Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 1B.274/2017
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                [displayimage]  
 
 
1B_274/2017  
 
 
Urteil vom 6. März 2018  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Bundesrichter Eusebio, Chaix, 
Gerichtsschreiber Härri. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Staatsanwaltschaft Kreuzlingen, 
Hauptstrasse 5, 8280 Kreuzlingen, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.________, 
Beschwerdegegner, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Matthias Raschle. 
 
Gegenstand 
Strafverfahren; Erstellung eines DNA-Profils, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 1. Juni
2017 (SW.2017.32). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Staatsanwaltschaft Kreuzlingen führt ein Strafverfahren gegen A.________
wegen des Verdachts von Sexualdelikten. 
Mit Verfügung vom 4. April 2017 wies sie die Kantonspolizei an, den A.________
entnommenen Wangenschleimhautabstrich (WSA) analysieren zu lassen und das
DNA-Profil in das Informationssystem aufzunehmen. 
 
B.   
Die von A.________ hiergegen erhobene Beschwerde schützte das Obergericht des
Kantons Thurgau am 1. Juni 2017 und hob die Verfügung der Staatsanwaltschaft
vom 4. April 2017 auf. 
 
C.   
Die Staatsanwaltschaft Kreuzlingen führt Beschwerde in Strafsachen mit dem
Antrag, den Entscheid des Obergerichts aufzuheben und ihre Verfügung vom 1.
(recte: 4.) April 2017 zu bestätigen. Eventualiter sei die Sache zur
Neubeurteilung an das Obergericht zurückzuweisen. 
 
D.   
Das Obergericht hat auf Gegenbemerkungen verzichtet. 
A.________ hat sich vernehmen lassen mit dem Antrag, die Beschwerde
abzuweisen. 
Die Staatsanwaltschaft Kreuzlingen hat auf Bemerkungen dazu verzichtet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
 
1.1. Gegen den angefochtenen Entscheid ist gemäss Art. 78 Abs. 1 BGG die
Beschwerde in Strafsachen gegeben. Ein kantonales Rechtsmittel steht nicht zur
Verfügung. Die Beschwerde ist daher nach Art. 80 BGG zulässig.  
Die Erstellung des DNA-Profils dient unstreitig nicht dazu, den
Beschwerdegegner jener Straftaten zu überführen, deren er im jetzigen
Strafverfahren beschuldigt wird. Vielmehr sollen damit andere - bereits
begangene oder künftige - Straftaten geklärt werden. Der Massnahme kommt
demnach eine über das jetzige Strafverfahren hinausgehende eigenständige
Bedeutung zu. Der angefochtene Entscheid ist deshalb als Endentscheid zu
betrachten (BGE 128 II 259 E. 1.4 S. 264; Urteil 1B_381/2015 vom 23. Februar
2016 E. 1.1 mit Hinweis). Die Beschwerde ist somit nach Art. 90 BGG zulässig. 
 
1.2.   
 
1.2.1. Gemäss Art. 81 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde in Strafsachen berechtigt,
wer (a) vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen (...) und (b) ein
rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des
angefochtenen Entscheids hat, insbesondere die Staatsanwaltschaft (Ziff. 3).  
Ist eine Staatsanwaltschaft für den gesamten Kanton zuständig, ist sie bei der
letzten kantonalen Instanz zur Beschwerde berechtigt und hat sie über die
einheitliche Anwendung des Bundesrechts im Kanton zu wachen, so ist nach der
Rechtsprechung eine andere Staatsanwaltschaft, die nur für bestimmte
Rechtsgebiete oder einen Teil des Kantonsgebietes zuständig ist, nicht zur
Beschwerde in Strafsachen befugt. Das gilt auch dann, wenn einzig diese andere
Staatsanwaltschaft am Verfahren vor der letzten kantonalen Instanz beteiligt
war. Die Rechtsprechung will damit verhindern, dass das Beschwerderecht der
Staatsanwaltschaft, das bereits auf 26 Kantone aufgeteilt ist, innerhalb der
Kantone noch weiter aufgesplittert wird (BGE 142 IV 196 E. 1.5 S. 198 ff. mit
Hinweisen). 
 
