Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.77/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]         
8C_77/2016 {T 0/2}     

Urteil vom 18. April 2016

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Ursprung,
Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiberin Polla.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Andrea Cantieni,
Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle des Kantons Graubünden,
Ottostrasse 24, 7000 Chur,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden
vom 10. September 2015.

Sachverhalt:

A. 
Der 1965 geborenen A.________ wurde mit Verfügung vom 21. September 2001
rückwirkend ab 1. Januar 1999 eine ganze Rente der Invalidenversicherung
zugesprochen. Nachdem die IV-Stelle des Kantons Graubünden revisionsweise die
Rente mehrmals bestätigt hatte, veranlasste sie im April 2013 eine
rheumatologische und psychiatrische Abklärung bei ihrem Regionalen Ärztlichen
Dienst (RAD), einschliesslich einer Evaluation der funktionellen
Leistungsfähigkeit (EFL) in der Klinik B.________. Gestützt auf den RAD-Bericht
vom 22. Oktober 2013, der auch die Schlussfolgerungen der EFL im Bericht vom
15. Oktober 2013 berücksichtigte, stellte die IV-Stelle die Rentenleistungen
mit Verfügung vom 24. Juli 2014 - unter Ermittlung eines Invaliditätsgrades von
16 % und in Bejahung eines Anspruchs auf berufliche Eingliederungsmassnahmen -
ein.

B. 
Die von A.________ dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des
Kantons Graubünden mit Entscheid vom 10. September 2015 ab, wobei es u. a. auch
die Ergebnisse einer anlässlich des kantonalen Beschwerdeverfahrens von der
IV-Stelle veranlassten Observation (Bericht vom 11. Oktober 2014)
berücksichtigte.

C. 
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und lässt
beantragen, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben; es sei ihr weiterhin
eine ganze Rente zuzusprechen. Eventualiter sei die Sache zur Anordnung eines
psychiatrischen Obergutachtens an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Subeventualiter sei ihr ab 1. September 2014 eine Viertelsrente zuzusprechen;
subsubeventualiter sei die Angelegenheit an die IV-Stelle zur Ermittlung des
Rentenanspruchs auf der Basis einer 60%igen Arbeitsfähigkeit zurückzuweisen.
Es wurde kein Schriftenwechsel durchgeführt.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter
Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1
und 2 BGG), nur die geltend gemachten Vorbringen, falls allfällige weitere
rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Hinsichtlich der
Verletzung von Grundrechten gilt eine qualifizierte Rügepflicht (Art. 106 Abs.
2 BGG; zum Ganzen: BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280 f. mit Hinweisen).
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren
Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht
(Art. 105 Abs. 2 BGG).

2. 
Streitig und zu prüfen ist, ob die Beschwerdeführerin auch nach dem 31. August
2014 Anspruch auf eine Invalidenrente hat.

2.1. Aus dem Vergleich zwischen dem Gutachten der Klinik C.________ vom 14.
November 2007 und dem RAD-Bericht vom 22. Oktober 2013 einschliesslich der EFL
sowie dem RAD-Bericht vom 20. Oktober 2014, worin ärztlicherseits zum
Ermittlungs- und Observationsbericht vom 11. Oktober 2014 Stellung genommen
wurde, ging die Vorinstanz von einer Verbesserung des Gesundheitszustands nach
Art. 17 ATSG aus. Gestützt auf die als beweiskräftig beurteilten Darlegungen
der RAD Ärzte Dres. med. D.________, Facharzt für Psychiatrie und
Psychotherapie FMH, und E.________, Rheumatologie, Innere Medizin,
Physikalische Medizin und Rehabilitation FMH, bestehe aufgrund der
diagnostizierten somatoformen Schmerzstörung (aus rheumatologischer Sicht:
Fibromyalgie) eine 75%ige Arbeitsfähigkeit, ganztags, mit vermehrten Pausen.
Dies gelte sowohl für die angestammte Tätigkeit als Näherin als auch für
andere, leidensadaptierte Beschäftigungen (leichte bis mittelschwere Arbeiten).

