Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.814/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]            
8C_814/2016   {T 0/2}     

Urteil vom 3. April 2017

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin,
Bundesrichterin Viscione,
Gerichtsschreiberin Riedi Hunold.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Lotti Sigg,
Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich,
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung
(örtliche Zuständigkeit; Rentenaufhebung),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 29. September 2016.

Sachverhalt:

A. 
A.________, geboren 1972, ist Mutter eines Sohnes (geboren 1995) und einer
Tochter (geboren 2001). Sie war verschiedentlich als Hilfsarbeiterin tätig. Ab
1. April 2004 bezog sie bei einem Invaliditätsgrad von 55 % eine halbe Rente
der Invalidenversicherung (Verfügung der IV-Stelle des Kantons St. Gallen vom
5. Juli 2006). Im Rahmen der im Jahr 2009 eingeleiteten ordentlichen Revision
hob die nunmehr zuständige IV-Stelle des Kantons Zürich diese Invalidenrente
mit Verfügung vom 29. August 2011 auf Ende des der Verfügungszustellung
folgenden Monats auf. Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich am 20. Dezember 2012 gut, hob die
Verfügung vom 29. August 2011 auf, und stellte fest, A.________ habe weiterhin
Anspruch auf eine halbe Invalidenrente; zudem ordnete es die Überweisung der
Akten an die IV-Stelle des Kantons Zürich nach Eintritt der Rechtskraft an,
damit diese den Rentenanspruch im Sinne von lit. a der Schlussbestimmungen der
Änderung des IVG vom 18. März 2011 (6. IV-Revision) prüfe.
Nach Einholung des Gutachtens der Frau Dr. med. B.________, Fachärztin für
Innere Medizin, speziell Rheumaerkrankungen, vom 12. April 2014 und des
Gutachtens des PD Dr. med. C.________, Facharzt für Psychiatrie und
Psychotherapie, vom 30. April 2014 sowie deren bidisziplinäre Zusammenfassung
vom 2. Mai 2014 hob die IV-Stelle am 7. Mai 2015 die Invalidenrente auf Ende
des der Verfügung folgenden Monats auf.

B. 
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die dagegen erhobene
Beschwerde am 29. September 2016 ab.

C. 
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
mit dem Antrag, es seien der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und ihr
wieder eine Invalidenrente auszurichten. Zudem ersucht sie um unentgeltliche
Rechtspflege.

D. 
Das Bundesgericht hat am 3. April 2017 eine öffentliche Beratung durchgeführt.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an    (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft
das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur
Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die
geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).

1.2. Nach Art. 105 BGG legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Abs. 1). Es kann diese
Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruht (Abs. 2). Die Voraussetzungen für eine Sachverhaltsrüge nach Art.
97 Abs. 1 BGG und für eine Berichtigung des Sachverhalts von Amtes wegen nach
Art. 105 Abs. 2 BGG stimmen im Wesentlichen überein. Soweit es um die Frage
geht, ob der Sachverhalt willkürlich oder unter verfassungswidriger Verletzung
einer kantonalen Verfahrensregel ermittelt worden ist, sind strenge
Anforderungen an die Begründungspflicht der Beschwerde gerechtfertigt.
Entsprechende Beanstandungen sind vergleichbar mit den in Art. 106 Abs. 2 BGG
genannten Rügen. Demzufolge genügt es nicht, einen von den tatsächlichen
Feststellungen der Vorinstanz abweichenden Sachverhalt zu behaupten. Vielmehr
ist in der Beschwerdeschrift nach den erwähnten gesetzlichen Erfordernissen
darzulegen, inwiefern diese Feststellungen willkürlich bzw. unter Verletzung
einer verfahrensrechtlichen Verfassungsvorschrift zustande gekommen sind.
Andernfalls können Vorbringen mit Bezug auf einen Sachverhalt, der von den
Feststellungen im angefochtenen Entscheid abweicht, nicht berücksichtigt
werden. Vorbehalten bleiben offensichtliche Sachverhaltsmängel im Sinne von
Art. 105 Abs. 2 BGG, die dem Richter geradezu in die Augen springen (BGE 133 IV
286 E. 6.2 S. 288; 133 II 249 E. 1.4.3 S. 255).

