Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.775/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]          
8C_775/2016 {T 0/2}     

Urteil vom 1. Februar 2017

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Viscione,
Gerichtsschreiberin Kopp Käch.

Verfahrensbeteiligte
 A.________,
vertreten durch Advokat Martin Kaiser,
Beschwerdeführer,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung (Verwaltungsverfahren),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Basel-Stadt vom 2. November 2016.

Sachverhalt:

A. 
A.________, geboren 1981, ist seit 1. Juni 2015 als Monteur bei der B.________
GmbH angestellt und in dieser Eigenschaft gegen die Folgen von Unfällen bei der
Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) versichert. Mit Unfallmeldung
vom 16. November 2015 teilte die B.________ GmbH der SUVA mit, dass A.________
am 11. November 2015 beim Parken seines Motorrades ausgerutscht sei und sich am
Rücken verletzt habe. Die SUVA erbrachte die gesetzlichen Leistungen. Mit
Schreiben vom 2. Februar 2016 forderte sie die B.________ GmbH auf, bis zum 25.
Februar 2016 bestimmte Unterlagen einzureichen. Innert Frist gingen keine
Unterlagen ein. Mit Verfügung vom 3. März 2016 forderte die SUVA von A.________
zu Unrecht bezogene Leistungen in der Höhe von Fr. 10'334.85 zurück.
Am 22. März 2016 liess die B.________ GmbH der SUVA die mit Schreiben vom 2.
Februar 2016 verlangten Unterlagen zukommen. Mit E-Mails vom 29. April 2016 und
20. Mai 2016 machte der Rechtsvertreter von A.________ geltend, bei der Eingabe
der B.________ GmbH vom 22. März 2016 handle es sich um eine Einsprache gegen
die Verfügung der SUVA vom 3. März 2016. Die SUVA hielt mit Einspracheentscheid
vom 24. Mai 2016 fest, bei der Eingabe der B.________ GmbH handle es sich nicht
um eine Einsprache, weshalb auf die Eingabe des Rechtsvertreters vom 29. April
2016 nicht eingetreten werde.

B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons
Basel-Stadt mit Entscheid vom 2. November 2016 ab.

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________
beantragen, es seien der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und die
Beschwerdegegnerin zu verpflichten, auf die Einsprache vom 22. März 2016 gegen
die Verfügung vom 3. März 2016 einzutreten.
Die vorinstanzlichen Akten wurden eingeholt. Ein Schriftenwechsel wurde nicht
durchgeführt.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft
das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur
Begründung der Beschwerde (Art. 42   Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die
geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).

1.2. In der vorliegend zu beurteilenden Frage, ob die Unfallversicherung zu
Recht unter Hinweis auf mangelnde formelle Voraussetzungen nicht auf die
Einsprache des Versicherten eingetreten ist, kommt ungeachtet dessen, dass von
der Beurteilung der Streitfrage letztlich auch Ansprüche auf Geldleistungen der
obligatorischen Unfallversicherung abhängen können, die Ausnahmeregelung des
Art. 105 Abs. 3 (in Verbindung mit Art. 97 Abs. 2) BGG nicht zur Anwendung. Das
Bundesgericht kann somit die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen nur im
Rahmen von Art. 105 Abs. 1 und 2 (in Verbindung mit Art. 97 Abs. 1) BGG
überprüfen (vgl. in BGE 142 V 152 nicht publizierte E. 1.2 des Urteils 8C_259/
2015 vom 24. Februar 2016, veröffentlicht in SVR 2016 UV Nr. 33 S. 108 mit
Hinweisen). Demnach legt es seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG) und wenn die Behebung des Mangels für den
Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG).

2.

2.1. Gemäss Art. 52 Abs. 1 Satz 1 ATSG kann gegen Verfügungen innerhalb von 30
Tagen bei der verfügenden Stelle Einsprache erhoben werden.