1.2.2. Gemäss § 30 des Gesetzes vom 17. Juni 2009 des Kantons Thurgau über die
Zivil- und Strafrechtspflege (ZSRG/TG; RB 271.1) wird die
Generalstaatsanwaltschaft durch eine Generalstaatsanwältin oder einen
Generalstaatsanwalt geführt. Sie oder er trägt die Gesamtverantwortung für die
Strafverfolgung gegenüber Erwachsenen und Jugendlichen und erlässt die
notwendigen Anordnungen (Abs. 1). Die Generalstaatsanwältin oder der
Generalstaatsanwalt ist gegenüber den Staatsanwaltschaften und der
Jugendanwaltschaft weisungsberechtigt, regelt Kompetenzkonflikte unter den
Staatsanwaltschaften abschliessend und kann Änderungen in der
Zuständigkeitsregelung vornehmen (Abs. 2). Die Generalstaatsanwältin oder der
Generalstaatsanwalt sorgt für die Einheitlichkeit in der Strafverfolgung und
vertritt die Strafverfolgungsbehörden nach aussen (Abs. 3).  
Gemäss § 32 ZSRG/TG werden die Staatsanwaltschaften je durch eine
Oberstaatsanwältin oder einen Oberstaatsanwalt geführt (Abs. 1). Der
Regierungsrat bestimmt die Amtsgebiete (Abs. 2). 
Nach § 1 der Verordnung vom 21. September 2010 des Regierungsrates des Kantons
Thurgau über die Organisation der Staatsanwaltschaft (RB 311.61) steht Letztere
unter der Leitung der Generalstaatsanwältin oder des Generalstaatsanwalts und
gliedert sich in verschiedene Abteilungen, unter anderem die Staatsanwaltschaft
Kreuzlingen. Diese ist nach § 3 Abs. 2 der Verordnung in Verbindung mit deren
Anhang nur für einen Teil des Kantonsgebiets zuständig. 
Gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. a und b Ziff. 3 BGG zur Beschwerde in Strafsachen
berechtigt ist demnach einzig die Generalstaatsanwaltschaft, nicht dagegen die
Staatsanwaltschaft Kreuzlingen (BGE 142 IV 196 1.5.2 S. 200; 131 IV 142; Urteil
6B_949/2013 vom 3. Februar 2014 E. 2). 
 
