Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 1B.34/2017
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1B_34/2017

Urteil vom 18. April 2017

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Karlen, Fonjallaz, Chaix, Kneubühler,
Gerichtsschreiber Forster.

Verfahrensbeteiligte
1. A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Laurin Katz,
2. B.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Luzia Vetterli,
Beschwerdeführer,

gegen

Staatsanwaltschaft Abteilung 1 Luzern, Eichwilstrasse 2, Postfach 1662, 6011
Kriens.

Gegenstand
Haftvollzug; Besuchsrecht in strafprozessualer Haft,

Beschwerde gegen den Beschluss vom 6. Dezember 2016 des Kantonsgerichts Luzern,
1. Abteilung, Präsident.

Sachverhalt:

A. 
Gemäss den vor dem Kriminalgericht Luzern hängigen Anklagen vom 29. September
2016 werden A.________ und B.________ unter anderem beschuldigt, gemeinsam
mehrere qualifizierte Raubüberfälle begangen zu haben. Für den Beschuldigten
A.________ hat die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern eine Freiheitsstrafe
von 18 Jahren beantragt, für die Beschuldigte B.________ eine solche von 15
Jahren. Der Beschuldigte befindet sich seit dem 25. Juli 2015 in Untersuchungs-
bzw. Sicherheitshaft; die Beschuldigte war ab 25. Juli 2015 in
Untersuchungshaft, seit dem 18. April 2016 befindet sie sich im vorzeitigen
Strafvollzug. Die Beschuldigten sind seit mehr als 15 Jahren (unverheiratete)
Lebenspartner.

B. 
Am 14. Oktober 2016 stellte der Beschuldigte beim Kriminalgericht ein Gesuch
betreffend "Besuchswunsch und Telefonate". Er wolle die separat inhaftierte
Beschuldigte wieder einmal sehen und mit ihr regelmässigen telefonischen
Kontakt pflegen können. Mit Verfügung vom 26. Oktober 2016 wies das
Kriminalgericht, Abteilung 1, Präsident, das Gesuch des Beschuldigten in Bezug
auf die beantragte Besuchsmöglichkeit (in Anwendung von Art. 235 Abs. 2 StPO)
ab. Hingegen erteilte es dem Beschuldigten die Bewilligung, im Rahmen der
jeweiligen Anstaltsreglemente Telefonate mit der Beschuldigten zu führen. Eine
vom Beschuldigten gegen die Verfügung (betreffend Besuchsrecht) erhobene
Beschwerde wies das Luzerner Kantonsgericht, 1. Abteilung, Präsident, mit
Beschluss vom 6. Dezember 2016 ab, soweit es darauf eintrat.

C. 
Am 26. Oktober 2016 stellte auch die Beschuldigte beim Kriminalgericht ein
Gesuch um Bewilligung von Besuchen zwischen ihr und dem Beschuldigten. Sie
wolle ihren langjährigen Lebenspartner zumindest einmal im Monat sehen.
Ausserdem seien ihr Telefonate mit ihm ohne Überwachung zu ermöglichen. Mit
Verfügung vom 2. November 2016 wies das Kriminalgericht, Abteilung 1,
Präsident, auch das Gesuch der Beschuldigten in Bezug auf die beantragte
Besuchsmöglichkeit (in Anwendung von Art. 235 Abs. 2 StPO) ab. Eine von ihr
gegen diese Verfügung (betreffend Besuchsrecht) erhobene Beschwerde vereinigte
das Luzerner Kantonsgericht, 1. Abteilung, Präsident, mit der oben genannten
Haftvollzugsbeschwerde des Beschuldigten. Mit Beschluss vom 6. Dezember 2016
wies das Kantonsgericht auch die Beschwerde der Beschuldigten ab, soweit es
darauf eintrat.

D. 
Gegen den Beschluss vom 6. Dezember 2016 des Kantonsgerichtes gelangten die
beiden Beschuldigten mit gemeinsamer Beschwerdeeingabe vom 27. Januar 2017 an
das Bundesgericht. Sie beantragen die Aufhebung des angefochtenen Entscheides
und die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung. Die
kantonalen Behörden hätten ihnen zu ermöglichen, sich zumindest einmal
monatlich besuchen zu können.
Das Kantonsgericht und die Staatsanwaltschaft beantragen mit Stellungnahmen vom
6. bzw. 7. Februar 2017 je die Abweisung der Beschwerde. Eine Replik ist nicht
eingegangen.

