichtung oder Massnahmenvollzugseinrichtung an (Dispositiv-Ziffer 1). Von
den übrigen Vorwürfen wurde A.________ freigesprochen (Dispositiv-Ziffer 2). 
A.________ befindet sich - auf sein Gesuch hin - seit dem 8. Dezember 2016 im
vorzeitigen Massnahmenvollzug in der Klinik Beverin der Psychiatrischen Dienste
Graubünden. 
Gegen das erstinstanzliche Urteil vom 25. November 2016 erklärten sowohl die
Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft als auch A.________ mit Datum vom 20. März
2017 bzw. 3. April 2017 Berufung an das Kantonsgericht Basel-Landschaft. Die
Staatsanwaltschaft beantragte insbesondere, es sei festzustellen, dass
A.________ mehrfach den Tatbestand der versuchten schweren Körperverletzung
begangen habe. 
Ein am 3. April 2017 eingereichtes Haftentlassungsgesuch von A.________ wies
das Kantonsgericht mit Entscheid vom 11. April 2017 ab und entschied, dass
A.________ während der Dauer des Berufungsverfahrens in Sicherheitshaft in Form
des vorzeitigen Massnahmenvollzugs zu verbleiben habe. 
Mit Eingabe vom 3. Juli 2017 stellte A.________ erneut ein
Haftentlassungsgesuch. 
Am 12. Juli 2017 wies das Kantonsgericht das Haftentlassungsgesuch wiederum
ab. 
Mit Urteil 1B_347/2017 vom 1. September 2017 hiess das Bundesgericht die von
A.________ dagegen erhobene Beschwerde gut, hob den Entscheid des
Kantonsgerichts vom 12. Juli 2017 wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs auf
und wies die Sache zu neuem Entscheid an das Kantonsgericht zurück. 
Nach Gewährung des rechtlichen Gehörs wies das Kantonsgericht mit Entscheid vom
18. September 2017 das Haftentlassungsgesuch von A.________ vom 3. Juli 2017
(erneut) ab (Dispositiv-Ziffer 1). Weiter verfügte es, die Kosten des
Haftverfahrens von Fr. 550.-- folgten der Hauptsache (Dispositiv-Ziffer 3). 
Mit Eingabe vom 19. Oktober 2017 führt A.________ Beschwerde in Strafsachen an
das Bundesgericht mit dem Hauptantrag auf Aufhebung des angefochtenen
Entscheids. Eventualiter sei die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz
zurückzuweisen. 
Die Vorinstanz und die Staatsanwaltschaft beantragen die Abweisung der
Beschwerde. 
Der Beschwerdeführer hält an seinem Standpunkt fest. 
Die Hauptverhandlung im Berufungsverfahren ist auf den 28. November 2017
angesetzt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Vorliegend geht es um die vom Beschwerdeführer ersuchte Entlassung aus dem
vorzeitigen Massnahmenvollzug, mit welchem die angeordnete Sicherheitshaft
vollzogen wird (vgl. dazu Art. 236 StPO). Über Haftentlassungsgesuche während
eines Verfahrens vor dem Berufungsgericht entscheidet dessen Verfahrensleitung
innert fünf Tagen. Dieser Entscheid ist nicht mit StPO-Beschwerde anfechtbar
(Art. 233 i.V.m. Art. 222 Satz 2 und Art. 380 StPO). Gegen den kantonal
letztinstanzlichen Entscheid ist die Beschwerde in Strafsachen nach Art. 78 ff.
BGG gegeben (vgl. Urteile 1B_179/2014 vom 5. Juni 2014 E. 1 f. und 1B_722/2011
vom 16. Januar 2012 E. 1). Der Beschwerdeführer nahm vor der Vorinstanz am
Verfahren teil und hat ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung des
angefochtenen Entscheids. Er ist nach Art. 81 Abs. 1 BGG zur Beschwerde
berechtigt. 
Nicht Verfahrensgegenstand bilden die Frage des Wechsels der amtlichen
Verteidigung (vgl. hierzu das den Beschwerdeführer betreffende Urteil 1B_129/
2017 vom 18. Oktober 2017) und Vollzugsfragen (vgl. insoweit BGE 142 IV 1
ff.). 
 
