Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 1B.270/2017
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
1B_270/2017        

Urteil vom 28. Juli 2017

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Karlen, Kneubühler,
Gerichtsschreiber Forster.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Stephan Bernard,

gegen

Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat,
Stauffacherstrasse 55, Postfach, 8036 Zürich,
Amt für Justizvollzug des Kantons Zürich, Straf- und Massnahmenvollzug 3,
Hohlstrasse 552, Postfach, 8090 Zürich.

Gegenstand
Sicherheitshaft im Nachverfahren,

Beschwerde gegen die Verfügung vom 12. Juni 2017
des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, Präsident.

Sachverhalt:

A. 
Am 19. November 2010 verurteilte das Bezirksgericht Zürich, 3. Abteilung,
A.________ wegen mehrfacher sexueller Nötigung, mehrfachen sexuellen Handlungen
mit Kindern, mehrfacher Pornographie, Gewaltdarstellungen und Tierquälerei zu
drei Jahren Freiheitsstrafe. Gleichzeitig ordnete das Bezirksgericht eine
strafvollzugsbegleitende ambulante Behandlung (Art. 63 StGB) an. Am 26. August
2011 bestätigte das Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, auf
Berufung hin das erstinstanzliche Urteil im Schuldpunkt und beim Strafmass. Es
ordnete hingegen eine stationäre therapeutische Massnahme (Art. 59 StGB) an und
schob den Vollzug der Freiheitsstrafe zugunsten dieser Massnahme auf. Die vom
Verurteilten dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesgericht mit Urteil vom
18. April 2012 ab, soweit es darauf eintrat (Verfahren 6B_752/2011).

B. 
Mit Eingabe vom 17. Juni 2016 an das Bezirksgericht beantragte das Amt für
Justizvollzug des Kantons Zürich, es sei die stationäre Massnahme um drei Jahre
zu verlängern. Mit rechtskräftiger Verfügung vom 25. August 2016 versetzte das
Bezirksgericht den Verurteilten im Hinblick auf das gerichtliche Nachverfahren
(Art. 363-365 StPO) in Sicherheitshaft.

C. 
Am 19. Dezember 2016 hob das Amt für Justizvollzug die stationäre Massnahme
auf, zog seinen Antrag vom 17. Juni 2016 um Verlängerung der stationären
Massnahme zurück und beantragte nunmehr die Anordnung einer Verwahrung (Art. 64
StGB).

D. 
Mit Urteil vom 26. Januar 2017 ordnete das Bezirksgericht erneut eine
stationäre therapeutische Massnahme (Art. 59 StGB) für die Dauer von drei
Jahren gegen den Verurteilten an. Gegen das Massnahmenurteil erhob der
Verurteilte (am 10. April 2017) Beschwerde beim Obergericht. Mit separatem
Beschluss vom 26. Januar 2017 verfügte das Bezirksgericht, dass der Verurteilte
bis zum möglichen Massnahmenantritt, längstens bis zum 26. April 2017, in
Sicherheitshaft verbleibe.

E. 
Am 9. Juni 2017 ersuchte der Verurteilte bei dem mit der nachträglichen
Massnahmensache befassten Obergericht um sofortige Haftentlassung. Er machte
insbesondere geltend, dass die vom Bezirksgericht (bis längstens 26. April
2017) festgesetzte Haftfrist abgelaufen sei. Mit Verfügung vom 12. Juni 2017
wies das Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, Präsident, das
Haftentlassungsgesuch ab. Gleichzeitig ordnete der Kammerpräsident die
Fortsetzung der Sicherheitshaft für die Dauer des hängigen Nachverfahrens an.

