Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.784/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]          
8C_784/2016 {T 0/2}     

Urteil vom 9. März 2017

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin,
Gerichtsschreiberin Polla.

Verfahrensbeteiligte
A.A.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Sozialhilfe Basel-Stadt,
Klybeckstrasse 15, 4057 Basel,
vertreten durch das Departement für Wirtschaft, Soziales und Umwelt des Kantons
Basel-Stadt, Generalsekretariat, Rheinsprung 16-18, 4051 Basel,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Sozialhilfe,

Beschwerde gegen den Entscheid
des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt
als Verwaltungsgericht vom 27. September 2016.

Sachverhalt:

A.

A.a. Die Ehegatten A.A.________ und B.A.________ und ihre fünf Kinder wurden
unter anderem in der Zeit vom 1. April 2009 bis 30. November 2010 ergänzend zu
ihrem Erwerbseinkommen von der Sozialhilfe Basel-Stadt finanziell unterstützt.
Wegen verschwiegener Einnahmen in Form von Kinderzulagen (vom 1. April 2009 bis
31. Januar 2010) sowie von zwei Darlehen (vom 24. und 25. Mai 2009 zur
Anschaffung eines Autos) forderte die Sozialhilfebehörde von A.A.________ und
B.A.________ bezogene Sozialhilfeleistungen im Betrag von Fr. 19'950.-
zuzüglich Zinsen in der Höhe von Fr. 1'697.65 für den Zeitraum vom 1. Januar
2010 bis 15. Mai 2011 zurück (Verfügung vom 16. Mai 2011). Den dagegen
erhobenen Rekurs wies das Departement für Wirtschaft, Soziales und Umwelt
Basel-Stadt (WSU) mit Entscheid vom 16. März 2012 im Sinne der Erwägungen ab
und wies die Sozialhilfebehörde an, die Verzinsung für die Rückerstattung neu
zu berechnen sowie die Einstellung der Unterstützungsleistungen für die Monate
Februar bis April 2010 nachträglich zu verfügen. Das Appellationsgericht des
Kantons Basel-Stadt wies die hiergegen geführte Beschwerde mit Entscheid vom
25. November 2013 im Sinne der Erwägungen ebenfalls ab. Diesen Entscheid
bestätigte das Bundesgericht auf   Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten hin und wies diese ab, soweit es darauf eintrat (Urteil 8C_64/
2014 vom 21. Mai 2014).

A.b. Daraufhin wies die Sozialhilfebehörde das Gesuch um Nachzahlung von
Unterstützungsleistungen für die Familie für die Zeit vom 1. Januar bis 31.
Dezember 2010 ab und trat auf das Gesuch um Nachzahlung von
Unterstützungsleistungen für den Monat März 2009 nicht ein (Verfügung vom 27.
Februar 2015). Das WSU stellte auf Rekurs hin eine mehrfache Verletzung der
Verfahrensrechte fest (Dispositiv-Ziffer 1), hiess das Rechtsmittel teilweise
gut und verpflichtete die Sozialhilfebehörde, Fr. 740.05 nachzuzahlen
(Dispositiv-Ziffer 2). Im Übrigen wies es den Rekurs ab, soweit es darauf
eintrat (Entscheid vom 8. Dezember 2015).

B. 
In teilweiser Gutheissung des dagegen eingereichten Rekurses hob das
Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt Dispositiv-Ziffer 2 des Entscheids
des WSU vom 8. Dezember 2015 auf und wies die Sache im Sinne der Erwägungen
(zur Nachzahlung von Unterstützungsleistungen in der Höhe von Fr. 5'950.45) an
die Sozialhilfe Basel-Stadt zurück. Im Übrigen wies es den Rekurs ab, soweit es
darauf eintrat (Entscheid vom 27. September 2016).

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.A.________
"Die Wiedererwägung entsprechend der Entwicklung seit 13.06.14 (Eingang des
BGR-Urteils vom 21.05.14 bei der SH) anerkennt und ein Nichtigkeitsurteil
entsprechend eigenem Praxis gegen alle bisherigen Prozessen seit 16.05.11 fällt
und unsere 7-köpfige Familie von der Fängen der Ungerechtigkeit befreit". Zudem
wird um unentgeltliche Prozessführung für das letztinstanzliche Verfahren
ersucht.
Ein Schriftenwechsel wurde nicht durchgeführt.

D. 
Mit Verfügung vom 19. Januar 2017 hat das Bundesgericht das Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege infolge Aussichtslosigkeit abgelehnt.

Erwägungen:

1. 
Gestützt auf Art. 82 lit. a BGG beurteilt das Bundesgericht Beschwerden gegen
Entscheide in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts. Dieses Rechtsmittel
steht somit grundsätzlich auch auf dem Gebiet der kantonalen Sozialhilfe zur
Verfügung. Das Bundesgerichtsgesetz enthält dazu in Art. 83 BGG keinen
Ausschlussgrund.