2.2. Beschwerdeweise wird eine Verletzung von Bundesrecht geltend gemacht, da
das kantonale Gericht die Ermittlungs- und Observationsergebnisse vom 11.
Oktober 2014 und die RAD-Beurteilung vom      20. Oktober 2014 gestützt auf BGE
130 V 138, wonach der Verwaltungsverfügung grundsätzlich der Sachverhalt zum
Zeitpunkt des Verfügungserlasses zu Grunde zu legen ist, nicht hätten
berücksichtigt werden dürfen. Dies falle umso schwerer ins Gewicht, als es den
Bericht des Spitals F.________ vom 2. Dezember 2014 nicht berücksichtigt habe.
Weiter habe die Vorinstanz eine Verbesserung des Gesundheitszustands
rechtsfehlerhaft festgestellt, denn die im RAD-Bericht diagnostizierte leichte
depressive Episode bilde keine substanzielle Änderung, sondern sei lediglich
eine andere Beurteilung eines unveränderten Gesundheitszustands, weshalb die
Revisionsvoraussetzungen nicht gegeben seien.

3.

3.1. Nachdem das Bundesgericht mit BGE 141 V 281 seine Rechtsprechung zu den
Voraussetzungen, unter denen anhaltende somatoforme Schmerzstörungen und
vergleichbare psychosomatische Leiden eine rentenbegründende Invalidität zu
bewirken vermögen, grundlegend überdacht und teilweise geändert hat, ist zu
prüfen, welche Auswirkungen sich dadurch auf den hier zu beurteilenden Fall
ergeben (zur Anwendbarkeit einer Rechtsprechungsänderung auf laufende Verfahren
vgl. BGE 137 V 210 E. 6 S. 266). Wie nachfolgend gezeigt wird, erlauben die
medizinischen Akten hier eine schlüssige Beurteilung gestützt auf die für das
Beweisverfahren massgebenden Indikatoren, weshalb sich eine Ergänzung des
medizinischen Sachverhalts erübrigt.

3.2. In Nachachtung der verfassungs- und gesetzmässigen Vorgaben von Art. 8 und
29 BV (Rechtsgleichheit) und Art. 7 Abs. 2 ATSG (objektivierte
Zumutbarkeitsbeurteilung) beurteilt sich der Rentenanspruch anhand normativer
Rahmenbedingungen und es braucht medizinische Evidenz, dass die Arbeits- und
Erwerbsfähigkeit aus objektiver Sicht eingeschränkt ist. Nach Aufgabe der
Überwindbarkeitsvermutung (BGE 141 V 281 E. 3.5 S. 294) tritt anstelle des
bisherigen Regel/Ausnahme-Modells ein strukturierter, normativer Prüfraster. In
dessen Rahmen ist im Regelfall anhand von auf den funktionellen Schweregrad
bezogenen Standardindikatoren das tatsächlich erreichbare Leistungsvermögen
ergebnisoffen und symmetrisch zu beurteilen, indem gleichermassen den äusseren
Belastungsfaktoren wie den vorhandenen Ressourcen Rechnung getragen wird
(Urteil 9C_899/2014 vom 29. Juni 1-102015 E. 3.1, zusammenfassend publiziert in
SZS 2015 S. 385).