Erwägungen:

1. 
Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden gegen Entscheide in Strafsachen (Art.
78 Abs. 1 BGG). Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid
betreffend den Vollzug von strafprozessualer Haft (sog.
"Haftvollzugsbeschwerde" nach Art. 235 Abs. 5 StPO i.V.m. Art. 80 BGG; vgl.
dazu Marc Forster, Basler Kommentar StPO, 2. Aufl. 2014, Art. 220 N. 7;
Matthias Härri, ebenda, Art. 235 N. 60-64; Markus Hug/Alexandra Scheidegger,
Zürcher Kommentar StPO, 2. Aufl. 2014, Art. 235 N. 18; Laurent Moreillon/Aude
Parein-Reymond, Code de procédure pénale, 2. Aufl., Basel 2016, Art. 235 N. 24;
Patrick Robert-Nicoud, Code de procédure pénale suisse, Commentaire Romand,
Basel 2011, Art. 235 N. 13).
Der angefochtene Entscheid schliesst das hängige Strafverfahren nicht ab und
ist insoweit als Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG
einzustufen. Den Beschwerdeführenden droht im Falle einer Verweigerung des
Besuchsrechts ein empfindlicher Eingriff in ihre Grundrechte (Art. 10 Abs. 2,
Art. 13 Abs. 1 und Art. 14 BV) und damit ein (auch durch einen späteren
Endentscheid in Strafsachen) nicht wieder gutzumachender Rechtsnachteil. Auch
die Beschwerdelegitimation (Art. 81 Abs. 1 BGG) ist zu bejahen (vgl. nicht
amtl. publ. E. 1 von BGE 140 I 125 und 139 IV 41; Urteile des Bundesgerichtes
1B_17/2015 vom 18. März 2015 E. 1; 1B_170/2014 vom 12. Juni 2014 E. 1; 1B_382/
2013 vom 18. Dezember 2013 E. 1).

2. 
Die Beschwerdeführenden rügen, die vollständige Verweigerung ihrer Gesuche,
sich in der Haft besuchen zu dürfen, sei unverhältnismässig und verletze unter
anderem ihre persönliche Freiheit (Art. 10 BV), das Grundrecht auf Ehe und
Familie (Art. 14 BV) sowie Art. 235 Abs. 1 StPO. Die kantonalen Behörden hätten
ihnen wenigstens einmal im Monat Haftbesuche zu ermöglichen.

3.

3.1. Jede Person hat das Recht auf persönliche Freiheit (insbesondere auf
körperliche und geistige Unversehrtheit) sowie auf Achtung ihres Privat- und
Familienlebens (Art. 10 Abs. 2 und Art. 13 Abs. 1 BV). Das Recht auf Familie
ist grundrechtlich gewährleistet (Art. 14 BV).
Einschränkungen von Grundrechten müssen durch ein öffentliches Interesse (oder
durch den Schutz von Grundrechten Dritter) gerechtfertigt und verhältnismässig
sein (Art. 36 Abs. 2 und Abs. 3 BV). Schwere Eingriffe müssen im Gesetz selbst
vorgesehen sein (Art. 36 Abs. 1 Satz 2 BV). Der Kerngehalt der Grundrechte ist
unantastbar (Art. 36 Abs. 4 BV).

3.2. Die strafprozessuale Haft (Untersuchungs- und Sicherheitshaft sowie
vorzeitiger Straf- und Massnahmenvollzug) ist in Art. 220-236 StPO gesetzlich
geregelt. Als Sicherheitshaft gilt die Haft während der Zeit zwischen dem
Eingang der Anklageschrift beim erstinstanzlichen Gericht und der Rechtskraft
des Urteils, dem Antritt einer freiheitsentziehenden Sanktion, dem Vollzug der
Landesverweisung oder der Entlassung (Art. 220 Abs. 2 i.V.m. Art. 229 ff.
StPO). Die Verfahrensleitung kann der beschuldigten Person bewilligen,
Freiheitsstrafen oder freiheitsentziehende Massnahmen vorzeitig anzutreten,
sofern der Stand des Verfahrens es erlaubt (Art. 236 Abs. 1 StPO).