F. 
Gegen den Haftentscheid des Obergerichtes vom 12. Juni 2017 gelangte der
Verurteilte mit Beschwerde vom 30. Juni (Posteingang: 4. Juli) 2017 an das
Bundesgericht. Er beantragt seine sofortige Haftentlassung, die gerichtliche
Feststellung, wonach er von widerrechtlicher Haft betroffen worden sei, sowie
die Zusprechung einer Haftentschädigung (Genugtuung von Fr. 300.-- pro Hafttag
vom 26. April 2017 bis zum Urteilsdatum des Bundesgerichtes, eventualiter
Genugtuung von Fr. 14'100.-- für die erstandene Haft zwischen 26. April und 12.
Juni 2017).
Am 10. Juli 2017 reichte das Obergericht dem Bundesgericht seinen (am 23. Juni
2017 ergangenen) abschlägigen Beschwerdeentscheid in der nachträglichen
Massnahmensache ein. Auf eine Vernehmlassung (zur Haftbeschwerde an das
Bundesgericht) verzichtete das Obergericht. Die Staatsanwaltschaft hat am 10.
Juli 2017 ebenfalls auf eine Stellungnahme verzichtet; vom kantonalen Amt für
Justizvollzug ist keine Vernehmlassung eingegangen. Der Beschwerdeführer
reichte am 21. Juli (Posteingang: 24. Juli) 2017 eine Replik ein.

Erwägungen:

1.

1.1. Angefochten ist ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid über die
Fortsetzung von Sicherheitshaft im nachträglichen gerichtlichen Verfahren
betreffend Verlängerung der stationären therapeutischen Massnahme (Art. 220
Abs. 2, Art. 221, Art. 229-233 und Art. 363-365 StPO i.V.m. Art. 59 StGB).
Dagegen ist die Beschwerde in Strafsachen grundsätzlich gegeben (Art. 78 ff.
BGG).

1.2. Das Gericht, welches das erstinstanzliche Strafurteil gefällt hat, trifft
auch die einer gerichtlichen Behörde übertragenen selbstständigen
nachträglichen Entscheide, sofern Bund oder Kantone nichts anderes bestimmen
(Art. 363 Abs. 1 StPO). Das kantonale Behördenorganisationsrecht kann
insbesondere festlegen, dass das kantonale Berufungsgericht bzw. das kantonal
letztinstanzlich entscheidende Gericht auch die selbstständigen nachträglichen
Entscheide fällt (BGE 139 IV 175 E. 1.1 S. 177 f., mit Hinweisen). Mangels
einer solchen abweichenden Regelung im kantonalen Recht sind im Kanton Zürich
die urteilenden erstinstanzlichen Gerichte (Art. 19 StPO) auch für die
nachträglichen Massnahmenverfahren zuständig. Im vorliegenden Fall hat das
Zürcher Obergericht als mit dem Nachverfahren befasste Rechtsmittelinstanz (auf
Haftentlassungsgesuch hin) über die Fortdauer von Sicherheitshaft entschieden
(vgl. Art. 233 StPO).

1.3. Das Verfahren bei selbstständigen nachträglichen Massnahmenentscheiden des
Gerichts (insbes. Art. 363 Abs. 1 StPO i.V.m. Art. 59 StGB) richtet sich nach
der StPO. Eine spezifische Regelung für die Anordnung und Fortsetzung von
Sicherheitshaft enthalten die Artikel 363-365 StPO nicht. Nach Einleitung des
Nachverfahrens bis zur Rechtskraft des neuen Massnahmenurteils basiert die
Anordnung und Fortsetzung von strafprozessualer Sicherheitshaft auf den (analog
anwendbaren) Bestimmungen von Art. 229-233 i.V.m. Art. 221 und Art. 220 Abs. 2
StPO (BGE 139 IV 175 E. 1.1-1.2 S. 178; 137 IV 333 E. 2.2-2.3 S. 336-338;
Urteile des Bundesgerichtes 1B_490/2016 vom 24. Januar 2017 E. 2; 1B_371/2016
vom 11. November 2016 E. 4.6; 1B_382/2015 vom 26. November 2015 E. 2.2-2.3;
1B_6/2012 vom 27. Januar 2012 E. 2.4).

1.4. Soweit der Beschwerdeführer die Rechtmässigkeit der von ihm erstandenen
strafprozessualen Haft bestreitet und ein Haftentlassungsgesuch stellt, ist die
Beschwerde zulässig. Ebenso besteht ein aktuelles Rechtsschutzinteresse (Art.
81 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 BGG) an der von ihm beantragten Feststellung, er sei
von unrechtmässiger Haft betroffen gewesen, da ein gültiger Hafttitel
zwischenzeitlich gefehlt habe.
Wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen (E. 7) ergibt, ist die Beschwerde
gegen den angefochtenen Haftprüfungsentscheid hingegen unzulässig, soweit der
Beschwerdeführer dem Bundesgericht ein materielles Haftentschädigungsgesuch
direkt unterbreitet.