3.3. Auch nach der Praxisänderung vom 3. Juni 2015 ist bei psychischen
Beeinträchtigungen zu prüfen, ob eine seelische Abwegigkeit mit Krankheitswert
besteht, welche die versicherte Person bei Aufbietung allen guten Willens
hindert, ein rentenausschliessendes Erwerbseinkommen zu erzielen (Art. 7 Abs. 2
Satz 2 ATSG). Weiterhin ist nach einem weitgehend objektivierten Massstab zu
beurteilen, ob und inwiefern ihr trotz ihres Leidens die Verwertung der
Restarbeitsfähigkeit auf dem ihr nach ihren Fähigkeiten offen stehenden
ausgeglichenen Arbeitsmarkt sozial-praktisch zumutbar und für die Gesellschaft
tragbar ist (BGE 141 V 281 E. 2.1 S. 285, E. 3.1 S. 288 und E. 3.7.1 S. 295).
Nunmehr muss den medizinischen Unterlagen aber genauer als bisher entnommen
werden können, welche funktionellen Ausfälle in Beruf und Alltag aus den
versicherten Gesundheitsschäden resultieren. Diagnosestellung und - in der
Folge - Invaliditätsbemessung haben somit stärker als bis anhin die
entsprechenden Auswirkungen der diagnoserelevanten Befunde zu berücksichtigen.
Medizinisch muss schlüssig begründet sein, inwiefern sich aus den funktionellen
Ausfällen bei objektivierter Zumutbarkeitsbeurteilung anhand der
Standardindikatoren eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit ergibt. Wo dies
nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit dargetan werden kann, trägt
weiterhin die materiell beweisbelastete versicherte Person die Folgen (BGE 141
V 281 E. 6 S. 308).

4. 

4.1. Im Gutachten der Klinik C.________ vom 14. November 2007 wurde eine
mittelschwere depressive Episode sowie eine Fibromyalgie diagnostiziert, eine
somatoforme Schmerzstörung wurde lediglich   differentialdiagnostisch
festgehalten. Im interdisziplinären RAD-Bericht vom 22. Oktober 2013 stellte
Dr. med. E.________ eine seit 1998 bestehende Fibromyalgie fest. Dr. med.
D.________ diagnostizierte eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung (ICD 10
F45.4) und eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte Episode
(ICD 10 F33.0). Letztere sei ohne Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit, während
die anhaltende somatoforme Schmerzstörung in Anwendung der Foersterkriterien,
soweit diese als erfüllt zu betrachten seien, zu einer verminderten
Belastbarkeit und einem vermehrten Pausenbedarf führe, woraus gesamthaft eine
75%ige Arbeitsfähigkeit resultiere.

4.2. Aus der Gegenüberstellung der medizinischen Akten aus den Jahren 2007 und
2013 ergeben sich - entgegen den Ausführungen in der Beschwerde -
unterschiedliche psychiatrische Diagnosestellungen. Während die Experten der
Klinik C.________ eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung als
Differentialdiagnose aufführten und auf der psychischen Ebene lediglich der
depressiven Symptomatik Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit beimassen, wurde
die somatoforme Schmerzstörung anlässlich der RAD-Abklärung im Jahr 2013 als
einzige Diagnose mit Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit aufgeführt. Zudem
remittierte die leichte bis mittelgradige Depression in eine leichtgradige. Dr.
med. D.________ hielt einen seit dem Gutachten der Klinik C.________ vom 14.
November 2007 deutlich gebesserten psychischen Gesundheitszustand fest. Die
Versicherte sei guter Stimmung und nicht mehr gedrückt. Appetitstörungen würden
nicht mehr berichtet, ebenso wenig zeige sie eine relevante Angststörung. Im
psychopathologischen Status sei sie nicht mehr sehr deprimiert wirkend. Ihre
Sprechweise sei nicht mehr monoton, sie zeige häufig ein Lächeln, die affektive
Mitschwingung sei nicht reduziert, die Stimmungslage nur noch wenig depressiv.
Auch psychomotorisch sei keine massive Verlangsamung mehr erkennbar und sie
wirke auch nicht ausgeprägt müde. Die kognitiven Leistungen seien nicht
beeinträchtigt, das Denken nicht verlangsamt. Dies wurde auch im Bericht vom
20. Dezember 2013 des behandelnden Psychiaters Dr. med. G.________, Facharzt
FMH für Psychiatrie und Psychotherapie, insoweit bestätigt, als dieser
hinsichtlich der depressiven Symptomatik von einer über die Jahre erfreulichen
Verbesserung sprach. Angesichts dieser Darlegungen durfte die Vorinstanz die
Voraussetzungen für eine Revision nach Art. 17 ATSG als gegeben erachten.