3.3. Jede Person gilt bis zur rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig (Art.
32 Abs. 1 BV; Art. 10 Abs. 1 StPO). Die strafprozessual inhaftierte
beschuldigte Person darf in ihrer persönlichen Freiheit nicht stärker
eingeschränkt werden, als es der Haftzweck sowie die Ordnung und Sicherheit in
der Haftanstalt erfordern (Art. 235 Abs. 1 StPO). Die Kontakte zwischen der
inhaftierten Person und anderen Personen bedürfen der Bewilligung der
Verfahrensleitung. Besuche finden wenn nötig unter Aufsicht statt (Art. 235
Abs. 2 StPO). Beim vorzeitigen Sanktionsvollzug tritt die beschuldigte Person
mit dem Eintritt in die Vollzugsanstalt ihre allfällige Strafe oder Massnahme
bereits an; sie untersteht von diesem Zeitpunkt an dem Vollzugsregime, wenn der
Zweck der Untersuchungs- oder der Sicherheitshaft dem nicht entgegensteht (Art.
236 Abs. 4 StPO). Die Kantone regeln die Rechte und Pflichten der
strafprozessual inhaftierten Personen, ihre Beschwerdemöglichkeiten, die
Disziplinarmassnahmen sowie die Aufsicht über die Haftanstalten (Art. 235 Abs.
5 StPO).

3.4. Diese gesetzlichen Regelungen stützen sich auf die langjährige Praxis des
Bundesgerichtes. Danach müssen einschränkende Haftbedingungen zur
Gewährleistung der gesetzlichen Haftzwecke sachlich notwendig erscheinen. Dabei
ist zwischen dem Vollzug von rechtskräftigen Sanktionen und dem
strafprozessualen Haftvollzug zu unterscheiden: Letzterer setzt einen
dringenden Tatverdacht eines Verbrechens oder Vergehens sowie einen besonderen
Haftgrund (Art. 221 StPO) voraus. Auch können sich alle strafprozessualen
Häftlinge bis zu ihrer rechtskräftigen Verurteilung auf die Unschuldsvermutung
berufen. Je höher im Einzelfall die Flucht-, Kollusions- oder
Wiederholungsgefahr erscheint oder je stärker die Ordnung und Sicherheit
(namentlich des Gefängnispersonals oder der Mithäftlinge) in der Haftanstalt
gefährdet ist, desto restriktiver kann - in den Schranken der Grundrechte - das
Regime der strafprozessualen Haft ausfallen (BGE 141 I 141 E. 6.3.4 S. 146 f.;
140 I 125 E. 3.3 S. 133 f.; 123 I 221 E. I/4c S. 228, E. II/3f S. 238 f.; 118
Ia 64 E. 2d S. 73 f.; je mit Hinweisen). Je länger die strafprozessuale Haft
allerdings gedauert hat, desto höhere Anforderungen sind an die
Bundesrechtskonformität des Haftregimes zu stellen. Bei dieser Prüfung ist der
Gesamtheit der Haftbedingungen im konkreten Einzelfall Rechnung zu tragen (BGE
141 I 141 E. 6.3.4 S. 147; 140 I 125 E. 3.3 S. 134; 123 I 221 E. II/1c/cc S.
233; 118 Ia 64 E. 2d S. 73 f.). In diesem Bereich gehen die Garantien der EMRK
über diejenigen der Bundesverfassung und des übrigen Bundesrechtes nicht hinaus
(BGE 141 I 141 E. 6.3.4 S. 147; 140 I 125 E. 3.3 S. 133; 118 Ia 64 E. 2d S. 73;
je mit Hinweisen).