2. 
Unbestrittenermassen haben weder das Bezirksgericht noch das (seit der
Beschwerdeerhebung am 10. April 2017 mit dem Nachverfahren befasste)
Obergericht zwischen dem 26. April und dem 11. Juni 2017 einen Entscheid über
die Verlängerung oder Aufhebung der Sicherheitshaft (im Sinne von Art. 229-233
StPO) gefällt. Der Hafttitel des Bezirksgerichtes vom 26. Januar 2017 lief am
26. April 2017 ab. Darauf hat der Beschwerdeführer bereits in seinem
Haftentlassungsgesuch vom 9. Juni 2017 ausdrücklich hingewiesen. Erst am 12.
Juni 2017 verfügte das Obergericht förmlich die Fortsetzung der Sicherheitshaft
für die Weiterdauer des vor dem Obergericht hängigen Beschwerdeverfahrens in
der nachträglichen Massnahmensache.
Die Vorinstanz hat sich mit dem gerügten Wegfall eines gültigen Hafttitels
(nach dem 26. April 2017) nicht befasst; sie hat sich auf die Prüfung
beschränkt, ob am 12. Juni 2017 noch ausreichende materielle Haftgründe
bestanden. Mangels eines gültigen strafprozessualen Hafttitels ist die
Inhaftierung des Beschwerdeführers zwischen dem 27. April und dem 12. Juni 2017
als formell rechtswidrig zu qualifizieren. Die Unrechtmässigkeit von
erstandener Haft ist in der Regel im Dispositiv des Haftprüfungsentscheides
festzustellen (vgl. BGE 137 IV 92 E. 3.2.3 S. 98; 136 I 274 E. 2.3 S. 278;
Urteile 1B_443/2016 vom 12. Dezember 2016 E. 3.3; 1B_330/2015 vom 15. Oktober
2015 E. 4.2; 1B_299/2015 vom 28. September 2015 E. 3.2 und 4-5; 1B_203/2015 vom
1. Juli 2015 E. 5.2; 1B_291/2014 vom 8. September 2014 E. 3.2).
Die Beschwerde ist insofern teilweise gutzuheissen, und es ist im Dispositiv
des angefochtenen Entscheides (antragsgemäss) festzustellen, dass die vom
Beschwerdeführer zwischen dem 27. April und dem 12. Juni 2017 erstandene
Sicherheitshaft formell unrechtmässig war.
Das vorübergehende Fehlen eines Hafttitels im gerichtlichen Nachverfahren führt
demgegenüber nicht zwingend zur ebenfalls beantragten Haftentlassung: Zwar kann
der Ablauf von richterlichen Haftfristen bei Untersuchungs- und Sicherheitshaft
im Vor- und Hauptverfahren einen Haftentlassungsgrund bilden (Art. 212 Abs. 2
lit. b i.V.m. Art. 226 Abs. 4 lit. a und Art. 227 Abs. 7 StPO; vgl. dazu
Gianfranco Albertini/ Thomas Armbruster, in: Basler Kommentar StPO, 2. Aufl.
2014, Art. 212 N. 11; Marc Forster, BSK StPO, Art. 227 N. 2). Dabei ist auch
die Unschuldsvermutung zugunsten von strafprozessual Inhaftierten (vor einer
allfälligen rechtskräftigen Verurteilung) zu berücksichtigen (Art. 10 Abs. 1
StPO). Im vorliegenden Fall geht es jedoch um Sicherheitshaft im
massnahmenrechtlichen Nachverfahren gegenüber einem rechtskräftig Verurteilten
(Art. 363-365 StPO). Zwar hat es das Obergericht versäumt, vor Ablauf der durch
das Bezirksgericht festgelegten Haftfrist die Sicherheitshaft förmlich zu
verlängern. Vor und nach dieser (vorübergehend formell unrechtmässigen)
Inhaftierungsphase haben die zuständigen Haftgerichte die materiellen
Haftgründe jedoch mehrmals geprüft und als erfüllt erachtet. Bei dieser
Sachlage drängt sich hier von Bundesrechts wegen keine Haftentlassung allein
aufgrund des festgestellten Verfahrensfehlers auf. Dabei ist auch dem Anliegen
einer effizienten Gefahrenabwehr (Wiederholungsgefahr bei bereits verübten
schweren Sexualstraftaten) Rechnung zu tragen (vgl. BGE 143 IV 9 E. 2 S. 11-17;
für das Nachverfahren s.a. Urteil 1B_490/2016 vom 24. Januar 2017 E. 4.3).