2.  
 
2.1. Der Beschwerdeführer lastet der Vorinstanz vorab eine Verletzung der
Begründungspflicht (als Teilgehalt seines Anspruchs auf rechtliches Gehör
gemäss Art. 29 Abs. 2 BV) an. Insbesondere sei die Vorinstanz nicht auf das
Vortaterfordernis (vgl. hierzu nachfolgend E. 3.3.2 und E. 3.5.1) eingegangen,
was eine sachgerechte Anfechtung des Entscheids verunmögliche.  
 
2.2.  
 
2.2.1. Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 BV ergibt
sich unter anderem die Pflicht der Behörden, ihre Entscheide so zu begründen,
dass sie sachgerecht angefochten werden können. Die Begründung muss daher kurz
die Überlegungen nennen, auf welche die Behörde ihren Entscheid stützt. Dagegen
ist nicht erforderlich, dass sie sich mit jeder tatsächlichen Behauptung und
mit jedem rechtlichen Einwand ausdrücklich auseinandersetzt (BGE 142 II 49 E.
9.2 S. 65; 137 II 226 E. 3.2 S. 270; je mit Hinweisen).  
 
2.2.2. Eine nicht besonders schwerwiegende Verletzung des rechtlichen Gehörs
kann ausnahmsweise als geheilt gelten, wenn die betroffene Person die
Möglichkeit erhält, sich vor einer Rechtsmittelinstanz zu äussern, die sowohl
den Sachverhalt wie auch die Rechtslage frei überprüfen kann. Unter dieser
Voraussetzung ist darüber hinaus - im Sinne einer Heilung des Mangels - selbst
bei einer schwerwiegenden Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör von
einer Rückweisung der Sache an die Vorinstanz abzusehen, wenn und soweit die
Rückweisung zu einem formalistischen Leerlauf und damit zu unnötigen
Verzögerungen führen würde, die mit dem (der Anhörung gleichgestellten)
Interesse der betroffenen Partei an einer beförderlichen Beurteilung der Sache
nicht zu vereinbaren wären (BGE 142 II 218 E. 2.8.1 S. 226; 137 I 195 E. 2.3.2
S. 197 f.).  
 
2.3. Im angefochtenen Entscheid finden sich keinerlei Ausführungen zum
Erfordernis von Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO, wonach die Sicherheitshaft nur
zulässig ist, wenn die beschuldigte Person "bereits früher gleichartige
Straftaten verübt hat". Dieser Begründungsmangel ist nicht unwesentlich, weil
nicht evident ist, dass diese Grundvoraussetzung für die Bejahung von
Wiederholungsgefahr vorliegend erfüllt ist. Damit ist die Vorinstanz ihrer
Begründungspflicht nur ungenügend nachgekommen.  
Obgleich die Kognition des Bundesgerichts beschränkt ist (vgl. Art. 97 BGG),
kann die Gehörsverletzung im bundesgerichtlichen Verfahren ausnahmsweise
geheilt werden, da es sich hierbei um eine Rechtsfrage handelt. Dieses Vorgehen
rechtfertigt sich unter dem Blickwinkel des Beschleunigungsgebots und vor dem
Hintergrund, dass das Bundesgericht den Entscheid des Kantonsgerichts in der
gleichen Angelegenheit bereits einmal aufgehoben und die Sache zur Gewährung
des rechtlichen Gehörs und zu neuem Entscheid zurückgewiesen hat (Urteil 1B_347
/2017 vom 1. September 2017; vgl. Sachverhalt lit. A. hiervor). 
 
3.  
 
3.1. Nach den Grundvoraussetzungen von Art. 221 StPO ist Sicherheitshaft nur
zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens
dringend verdächtig ist und ein im Gesetz genannter Haftgrund vorliegt. Dazu
zählt namentlich die sog. Wiederholungsgefahr (Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO).  
 