3.5. Beim vorzeitigen Sanktionsvollzug (Art. 236 StPO) handelt es sich um eine
strafprozessuale Zwangsmassnahme auf der Schwelle zwischen Strafverfolgung und
Sanktionsvollzug, welche strafprozessuale Haftgründe (Art. 221 StPO)
voraussetzt. Auch wenn der vorzeitige Sanktionsvollzug in einer Straf- oder
Massnahmenanstalt erfolgt, bleiben hier grundsätzlich die Sacherfordernisse des
Untersuchungshaftregimes aktuell. Es verletzt insofern das
Rechtsgleichheitsgebot nicht, wenn für strafprozessuale Häftlinge in einer
Strafanstalt ein anderes Haftregime gilt als für Strafgefangene (BGE 133 I 270
E. 3.2.1 S. 277 f. mit Hinweis). Da der vorzeitige Sanktionsvollzug allerdings
nicht nur strafprozessualen Haftzwecken dient, ist das Haftregime dem
ordentlichen Sanktionsvollzug möglichst anzugleichen, soweit dies unter dem
Gesichtspunkt der strafprozessualen Unschuldsvermutung zulässig erscheint (BGE
133 I 270 E. 3.2.2 S. 278; 126 I 172 E. 3 S. 174).

3.6. Nach der Praxis des Bundesgerichtes besteht unter den Voraussetzungen von
Art. 235 StPO grundsätzlich ein bundesrechtlicher Anspruch auf angemessene
Haftbesuche (Urteile 1B_17/2015 vom 18. März 2015 E. 3; 1B_170/2014 vom 12.
Juni 2014 E. 2; 1B_382/ 2013 vom 18. Dezember 2013 E. 2; zum grundrechtlich
geschützten Haftbesuchsrecht s.a. BGE 118 Ia 64 E. 3n-o S. 85-87; 106 Ia 136 E.
7a S. 140 f.; Empfehlung des Europarates Rec[2006]2, "Europäische
Strafvollzugsgrundsätze", Ziff. 24.1-24.2; vgl. Härri, a.a.O., Art. 235 N.
33-37; Hug/Scheidegger, a.a.O., Art. 235 N. 3-6; Moreillon/Parein-Reymond,
a.a.O., Art. 235 N. 24; Robert-Nicoud, a.a.O., Art. 235 N. 10). Bei Vorliegen
besonderer Umstände kann es auch geboten erscheinen, Haftbesuche mit einem
Recht auf Telefonverkehr zu kombinieren (Urteil 1B_17/2015 E. 3). Mangels
entgegenstehender gewichtiger öffentlicher Interessen haben auch
strafprozessuale Häftlinge namentlich das Recht auf angemessenen regelmässigen
Kontakt zu ihrer Familie, darunter auch unverheirateten Lebenspartnern (BGE 118
Ia 64 E. 3o S. 86; 106 Ia 136 E. 7a S. 140 f.; 102 Ia 299 E. 3 S. 301; Urteil
1B_170/2014 E. 2; Empfehlung des Europarates Rec[2006] 2, Ziff. 24.2). Dies
muss nach der dargelegten Rechtsprechung besonders nach länger andauernder
strafprozessualer Haft und Wegfall von Kollusionsgefahr gelten. Hingegen kann
eine Telefonier- oder Haftbesuchsbewilligung - selbst unter Bewachung und auch
gegenüber nahen Angehörigen - grundsätzlich verweigert werden, solange akute
Verdunkelungsgefahr besteht (Urteil 1B_382/2013 E. 2; vgl. auch Härri, a.a.O.,
Art. 235 N. 30, 37; Hug/Scheidegger, a.a.O., Art. 235 N. 5 f.; Robert-Nicoud,
a.a.O., Art. 235 N. 4; zur Zulässigkeit von körperlichen Durchsuchungen bei
Haftbesuchen s. BGE 141 I 141 E. 6.3.5-6.6 S. 147-151; zur Zulässigkeit von
Besuchssperrfristen in der ersten Haftwoche s. BGE 118 Ia 64 E. 3n S. 85 f.;
106 Ia 136 E. 7a S. 140 f.).

4.

4.1. Die kantonalen Instanzen gehen zunächst von einer engen Definition des 
strafprozessualen Haftbesuchsrechts aus. Die Vorinstanz erwägt, das
Besuchsrecht beinhalte nur (aber immerhin) den Anspruch, dass inhaftierte
Personen in der Haftanstalt, in welcher sie untergebracht sind, Besuche
"empfangen" dürften. Dies ergebe sich aus den Europäischen
Strafvollzugsgrundsätzen (1978 und 2006) sowie aus Art. 84 StGB. Daraus könne
nicht abgeleitet werden, dass die in Sicherheitshaft oder vorzeitigem
Strafvollzug befindlichen Beschuldigten eine andere Person ausserhalb der
Gefängnismauern besuchen dürften. Solche Besuche fielen vielmehr unter den
Begriff "Urlaub" gemäss dem Strafvollzugsrecht.