1.2.3. Beschwerde führt hier die Staatsanwaltschaft Kreuzlingen. Dies ergibt
sich bereits aus dem Kopf der Beschwerde. Dort steht "Staatsanwaltschaft
Kreuzlingen". Im Rubrum bezeichnet sich diese zudem selber als
Beschwerdeführerin. Am Schluss der Beschwerdebegründung führt sie aus, "aus
Sicht der Staatsanwaltschaft Kreuzlingen" verletze der angefochtene Entscheid
Bundesrecht. Unterzeichnet ist die Beschwerde sodann namens der
Staatsanwaltschaft Kreuzlingen von dessen leitendem Oberstaatsanwalt.  
Nach der Unterschrift des leitenden Oberstaatsanwalts hat der
Generalstaatsanwalt folgende Bemerkung angebracht und unterzeichnet:
"Eingesehen und genehmigt nach § 28 Abs. 2 Thurg. Zivil- und
Strafrechtspflegegesetz (RB 271.1) in Verbindung mit Ziff. E. 3
Geschäftsordnung der Staatsanwaltschaft Thurgau." 
Gemäss § 28 Abs. 2 ZSRG/TG regelt die Generalstaatsanwaltschaft unter anderem
die Zuständigkeit, Rechtsmittel einzureichen oder zurückzuziehen. Nach Ziffer
E. 3 der Geschäftsordnung der Staatsanwaltschaft Thurgau vom 11. Januar 2011 in
der Fassung vom 1. Januar 2016 sind die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte,
die einen Straffall bearbeitet und durch Überweisung an ein Gericht erledigt
haben, jeweils auch befugt, gegen einen in dieser Sache ergangenen
Gerichtsentscheid ein Rechtsmittel zu ergreifen oder wieder zurückzuziehen. Bei
Beschwerden an das Bundesgericht ist vorgängig jeweils die Zustimmung der
Generalstaatsanwältin bzw. des Generalstaatsanwalts einzuholen. Die
Generalstaatsanwältin bzw. der Generalstaatsanwalt hat den Inhalt dieser
Beschwerden zu genehmigen. Beschwerden beim Bundesgericht werden von den
verfahrensführenden Staatsanwältinnen und Staatsanwälten vertreten. 
Ziffer E. 3 der Geschäftsordnung steht mit der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung nicht in Einklang. Danach ist nicht die fallbearbeitende
Staatsanwältin oder der fallbearbeitende Staatsanwalt befugt, Beschwerde in
Strafsachen zu ergreifen, sondern einzig der Generalstaatsanwalt. Dieser und
nicht die verfahrensführende Staatsanwältin bzw. der verfahrensführende
Staatsanwalt hat sodann die Beschwerde beim Bundesgericht zu vertreten. 
Die Staatsanwaltschaft Kreuzlingen und der Generalstaatsanwalt sind in
Anwendung der bundesrechtswidrigen Ziffer E. 3 der Geschäftsordnung
vorgegangen. Dies spricht für die Verneinung der Beschwerdelegitimation.
Allerdings genehmigte der Generalstaatsanwalt gemäss Ziffer E. 3 der
Geschäftsordnung den Inhalt der Beschwerde der Staatsanwaltschaft Kreuzlingen.
Letztere legt sodann in der Beschwerde (S. 2 Ziff. I/2) dar, sie handle
ausdrücklich namens und im Auftrag der Generalstaatsanwaltschaft. Ob dies für
die Bejahung der Beschwerdelegitimation genügt, kann offenbleiben. Wäre auf die
Beschwerde einzutreten, wäre sie aus folgenden Erwägungen abzuweisen. 
 
2.  
 