5.

5.1. Gemäss altem Verfahrensstandard eingeholte Gutachten verlieren nicht per
se ihren Beweiswert. Im Rahmen einer gesamthaften Prüfung des Einzelfalls mit
seinen spezifischen Gegebenheiten und den erhobenen Rügen ist entscheidend, ob
das abschliessende Abstellen auf die vorhandenen Beweisgrundlagen vor
Bundesrecht standhält (BGE 137 V 210 E. 6 S. 266). In sinngemässer Anwendung
auf die materiell-beweisrechtlich geänderten Anforderungen ist in jedem
einzelnen Fall zu prüfen, ob die administrativen und/oder gerichtlichen
Sachverständigengutachten - gegebenenfalls im Kontext mit weiteren
fachärztlichen Berichten - eine schlüssige Beurteilung im Lichte der
massgeblichen Indikatoren erlauben oder nicht (BGE 141 V 281 E. 8 S. 309).
Dabei fällt die Anerkennung einer rentenbegründenden Invalidität nur in
Betracht, wenn die Aktenlage ein stimmiges Gesamtbild zeichnet, das auf eine
therapeutisch nicht angehbare funktionelle Behinderung schliessen lässt
(Konsistenz; BGE 141 V 281 E. 4.4      S. 303).

5.2. Wie bis anhin kann eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit nur relevant
sein, wenn sie Folge einer fachärztlich einwandfrei diagnostizierten
Gesundheitsbeeinträchtigung ist (vgl. BGE 130 V 396). Bereits bisher hatten
Ärztinnen und Ärzte ihre Stellungnahmen zur Arbeitsfähigkeit so substanziell
wie möglich zu begründen, und es war für die ärztliche Plausibilitätsprüfung
wichtig, in welchen Funktionen die versicherte Person eingeschränkt ist (BGE
140 V 193 E. 3.2 S. 196). Nunmehr haben die Ärzte eine Diagnose insbesondere so
zu fundieren, dass die Rechtsanwendenden nachvollziehen können, ob die
klassifikatorischen Vorgaben tatsächlich eingehalten sind (BGE 141 V 281    E.
2.1.1 S. 285 f.). Bei somatoformen Störungen (ICD-10 F45) im Besonderen ist dem
diagnoseinhärenten Schweregrad vermehrt Rechnung zu tragen (BGE 141 V 281 E.
2.1.1 S. 286). Eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung (ICD-10 F45.40) setzt
einen andauernden, schweren und quälenden Schmerz voraus.

5.3.