4.2. Der Regelung von Art. 235 Abs. 2 StPO lässt sich nicht entnehmen, dass das
strafprozessuale Haftbesuchsrecht ausschliesslich auf das (passive) Empfangen
von Besuchen beschränkt wäre. Das Gesetz spricht vielmehr von "Kontakten"
zwischen der inhaftierten Person und anderen Personen sowie von "Besuchen".
Diese Kontakte und Besuche sind grundsätzlich zu bewilligen, soweit der
Haftzweck und die Ordnung und Sicherheit der Haftanstalt dies erlauben (Art.
235 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 StPO). Besuche finden wenn nötig unter Aufsicht
statt (Art. 235 Abs. 2 Satz 2 StPO).
Die im angefochtenen Entscheid getroffene Unterscheidung zwischen zulässigem
(passivem) "Empfang" von Besuchen und angeblich nicht zulässigen (bzw.
strafvollzugsrechtlich separat zu bewilligenden) aktiven Besuchen (mit
strafprozessualem Hafturlaub) erscheint für das strafprozessuale Haftrecht
(Art. 235-236 StPO) nicht hinreichend:
Die elementaren Grundrechte stehen nach der oben dargelegten Praxis des
Bundesgerichtes auch (und gerade) den strafprozessual Inhaftierten zu. Dies
gilt umso mehr, als alle nicht rechtskräftig verurteilten Personen, darunter
auch Beschuldigte im vorzeitigen Sanktionenvollzug (Art. 236 StPO), sich auf
die Unschuldsvermutung (Art. 32 Abs. 1 BV) berufen können (BGE 126 I 172 E. 3
S. 174; 117 Ia 72 E. 1d S. 79 f.). Nur unter diesem Vorbehalt unterstehen
Beschuldigte im vorzeitigen Strafvollzug grundsätzlich dem Strafvollzugsregime
(vgl. Art. 236 Abs. 4 StPO). Dementsprechend bestimmt Art. 235 Abs. 1 StPO
ausdrücklich, dass strafprozessual Inhaftierte in ihrer persönlichen Freiheit
nicht stärker eingeschränkt werden dürfen, als es der Haftzweck sowie die
Ordnung und Sicherheit der Haftanstalt erfordern.
Daraus folgt zunächst, dass auch für strafprozessual Inhaftierte eine 
praxistaugliche Besuchsrechtsregelung für enge Familienangehörige gelten muss,
die vor den Grundrechten standhält. Selbst wenn der These der Vorinstanz
gefolgt würde, das strafprozessuale Besuchsrecht sei auf den (passiven)
"Empfang" von Besuchen zu beschränken, wäre der Empfang von Besuchen 
inhaftierter Angehöriger faktisch nur möglich, wenn dem Besucher oder der
Besucherin ein entsprechendes aktives Besuchsrecht (verknüpft mit einem
akzessorischen strafprozessualen "Hafturlaub" bzw. mit einer
Gefangenentransportbewilligung) eingeräumt würde. Da strafprozessuale Gefangene
bei Haftbesuchen nicht (begleitet oder unbegleitet) in Freiheit entlassen,
sondern polizeilich von Haftanstalt zu Haftanstalt transportiert werden und
sich dort (innerhalb des Anstaltsperimeters) weiter in Gefangenschaft befinden,
wäre es sowohl terminologisch als auch inhaltlich verfehlt, hier von "Urlaub"
im Sinne des Strafvollzugsrechts zu sprechen.