2. 
Strittig ist die vorinstanzlich geschützte Rentenaufhebung. Die Versicherte
macht einerseits geltend, die rentenaufhebende Verfügung sei durch eine örtlich
unzuständige IV-Stelle ergangen. Andererseits stelle die diagnostizierte
Depression mittleren Grades ein eigenständiges psychisches Leiden dar, welches
nicht die Anwendung der Rechtsprechung nach BGE 141 V 218 nach sich ziehe,
sondern sie zu einer (halben) Invalidenrente berechtige.

3. 
Die Vorinstanz hat die massgebenden Bestimmungen und Grundsätze über die
örtliche Zuständigkeit der IV-Stellen (Art. 55 Abs. 1 IVG;    Art. 40 Abs. 3
und Art. 88 Abs. 1 IVV), die Begriffe der Invalidität    (Art. 8 Abs. 1 ATSG in
Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 IVG) und der Arbeitsunfähigkeit (Art. 7 ATSG),
namentlich bei psychischen Gesundheitsschäden (BGE 141 V 281; 131 V 49 E. 1.2
S. 50), und den Anspruch auf eine Invalidenrente (Art. 28 Abs. 2 IVG)
zutreffend dargelegt. Dasselbe gilt für die Überprüfung einer Invalidenrente im
Rahmen von lit. a Abs. 1 der Schlussbestimmungen zur Änderung des IVG vom 18.
März 2011 (6. IV-Revision; BGE 140 V 8 und 197; 139 V 547) und die
beweisrechtlichen Anforderungen an einen ärztlichen Bericht (BGE 134 V 231 E.
5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352). Darauf wird verwiesen.

4.

4.1. Die Versicherte lebte bei Einleitung der ordentlichen Rentenrevision im
Jahre 2009 im Kanton Zürich, weshalb die IV-Stelle des Kantons Zürich dafür
zuständig war. In ihrer Stellungnahme vom 25. März 2011 zum Vorbescheid vom 22.
März 2011 führte die Versicherte noch den bisherigen Wohnsitz im Kanton Zürich
auf. Mit Vollmacht vom    15. September 2011 be1-12auftragte sie Rechtsanwältin
Lotti Sigg zur Vertretung betreffend Leistungen der Invalidenversicherung;
dabei erscheint erstmals die neue Wohnadresse im Kanton Aargau. Das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich hob die am 29. August 2011
verfügte Einstellung der Invalidenrente am 20. Dezember 2012 mit der
Feststellung auf, die Versicherte habe weiterhin Anspruch auf eine halbe
Invalidenrente, und überwies die Sache zur Überprüfung im Sinne der
Schlussbestimmungen zur 6. IV-Revision an die IV-Stelle des Kantons Zürich.
Nachdem die als unentgeltliche Rechtsvertreterin bestellte Rechtsanwältin von
diesem Entscheid Kenntnis genommen hatte, teilte sie der IV-Stelle des Kantons
Zürich am 25. Februar 2013 mit, ihr Mandat sei beendet. Mit Vorbescheid vom 9.
Dezember 2014 stellte die IV-Stelle des Kantons Zürich der Versicherten die
Aufhebung ihrer Rente in Aussicht. Am 28. Januar 2015 leitete die IV-Stelle des
Kantons Aargau die Stellungnahme vom 22. Januar 2015 der erneut beauftragten
Rechtsanwältin Lotti Sigg zum Vorbescheid an die IV-Stelle des Kantons Zürich
weiter. Darin ersuchte die Rechtsvertreterin, welche zwar über den Vorbescheid
verfügte, um Zustellung der Akten. Dem kam die IV-Stelle des Kantons Zürich am
4. Februar 2015 nach und erstreckte antragsgemäss die Frist zur Stellungnahme
um 30 Tage ab Erhalt der Akten. Die ergänzende Stellungnahme zum Vorbescheid
adressierte die Rechtsvertreterin erneut an die IV-Stelle des Kantons Aargau.
Auf telefonische Nachfrage der IV-Stelle des Kantons Zürich vom 16. März 2015
übermittelte sie dieses Schreiben auch der IV-Stelle des Kantons Zürich. Mit
Schreiben vom 2. April 2015 setzte die IV-Stelle des Kantons Zürich der
Rechtsvertreterin eine Nachfrist zur Einreichung der Unterlagen zum Gesuch um
unentgeltlichen Rechtsbeistand. Dieser Aufforderung kam die Rechtsanwältin am
9. April 2015 nach; in diesem Schreiben entschuldigte sie sich für die
verursachten Umstände, da sie angesichts des Wohnsitzes der Versicherten die
Unterlagen fälschlicherweise an die IV-Stelle des Kantons Aargau gesandt habe,
und erneuerte ihr Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung der Versicherten. In
der Beschwerde vom    9. Juni 2015 gegen die Rentenaufhebung mit Verfügung vom
7. Mai 2015 erhob sie erstmals den Einwand, die IV-Stelle des Kantons Zürich
sei unzuständig und hätte nach dem Entscheid vom 20. Dezember 2012 die Sache an
die IV-Stelle des Kantons Aargau übergeben müssen.