5.3.1. Gestützt auf die Ausführungen im bidisziplinären RAD-Bericht vom 22.
Oktober 2013 ist fraglich, ob ein rentenrelevanter Gesundheitsschaden überhaupt
vorliegt. Selbst der behandelnde Psychiater Dr. med. G.________ hat zu keinem
Zeitpunkt eine anhaltende somatoforme Schmerzstöung diagnostiziert (Berichte
vom 8. Mai 2001 und 8. September 2003 sowie Schreiben vom 20. Dezember 2013).
Aufgrund der ärztlichen Ausführungen bestehen schon auf der Ebene der
Diagnosestellung nicht auszuräumende Zweifel an der Schwere und Dauerhaftigkeit
des Schmerzleidens. Mit Blick auf die Diagnosekriterien und den
diagnoseinhärenten Schweregrad ergibt sich weder aus der bidisziplinären
RAD-Abklärung vom 22. Oktober 2013 noch aus den Ausführungen des Psychiaters
Dr. med. G.________ ein "andauernder schwerer und quälender Schmerz". Auch
finden sich aufgrund der zahlreich durchgeführten Tests keine erheblichen
funktionellen Einschränkungen. Vielmehr wird die Diagnose dadurch erklärt, dass
die Versicherte aus rheumatologischer Sicht an einer Fibromyalgie leide. Die
fibromyalgieformen Schmerzen seien dann im Gutachten der Klinik C.________ vom
14. November 2007 psychiatrisch einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung
zugeordnet worden. Erhebliche emotionale Konflikte und psychosoziale Probleme
würden vor allem aus dem Bericht der damals behandelnden Psychiaterin Dr. med.
H.________, Psychiatrische Klinik I.________, vom 12. Januar 1999 hervorgehen.
Die Unsicherheit in der Diagnosestellung wird schliesslich deutlich in der
Schlussfolgerung "die Diagnose einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung
dürfte also gerechtfertigt sein". Insgesamt vermag die Diagnose einer
anhaltenden somatoformen Schmerzstörung - auch angesichts der anderen im Recht
liegenden Berichte - nicht zu überzeugen (BGE 141 V 261 E. 2.1).

5.3.2. Aufgrund der ärztlichen Darlegungen bestehen ebenso bei der Fibromyalgie
schon hinsichtlich Diagnosestellung nicht zu beseitigende Zweifel an der
Schwere des Schmerzleidens. Dies aufgrund der Ausführungen der
Beschwerdeführerin, es gehe ihr am Meer während den Ferien und noch einige Zeit
danach besser. Sie nehme deshalb zweimal in der Woche ein warmes Bad, denn bei
Wärme ginge es ihr immer besser. Zudem kümmere sie sich um den Haushalt, das
Kochen und Putzen und erledige kleinere Einkäufe selber. Die Nachmittage
verbringe sie mit Spazieren und Lesen. Bei diesen Gegebenheiten ist es nicht
nur überwiegend wahrscheinlich, sondern geradezu offensichtlich, dass die
Beschwerdeführerin in der Lage ist, wie sie auch selber schildert, durch
eigenes aktives Tun (Tagesstruktur, Mithilfe im Haushalt) dem
leidensverstärkenden regressiven Verhalten entgegenzuwirken. Ihr passives
Verhalten erscheint nach Lage der Akten nicht ausschliesslich
krankheitsbedingt, sondern hat auch mit der stattgefundenen "Gewöhnung an die
Krankheit" zu tun.

5.3.3. Verdeutlicht wird dies durch die EFL-Abklärungen vom 25. und 26.
September 2013 der Klinik B.________, bei welchen eine erhebliche
Symptomausweitung infolge Selbstlimitierung und Inkonsistenz auffiel. Diese
Resultate der EFL führten zur Feststellung der RAD-Ärzte im Bericht vom 22.
Oktober 2013, dass angesichts der Ergebnisse der EFL an der kooperativen
Haltung Zweifel bestünden. Auch das Ausmass des sozialen Rückzugs sei einzig
auf der Basis anamnestischer Angaben festgehalten worden, an deren
Verlässlichkeit nach der EFL mehr Zweifel bestünden als vorher. Die
Verwertbarkeit der subjektiven Angaben der Versicherten hinsichtlich der
Schmerzkrankheit sei nicht mehr gegeben. Die alleine aufgrund der subjektiven
Schilderungen beruhende Beurteilung vermöge aufgrund der erheblichen
Aggravation nicht zu bestehen.

5.4.