4.3. Nach den Feststellungen der Vorinstanz haben die Beschwerdeführenden
ausdrücklich die Gesuche gestellt, sich in der strafprozessualen Haft sehen
und  besuchen zu dürfen. Sie legen nach wie vor dar, dass für sie sowohl "eine
kurzzeitige Überführung in die Strafanstalt der Lebenspartnerin" des
Beschuldigten in Frage komme, als auch (umgekehrt) ein Besuchsrecht im
Haftgefängnis des Beschuldigten. Umfang und Grenzen des strafprozessualen
Besuchsrecht sind nach den Kriterien von Art. 235 Abs. 1-2 StPO zu prüfen
(Urteile des Bundesgerichtes 1B_17/2015 E. 3; 1B_170/2014 E. 2; 1B_382/2013 E.
2). Demgegenüber kann dieses Haftbesuchsrecht nicht aufgrund einer
formalistisch-engen Definition oder hier sachfremder strafvollzugsrechtlicher
Kriterien zum Vornherein vollständig verneint werden.
Auch das Strafvollzugsrecht ermöglicht im Übrigen grundsätzlich Urlaube von
Strafgefangenen zum Besuch von Angehörigen oder Gefängnisbesuche von
Angehörigen (Art. 84 Abs. 1-2 und Abs. 6 StGB). Der Kontakt mit nahe stehenden
Personen ist dabei zu erleichtern (Art. 84 Abs. 1 Satz 2 StGB; vgl. zum Ganzen
Martino Imperatori, Basler Kommentar StGB, Bd. I, 3. Aufl. 2013, Art. 84 N. 11,
19). Gemäss Ziffer 24.1 der Empfehlung des Europarates Rec (2006) 2
("Europäische Strafvollzugsgrundsätze") ist den (Straf-) Gefangenen zu
gestatten, mit ihren Familien so oft wie möglich brieflich, telefonisch oder in
anderen Kommunikationsformen zu verkehren und Besuche von ihnen zu empfangen.
Bei strafprozessualen Häftlingen können Besuche und sonstige Kontakte
eingeschränkt und überwacht werden, wenn dies für noch laufende strafrechtliche
Ermittlungen, zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit, zur Verhütung
von Straftaten und zum Schutz der Opfer von Straftaten erforderlich ist. Solche
Einschränkungen, auch spezielle, von einer Justizbehörde angeordnete
Einschränkungen, müssen jedoch ein annehmbares Mindestmass an Kontakten
zulassen (Ziff. 24.2 der Empfehlung des Europarates; zu deren
Rechtsquellenstatus als sog. "soft law" vgl. BGE 141 I 141 E. 6.3.3 S. 145 f.;
140 I 125 E. 3.2 S. 133; 118 Ia 64 E. 2a S. 69 f.; je mit Hinweisen).
Im vorliegenden Fall ist nur schwer einzusehen, weshalb angemessene
strafprozessuale Haftbesuche des nicht mehr kollusionsgefährdeten Beschuldigten
in der Vollzugsanstalt seiner mitbeschuldigten Lebensgefährtin nicht
sachgerecht, nämlich mittels Gefangenentransport und Familienbesuchszimmer,
organisiert werden könnten. Darin ist bei sachgerechten Besuchsintervallen auch
kein übertriebener Aufwand für die zuständigen Behörden erkennbar (zu den
Modalitäten des Besuchsrechts in Strafanstalten bzw. Untersuchungsgefängnissen
vgl. Härri, a.a.O., Art. 235 N. 38-41; Imperatori, a.a.O., Art. 84 N. 19).