3. 
Der Beschwerdeführer rügt sodann als bundesrechtswidrig, dass im angefochtenen
Haftentscheid die Rechtsmittelbelehrung fehlt.
Wie bereits dargelegt (oben, E. 1.1), ist gegen letztinstanzliche kantonale
Entscheide über die Fortsetzung der Sicherheitshaft im nachträglichen
gerichtlichen Verfahren betreffend Verlängerung der stationären therapeutischen
Massnahme die Beschwerde in Strafsachen grundsätzlich gegeben (Art. 78 ff.
BGG). Solche selbstständig anfechtbaren Entscheide sind (hinsichtlich der
Haftprüfung) als "andere verfahrenserledigende Entscheide" (im Sinne von Art.
81 Abs. 1 lit. d StPO) einzustufen und aus Rechtsschutzgründen (Art. 31 Abs. 4
und Art. 29a BV) mit einer förmlichen Rechtsmittelbelehrung zu versehen (Art.
81 Abs. 1 lit. d StPO; vgl. Forster, BSK StPO, Art. 226 N. 6 und Fn. 49; Markus
Hug/Alexandra Scheidegger, in: Zürcher Kommentar StPO, 2. Aufl. 2014, Art. 226
N. 5). Schon angesichts ihrer grossen Tragweite für die Grundrechte der
Betroffenen handelt es sich materiellrechtlich nicht um reine prozessleitende
Verfügungen oder vorsorgliche Massnahmen im Straf- und Nachverfahren. Daran
vermag auch ihre (systematisch fragwürdige) Nennung in Art. 388 lit. b StPO
nichts zu ändern.
Die vom Beschwerdeführer erhobene Verfahrensrüge erweist sich auch insofern als
begründet. Die fehlende Rechtsmittelbelehrung führt indessen weder zur
beantragten Haftentlassung, noch zu einer förmlichen Feststellung des
Verfahrensfehlers im Dispositiv des Haftprüfungsentscheides: Die fehlende
Rechtsmittelbelehrung lässt die Haft nicht als unrechtmässig erscheinen,
weshalb weder eine Haftentlassung von Bundesrechts wegen als geboten erscheint,
noch eine förmliche Feststellung des Prozessfehlers im Dispositiv des
vorliegenden Beschwerdeentscheides. Eine solche Feststellung (im Dispositiv)
wird vom Beschwerdeführer im Übrigen auch nicht beantragt. Ebenso wenig ist ihm
aus der fehlenden Rechtsmittelbelehrung ein erkennbarer Rechtsnachteil
erwachsen.

4. 
Weiter rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 228 Abs. 4 i.V.m.
Art. 233 bzw. Art. 232 StPO. Die Vorinstanz habe ihm zu Unrecht eine mündliche
Haftverhandlung verweigert, auf die er zuvor nicht verzichtet habe.
Die Rüge erweist sich als unbegründet. Wie bereits dargelegt, sind auf das
vorinstanzliche Haftprüfungsverfahren die Bestimmungen von Art. 233 StPO
(Haftentlassungsgesuch vor der Rechtsmittelinstanz) analog anwendbar. Es
handelt sich hier nicht um eine erstmalige Anordnung von Sicherheitshaft (im
Sinne von Art. 229 Abs. 2 und Abs. 3 i.V.m. Art. 225 Abs. 1 und Abs. 5 bzw.
Art. 232 StPO), sondern um eine Bestätigung der bereits früher (vom
Bezirksgericht) mehrmals verfügten Sicherheitshaft im gerichtlichen
Nachverfahren. Die hier anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen (von Art. 233
StPO) schreiben eine mündliche Haftverhandlung nicht zwingend vor.
Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus Art. 31 Abs. 4 BV. Im vorliegenden
Fall drängt sich keine zusätzliche analoge Anwendung von Art. 228 Abs. 4 StPO
auf (vgl. dazu BGE 137 IV 186 E. 3 S. 187-189; Forster, BSK StPO, Art. 233 N.
3). Zum einen war die von der Bundesgerichtspraxis geforderte kontradiktorische
Haftprüfung gewährleistet. Zum anderen legt der anwaltlich vertretene
Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar dar, weshalb er seinen Standpunkt im
vorinstanzlichen schriftlichen Verfahren nicht in ausreichender Weise hätte
vertreten können.