3.2. Nach ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung gilt der dringende
Tatverdacht bei einer erstinstanzlichen Verurteilung wegen eines Vergehens
grundsätzlich ohne Weiteres als erstellt (vgl. etwa Urteile 1B_236/2017 vom 6.
Juli 2017 E. 2.1 und 1B_12/2017 vom 3. Februar 2017 E. 2.1). Darin liegt
entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kein Verstoss gegen die
Unschuldsvermutung (Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK) begründet. Mit
der Annahme eines dringenden Tatverdachts wird der Beschwerdeführer nicht
vorverurteilt. Es ist offen, ob das erstinstanzliche Urteil der Überprüfung
durch das Berufungsgericht stand hält. Wenn aber das erstinstanzliche Gericht
nach umfassender Beweiswürdigung zum Schluss kommt, der Beschwerdeführer habe
mehrere Vergehens-Tatbestände erfüllt, so ist der dringende Tatverdacht
gegeben.  
 
3.3.   
Umstritten ist, ob der besondere Haftgrund der Wiederholungsgefahr im Sinne von
Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO erfüllt ist. 
 
3.3.1. Nach dem Gesetz sind drei Elemente für das Vorliegen von
Wiederholungsgefahr konstitutiv. Erstens muss grundsätzlich das
Vortaterfordernis erfüllt sein und es müssen schwere Vergehen oder Verbrechen
drohen (vgl. E. 3.3.2). Zweitens muss hierdurch die Sicherheit anderer
erheblich gefährdet sein (vgl. E. 3.3.3). Drittens muss die Tatwiederholung
ernsthaft zu befürchten sein, was anhand einer Rückfallprognose zu beurteilen
ist (vgl. E. 3.3.4; siehe zum Ganzen BGE 143 IV 9 E. 2.5 S. 14).  
 Die Anordnung von Haft wegen Wiederholungsgefahr kann dem strafprozessualen
Ziel der Beschleunigung dienen, indem verhindert wird, dass sich das Verfahren
durch immer neue Delikte kompliziert und in die Länge zieht. Auch die Wahrung
des Interesses an der Verhütung weiterer Delikte ist nicht verfassungs- und
grundrechtswidrig. Vielmehr anerkennt Art. 5 Ziff. 1 lit. c EMRK ausdrücklich
die Notwendigkeit, Beschuldigte an der Begehung strafbarer Handlungen zu
hindern, somit Spezialprävention, als Haftgrund (vgl. BGE 143 IV 9 E. 2.2 S.
11). 
 
3.3.2. Bei den in Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO verlangten Vortaten muss es sich
um Verbrechen oder schwere Vergehen gegen gleiche oder gleichartige Rechtsgüter
gehandelt haben, wie sie im hängigen Untersuchungsverfahren massgeblich sind.
Die früher begangenen Straftaten können sich aus rechtskräftig abgeschlossenen
Strafverfahren ergeben. Sie können jedoch - wie im zu beurteilenden Fall - auch
Gegenstand eines noch hängigen Strafverfahrens bilden, in dem sich die Frage
der Untersuchungs- und Sicherheitshaft stellt, sofern mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht, dass die beschuldigte Person solche
Straftaten begangen hat. Der Nachweis, dass die beschuldigte Person eine
Straftat verübt hat, gilt bei einem glaubhaften Geständnis oder einer
erdrückenden Beweislage als erbracht (vgl. zum Ganzen BGE 143 IV 9 E. 2.3.1 S.
12 f.; 137 IV 84 E. 3.2 S. 85 f.).  
Vom Haftgrund der Wiederholungsgefahr werden nur "schwere" Vergehen erfasst. Es
stellt sich daher die Frage, nach welchen Kriterien zwischen schweren Vergehen
und minder schweren Vergehen im Sinne von Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO zu
unterscheiden ist. Ausgangspunkt bildet die abstrakte Strafdrohung gemäss
Gesetz. Voraussetzung für die Einstufung als schweres Vergehen ist, dass eine
Freiheitsstrafe (bis zu drei Jahren) droht. Dies ist namentlich bei den
Tatbeständen der einfachen Körperverletzung gemäss Art. 123 Ziff. 1 StGB und
der Drohung gemäss Art. 180 Abs. 1 StGB der Fall. 
Bei der Beurteilung der Schwere der Tat sind neben der abstrakten Strafdrohung
gemäss Gesetz insbesondere auch das betroffene Rechtsgut und der Kontext der
Tatbegehung, namentlich die konkret vom Beschuldigten ausgehende Gefährlichkeit
bzw. das bei ihm vorhandene Gewaltpotenzial, einzubeziehen (vgl. BGE 143 IV 9
E. 2.6 S. 14). 
 