2.2. Art. 52 Abs. 1 ATSG stellt in formeller Hinsicht keinerlei Anforderungen
an die Einsprache. Der Bundesrat hat jedoch in Art. 10 bis 12 ATSV Bestimmungen
zu Form und Inhalt der Einsprache sowie zum Einspracheverfahren erlassen.
Gemäss Art. 10 Abs. 1 ATSV müssen Einsprachen ein Rechtsbegehren und eine
Begründung enthalten. Abgesehen von den hier nicht massgebenden Fällen gemäss
Art. 10 Abs. 2 ATSV kann die Einsprache laut Art. 10 Abs. 3 ATSV wahlweise
schriftlich oder bei persönlicher Vorsprache mündlich erhoben werden. Die
schriftlich erhobene Einsprache muss die Unterschrift der Einsprache führenden
Person oder ihres Rechtsbeistands enthalten (Art. 10 Abs. 4 Satz 1 ATSV). Bei
einer mündlich erhobenen Einsprache hält der Versicherer die Einsprache in
einem Protokoll fest; die Person, welche die Einsprache führt, oder ihr
Rechtsbeistand muss das Protokoll unterzeichnen (Art. 10 Abs. 4 Satz 2 ATSV).
Genügt die Einsprache den Anforderungen nach Abs. 1 nicht oder fehlt die
Unterschrift, so setzt der Versicherer eine angemessene Frist zur Behebung des
Mangels an und verbindet damit die Androhung, dass sonst auf die Einsprache
nicht eingetreten werde (Art. 10 Abs. 5 ATSV). Das Einspracheverfahren wird mit
einem Nichteintretensentscheid abgeschlossen, wenn die
Eintretensvoraussetzungen nicht erfüllt sind (BGE 142 V 152 E. 2.2 S. 154 mit
Hinweisen).

2.3. Nach Massgabe von Art. 61 lit. b Satz 2 ATSG für das erstinstanzliche
Beschwerdeverfahren hat auch im Einspracheverfahren die Nachfrist zur
Verbesserung einer mangelhaften Einsprachefrist nicht nur bei Unklarheiten des
Rechtsbegehrens oder der Begründung, sondern ganz allgemein immer dann zu
erfolgen, wenn eine Einsprache den gesetzlichen Anforderungen nicht genügt und
somit auch für den Fall, dass ein Rechtsbegehren und/oder eine Begründung
überhaupt fehlen. Es handelt sich bei der erwähnten Bestimmung um eine formelle
Vorschrift, die das erstinstanzliche Gericht stets verpflichtet, eine Frist zur
Verbesserung der Mängel anzusetzen, sofern dadurch nicht in
rechtsmissbräuchlicher Weise eine Verlängerung der Beschwerdefrist erreicht
werden soll. Aufgrund der grammatikalischen Identität von Art. 61 lit. b ATSG
Satz 2 und Art. 10 Abs. 5 ATSV gilt diese Auslegung auch für das
Einspracheverfahren (BGE 142 V 152 E. 2.3 S. 155 mit Hinweisen).

2.4. Die Annahme einer Einsprache setzt u.a. voraus, dass aus der
Rechtsmitteleingabe der Wille der versicherten Person klar hervorgeht, die sie
berührende Verfügung anzufechten (Urteil 9C_466/2014 vom 2. Juli 2015 E. 3.2;
vgl. BGE 116 V 353 E. 2b S. 356 mit Hinweisen; UELI KIESER, ATSG-Kommentar, 3.
Aufl. 2015, N. 36 zu Art. 52). Fehlt es an einem solchen klar bekundeten
Anfechtungswillen, so ist kein Einspracheverfahren anhängig gemacht worden und
besteht auch keine Pflicht zur Ansetzung einer Nachfrist (vgl. Urteil 8C_475/
2007 vom 23. April 2008 E. 4.2; BGE 134 V 162 E. 5.1 S. 167; 116 V 353 E. 2b S.
356 mit Hinweisen; vgl. auch KÖLZ/HÄNER/BERTSCHI, Verwaltungsverfahren und
Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 3. Aufl. 2013, Rz. 1015; ALAIN GRIFFEL,
Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich [VRG], 3. Aufl.
2014, Rz. 7 zu § 23).

3.

3.1. Streitig ist, ob es sich bei der Eingabe der B.________ GmbH vom 22. März
2016 um eine gegen die Verfügung der Beschwerdegegnerin vom 3. März 2016
erhobene Einsprache handelt und die Beschwerdegegnerin zu Unrecht nicht darauf
eingetreten ist.