5.
In verfahrensrechtlicher Hinsicht rügt der Beschwerdeführer schliesslich noch
eine Verletzung der haftrichterlichen Begründungspflicht (Art. 226 Abs. 2 StPO
i.V.m. Art. 29 Abs. 2 BV).
Haftentscheide sind kurz schriftlich zu begründen (Art. 226 Abs. 2 Satz 2
i.V.m. Art. 233 StPO; vgl. BGE 139 IV 179 E. 2.6 S. 185; 138 IV 81 E. 2.2 S.
84). Die Begründung des angefochtenen Entscheides ist zwar in der Tat kurz
ausgefallen. Die Vorinstanz verweist inhaltlich auf die Erwägungen des
Bezirksgerichtes in seinem Haftfortsetzungs-Beschluss vom 26. Januar 2017. Dem
Vorbringen des Beschwerdeführers, aufgrund dieser Begründung sei es ihm
verunmöglicht gewesen, den Rechtsweg wirksam zu beschreiten, kann jedoch nicht
gefolgt werden. Den Erwägungen im Haftentscheid des Bezirksgerichtes, auf
welche die Vorinstanz zulässigerweise verweist, lassen sich die wesentlichen
Gründe entnehmen, weshalb die kantonalen Gerichte die Fortsetzung der
Sicherheitshaft als zulässig und geboten ansehen. Insbesondere wird die
drohende Wiederholungsgefahr als besonderer Haftgrund ausreichend begründet.
Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ist in diesem Zusammenhang nicht
dargetan.

6. 
In materiellrechtlicher Hinsicht macht der Beschwerdeführer (eher beiläufig)
geltend, die "vollzugsrechtliche Sicherheitshaft" im gerichtlichen
Nachverfahren entbehre einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage (im Sinne von
Art. 197 Abs. 1 lit. a StPO).
Dieser Ansicht ist nicht zu folgen. Zwar trifft es zu, dass die StPO keine
spezifischen, auf das gerichtliche Nachverfahren (Art. 363-365 StPO)
zugeschnittenen Bestimmungen zur Sicherheitshaft enthält. Das Bundesgericht hat
bereits in mehreren publizierten Urteilen darauf hingewiesen, und  de lege
ferenda wären detailliertere systemkohärente Regeln aus Gründen der
Rechtssicherheit durchaus zu wünschen (so ausdrücklich Urteil 1B_371/2016 vom
11. November 2016 E. 5.2; vgl. kritisch zur geltenden Rechtslage auch MARIANNE
HEER, in: Basler Kommentar StGB, 3. Aufl. 2013, Art. 63b N. 23; Alain Joset/
Markus Husmann, Freiheitsentzug jenseits des Rechts - eine Kritik der
"vollzugsrechtlichen Sicherheitshaft", forumpoenale 2016 Nr. 3, S. 165 ff.).
Anderseits hat das Bundesgericht schon mehrfach bestätigt, dass die (analog
anwendbaren) Bestimmungen von Art. 229-233 i.V.m. Art. 221 und Art. 220 Abs. 2
StPO de lege lata noch eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die
Anordnung und Fortsetzung von strafprozessualer Sicherheitshaft im
Nachverfahren bilden (BGE 139 IV 175 E. 1.1-1.2 S. 178; 137 IV 333 E. 2.2-2.3
S. 336-338; Urteile 1B_490/2016 vom 24. Januar 2017 E. 2; 1B_371/2016 vom 11.
November 2016 E. 4-5; je mit Hinweisen).
Weitere materielle Hafthindernisse ruft der Beschwerdeführer nicht an.
Insbesondere bestreitet er den von den kantonalen Gerichten dargelegten
besonderen Haftgrund der Wiederholungsgefahr bzw. ihre ungünstige
Rückfallprognose nicht (vgl. dazu BGE 143 IV 9 E. 2 S. 11-17; Urteil 1B_490/
2016 vom 24. Januar 2017 E. 4.3; je mit Hinweisen). Seit dem 12. Juni 2017
(bestätigt am 23. Juni 2017) besteht auch wieder ein gültiger Hafttitel.