3.3.3. Die erhebliche Gefährdung der Sicherheit anderer durch drohende
Verbrechen oder schwere Vergehen kann sich grundsätzlich auf Rechtsgüter jeder
Art beziehen. Im Vordergrund stehen Delikte gegen die körperliche und sexuelle
Integrität. Vermögensdelikte fallen dagegen nur ganz ausnahmsweise in Betracht
(vgl. BGE 143 IV 9 E. 2.7 S. 15).  
 
3.3.4. Massgebliche Kriterien bei der Beurteilung der Rückfallprognose sind
insbesondere die Häufigkeit und Intensität der untersuchten Delikte sowie die
einschlägigen Vorstrafen. Bei dieser Bewertung sind allfällige
Aggravationstendenzen, wie eine zunehmende Eskalation respektive
Gewaltintensität oder eine raschere Kadenz der Taten, zu berücksichtigen. Zu
würdigen sind des Weiteren die persönlichen Verhältnisse der beschuldigten
Person. Liegt bereits ein psychiatrisches Gutachten oder zumindest ein
Vorabgutachten vor, ist dieses ebenfalls in die Beurteilung miteinzubeziehen
(vgl. BGE 143 IV 9 E. 2.8 S. 16 f.).  
Zur Annahme von Wiederholungsgefahr erforderlich ist eine ungünstige
Rückfallprognose (vgl. BGE 143 IV 9 E. 2.9 f. S. 17). 
 
3.4. Die Vorinstanz hat im angefochtenen Entscheid wesentlich auf das
forensisch-psychiatrische Gutachten der Psychiatrie Baselland,
Erwachsenenpsychiatrie, vom 29. Juni 2016 und auf den "Therapiebericht
Forensik" der Psychiatrischen Dienste Graubünden, Klinik Beverin, vom 7. Juli
2017 abgestellt.  
Im Gutachten vom 29. Juni 2016 wird beim Beschwerdeführer eine paranoide
Schizophrenie (ICD-10: F20.00) diagnostiziert. In Bezug auf die Rückfallgefahr
führte der Gutachter aus, zu erwarten seien in erster Linie erneute
Gewalttaten. Aus forensisch-psychiatrischer Sicht könne nur eine stationäre
Massnahme im Sinne von Art. 59 StGB empfohlen werden. 
Der Gutachter wurde vom erstinstanzlichen Gericht anlässlich der
Hauptverhandlung vom 17. und 25. November 2016 als Sachverständiger
einvernommen. Er gab an, es seien keine wirklich schweren, sondern "lästige"
Delikte zu erwarten. Denkbar seien aber auch ungeplante Gewalttaten unter
möglichem Einsatz von zufällig greifbaren Gegenständen jeglicher Beschaffenheit
(vgl. erstinstanzliches Urteil vom 25. November 2016 S. 34 f. und S. 38). 
Im Therapiebericht vom 7. Juli 2017 wird unter Bezugnahme auf das
psychiatrische Gutachten vom 29. Juni 2016 ausgeführt, beim Beschwerdeführer
seien bei fehlender Behandlung in erster Linie erneute Gewalttaten zu erwarten.
Aus aktueller Sicht sei "unter der schweren - bislang ungenügend behandelten -
Schizophrenie bei mangelnder Krankheitseinsicht [...] unter fortgesetztem
Drogen-/Koffein-/Alkoholabusus bei gewaltverherrlichender Einstellung mit einer
stark erhöhten Rückfallgefahr zu rechnen". Eine stationäre Therapie sei
weiterhin dringend nötig; der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers habe
sich längst nicht stabilisiert. 
 
3.5.  
 