2.

2.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann
namentlich die Verletzung von Bundesrecht mit Einschluss der Bundesverfassung
gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von
Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es unter Berücksichtigung der
allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 2 BGG) grundsätzlich nur
die geltend gemachten Rechtswidrigkeiten (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).
Soweit die Vorinstanz kantonales Recht anzuwenden hatte, kann, abgesehen von
den hier nicht massgebenden Art. 95 lit. c-e BGG, nur geltend gemacht werden,
der angefochtene Entscheid verstosse gegen Normen des Bundesrechts oder des
Völkerrechts (Art. 95 lit. a und b BGG). Im Übrigen kann die Auslegung und
Anwendung des kantonalen Rechts lediglich im Lichte der verfassungsmässigen
Rechte und Grundsätze, namentlich des Willkürverbots (Art. 9 BV), geprüft
werden (BGE 137 V 143 E. 1.2 S. 145; 134 I 153 E. 4.2.2 S. 158; 134 II 349 E. 3
S. 351). Das Bundesgericht prüft die Verletzung von Grundrechten wie auch von
kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der
Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist; es gilt eine
qualifizierte Rügepflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 281;
137 II 305 E. 3.3 S. 310 f.).

2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, wie die
Vorinstanz ihn festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Feststellung des
Sachverhalts kann nur gerügt bzw. vom Bundesgericht von Amtes wegen berichtigt
oder ergänzt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht; diese Rüge setzt zudem
voraus, dass die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens
entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). Offensichtlich
unrichtig festgestellt ist ein Sachverhalt, wenn er willkürliche Feststellungen
beinhaltet (BGE 137 I 58 E. 4.1.2 S. 62). Eine entsprechende Rüge ist
rechtsgenüglich substantiiert vorzubringen (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2
BGG; BGE 137 I 58 E. 4.1.2 S. 62; 133 II 249 E. 1.4.3 S. 254 f.).

3.

3.1. Im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren sind grundsätzlich nur
Rechtsverhältnisse zu überprüfen und zu beurteilen, zu denen die zuständige
Verwaltungsbehörde vorgängig verbindlich - in Form einer Verfügung - Stellung
genommen hat. Insoweit bestimmt die Verfügung den beschwerdeweise
weiterziehbaren Anfechtungsgegenstand. Umgekehrt fehlt es an einem
Anfechtungsgegenstand und somit an einer Sachurteilsvoraussetzung, wenn und
insoweit keine Verfügung ergangen ist (BGE 131 V 164 E. 2.1, 125 V 412 E. 1a S.
414 mit Hinweisen). Streitgegenstand im System der nachträglichen
Verwaltungsrechtspflege ist das Rechtsverhältnis, welches - im Rahmen des durch
die Verfügung bestimmten Anfechtungsgegenstandes - den auf Grund der
Beschwerdebegehren effektiv angefochtenen Verfügungsgegenstand bildet.
Anfechtungs- und Streitgegenstand sind danach identisch, wenn die
Verwaltungsverfügung insgesamt angefochten wird; bezieht sich demgegenüber die
Beschwerde nur auf einzelne der durch die Verfügung bestimmten
Rechtsverhältnisse, gehören die nicht beanstandeten - verfügungsweise
festgelegten - Rechtsverhältnisse zwar wohl zum Anfechtungs-, nicht aber zum
Streitgegenstand (BGE 131 V 164 E. 2.1, 125 V 412 E. 1b in Verbindung mit E.
2a, S. 414 ff.).

3.2. Anfechtungsgegenstand im vorliegenden Verfahren bildet die vom kantonalen
Gericht mit Entscheid vom 27. September 2016 und vom WSU am 8. Dezember 2015
beurteilte Verfügung der Sozialhilfebehörde vom 27. Februar 2015, worin diese
die Unterstützungsleistungen für die Zeit vom 1. Februar bis 30. April 2010
nachträglich einstellte und die Gesuche um Nachzahlung von
Sozialhilfeleistungen für das ganze Jahr 2010 abwies sowie auf das Gesuch um
Nachzahlung von Leistungen für den Monat März 2009 nicht eintrat. Die
Vorinstanz hat den Entscheid des WSU insoweit abgeändert, als es einen
Nachzahlungsanspruch in der Höhe von Fr. 5'950.45 festhielt. Einzig Leistungen
in diesem Zusammenhang bilden Streitgegenstand.

4.

