Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.840/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]               
8C_840/2016      {T 0/2}     

Urteil vom 29. März 2017

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Wirthlin,
Bundesrichterin Viscione,
Gerichtsschreiber Jancar.

Verfahrensbeteiligte
Basler Versicherung AG,
Aeschengraben 21, 4051 Basel,
vertreten durch Rechtsanwalt Adelrich Friedli,
Beschwerdeführerin,

gegen

A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Volker Pribnow,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung
(vorinstanzliches Verfahren, Parteientschädigung),

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 25. November 2016.

Sachverhalt:

A.

A.a. Die 1960 geborene A.________ verunfallte am 9. August 1986 beim Turnen.
Mit Verfügung vom 4. Dezember 2002 sprach ihr die Basler Versicherung AG
(nachfolgend Basler) als obligatorischer Unfallversicherer bis 31. Dezember
2002 ein Taggeld, ab 1. März 1993 eine Hilflosenentschädigung bei einer
Hilflosigkeit leichten Grades, ab 1. Januar 2003 eine Komplementärrente zur
Rente der Invalidenversicherung aufgrund einer Erwerbseinbusse von 100 % und
eine Integritätsentschädigung bei einer Integritätseinbusse von 80 % zu; sie
übernahm weiter die Behandlungskosten und Medikamente sowie die Kosten der
Hauspflege.

A.b. Am 22. Dezember 2002 verletzte sich A.________ bei einem Autounfall. Mit
Verfügung vom 23. März 2009 stellte die Basler die ihr am 4. Dezember 2002
zugesprochene Rente und Hilflosenentschädigung per sofort ein. Mit Verfügung
vom 30. Oktober 2009 stellte sie die Leistungen rückwirkend per 31. Mai 2004
ein; sie forderte von der Versicherten Fr. 449'034.60 für unrechtmässig
bezogene Renten, Teuerungszulagen und Hilflosenentschädigungen zurück;
ebenfalls zurückgefordert wurden Leistungen für Heilbehandlungen ab 31. März
2004. Mit Entscheiden vom 4. März und 14. Juni 2010 wies die Basler die
Einsprachen der Versicherten und ihres Krankenversicherers ab. Die Beschwerden
der beiden Letzteren hiess das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen in
Aufhebung beider Einspracheentscheide dahingehend gut, dass es die Sache zur
Prüfung der adäquaten Unfallkausalität der gesundheitlichen Beschwerden bzw.
zur Klärung der Wiedererwägungsvoraussetzungen mit Bezug auf die Verfügung vom
4. Dezember 2002 und zur Prüfung der Leistungspflicht aus dem Ereignis vom 22.
Dezember 2002 sowie zu anschliessender Neuverfügung an die Basler zurückwies
(Entscheid vom 5. Dezember 2011). Die Beschwerde der Basler wies das
Bundesgericht ab; auf jene der Versicherten trat es nicht ein (Urteil 8C_37 und
87/2012 vom 23. März 2012).

A.c. Mit Verfügung vom 26. September 2012 stellte die Basler die Leistungen
bezüglich des Unfalls vom 9. August 1986 wiedererwägungsweise mangels adäquater
Unfallkausalität der gesundheitlichen Beschwerden per 4. Dezember 2002 ein; die
Leistungen für die Folgen des Unfalls vom 22. Dezember 2002 stellte sie per 31.
Dezember 2003 ein. Die Einsprache der Versicherten wies sie mit Entscheid vom
30. April 2013 ab. In Gutheissung ihrer Beschwerde hob das Versicherungsgericht
diesen Entscheid auf; betreffend die Folgen des Unfalls vom 22. Dezember 2002
wies es die Sache zu weiteren Abklärungen und neuer Verfügung im Sinne der
Erwägungen an die Basler zurück (Entscheid vom 12. November 2014). Das
Bundesgericht hiess die Beschwerde der Basler teilweise gut und hob diesen
Entscheid auf; es wies die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz
zurück; im Übrigen wies es die Beschwerde ab (Urteil 8C_913/2014 vom 8. Juni
2015).
Mit Entscheid vom 7. Dezember 2015 (Verfahren UV 2015/32) hob das kantonale
Gericht den Einspracheentscheid vom 30. April 2013 auf; bezüglich der Folgen
des Unfalls vom 22. Dezember 2002 wies es die Sache zur Vornahme weiterer
Abklärungen und zu neuer Verfügung im Sinne der Erwägungen an die Basler
zurück. Es sprach der Versicherten eine pauschale Parteientschädigung von Fr.
5'000.- (inkl. Barauslagen und Mehrwertsteuer) zu.