3.5.1. Zu prüfen ist, ob das Vortaterfordernis gegeben ist:  
 
3.5.1.1. Mit dem erstinstanzlichen Urteil vom 25. November 2016 (vgl.
Sachverhalt lit. A. hiervor) wurde unter anderem festgestellt, dass der
Beschwerdeführer den Tatbestand der versuchten Drohung zum Nachteil von B.
C.________, begangen am 27. September 2015, erfüllt hat. Das erstinstanzliche
Gericht erwog, der Beschwerdeführer sei geständig, gegenüber den Ehegatten
C.________ Todesdrohungen ausgesprochen zu haben ("ich bring euch um").  
Mit dem gleichen Urteil wurde unter anderem festgestellt, dass der
Beschwerdeführer die Tatbestände der versuchten einfachen Körperverletzung zum
Nachteil von E. E.________ und der mehrfachen Drohung zum Nachteil von B.
C.________ und D. E.________, beide begangen am 16. April 2016, erfüllt hat.
Das erstinstanzliche Gericht führte aus, der Beschwerdeführer habe zugestanden,
den 70-jährigen E. E.________ mit beiden Händen gegen dessen Schultern
gestossen zu haben, sodass dieser gestürzt sei. Erstellt sei auch, dass der
Beschwerdeführer einen Facebook-Eintrag verfasst habe, mit welchem er seinen
Nachbarn B C.________ und D E.________ sinngemäss einen Schuss mit einer
Schrotflinte in den Kopf oder ein Erhängen in Aussicht gestellt habe. 
Aufgrund dieser erstinstanzlichen Verurteilungen und der grundsätzlichen
Geständigkeit des Beschwerdeführers steht mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit fest, dass der Beschwerdeführer mehrere Vergehenstatbestände
erfüllt hat (versuchte Drohung vom 27. September 2015, versuchte einfache
Körperverletzung und mehrfache Drohungen vom 16. April 2016), auch wenn deren
rechtliche Würdigung umstritten ist. So verlangt die Staatsanwaltschaft
insbesondere, es sei festzustellen, der Beschwerdeführer habe den Tatbestand
der versuchten schweren Körperverletzung (und nicht jenen der versuchten
einfachen Körperverletzung) erfüllt. 
 
3.5.1.2. Drohungen im Sinne von Art. 180 Abs. 1 StGB können nach der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung die Anordnung von Präventivhaft begründen,
da sie die Sicherheitslage einer Person erheblich beeinträchtigen können (BGE
143 IV 9 E. 2.7 S. 15, vgl. Urteile 1B_301/2017 vom 3. Oktober 2017 E. 3.1 und
1B_238/2012 vom 16. Mai 2012 E. 2.4.2). Die Todesdrohungen, wie sie der
Beschwerdeführer höchstwahrscheinlich mehrfach ausgesprochen hat, sind als
schwere Vergehen zu qualifizieren, die die Annahme von Wiederholungsgefahr im
Sinne von Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO rechtfertigen (vgl. auch Urteile 1B_106/
2014 vom 3. April 2014 E. 2.2.1 und 1B_52/2014 vom 21. Februar 2014 E. 3.3).  
Auch der Tatbestand der einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff.
1 StGB kann ein schweres Vergehen im Sinne von Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO
darstellen (vgl. etwa Urteil 1B_229/2016 vom 7. Juli 2016 E. 4.2). Obwohl
vorliegend der Erfolg nicht eingetreten ist (vgl. Art. 22 Abs. 1 StGB), gilt
dies auch im zu beurteilenden Fall, zumal aufgrund der Berufung der
Staatsanwaltschaft auch eine Subsumption unter den Tatbestand der versuchten
schweren Körperverletzung (Art. 122 StGB i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB) in
Betracht fällt. 
 