4.1. Die Vorinstanz führte hierzu aus, die Gemeinde habe die Leistungen wegen
Verletzung der Mitwirkungspflichten nach § 14 des Sozialhilfegesetzes des
Kantons Basel-Stadt vom 29. Juni 2000 (SHG; SG 890.100) und den damit
verbundenen Zweifeln an der Bedürftigkeit eingestellt, ohne die Rechtsfolgen
bei Nichterfüllung der Pflichten schriftlich angedroht zu haben. Daher sei die
umfassende Leistungseinstellung für die Monate Februar bis April 2010
unzulässig gewesen und die Berechnung des Nachzahlungsanspruchs des WSU in der
Höhe von Fr. 740.05 unvollständig. Dementsprechend sei diesem Betrag ein
Leistungsanspruch für die Monate Februar bis April 2010 in der Höhe von Fr.
2'108.95, Fr. 1'635.25 und Fr. 1'466.20 hinzuzurechnen, woraus sich ein
nachträglicher Anspruch auf Leistungen im Umfang von Fr. 5'950.45 ergebe. Eine
Auseinandersetzung mit den massgebenden Erwägungen zum Nichteintretensentscheid
bezüglich des Nachzahlungsgesuchs für den Monat März 2009 finde sich im Rekurs
nicht.

4.2. Was in der Beschwerde dagegen vorgebracht wird, ist nicht stichhaltig,
soweit es sich überhaupt auf die Darlegungen im angefochtenen Entscheid
bezieht. Der Beschwerde führenden Person obliegt es nämlich, klar und
detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen,
welche verfassungsmässigen Rechte und inwiefern sie durch den kantonalen
Entscheid verletzt worden sind (BGE 135 V 94 E. 1 S. 95; 134 V 53 E. 3.3 S. 60,
134 II 244 E. 2.2 S. 246 und 133 IV 286 E. 1.4 S. 287). Der Beschwerdeführer
vermag insbesondere nicht aufzuzeigen, weshalb die vorinstanzlichen
Feststellungen willkürlich sein sollen oder sonst wie gegen verfassungsmässige
Rechte verstossen. Die Würdigung der vom kantonalen Gericht verwendeten Tabelle
über den Bedarf und die Einnahmen der Familie in den Monaten Februar bis
November 2010 wird zwar als willkürlich bezeichnet, jedoch nicht überzeugend
dargelegt, inwiefern diese Feststellungen offensichtlich unrichtig sind und
damit Art. 9 BV verletzen. Überdies wertete das kantonale Gericht diese Tabelle
zu ihren Gunsten, was zur Aufhebung von Dispositiv-Ziffer 2 des Entscheids des
WSU und zur Bejahung eines Leistungsanspruchs in der genannten Höhe führte.
Soweit sich der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Rückforderung von
Sozialhilfeleistungen aufgrund von nicht rechtzeitig deklarierten Ausbildungs-
und Kinderzulagen auf eine Lohnabrechnung vom 15. Dezember 2009 bezieht und die
(rechtzeitige) Einreichung dieses Belegs bei der Sozialhilfebehörde vor dem 18.
Mai 2010 geltend macht, ist er damit nicht zu hören. Zum einen betrifft dies
nicht den hier massgebenden Zeitraum (vgl. E. 3.2), zum andern liegt
diesbezüglich mit der Vorinstanz eine rechtskräftige Rückforderungsverfügung
vor (Urteil 8C_64/2014 vom 21. Mai 2014).
Nicht einzutreten ist auch auf weitere Rügen, die sich nicht auf den
Anfechtungs- und Streitgegenstand beziehen und damit nicht Prozessthema (Art.
99 Abs. 2 BGG) bilden oder über die bereits mit Urteil 8C_64/2014 vom 21. Mai
2014 letztinstanzlich entschieden wurde. In Bezug auf das Gesuch um Nachzahlung
von Unterstützungsleistungen für den Monat März 2009 befasst sich der
Beschwerdeführer nicht rechtsgenüglich mit den Erwägungen des kantonalen
Gerichts hierzu (E. 2 hiervor). Wenn er schliesslich moniert, die Vorinstanz
sei in Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht auf sämtliche vorgetragenen
Punkte eingegangen, verkennt er, dass das Gericht unter dem Blickwinkel der
verfassungsmässigen Begründungspflicht nicht gehalten ist, sich mit sämtlichen
Vorbringen der Parteien auseinanderzusetzen, soweit sie überhaupt das
Prozessthema betreffen (Art. 29 Abs. 2 BV; BGE 142 II 49 E. 9.2 S. 65; 134 I 83
E. 4.1 S. 88; vgl. auch BGE 139 V 496 E. 5.1 S. 503). Vielmehr genügt es, wenn
es sich mit den wesentlichen Argumenten befasst, wie dies im angefochtenen
Entscheid der Fall war.

5. 
Da die Beschwerde, soweit zulässig, offensichtlich unbegründet ist, wird sie im
Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG mit summarischer Begründung erledigt.

6. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 Abs. 1 und Abs. 4 lit. a BGG). Der
unterliegende Beschwerdeführer hat die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1
BGG), nachdem sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abgelehnt worden ist.
Eine Parteientschädigung steht dem Beschwerdeführer dem Ausgang des Verfahrens
entsprechend nicht zu (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons
Basel-Stadt als Verwaltungsgericht schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 9. März 2017

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Die Gerichtsschreiberin: Polla

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