4.2. Die einmal zuständige IV-Stelle bleibt auch bei einem Wohnsitzwechsel der
versicherten Person bis zum Abschluss des Verfahrens zuständig (Art. 40 Abs. 3
IVV). Die durch eine örtlich unzuständige Behörde erlassene Verfügung ist nicht
nichtig, sondern lediglich anfechtbar (SVR 2005 IV Nr. 39 S. 145 E. 4.1, I 232/
03; vgl. auch Urteil 9C_923/2015 vom 9. Mai 2016 E. 4.1.2 e contrario; Kiener/
Rütsche/Kuhn, Öffentliches Verfahrensrecht, 2. Aufl. 2015,   Rz. 514 und 517).
Insofern stellt sich hier die Frage, ob das Verfahren der Rentenrevision mit
dem Entscheid vom 20. Dezember 2012 beendet worden war und die darin
angeordnete Überprüfung der Invalidenrente unter Berücksichtigung der
unterdessen in Kraft getretenen Schlussbestimmungen der 6. IV-Revision ein
neues Verfahren darstellt. Ist dies zu bejahen, wäre nach Erlass des Entscheids
vom      20. Dezember 2012, welcher unangefochten blieb, neu die IV-Stelle des
Kantons Aargau zuständig. Wie es sich damit verhält, kann, wie nachfolgend
dargelegt wird, offen bleiben.