3.5.1.3. Zusammenfassend ist das Vortaterfordernis damit erfüllt.  
 
3.5.2. Des Weiteren hat die Vorinstanz unter Bezugnahme auf das Gutachten vom
29. Juni 2016 und den Therapiebericht vom 7. Juli 2017 zu Recht auf eine
erhebliche Gefährdung der Sicherheit anderer geschlossen und dem
Beschwerdeführer eine ungünstige Rückfallprognose gestellt.  
Im Haftverfahren ist keine umfassende Würdigung des Gutachtens, der Aussagen
des Sachverständigen anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung und des
Therapieberichts vorzunehmen (vgl. insoweit Urteil 1B_479/2016 vom 5. Januar
2017 E. 2.8). Zwar sind die Aussagen des Gutachters anlässlich der
erstinstanzlichen Hauptverhandlung nicht eindeutig respektive stehen diese
prima vista in einem gewissen Widerspruch zur Einschätzung im Gutachten und im
Therapiebericht. Es wird indes Aufgabe des Berufungsgerichts sein, die
Beweismittel zu würdigen und sich mit möglichen Widersprüchlichkeiten
auseinanderzusetzen. Gestützt auf den aktuellen Therapiebericht vom 7. Juli
2017 ist beim Beschwerdeführer angesichts der schizophrenen Erkrankung von
einer hohen Rückfallgefahr auch in Bezug auf erneute Gewaltstraftaten
auszugehen - jedenfalls sofern der Beschwerdeführer in Freiheit seine
Medikamente nicht freiwillig einnimmt (vgl. hierzu auch sogleich E. 3.6). 
Aufgrund des Krankheitsbilds des Beschwerdeführers sind dessen Gefährlichkeit
und das bei ihm vorhandene Gewaltpotenzial schwierig abzuschätzen. Es ist aber
jedenfalls nicht auszuschliessen, dass es bei einem Rückfall zu neuerlicher
spontaner Gewaltausübung und zu schwerer wiegenden Gewaltstraftaten als bisher
kommen könnte respektive, dass der Beschwerdeführer erneut Drohungen ausstossen
oder sogar versuchen könnte, seine Drohungen in die Tat umzusetzen. Es drohen
damit zusammenfassend schwere Vergehen von erheblicher Sicherheitsrelevanz. 
 
3.5.3. In Würdigung der gesamten Umstände hat die Vorinstanz im Ergebnis zu
Recht auf das Vorliegen von Wiederholungsgefahr im Sinne von Art. 221 Abs. 1
lit. c StPO geschlossen (vgl. zum Ganzen auch Urteil 1B_479/2016 vom 5. Januar
2017 E. 2.7). Ebenso wenig liegt eine Verletzung von Art. 5 Ziff. 1 lit. c EMRK
vor (vgl. hierzu E. 3.3.1 hiervor).  
Die weiteren Vorbringen des Beschwerdeführers vermögen diese Schlussfolgerungen
nicht in Frage zu stellen. 
 
3.6. Das zuständige Gericht ordnet an Stelle der Untersuchungs- oder der
Sicherheitshaft eine oder mehrere mildere Massnahmen an, wenn sie den gleichen
Zweck wie die Haft erfüllen. Eine mögliche Ersatzmassnahme stellt die Auflage,
sich einer ärztlichen Behandlung oder einer Kontrolle zu unterziehen, dar (Art.
237 Abs. 2 lit. f StPO).  
Gemäss Gutachten vom 29. Juni 2016 kommt einzig eine stationäre (und keine
ambulante) Massnahme in Betracht. Auch im Therapiebericht vom 7. Juli 2017 wird
eine stationäre Therapie weiterhin als dringend nötig erachtet. Weiter wird in
diesem Bericht ausgeführt, beim Beschwerdeführer bestehe eine "geringe
Medikamenten-Compliance", und es fehle ihm die Einsicht in die Notwendigkeit
der medikamentösen Behandlung. 
Es ist mithin nicht damit zu rechnen, dass der Beschwerdeführer bei einer
Haftentlassung die ihm verschriebenen Medikamente regelmässig einnehmen würde.
Entsprechend kann mit der Auflage, sich einer ärztlichen Behandlung oder
Kontrolle zu unterziehen, der Rückfallgefahr nicht wirkungsvoll begegnet werden
(vgl. zum Ganzen auch Urteil 1B_479/2016 vom 5. Januar 2017 E. 2.7). 
 