4.4. Aber auch in  verfahrensrechtlicher Hinsicht kann den Erwägungen der
Vorinstanz nicht gefolgt werden. Diese würden zu einer sachwidrigen und vom
Bundesrecht nicht vorgesehenen Gabelung und Komplizierung der Rechtswege im
strafprozessualen Haftrecht führen:
Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt, in Fällen wie dem vorliegenden
"gable" sich die sachliche Behördenzuständigkeit und der Rechtsmittelweg:
Während für die Bewilligung von Besuchen die Verfahrensleitung (hier: das
erstinstanzliche Strafgericht) zuständig sei, habe über konnexe
strafprozessuale "Urlaube" die kantonale Strafvollzugsbehörde zu entscheiden.
Der Beschwerdeführer habe ungeachtet seiner Grundrechte "keinen Anspruch auf
Urlaubsgewährung" zur Besuchsausübung. Der Beschwerdeführerin helfe eine
Besuchserlaubnis nicht, da der Beschwerdeführer keinen Anspruch auf Hafturlaub
habe.
Diese Argumentation vermag nicht zu überzeugen. Die strafprozessual
Inhaftierten haben Gesuche gestellt, sich in einem angemessenen Rahmen sehen
und besuchen zu dürfen. Auch in Fällen wie dem vorliegenden hat die  zuständige
Verfahrensleitung gemäss Art. 235 Absatz 2 Satz 1 StPO über solche Anträge zu
entscheiden. Erstens geht es hier um (rein akzessorische)  strafprozessuale
 "Hafturlaube" zur Ausübung des  Besuchsrechts unter engen Angehörigen und
nicht um strafvollzugsrechtlichen Urlaub von rechtskräftig verurteilten
Strafgefangenen (Art. 84 Abs. 6 StGB). Auch eine beschuldigte Person im
vorzeitigen Strafvollzug (Art. 236 StPO) bleibt Partei des hängigen
Strafprozesses, der von der jeweiligen Verfahrensleitung zu führen ist. Diese
kann für die (nach Art. 235 Abs. 1-2 StPO zu prüfende) Bewilligung von
strafprozessualen Besuchen per Gefangenentransport zuvor eine 
Koordinationsrücksprache mit den zuständigen Gefängnisleitungen und der
kantonalen Vollzugsbehörde nehmen. Das Bewilligungsgesuch wird in der Regel von
der (von einem Besuchsgesuch betroffenen) Gefängnisleitung zu stellen sein.
Zweitens würde die von der Vorinstanz befürwortete Gabelung der Zuständigkeiten
und Rechtswege im strafprozessualen Haftrecht zu einer bundesrechtswidrigen
(nicht praktikablen und das Beschleunigungsgebot in Haftsachen tangierenden)
Komplizierung und Verzögerung des Rechtsschutzes führen (Art. 235 Abs. 5 i.V.m.
Art. 5 Abs. 2 StPO).

4.5. Schliesslich bleibt noch zu prüfen, ob die vollständige Verweigerung von
Haftbesuchen hier materiell vor dem massgeblichen Bundesrecht standhält:
Nach den Feststellungen der Vorinstanz haben sich die Beschwerdeführenden seit
ihrer Inhaftierung am 25. Juli 2015 nicht besuchen können, nachdem sie zuvor
seit ca. 14 Jahren als unverheiratete Lebenspartner zusammengelebt hatten. Die
vollständige Verweigerung des Besuchsrechts durch die kantonalen Instanzen
führt hier zu einem schweren Eingriff in die Grundrechte auf persönliche
Freiheit und Familienleben (Art. 10 Abs. 2 und Art. 14 BV; s.a. Art. 8 und Art.
12 EMRK). Das Recht auf Ehe- und Familienleben steht nach der übereinstimmenden
Praxis des Bundesgerichtes und des Europäischen Gerichtshofes für
Menschenrechte nicht nur verheirateten Paaren zu, sondern auch inhaftierten
Partnern eines (gefestigten) Konkubinats bzw. einer anderen eheähnlichen
Lebensgemeinschaft (BGE 118 Ia 64 E. 3o S. 86; EGMR vom 22. Mai 2008 i.S.  P.
gegen Bulgarien, Beschwerde Nr. 15197/02, Ziff. 53).
Die strafprozessuale Haft der Lebenspartner dauert hier zudem bereits seit
einem Jahr und acht Monaten an. Ein erstinstanzliches Gerichtsurteil ist nach
den vorliegenden Akten noch nicht erfolgt, und die Beschuldigten können sich
auf die Unschuldsvermutung berufen (Art. 32 Abs. 1 BV). Zudem droht ihnen im
Falle einer rechtskräftigen Verurteilung (angesichts der hohen Strafanträge von
18 bzw. 15 Jahren Freiheitsstrafe) noch ein sehr langer Rest-Strafvollzug mit
weiteren (dannzumal vollzugsrechtlichen) Beschränkungen des Besuchsrechts.
Hinzu kommt noch, dass die beiden Inhaftierten (je mit ausländischer
Staatsangehörigkeit) darlegen, dass sie in der Schweiz über kein anderes
Beziehungsnetz (etwa zu nahen Familienangehörigen) verfügen.
Eine vollständige Verweigerung des Besuchsrechts im hängigen Strafverfahren
würde das Grundrecht der Inhaftierten auf Familienleben bzw. persönlichen
Kontakt mit dem langjährigen Lebenspartner ausserordentlich stark
beeinträchtigen bzw. sogar dahinfallen lassen (vgl. Art. 36 Abs. 4 BV). Ein
solch schwerer Eingriff müsste im Gesetz ausdrücklich vorgesehen sein (Art. 36
Abs. 1 Satz 2 BV). Der angefochtene Entscheid hält umso weniger vor dem
Verhältnismässigkeitsgrundsatz (Art. 36 Abs. 2-3 BV) stand, als keine
strafprozessualen Gründe für ein mehrjähriges vollständiges Besuchsverbot
dargetan sind (Art. 235 Abs. 1 StPO). Insbesondere bestreiten die kantonalen
Instanzen nicht, dass keine Kollusionsgefahr (Art. 221 Abs. 1 lit. b StPO)
zwischen den Beschuldigten mehr besteht.
Im angefochtenen Entscheid wird vielmehr argumentiert, die strafprozessual
Inhaftierten hätten keinen Anspruch auf "positive Leistungen des Staates" wie
Transport und Bewachung zu Besuchszwecken. Diese juristische Ansicht ist weder
mit dem Grundrecht auf Familienleben vereinbar, noch findet sie in Art. 235
Absätze 1 und 2 StPO eine Stütze. Das Gesetz sieht vielmehr die "Bewilligung"
von entsprechenden angemessenen Besuchskonditionen durch die strafprozessuale
Verfahrensleitung bzw. die "Aufsicht" von bewilligten Besuchen (im Rahmen der
Haftzwecke bzw. vorbehältlich der Ordnung und Sicherheit in der Haftanstalt)
ausdrücklich vor. Die Beschwerdeführenden haben sich denn auch schon im
vorinstanzlichen Verfahren bereit erklärt, sachlich gebotene Auflagen bzw.
Einschränkungen des Besuchsrechts zu akzeptieren. Vor Bundesgericht beantragen
sie ein (zumindest) monatliches Besuchsrecht, was nicht per se unangemessen
erscheint. In diesem Rahmen haben die kantonalen Behörden (in Koordination
zwischen Verfahrensleitung und Vollzugsbehörden) bundesrechtskonforme
Besuchsmöglichkeiten des Beschuldigten in der Vollzugsanstalt seiner
mitbeschuldigten Lebensgefährtin zu gewährleisten.
Der angefochtene Entscheid ist nach dem Gesagten mit dem Bundesrecht nicht
vereinbar.