7. 
Schliesslich unterbreitet der Beschwerdeführer dem Bundesgericht noch ein
materielles Haftentschädigungsgesuch. Er verlangt Genugtuung für die erstandene
formell unrechtmässige Sicherheitshaft.
Auf das Entschädigungsgesuch ist nicht einzutreten. Gegenstand des
angefochtenen Haftprüfungsentscheides war ein Haftentlassungsgesuch des
Beschwerdeführers. Es kann offenbleiben, ob das im Verfahren vor Bundesgericht
eingereichte Entschädigungsbegehren ein unzulässiges Novum (Art. 99 Abs. 2 BGG)
darstellt. Jedenfalls hat der Beschwerdeführer diesbezüglich den gesetzlich
vorgesehenen kantonalen Instanzenzug nicht durchlaufen (Art. 80 BGG) :
Materielle Entschädigungsansprüche für  rechtswidrig angewendete
 Zwangsmassnahmen (Art. 431 StPO) oder für (nach einem Freispruch oder einer
Einstellung) sich nachträglich als  ungerechtfertigterweisende strafprozessuale
Haft (Art. 429 Abs. 1 lit. c StPO) sind nicht im Haftprüfungs- bzw.
Haftbeschwerdeverfahren selbst (hier: Art. 233 und Art. 222 StPO bzw. Art. 78
ff. BGG) zu beurteilen und zu bemessen. Haftprüfungsverfahren werden zeitlich
vordringlich geführt (Art. 5 Abs. 2 StPO). Der Haftrichter hat so rasch als
möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzuges zu entscheiden (Art. 31
Abs. 4 BV; s.a. Art. 227 Abs. 3 und Abs. 5 bzw. Art. 228 Abs. 2-4 StPO). In der
Regel ist es für den Haftrichter nicht möglich, innert den massgeblichen kurzen
Haftprüfungsfristen auch noch (im gleichen Verfahren) allfällige materielle
Entschädigungsansprüche zu beurteilen. Das Gesetz sieht daher separate
Haftentschädigungsverfahren vor (Art. 429 f. bzw. Art. 431 StPO). Unter Art.
431 StPO fallen auch formell unrechtmässige Zwangsmassnahmen (vgl. Yvan
Jeanneret/André Kuhn, Précis de procédure pénale, Bern 2013, Rz. 5071; Cédric
Mizel/ Valentin Rétornaz, in: Commentaire romand CPP, Basel 2011, Art. 431 N.
3; Yvona Griesser, in: Zürcher Kommentar StPO, 2. Aufl. 2014, Art. 431 N. 3;
Niklaus Schmid, Praxiskommentar StPO, 2. Aufl., Zürich 2013, Art. 431 N. 1;
Stefan Wehrenberg/Friedrich Frank, in: Basler Kommentar StPO, 2. Aufl. 2014,
Art. 431 N. 5).
Da unrechtmässige Haft (Art. 431 Abs. 2-3 StPO) an allfällige
freiheitsentziehende Sanktionen angerechnet bzw. bei der Ausfällung und
Bemessung der Sanktion mitberücksichtigt werden kann, sind entsprechende
Entschädigungsansprüche dem jeweils erkennenden Straf- und  Massnahmengericht
 vorzulegen. Dieses entscheidet darüber (wie bei Kostenentscheiden, Art. 421
Abs. 1 StPO) in seinem  Endentscheid (Urteil des Bundesgerichtes 1B_351/2012
vom 20. September 2012 E. 2.3.2 = Pra 2012 Nr. 134 S. 964; PKG 2012 Nr. 16;
Botschaft zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 1085 ff., 1325
Ziff. 2.10.1; vgl. Jean Crevoisier, in: Commentaire romand CPP, Basel 2011,
Art. 421 N. 1; Thomas Domeisen, in: Basler Kommentar StPO, 2. Aufl. 2014, Art.
421 N. 2-3; Griesser, a.a.O., Art. 421 N. 1; Jeanneret/Kuhn, a.a.O., Rz. 5083;
Niklaus Schmid, Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 2. Aufl.,
Zürich 2013, Rz. 1771, 1825; Wehrenberg/Frank, BSK StPO, Art. 431 N. 3b;
altrechtlich s.a. BGE 125 I 394 E. 5f S. 404). Diese Regelung gilt auch für das
selbstständige gerichtliche Nachverfahren (Schmid, Handbuch, Rz. 1771).
Eine Beurteilung von Haftentschädigungsansprüchen durch das erkennende
Strafgericht drängt sich namentlich auch deshalb auf, weil regelmässig erst
nach Vorliegen des Endentscheids beurteilt werden kann, ob ein Fall von
rechtmässiger, aber sich nachträglich (infolge Freispruchs oder Einstellung)
als ungerechtfertigterweisender Haft vorliegt (Art. 429 Abs. 1 lit. c StPO).
Zudem hängt die Zusprechung bzw. Bemessung von Haftentschädigungen von diversen
Faktoren ab, die der Haftprüfungsrichter meistens noch nicht kennen kann (vgl.
Art. 430 bzw. Art. 431 Abs. 2-3 StPO).
Im vorliegenden Fall beansprucht der Beschwerdeführer Genugtuung für die im
Nachverfahren erstandene formell  unrechtmässige Sicherheitshaft (vgl. Art. 431
Abs. 2-3 StPO). Da die Sicherheitshaft im Nachverfahren bereits auf einer
früheren rechtskräftigen Verurteilung basiert, fällt eine Entschädigung nach
Art. 429 Abs. 1 lit. c StPO (infolge Freispruchs oder Einstellung) hier nicht
in Betracht. Entschädigungsgesuche wegen unrechtmässiger Haft sind dem mit dem
Nachverfahren befassten kantonalen Gericht vorzulegen (Art. 431 Abs. 1 i.V.m.
Art. 421 Abs. 1 StPO). Für allfällige nachträgliche Entschädigungsgesuche (nach
Rechtskraft des nachträglichen Massnahmenurteils vom 23. Juni 2017 des
Obergerichts) wäre im Kanton Zürich das Gericht zuständig, welches das
erstinstanzliche Urteil gefällt hat, hier somit das Bezirksgericht Zürich (Art.
363 Abs. 1 StPO, vgl. oben, E. 1.2). Beim Bundesgericht als Haftprüfungsinstanz
handelt es sich demgegenüber nicht um das gesetzlich vorgesehene
erstinstanzliche Haftentschädigungsgericht. Auf das Entschädigungsgesuch ist
folglich nicht einzutreten (Art. 80 BGG).