2.1. Art. 255-258 StPO enthalten Bestimmungen zu den DNA-Analysen. Art. 259
StPO erklärt im Übrigen das Bundesgesetz vom 20. Juni 2003 über die Verwendung
von DNA-Profilen im Strafverfahren und zur Identifizierung von unbekannten oder
vermissten Personen (DNA-Profil-Gesetz; SR 363) für anwendbar.  
Gemäss Art. 255 Abs. 1 lit. a StPO kann zur Aufklärung eines Verbrechens oder
eines Vergehens von der beschuldigten Person eine Probe genommen und ein
DNA-Profil erstellt werden. 
Nach Art. 1 Abs. 2 DNA-Profil-Gesetz bezweckt dieses Gesetz insbesondere die
Verbesserung der Effizienz der Strafverfolgung; diese soll namentlich erreicht
werden, indem (a) mit Hilfe des Vergleichs von DNA-Profilen: 1. verdächtige
Personen identifiziert und weitere Personen vom Tatverdacht entlastet werden,
2. durch systematische Auswertung biologischen Materials Tatzusammenhänge und
damit insbesondere organisiert operierende Tätergruppen sowie Serien- und
Wiederholungstäter rascher erkannt werden, 3. die Beweisführung unterstützt
wird. 
Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung kommen die Probenahme und
Erstellung eines DNA-Profils gemäss Art. 255 Abs. 1 StPO nicht nur in Betracht
zur Aufklärung jenes Delikts, welches dazu Anlass gegeben hat, oder zur
Zuordnung von bereits begangenen und den Strafverfolgungsbehörden bekannten
Delikten. Wie aus Art. 1 Abs. 2 lit. a DNA-Profil-Gesetz hervorgeht, muss die
Erstellung eines DNA-Profils es auch erlauben, den Täter von Delikten zu
identifizieren, die den Strafverfolgungsbehörden noch unbekannt sind. Dabei
kann es sich um vergangene oder künftige Delikte handeln. Das DNA-Profil kann
so Irrtümer bei der Identifikation einer Person und die Verdächtigung
Unschuldiger verhindern. Es kann auch präventiv wirken und damit zum Schutz
Dritter beitragen (Urteil 1B_250/2016 vom 20. September 2016 E. 2.1 mit
Hinweisen). 
Erkennungsdienstliche Massnahmen und die Aufbewahrung der Daten stellen einen
Eingriff dar in das Recht auf persönliche Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV), auf
informationelle Selbstbestimmung (Art. 13 Abs. 2 BV) und auf Familienleben (
Art. 8 EMRK; BGE 136 I 87 E. 5.1 S. 101; 128 II 259 E. 3.2 S. 268; je mit
Hinweisen). Es handelt sich allerdings lediglich um einen leichten Eingriff in
diese Grundrechte (BGE 134 III 241 E. 5.4.3 S. 247; 128 II 259 E. 3.3 S. 269
f.; Urteil 2C_257/2011 vom 25. Oktober 2011 E. 6.7.3). 
Einschränkungen von Grundrechten müssen nach Art. 36 Abs. 2 und 3 BV durch ein
öffentliches Interesse gerechtfertigt und verhältnismässig sein. Dies
konkretisiert Art. 197 Abs. 1 StPO. Danach können Zwangsmassnahmen nur
ergriffen werden, wenn ein hinreichender Tatverdacht vorliegt (lit. b), die
damit angestrebten Ziele nicht durch mildere Massnahmen erreicht werden können
(lit. c) und die Bedeutung der Straftat die Zwangsmassnahme rechtfertigt (lit.
d). 
Die Vorinstanz erachtet die Analyse des WSA zwecks Aufnahme des DNA-Profils in
das Informationssystem als unverhältnismässig. Die Beschwerdeführerin macht
geltend, dies verletze Bundesrecht. 
Wie gesagt, dient die angeordnete Massnahme nicht der Aufklärung der
Straftaten, derer der Beschwerdegegner im jetzigen Strafverfahren beschuldigt
wird. Die Massnahme wäre somit nur dann verhältnismässig, wenn erhebliche und
konkrete Anhaltspunkte dafür bestünden, dass der Beschwerdegegner in andere -
auch künftige - Delikte verwickelt sein könnte (BGE 141 IV 87 E. 1.3.1 und
1.4.1). Dabei muss es sich um Delikte gewisser Schwere handeln (Urteil 1B_250/
2016 vom 20. September 2016 E. 2.2 mit Hinweisen). Massgeblich sind die
Umstände des Einzelfalles. Art. 255 StPO ermöglicht keine routinemässige
Entnahme von DNA-Proben und deren Analyse (BGE 141 IV 87 E. 1.4.2 S. 92 mit
Hinweisen). 
 