5.4.1. Nach BGE 131 V 49 liegt regelmässig keine versicherte
Gesundheitsschädigung vor, soweit die Leistungseinschränkung auf Aggravation
oder einer ähnlichen Erscheinung beruht. Hinweise auf solche und andere
Äusserungen eines sekundären Krankheitsgewinns (dazu BGE 140 V 193 E. 3.3 S.
197) ergeben sich namentlich, wenn: eine erhebliche Diskrepanz zwischen den
geschilderten Schmerzen und dem gezeigten Verhalten oder der Anamnese besteht;
intensive Schmerzen angegeben werden, deren Charakterisierung jedoch vage
bleibt; keine medizinische Behandlung und Therapie in Anspruch genommen wird;
demonstrativ vorgetragene Klagen auf den Sachverständigen unglaubwürdig wirken;
schwere Einschränkungen im Alltag behauptet werden, das psychosoziale Umfeld
jedoch weitgehend intakt ist (BGE 131 V 49 E. 1.2 S. 51).

5.4.2. Die Vorinstanz hat, wie die Beschwerdeführerin rügt, ihren Verdacht
einer fehlenden psychischen Einschränkung zusätzlich mit den Ergebnissen der
erst nach Erlass der Verfügung vom 24. Juli 2014 durchgeführten Observation
begründet. Danach besteht ein erheblicher Widerspruch zwischen dem in der
Realität beobachteten und dem anlässlich der Begutachtung gezeigten Verhalten
(Bericht des med. pract. K.________, Arzt für Allgemeinmedizin, RAD Ostschweiz,
vom      20. Oktober 2014).

5.4.3. Die Berücksichtigung von erst nach dem massgeblichen Zeitpunkt des
Verfügungserlasses erstellten Beweismittel, die aber Rückschlüsse auf den
streitigen Zeitraum erlauben, ist nicht bundesrechtswidrig (z.B. Urteile 8C_708
/2014 vom 23. Januar 2015 E. 4.6 und 8C_675/2012 vom 7. Dezember 2012 E. 5.2.2
mit Hinweisen auf BGE 131 V 242 E. 2.1 und 121 V 362 E. 1b S. 366). Allerdings
ist nicht nachvollziehbar und geht aus den Akten nicht hervor, weshalb die
IV-Stelle bei Verdacht auf erhebliche Diskrepanzen zwischen dem von der
Versicherten in vermeintlich unbeobachteten Alltagssituationen gezeigten
Verhalten und demjenigen in der medizinischen Untersuchungssituation nicht
bereits vor Verfügungserlass eine Überwachung veranlasste, um diese Ergebnisse
bei der Einstellungsverfügung berücksichtigen zu können. Davon abgesehen ergibt
sich das Fehlen einer rentenrelevanten gesundheitlichen Beeinträchtigung jedoch
bereits aus den soeben dargelegten Rückschlüssen im RAD-Bericht vom 22. Oktober
2013 und wird durch die Observationsergebnisse lediglich untermauert. Der
Bericht des Spitals F.________ vom 2. Dezember 2014 vermag daran nichts zu
ändern, erläutert doch der behandelnde Psychiater, der Suizidversuch resultiere
von der stattgefundenen Observation, welche die Beschwerdeführerin in hohem
Masse erschüttert und zu heftigen Reaktionen der Verunsicherung und
Verängstigung geführt hätte (Bericht vom 21. Februar 2015). Hinsichtlich des
Gesundheitszustands und dessen Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit hat die
Vorinstanz somit ohne Bundesrecht zu verletzen gestützt auf die gesamte
Aktenlage ein stimmiges Gesamtbild gezeichnet und die Rentenaufhebung
grundsätzlich zu Recht geschützt.

6. 
Zu prüfen bleibt indessen die Eingliederungsfrage. Soweit die
Beschwerdeführerin Eingliederungsmassnahmen geltend macht, ist darauf
hinzuweisen, dass ihr mit Verfügung vom 24. Juli 2014 solche zugesprochen
worden sind, weshalb sie in diesem Punkt nicht beschwert ist. Weiterungen
erübrigen sich demnach.

7. 
Die unterliegende Beschwerdeführerin trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden,
3. Kammer als Versicherungsgericht, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen
schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 18. April 2016

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Die Gerichtsschreiberin: Polla

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