4.3. Auch der Private ist im Verkehr mit den Behörden an Treu und Glauben
gebunden (Art. 5 Abs. 3 BV). Ein auch im öffentlichen Recht anerkannter
Ausfluss davon ist das Verbot widersprüchlichen Verhaltens. Da jedoch die
Berufung auf das Verbot widersprüchlichen Verhaltens gegenüber dem Bürger stets
auf eine Verkürzung von dessen gesetzlichen Rechtspositionen hinausläuft, ist -
insbesondere wenn es aus passivem Verhalten abgeleitet wird - Zurückhaltung
angebracht (THOMAS GÄCHTER, Rechtsmissbrauch im öffentlichen Recht, 2005, S.
194 ff., S. 197). In Anlehnung an die privatrechtliche Doktrin zu Art. 2 Abs. 2
ZGB kann Widersprüchlichkeit einerseits auf der Unvereinbarkeit zweier
Verhaltensweisen und andererseits auf dem Verbot, begründete Erwartungen eines
anderen zu enttäuschen, beruhen. Zentral ist die Abwägung der Interessen und
dabei eine allfällige Vertrauensbetätigung der Behörden (GÄCHTER, a.a.O., S.
199 f., S. 208 und S. 556 f.; BGE 137 V 394 E. 7.1 S. 403).
Die bundesgerichtliche Rechtsprechung verlangt gestützt auf den auch für
Private geltenden Grundsatz von Treu und Glauben und das Verbot des
Rechtsmissbrauchs (Art. 5 Abs. 3 BV; BGE 137 V 394 E. 7.1 S. 403 mit
Hinweisen), dass verfahrensrechtliche Einwendungen so früh wie möglich, das
heisst nach Kenntnisnahme eines Mangels bei erster Gelegenheit, vorzubringen
sind. Es verstösst gegen Treu und Glauben, Mängel dieser Art erst in einem
späteren Verfahrensstadium oder sogar erst in einem nachfolgenden Verfahren
geltend zu machen, wenn der Einwand schon vorher hätte festgestellt und gerügt
werden können. Wer sich auf das Verfahren einlässt, ohne einen Verfahrensmangel
bei erster Gelegenheit vorzubringen, verwirkt in der Regel den Anspruch auf
spätere Anrufung der vermeintlich verletzten Verfahrensvorschrift (vgl. BGE 135
III 334 E. 2.2 S. 336; 134 I 20 E. 4.3.1 S. 21; 132 II 485 E. 4.3 S. 496 f.;
130 III 66 E. 4.3 S. 75; je mit Hinweisen; Urteil 1C_630/2014 vom 18. September
2015 E. 3.1).
So sind etwa verspätet vorgebrachte Ausstandsgründe nicht zu berücksichtigen
resp. verwirkt (BGE 140 I 271 E. 8.4.5 S. 276; SVR 2006 UV Nr. 20 S. 70 E. 4.5,
U 303/05; vgl. zum "Organmangel" etwa Urteil 2C_694/2012 vom 21. Dezember 2012
E. 2.2.). Eine Organisation verwirkt ihr Recht auf eine Beschwerde, wenn sie
trotz Kenntnis der erfolgten baulichen Veränderungen infolge nicht
ordnungsgemässer Publikation der Baubewilligung zuwartet (Urteil 1C_150/2012
vom 6. März 2013 E. 2.3 ff., publiziert in ZBl 115/2014 S. 324). Eine Partei
versäumt die zur Wahrung ihrer Rechte notwendigen Schritte zu unternehmen, wenn
sie eine Verfahrensrüge erst im Rechtsmittelverfahren, resp. wenn das Urteil zu
ihrem Nachteil ausgefallen ist, vorbringt (Urteil 5A_121/2013 vom 2. Juli 2013;
vgl. auch Urteil 4A_160/2013 vom 21. August 2013 E. 3.4). Auch im Rahmen des
strafrechtlichen Verfahrens werden formelle Rügen, die in einem früheren
Verfahrensstadium hätten geltend gemacht werden können, nicht berücksichtigt,
wenn sie erst bei ungünstigem Ausgang vorgebracht werden; diese Rechtsprechung
entspricht nicht nur jener des Bundesgerichts, sondern auch jener des
Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (Urteil 6B_678/2013 vom 3. Februar
2014 E. 2.2 und 2.3). Ebenfalls verspätet ist die Rüge im
Rechtsmittelverfahren, der vorinstanzlich durchgeführte Augenschein sei nicht
rechtskonform erfolgt, wenn die gerügten Umstände bereits vor Erlass des
vorinstanzlichen Entscheids bekannt waren (Urteil 1C_542/2011 vom       3.
Oktober 2012 E. 4.1). Bei falschen Rechtsmittelbelehrungen wird von einer
anwaltlich vertretenen Person erwartet, dass ihr Vertreter die einschlägigen
Gesetzestexte konsultiert; es liegt eine nicht zu schützende grobe
Sorgfaltswidrigkeit vor, wenn sich die Fehlerhaftigkeit bereits aus dem
Wortlaut des Gesetzes ergibt (vgl. etwa Urteil 8C_122/2013 vom 7. Mai 2013 E.
4.1 mit Hinweisen). Schliesslich gewährte das Bundesgericht auch keinen Schutz
aus Art. 5 Abs. 3 BV im Falle einer anwaltlich vertretenen Person, der von der
Verwaltung offensichtlich zu Unrecht eine Nachfrist zur Einreichung einer
Einspracheergänzung gewährt wurde (Urteil 9C_191/2016 vom 18. Mai 2016 E. 4.3).
Angesichts der dargelegten Praxis des Bundesgerichts gilt die Rüge der
örtlichen Unzuständigkeit einer Behörde als verspätet, wenn sie von einer
anwaltlich vertretenen Person nicht umgehend vorgebracht wird. Auch in diesem
Fall darf nicht zugewartet werden, bis die für die betroffene Person
nachteilige Verfügung - von einer angeblich örtlich unzuständigen IV-Stelle -
erlassen wird, um diese danach im Rechtsmittelverfahren anzufechten.

4.4. Gemäss dem in E. 4.1 dargelegten Verfahrensablauf war der
Rechtsvertreterin bereits mit Kenntnisnahme des Entscheids vom    20. Dezember
2012 bekannt, dass die Akten an die IV-Stelle des Kantons Zürich überwiesen
wurden. Spätestens beim Verfassen des Schreibens vom 9. April 2015 - und damit
noch vor Verfügungserlass - war der Rechtsvertreterin klar, dass die IV-Stelle
des Kantons Zürich weiterhin den Fall bearbeitete. Dennoch erhob sie keinerlei
Einwände dagegen. Der erst nach Erlass der Verfügung vom 7. Mai 2015 in der
Beschwerde an die Vorinstanz erhobene Einwand der örtlichen Unzuständigkeit
erfolgt damit zu spät und zeitigt keine Rechtsfolgen.