2.2. Die Vorinstanz erwägt, gegen den Beschwerdegegner bestehe der Verdacht der
sexuellen Handlungen mit einem Kind (Art. 187 StGB) durch Telefonsex mit einem
14- bis 15-jährigen unbekannten Mädchen zu einem unbekannten Zeitpunkt. Der
Verdacht beruhe auf den Aussagen einer früheren Praktikantin des
Beschwerdegegners. Diese habe angegeben, der Beschwerdegegner habe ihr erzählt,
er habe mit einem 14- bis 15-jährigen Mädchen Telefonsex gehabt. Er habe diesem
an einem Abend telefoniert und es zum Orgasmus gebracht. Das Mädchen habe das
toll gefunden. Sie hätten sich erotische Sachen geschrieben und das Mädchen
habe ihm gesagt, dass es unbedingt mit ihm schlafen wolle. Darauf habe er
geantwortet, das gehe nicht, sie könnten aber miteinander telefonieren. Er habe
dann gewartet, bis das Mädchen 16 Jahre alt gewesen sei. Dann habe er es diesem
nach seinen Worten "richtig gegeben". Die Vorinstanz bejaht überdies den
Tatverdacht der Ausnützung einer Notlage (Art. 193 Abs. 1 StGB), indem der
Beschwerdegegner seinen Penis vor einer anderen Praktikantin entblösst, diesen
in den Händen gehalten und sie aufgefordert habe, im Nebenzimmer den
Geschlechtsverkehr zu vollziehen. Die Erwägungen der Vorinstanz dazu
(angefochtener Entscheid E. 4a S. 11 ff.) sind nicht zu beanstanden. Auszugehen
ist beim derzeitigen Erkenntnisstand demnach von zwei Tatvorwürfen.  
Der Beschwerdegegner ist nicht vorbestraft. Die gegen ihn erhobenen Tatvorwürfe
bestreitet er vollumfänglich. Insoweit steht er unter dem Schutz der
Unschuldsvermutung (Art. 32 Abs. 1 BV, Art. 10 Abs. 1 StPO). Nach den
Tatvorwürfen der Beschwerdeführerin kam es zu keinem körperlichen Kontakt mit
den Geschädigten. Danach lehnte der Beschwerdegegner zudem den
Geschlechtsverkehr mit dem unbekannten Mädchen trotz dessen Aufforderung dazu
ab, bis dieses 16 Jahre alt und damit dem Schutzalter (Art. 187 Ziff. 1 StGB)
entwachsen war. Dies stellt ein Indiz dafür dar, dass es auch im Bereich der
Sexualität für den Beschwerdegegner Grenzen gibt und von ihm keine schwereren
Sexualdelikte zu befürchten sind. Der vorliegende Fall ist nicht vergleichbar
mit jenem, über den das Bundesgericht in BGE 128 II 259 zu befinden hatte. Dort
erachtete es die Erstellung eines DNA-Profils und dessen Aufnahme in das
Informationssystem bei einem Beschuldigten als verhältnismässig, der unter dem
Verdacht der mehrfachen sexuellen Handlungen mit Kindern stand (E. 3.6 S. 275
ff.). Jener Beschuldigte wies jedoch fünf einschlägige Vorstrafen auf (E. 3.4.2
S. 274). Zudem bestanden Anzeichen für Pädophilie. Der Beschwerdegegner ist,
wie gesagt, demgegenüber nicht vorbestraft und entsprechende Anzeichen fehlen
bei ihm. 
Würdigt man dies gesamthaft, ist es bundesrechtlich haltbar, wenn die
Vorinstanz erhebliche und konkrete Anhaltspunkte dafür verneint hat, dass der
Beschwerdegegner in andere schwerwiegendere Delikte verwickelt sein könnte. Es
handelt sich allerdings um einen Grenzfall. Einen solchen nimmt auch die
Beschwerdeführerin in ihrer Verfügung vom 4. April 2017 (S. 2 unten)
ausdrücklich an (weshalb nicht ohne Weiteres nachvollziehbar ist, dass sie den
vorinstanzlichen Entscheid nicht akzeptieren konnte). In solchen Grenzfällen
räumt das Bundesgericht der Vorinstanz einen gewissen Beurteilungsspielraum ein
und weicht es nicht leichthin von ihrem Entscheid ab (BGE 115 IV 17 E. 2b S.
20; Urteil 1B_497/2012 vom 3. Oktober 2012 E. 2.2.3). 
 
3.   
Die Beschwerde ist demnach abzuweisen, soweit darauf überhaupt eingetreten
werden kann. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66
Abs. 4 BGG). Der Kanton hat dem Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.   
Der Kanton Thurgau hat dem Beschwerdegegner eine Parteientschädigung von Fr.
2'000.-- zu bezahlen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau
schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 6. März 2018 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Merkli 
 
Der Gerichtsschreiber: Härri 

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