3.2. Die Vorinstanz hat im Wesentlichen erwogen, der Kurzbrief der B.________
GmbH vom 22. März 2016 lasse sich nicht als eine - den formellen Anforderungen
gemäss ATSV zwar nicht genügende, aber verbesserungsfähige - Einsprache
interpretieren. Er enthalte weder einen Antrag noch eine Begründung. Für die
Annahme einer Einsprache reiche es zwar aus, wenn der Wille feststehe, die
erlassene Verfügung nicht zu akzeptieren, da eine Begründung nachgeliefert
werden könne. Vorliegend fehle es aber vollständig an einem klar bekundeten
Anfechtungswillen. Beim Kurzbrief der B.________ GmbH vom 22. März 2016 handle
es sich lediglich um die Antwort auf die schriftliche Anfrage der
Beschwerdegegnerin vom 2. Februar 2016.

3.3. Der Beschwerdeführer macht insbesondere geltend, die Eingabe der
B.________ GmbH vom 22. März 2016 beziehe sich offensichtlich auf den
vorliegenden Versicherungsfall und somit auch auf die Verfügung der
Beschwerdegegnerin vom 3. März 2016. Die Verfügung habe den Brief vom 2.
Februar 2016 "ersetzt", weshalb sich die Eingabe der B.________ GmbH nur auf
die Verfügung beziehen könne. Im Weiteren beziehe sich die Verfügung vom 3.
März 2016 gerade auch darauf, dass innert Frist keine Unterlagen eingegangen
seien. Somit liege der Bezug der Einsprache bzw. der damit eingereichten
Unterlagen zur Verfügung vom 3. März 2016 ohne Weiteres vor. Selbst wenn eine
Unklarheit bestanden hätte, wäre die Beschwerdegegnerin verpflichtet gewesen,
eine Nachfrist zur Verbesserung der Einsprache anzusetzen.

3.4. Wie die Vorinstanz zu Recht festgestellt hat, geht aus der Eingabe der
B.________ GmbH vom 22. März 2016 mit Bezug auf die Verfügung vom 3. März 2016
kein Anfechtungswille des Beschwerdeführers hervor. Die Verfügung war an den
Beschwerdeführer adressiert. Im Kurzbrief der B.________ GmbH vom 22. März 2016
wird weder auf die Verfügung vom 3. März 2016 Bezug genommen noch wird darin
erwähnt, dass die Eingabe im Auftrag des Beschwerdeführers erfolge. Die Eingabe
enthält auch keinen anderweitigen Hinweis, der auf ein Vertretungsverhältnis
schliessen liesse. Die B.________ GmbH hielt darin lediglich fest, dass sie die
gewünschten Unterlagen zustelle. Es geht in keiner Weise daraus hervor, dass
der Beschwerdeführer die Verfügung vom 3. März 2016 nicht akzeptieren würde.
Unter diesen Umständen ist die Auffassung der Vorinstanz, dass es sich beim
Kurzbrief der B.________ GmbH vom 22. März 2016 nicht um eine Einsprache gegen
die Verfügung vom 3. März 2016, sondern lediglich um die Antwort auf das
Schreiben der Beschwerdegegnerin vom 2. Februar 2016 gehandelt habe, nicht zu
beanstanden. Entgegen den Vorbringen des Beschwerdeführers ändert daran nichts,
dass die B.________ GmbH die von der Beschwerdegegnerin verlangten Unterlagen
während der Einsprachefrist einreichte und in der Verfügung vom 3. März 2016
die verlangten und nicht eingereichten Unterlagen erwähnt wurden. Insbesondere
ist auch BGE 123 V 131, auf welchen sich der Versicherte beruft, nicht
einschlägig, da in jenem Fall nach verfügter Leistungseinstellung die
Arbeitgeberin dem Versicherer die Unterlagen im Auftrag des Versicherten
einreichte und somit erkennbar in dessen Auftrag tätig wurde.

3.5. Es verletzt daher kein Bundesrecht und ist insbesondere nicht überspitzt
formalistisch, wenn die Vorinstanz bei der vorliegenden Konstellation von einem
fehlenden Anfechtungswillen ausgegangen ist und den Nichteintretensentscheid
der Beschwerdegegnerin bestätigt hat. Für die Gewährung einer Nachfrist zur
Verbesserung der Eingabe bestand kein Anlass. Beim angefochtenen Entscheid hat
es mithin sein Bewenden.

4. 
Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet, weshalb sie im
vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG - ohne Durchführung eines
Schriftenwechsels und mit summarischer Begründung - erledigt wird.

5. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Basel-Stadt und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 1. Februar 2017

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Die Gerichtsschreiberin: Kopp Käch

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