5.

5.1. Die Vorinstanz hat dem bidisziplinären Gutachten der Frau Dr. med.
B.________ vom 12. April 2014 und des PD Dr. med. C.________ vom 30. April 2014
sowie deren bidisziplinärer Zusammenfassung vom 2. Mai 2014 vollen Beweiswert
zuerkannt. Angesichts der fehlenden Komorbidität, der mit bloss monatlichen
psychotherapeutischen Konsultationen wenig intensiven Behandlung, der
abgesetzten antidepressiven Medikamente sowie des Verzichts auf die sich unter
Berücksichtigung der geklagten Schwere des Leidens bietenden
Behandlungsmöglichkeiten schloss das kantonale Gericht auf eine nicht
nachgewiesene Leidensresistenz im Sinne der Rechtsprechung von BGE 141 V 281 E.
4.3.1.3 S. 300. Damit gehe auch der Einwand der Versicherten, depressive
Episoden gehörten nicht zu den ätiologisch unklaren syndromalen
Beschwerdebildern, ins Leere.

5.2. Die Versicherte hält dem entgegen, bezüglich des psychischen
Gesundheitszustandes sei seit der Rentenzusprechung im Jahr 2006 keine
Veränderung ausgewiesen. Zudem attestiere der psychiatrische Gutachter eine
Arbeitsunfähigkeit von 50 % infolge der Depression und nicht wegen der
somatoformen Schmerzstörung. Auch handle es sich nicht mehr um blosse
depressive Episoden, sondern angesichts der seit Mai 2008 festgehaltenen
depressiven Störung um eine andauernde, d.h. chronische Depression. Weiter
gehöre die Depression gemäss den Weisungen des Bundesamtes für
Sozialversicherungen nicht zu den Leiden, welche die Anwendung der
Schmerzrechtsprechung nach sich ziehe. Wenn die Vorinstanz den Gutachten der
Frau Dr. med. B.________ und des PD Dr. med. C.________ vollen Beweiswert
zuschreibe, dann habe sie auch den darin attestierten Diagnosen und
Arbeitsunfähigkeiten zu folgen.

5.3.

5.3.1. Die Begutachtung durch Frau Dr. med. B.________ und PD Dr. med.
C.________ erfüllt die beweisrechtlichen Anforderungen der Rechtsprechung (BGE
134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352), was auch von der Versicherten
nicht in Frage gestellt wird. Im Rahmen ihrer bidisziplinären Zusammenfassung
vom 2. Mai 2014 hielten die beiden Experten eine mittelgradige depressive
Episode (ICD-10: F32.1) und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung (ICD-10:
F45.4), aber keine rheumatologischen Diagnosen fest; aus rheumatologischer
Sicht sei die Versicherte in sämtlichen altersgerechten Tätigkeiten voll
arbeitsfähig, aus psychiatrischer und bidisziplinärer Sicht bestehe eine
Arbeitsunfähigkeit von 50 % in jeglicher Tätigkeit. Der psychiatrische
Gutachter bescheinigte die Chronifizierung der psychischen Fehlentwicklung
(d.h. der Depression) und empfahl die Fortsetzung der laufenden
psychotherapeutischen Behandlung, welche nach Angaben der Versicherten eine
Sitzung pro Monat umfasse.