8. 
Die Beschwerde ist teilweise gutzuheissen, und es ist im Dispositiv des
angefochtenen Entscheides festzustellen, dass die vom Beschwerdeführer zwischen
dem 27. April und dem 12. Juni 2017 erstandene Sicherheitshaft formell
unrechtmässig war. Im Übrigen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf
eingetreten werden kann: Das Haftentlassungsgesuch ist abzuweisen; auf das
Haftentschädigungsgesuch ist nicht einzutreten.
Es sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 und Abs. 4 BGG). Der
anwaltlich vertretene Beschwerdeführer hat Anspruch auf eine angemessene
(reduzierte) Parteientschädigung (Art. 68 BGG). Diese wird auf Fr. 2'000.--
(pauschal, inkl. MWST) festgesetzt. Gemäss dem Antrag des amtlichen
Verteidigers ist ihm die Parteientschädigung direkt zuzusprechen. Das
subsidiäre Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird damit hinfällig.

 

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen, und es wird im Dispositiv der
angefochtenen Verfügung vom 12. Juni 2017 des Obergerichts des Kantons Zürich,
III. Strafkammer, Präsident, festgestellt, dass die vom Beschwerdeführer
zwischen dem 27. April und dem 12. Juni 2017 erstandene Sicherheitshaft
(mangels gültigen Hafttitels) formell unrechtmässig war.

2. 
Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist.

3. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

4. 
Der Kanton Zürich (Kasse des Obergerichtes) hat dem amtlichen Verteidiger
(Rechtsanwalt Stephan Bernard) eine Entschädigung von Fr. 2'000.-- (pauschal,
inkl. MWST) zu entrichten.

5. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Obergericht des Kantons
Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 28. Juli 2017

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Merkli

Der Gerichtsschreiber: Forster

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