A.d. Die gegen den kantonalen Entscheid vom 7. Dezember 2015 von der Basler
erhobene Beschwerde hiess das Bundesgericht gut, soweit es darauf eintrat. Es
hob ihn in Bezug auf den Unfall der Versicherten vom 9. August 1986 auf und
bestätigte in diesem Punkt den Einspracheentscheid der Basler vom 30. April
2013. Die Verfahrenskosten legte es den Parteien je zur Hälfte auf. Es wies die
Sache zur Neuverlegung der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens
an das kantonale Gericht zurück (Urteil 8C_41/2016 vom 23. Juni 2016). Das
hiergegen von der Versicherten erhobene Revisionsgesuch wies das Bundesgericht
mit Urteil 8F_12/2016 vom 16. November 2016 ab.

B. 
Am 25. November 2016 entschied das kantonale Gericht, die Basler habe die
Versicherte für das Verfahren UV 2015/32 mit Fr. 5'000.- (inkl. Barauslagen und
Mehrwertsteuer) zu entschädigen.

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die Basler,
der Kostenspruch sei aufzuheben mit der Feststellung, dass sie der Versicherten
für das Verfahren UV 2015/32 (Entscheid vom 7. Dezember 2015) keine
Parteientschädigung schulde; eventuell sei sie um 80 % auf Fr. 1'000.- zu
reduzieren.

Das kantonale Gericht und das Bundesamt für Gesundheit verzichten auf
Vernehmlassung. Die Versicherte schliesst auf Beschwerdeabweisung.

Erwägungen:

1. 
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine
Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet
das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es -
offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten
Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389).

2. 
Im Verfahren vor dem kantonalen Versicherungsgericht hat die obsiegende
Beschwerde führende Person Anspruch auf Ersatz der Parteikosten; diese werden
vom Versicherungsgericht festgesetzt und ohne Rücksicht auf den Streitwert nach
der Bedeutung der Streitsache und nach der Schwierigkeit des Prozesses bemessen
(Art. 61 lit. g ATSG).

3. 
Mit Urteil 8C_41/2016 vom 23. Juni 2016 hiess das Bundesgericht die Beschwerde
der Basler gegen den Entscheid der Vorinstanz vom      7. Dezember 2015 (UV
2015/32) insoweit gut, als es die adäquate Unfallkausalität zwischen dem Unfall
der Versicherten vom 9. August 1986 und ihrem gesundheitlichen Leiden ab 4.
Dezember 2002 verneinte und den Einspracheentscheid vom 30. April 2013 in
diesem Punkt bestätigte. Es trat auf die Beschwerde insofern nicht ein, als sie
sich gegen die vorinstanzliche Rückweisung der Sache an die Basler zu weiteren
Abklärungen und neuer Verfügung betreffend die Folgen des Unfalls vom 22.
Dezember 2002 richtete. Zur Begründung führte das Bundesgericht aus, die
Eintretensvoraussetzungen von Art. 93 BGG würden nicht dargetan und seien auch
nicht ersichtlich. Ebenfalls auf Nichteintreten erkannte es bezüglich der
Anträge der Basler auf Verneinung des Anspruchs auf Versicherungsleistungen ab
Anfang August 1990 und Bestätigung des Rückerstattungsanspruchs für die ab 1.
April 2004 zu Unrecht erbrachten Leistungen von Fr. 449'034.60. Dies begründete
es damit, dass diese Punkte weder Gegenstand der Verfügung vom 26. September
2012 noch des Einspracheentscheides vom 30. April 2013 noch des angefochtenen
Entscheides gewesen seien. Die Verfahrenskosten auferlegte es den Parteien je
zur Hälfte und wies die Sache zur Neuverlegung der Parteientschädigung des
vorangegangenen Verfahrens an das kantonale Gericht zurück.

4.