5.3.2. Unter den gegebenen Umständen ist es entgegen der Ansicht der
Versicherten unbehelflich, dass der psychiatrische Experte die Chronifizierung
der depressiven Störung attestierte. Denn nach der Rechtsprechung gelten
leichte bis mittelschwere psychische Störungen grundsätzlich als therapeutisch
angehbar (SVR 2016 IV Nr. 29    S. 88 E. 4.2, 9C_340/2015); erweisen sich
leichte und mittelgradige depressive Störungen ausnahmsweise als
therapieresistent, stellen sie nur dann einen invalidisierenden
Gesundheitsschaden dar, wenn eine konsequente Therapie in dem Sinne erfolgte,
dass die aus fachärztlicher Sicht zumutbaren (ambulanten und stätionären)
Behandlungsmöglichkeiten in kooperativer Weise optimal und nachhaltig
ausgeschöpft wurden (SVR 2016 IV Nr. 52 S. 176 E. 4.2 mit Hinweisen, 9C_13/
2016). Die vorinstanzliche Feststellung, wonach die monatliche Behandlung wenig
intensiv sei und damit von einer psychotherapeutischen Behandlung in nützlicher
Kadenz nicht die Rede sein könne, ist zutreffend. Denn nach der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist ein Termin alle zwei bis drei Wochen für
eine konsequente Depressionstherapie ungenügend (Urteil 8C_444/2016 vom 31.
Oktober 2016      E. 6.2.2; vgl. auch SVR 2016 IV Nr. 51 S. 173 E. 5.3.2
[8C_131/2016], wo die Vorinstanz es offen liess, ob eine Behandlung alle 14
Tage ausreiche, das Bundesgericht die Therapieresistenz hingegen v.a. wegen der
zweimalig erreichten Verbesserungen als fraglich hielt, und Urteil 8C_399/2016
vom 24. August 2016 E. 5.3, wo die Empfehlung des Experten zur Weiterführung
der bisherigen Therapie u.a. als Hinweis auf die fehlende Therapieresistenz
gewertet wurde). Somit ist im vorliegenden Fall, in welchem die Versicherte
bloss eine Konsultation pro Monat beim Externen Psychiatrischen Dienst ihres
Wohnkantons besucht und der psychiatrische Experte zwar eine Chronifizierung,
nicht aber eine Therapieresistenz festhält, kein invalidisierender
Gesundheitsschaden erstellt. An diesem Ergebnis ändert auch der Umstand nichts,
dass der psychiatrische Gutachter Aggravation und Verdeutlichungstendenzen klar
verneinte.

5.3.3. Weiter kann offen bleiben, gestützt auf welches Leiden die
Arbeitsunfähigkeit diagnostiziert wurde. Denn wie oben dargelegt, stellt das
depressive Leiden für sich allein keinen invalidisierenden Gesundheitsschaden
dar. Ist hingegen die somatoforme Schmerzstörung (mit-) ursächlich für die
attestierte Arbeitsunfähigkeit, sind die Indikatoren nach der Rechtsprechung
von BGE 141 V 281 zu prüfen.

5.3.4. Zwar datiert das bidisziplinäre Gutachten vor Erlass von BGE 141 V 281.
Solchen Gutachten wird nach bestätigter Rechtsprechung nicht jegliche
Beweiskraft abgesprochen; vielmehr können sie auch weiterhin verwendet werden,
sofern sie eine schlüssige Beurteilung im Lichte der massgeblichen Indikatoren
erlauben (BGE 141 V 281 E. 8 S. 309; 137 V 201 E. 6 S. 266). Dies trifft auf
die bidisziplinäre Begutachtung durch Frau Dr. med. B.________ und PD Dr. med.
C.________ zu.

5.3.5. Ob und in welchem Umfang die Feststellungen in einem medizinischen
Gutachten anhand der rechtserheblichen Indikatoren auf die Arbeitsunfähigkeit
schliessen lassen, ist eine frei überprüfbare Rechtsfrage (BGE 141 V 281 E. 7
S. 308; vgl. grundsätzlich zur Beurteilung der Arbeitsfähigkeit BGE 140 V 193).
Die medizinischen Fachpersonen und die Organe der Rechtsanwendung prüfen die
Arbeitsfähigkeit je aus ihrer Sicht, indem an die zuerst erfolgende ärztliche
Stellungnahme eine - freie - juristische Beurteilung der noch zumutbaren
Arbeitsleistung anschliesst (BGE 141 V 281 E. 5.2 S. 306). Aus rechtlicher
Sicht kann von einer medizinischen Einschätzung der Arbeitsfähigkeit abgewichen
werden, ohne dass diese ihren Beweiswert verliert (SVR 2016 UV Nr. 25 S. 81 E.
6 mit Hinweisen, 8C_438/2015).