3.7. In Fällen wie dem zu beurteilenden ist die Fortdauer des vorzeitigen
Massnahmenvollzugs bis zur Berufungsverhandlung - hier bis zum 28. November
2017 - verhältnismässig, wenn aufgrund der Aktenlage mit einer rechtskräftigen
Verurteilung zu einer freiheitsentziehenden Sanktion ernsthaft zu rechnen ist,
deren gesamter Vollzug deutlich länger dauern könnte als die bisherige
strafprozessuale Haft (BGE 126 I 172 E. 5e S. 178; Urteil 1B_281/2009 vom 19.
Oktober 2009 E. 3.1).  
Dies ist vorliegend der Fall. Aufgrund der gutachterlichen Einschätzung ist aus
forensisch-psychiatrischer Sicht eine längerfristige stationäre Behandlung in
einem spezialisierten forensisch-psychiatrischen Setting indiziert. Ausgehend
hiervon ist hinreichend wahrscheinlich, dass das Kantonsgericht das
erstinstanzliche Urteil im Massnahmepunkt bestätigt (vgl. auch Urteil 1B_479/
2016 vom 5. Januar 2017 E. 2.9). 
 
4.  
 
4.1. Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe ihm zu Unrecht Kosten in
der Höhe von Fr. 550.-- auferlegt. Der angefochtene Entscheid sei deshalb auch
hinsichtlich der Kostenfolgen aufzuheben.  
 
4.2. Grundsätzlich werden die Kosten eines Strafverfahrens erst im Endentscheid
festgelegt (Art. 421 Abs. 1 StPO). Dies gilt namentlich für das
Haftprüfungsverfahren nach Art. 233 StPO, welches ein selbstständiges
erstinstanzliches Zwangsmassnahmenverfahren darstellt (Urteil 1B_179/2014 vom
5. Juni 2014 E. 5.3). In solchen Fällen hat gemäss Art. 423 Abs. 1 StPO bis zum
Endentscheid der Kanton die angefallenen Verfahrenskosten vorläufig zu tragen.
 
Entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers wurden ihm mit dem angefochtenen
Entscheid keine Kosten auferlegt. Vielmehr hat die Vorinstanz die
Verfahrenskosten zu Recht zur Hauptsache geschlagen. Unter diesen Umständen hat
der Beschwerdeführer insoweit kein rechtlich geschütztes Interesse an der
Aufhebung oder Änderung der angefochtenen Verfügung. Soweit ihm die Kosten des
vorinstanzlichen Verfahrens im Endentscheid auferlegt werden sollten, wird er
dannzumal Gelegenheit haben, sich dagegen mit einem Rechtsmittel zur Wehr zu
setzen (vgl. zum Ganzen Urteil 1B_318/2015 // 1B_356/2015 vom 28. April 2016 E.
7). 
 
5.   
Nach dem Ausgeführten ist die Beschwerde in der Sache abzuweisen, soweit darauf
eingetreten werden kann. 
Ein Entscheid, der unter Verletzung der Gehörsansprüche einer Partei ergeht,
ist indes stets rechtsfehlerhaft, weshalb die Anfechtung grundsätzlich zu Recht
erfolgt. Vorliegend war es dem Beschwerdeführer angesichts der mangelhaften
Entscheidbegründung nicht möglich, die Überlegungen der Vorinstanz
nachzuvollziehen, die diese dazu geführt haben, Wiederholungsgefahr im Sinne
der StPO zu bejahen. Dieser Mangel wird erst durch das bundesgerichtliche
Urteil behoben. Der Beschwerdeführer hat mithin diese Kosten nicht zu tragen,
da er sie nicht verursacht hat (vgl. in diesem Zusammenhang Urteil 1C_556/2013
vom 21. September 2016 E. 16.2). 
Es sind deshalb keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Der Kanton
Basel-Landschaft, welcher die Gehörsverletzung zu vertreten hat, hat dem
Rechtsvertreter des Beschwerdeführers eine angemessene Entschädigung zu
bezahlen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
und Verbeiständung nach Art. 64 BGG ist damit gegenstandslos. 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.   
Der Kanton Basel-Landschaft hat dem Vertreter des Beschwerdeführers,
Rechtsanwalt Julian Burkhalter, für das bundesgerichtliche Verfahren eine
Entschädigung von Fr. 2'000.-- zu bezahlen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft
Basel-Landschaft und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Strafrecht,
schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 13. November 2017 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Merkli 
 
Der Gerichtsschreiber: Stohner 

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