4.1. Im hier angefochtenen Entscheid vom 25. November 2016 erwog das kantonale
Gericht, aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils 8C_41/2016 sei sein Entscheid
vom 7. Dezember 2015 (UV 2015/32) "betreffend die Folgen des Unfalls der
Beschwerdegegnerin vom      22. Dezember 2002 sowie der damit verbundenen
Rückweisung der Sache zur Vornahme weiterer Abklärungen und zu neuer Verfügung
im Sinne der Erwägungen an die Basler in Rechtskraft erwachsen". Damit sei ihre
Leistungspflicht weiterhin offen. Demnach sei von einem vollständigen Obsiegen
der Beschwerdegegnerin auszugehen (vgl. BGE 132 V 215 E. 6.2 S.235; zur
Überklagung vgl. Urteile 9C_288/2015 vom 7. Januar 2016 E. 4.2 und 9C_466/2007
vom      25. Januar 2008 E. 5) und eine pauschale Parteientschädigung von Fr.
5'000.- (einschliesslich Barauslagen und Mehrwertsteuer) insgesamt angemessen.

4.2. Der Basler ist beizupflichten, dass es vorliegend um zwei separate
Streitfragen ging, nämlich um ihre Leistungspflicht einerseits aus dem Unfall
der Beschwerdegegnerin vom 9. August 1986 und andererseits aus demjenigen vom
22. Dezember 2002. Letztinstanzlich obsiegte die Basler betreffend das
erstgenannte Ereignis (Verneinung der Unfallkausalität des Leidens der
Versicherten) und unterlag bezüglich des zweitgenannten (Nichteintreten auf die
Beschwerde hinsichtlich des kantonalen Rückweisungsentscheids). Zudem unterlag
sie hinsichtlich des Antrags auf Verneinung des Anspruchs auf
Versicherungsleistungen ab Anfang August 1990 und Bestätigung des
Rückerstattungsanspruchs ab 1. April 2004 (vgl. E. 3 hiervor).
Es sind keine Gründe ersichtlich, um von der vom Bundesgericht im Urteil 8C_41/
2016 gestützt auf dieses Ergebnis angeordneten hälftigen Kostenteilung zwischen
den Parteien abzuweichen (vgl. E. 3 hiervor). Folglich ist es gerechtfertigt,
der Beschwerdegegnerin für das kantonale Verfahren bis zum Entscheid vom 7.
Dezember 2015 eine hälftige Parteientschädigung, somit Fr. 2'500.- (inkl.
Barauslagen und Mehrwertsteuer), zuzusprechen.

4.3. Irrelevant sind in diesem Verfahrensstadium die Vorbringen der Basler, die
Beschwerdegegnerin sei für den Unfall vom 22. Dezember 2002 nicht mehr
UVG-versichert gewesen, weshalb die Rückweisung als solche gegenstandslos
geworden sei. Hierüber wird die Basler nämlich aufgrund des kantonalen
Rückweisungsentscheides vom      7. Dezember 2015 neu zu verfügen haben, wie
die Beschwerdegegnerin zu Recht vorbringt.

4.4. Inwiefern eine die Reduktion der Parteienentschädigung nicht
rechtfertigende blosse "Überklagung" vorliegen soll - wie die Vorinstanz mit
ihrem Hinweis auf die entsprechende Gerichtspraxis anzunehmen scheint (vgl. E.
4.1 hiervor) - ist nicht ersichtlich und wird auch von der Beschwerdegegnerin
nicht geltend gemacht. Unbehelflich ist zudem ihr Einwand, in der Beschwerde
der Basler gegen den Entscheid vom 7. Dezember 2015 habe es an einer
Auseinandersetzung mit den Erwägungen des kantonalen Gerichts betreffend den
Unfall vom 22. Dezember 2012 gefehlt.

5. 
Dem Prozessausgang entsprechend sind die Verfahrenskosten den Parteien je zur
Hälfte aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1, Art. 68 Abs. 2 BGG). Da die Vorinstanz
keine Gerichtskosten erhoben hat und keine Parteikosten angefallen sind,
entfällt eine Rückweisung an sie zwecks Neuverlegung derselben (vgl. Art. 67,
Art. 68 Abs. 5 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des
Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 25. November 2016 wird
insoweit aufgehoben, als festgestellt wird, dass die Beschwerdeführerin der
Beschwerdegegnerin im kantonalen Verfahren UV 2015/32 (Entscheid vom 7.
Dezember 2015) eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.- (einschliesslich
Barauslagen und Mehrwertsteuer) zu bezahlen hat. Im Übrigen wird die Beschwerde
abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden den Parteien je zur Hälfte auferlegt.

3. 
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 1'400.- zu entschädigen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen, Abteilung III, und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 29. März 2017

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Der Gerichtsschreiber: Jancar

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