5.3.6. Bezüglich der nach BGE 141 V 281 zu prüfenden Indikatoren fehlt es vor
allem an einer adäquaten Ausschöpfung der Therapiemöglichkeiten (BGE 141 V 281
E. 4.4.2 S. 304). So nahm die Versicherte bloss einmal monatlich einen Termin
wahr. Dass auch in früheren Jahren keine konsequente Therapie durchgeführt
wurde, zeigt sich etwa aus dem Bericht des Zentrums D.________ vom 9. Mai 2008,
wonach sie unregelmässig und in nicht hoher Frequenz zur Behandlung kam und die
empfohlene Medikation auch nicht befolgte. Schliesslich sind die stationären
Aufenthalte entweder weit zurückliegend (zuletzt 2004; der im
Begutachtungszeitpunkt bloss geplante Aufenthalt hat unberücksichtigt zu
bleiben) oder aber nicht psychisch bedingt. Weiter ist beim Komplex der
Gesundheitsschädigung resp. dem Indikator Behandlungserfolg und -resistenz (BGE
141 V 281 E. 4.3.1.2 S. 300) auch zu berücksichtigen, dass die Versicherte
trotz jahrelanger anerkannter teilweiser Arbeitsfähigkeit keinerlei
Arbeitsversuche ausweisen kann; d.h. es fehlt jeglicher Versuch der
Selbsteingliederung. Zudem liegt keine Komorbidität im Sinne von BGE 141 V 281
E. 4.3.1.3 S. 301 vor, da weder entsprechende somatische Leiden gegeben sind
noch vermag die diagnostizierte mittelgradige Depression eine solche zu
begründen (Urteil 8C_489/2016 vom 29. November 2016 E. 6.5 mit weiterem
Hinweis). Letztlich sind auch Einschränkungen im Alltag (BGE 141 V 281 E. 4.4.1
S. 303) nicht in hinreichendem Mass ausgewiesen (vgl. die Schilderungen der
Versicherten ihres Alltags gegenüber Frau Dr. med. B.________ und gegenüber PD
Dr. med. C.________).
Die vom Gutachter PD Dr. med. C.________ zur Arbeitsunfähigkeit abweichende
Beurteilung ist Folge davon, dass die normativen Rahmenbedingungen eine
rentenauslösende Gesundheitsschädigung bei psychischen Störungen der hier
interessierenden Art erst zulassen, wenn sie schwer und therapeutisch nicht
(mehr) angehbar sind. Auch unter Berücksichtigung der Standardindikatoren
erweist sich die von PD Dr. med. C.________ attestierte Arbeitsunfähigkeit
unter juristischen Gesichtspunkten als unbeachtlich. Das bedeutet aber nicht,
dass sie als medizinisch unzutreffend bewertet wird.

5.3.7. Demnach ist weder mit der mittelgradigen Depression noch mit der
somatoformen Schmerzstörung noch mit der Kombination der beiden ein
rentenbegründender Gesundheitszustand ausgewiesen.

5.4. Die Versicherte macht zu Recht nicht geltend, die ursprüngliche
Rentenzusprechung habe auf einem nicht lit. a der Schlussbestimmungen zur 6.
IV-Revision unterliegenden Leiden beruht, waren die bei Rentenzusprechung
massgebenden Diagnosen doch eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung (ICD-10:
F45.4), eine histrionische Persönlichkeit (ICD-10: F60.4) sowie die Entwicklung
körperlicher Symptome aus psychischen Gründen (ICD-10: F68.0; MEDAS-Gutachten
vom 10. März 2006 sowie das Teilgutachten des Dr. med. E.________, Facharzt für
Psychiatrie und Psychotherapie, vom 23. Februar 2006). Somit muss für die
Rentenaufhebung nach dieser Schlussbestimmung keine Veränderung des
Gesundheitszustandes gegeben sein (BGE 139 V 547 E. 5.8 S. 558). Der Einwand
der Versicherten, ihr Zustand habe sich seit der ursprünglichen
Rentenzusprechung nicht verändert, ist demnach unbehelflich.

5.5. Die Rentenaufhebung gestützt auf lit. a der Schlussbestimmungen zur 6.
IV-Revision verstösst nicht gegen Bundesrecht.

6. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig. Die unterliegende Versicherte hat die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Infolge Gewährung der
unentgeltlichen Rechtspflege (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG) werden diese jedoch
vorläufig auf die Gerichtskasse genommen und ihrer Anwältin wird eine
Entschädigung aus der Gerichtskasse bezahlt. Die Versicherte hat jedoch Ersatz
zu leisten, wenn sie später dazu in der Lage ist (Art. 64 Abs. 4 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Der Beschwerdeführerin wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt und
Rechtsanwältin Lotti Sigg wird als unentgeltliche Anwältin bestellt.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt, indes
vorläufig auf die Bundesgerichtskasse genommen.

4. 
Der Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin wird aus der Bundesgerichtskasse
eine Entschädigung von Fr. 2'800.- ausgerichtet.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 3. April 2017

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Die Gerichtsschreiberin: Riedi Hunold

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