5. 
Die gemeinsame Beschwerde der beiden Beschuldigten ist gutzuheissen.
Antragsgemäss ist der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache zur
Neubeurteilung und bundesrechtskonformen Regelung des strafprozessualen
Haftbesuchsrechts (im Sinne der obigen Erwägungen) an die Vorinstanz
zurückzuweisen. Die kantonalen Strafbehörden sind in diesem Zusammenhang auch
auf das Beschleunigungsgebot in Haftsachen (Art. 5 Abs. 2 StPO) hinzuweisen.
Gerichtskosten sind nicht zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Den beiden amtlichen
Verteidigern, die eine gemeinsame Beschwerdeschrift eingereicht haben, ist eine
angemessene Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 68 i.V.m. Art. 64 Abs. 2
Satz 2 BGG). Diese wird auf je Fr. 2'000.-- (pauschal, inkl. MWST) bemessen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen, der Beschluss vom 6. Dezember 2016 des
Kantonsgerichts Luzern, 1. Abteilung, Präsident, aufgehoben, und die Sache zur
Neubeurteilung (und bundesrechtskonformen Regelung des strafprozessualen
Haftbesuchsrechts) an die Vorinstanz zurückgewiesen. Die kantonalen
Strafbehörden werden in diesem Zusammenhang auf das Beschleunigungsgebot in
Haftsachen hingewiesen.

2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3. 
Der Kanton Luzern (Kasse der Staatsanwaltschaft) hat den amtlichen
Rechtsvertretern der Beschwerdeführenden je eine Parteientschädigung von Fr.
2'000.-- (pauschal, inkl. MWST) zu entrichten.

4. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Kantonsgericht Luzern, 1.
Abteilung, Präsident, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 18. April 2017

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Merkli

Der Gerichtsschreiber: Forster

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