Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.742/2016
Zurück zum Index I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2016
Retour à l'indice I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2016


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     

{T 0/2}            
8C_742/2016

Urteil vom 5. Januar 2017

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiberin Riedi Hunold.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Luzius Hafen,
Beschwerdeführerin,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 30. September 2016.

Sachverhalt:

A. 
Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) sprach der 1953 geborenen
A.________ am 9. Juli 2014, bestätigt mit Einspracheentscheid vom 18. September
2015, eine Hilflosenentschädigung wegen Hilflosigkeit leichten Grades zu.

B. 
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die dagegen erhobene
Beschwerde am 30. September 2016 ab.

C. 
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
mit dem Antrag, es seien der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und ihr eine
Hilflosenentschädigung bei Hilflosigkeit mittleren Grades zuzusprechen;
eventualiter sei für die Frage der objektiven Notwendigkeit der persönlichen
Überwachung eine fachärztliche Stellungnahme einzuholen.

Erwägungen:

1. 
Entscheide, die der Beschwerde an das Bundesgericht unterliegen, sind den
Parteien schriftlich zu eröffnen und müssen namentlich die massgebenden Gründe
tatsächlicher und rechtlicher Art, insbesondere die Angaben der angewendeten
Gesetzesbestimmungen enthalten (Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG). Aus dem Entscheid
muss klar hervorgehen, von welchem festgestellten Sachverhalt die Vorinstanz
ausgegangen ist und welche rechtlichen Überlegungen sie angestellt hat. Weist
der rechtserhebliche Sachverhalt wesentliche Lücken auf, kann das Recht nicht
angewendet werden (vgl. Art. 105 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 1 BGG; BGE 135 II 145
E. 8.2 S. 153). Genügt ein Entscheid den Anforderungen nach Art. 112 Abs. 1
lit. b BGG nicht, so kann das Bundesgericht ihn in Anwendung von Art. 112 Abs.
3 BGG an die kantonale Behörde zur Verbesserung zurückweisen oder aufheben.
Hingegen steht es ihm nicht zu, sich an die Stelle der Vorinstanz zu setzen,
die ihrer Aufgabe nicht nachgekommen ist (BGE 141 IV 244 E. 1.2 S. 245; 138 IV
81 E. 2.2 S. 84; Urteil 5A_6/2016 vom 15. September 2016 E. 5.1). Die
verfahrensrechtlichen Folgen nach Art. 112 Abs. 3 BGG sind (im Gegensatz zu
einem im Sinne von Art. 105 Abs. 2 BGG mangelhaften Sachverhalt [Art. 106 Abs.
2 BGG; BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266]) von Amtes wegen zu prüfen. Sie gelten
daher auch im Bereich der Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der
Militär- oder Unfallversicherung (Art. 105 Abs. 3 BGG). Hierfür ist die
Gewährung des rechtlichen Gehörs resp. ein Schriftenwechsel nicht erforderlich;
die Rechtsstellung der Parteien ändert sich selbst im Falle einer Aufhebung
nicht, weil diese, anders als eine Rückweisung nach Art. 107 Abs. 2 BGG, nicht
mit bundesgerichtlichen Vorgaben verbunden sein kann (Urteil 8C_298/2016 vom
30. November 2016 E. 5.1 mit Hinweisen).

2.

2.1. Der vorinstanzliche Entscheid behandelt die materiell-rechtliche Frage des
Anspruchs auf eine Hilflosenentschädigung. Er umfasst insgesamt fünf Seiten und
ist in einem einzigen Satz als sog. "Dass-Entscheid" ergangen. Dies erschwert
seine Les- und Nachvollziehbarkeit erheblich, nicht nur für die betroffene
versicherte Person und ihren Rechtsvertreter, sondern auch für die involvierten
Behörden. Im Übrigen hat das Obergericht des Kantons Zürich bereits 2012 die
Bedenklichkeit derartiger Entscheide in Zusammenhang mit der Gewährung des
rechtlichen Gehörs festgestellt (ZR 111 [2012] Nr. 74 S. 216 E. 4), worauf das
Bundesgericht die Vorinstanz wiederholt hingewiesen hat (vgl. etwa Urteil 8C_7/
2013 vom 3. April 2013 E. 1).
Weiter erfolgt im angefochtenen Entscheid keine Trennung von Sach- und
Rechtsfragen. Vor allem geht aus ihm aber nicht hervor, auf welchen
medizinischen Sachverhalt sich die Vorinstanz stützt. Der Verweis auf die aus
ihrer Sicht massgebenden ärztlichen Berichte reicht dazu nicht aus. Vielmehr
muss sie klar darlegen, welche medizinischen Diagnosen und körperlichen oder
psychischen Einschränkungen sie als erstellt erachtet und weshalb die - nicht
weiter dargelegten - Schlussfolgerungen in diesen Berichten überzeugender sein
sollen als die von der Versicherten angeführten ärztlichen Meinungen. Ohne
diese Angaben ist die rechtliche Folgerung der Vorinstanz, die Notwendigkeit
der dauernden persönlichen Überwachung sei nicht ausgewiesen, für das
Bundesgericht auf ihre Vereinbarkeit mit Bundesrecht hin nicht überprüfbar. Der
Entscheid ist für sich alleine nicht verständlich und es ist nicht Sache des
Bundesgerichts, anhand der Akten den massgebenden Sachverhalt wie ein
erstinstanzliches Gericht zu erstellen. Daran ändert auch der Umstand nichts,
dass es hier um Leistungen der Unfallversicherung nach Art. 105 Abs. 3 BGG geht
(vgl. E. 1).

2.2. Der kantonale Entscheid erfüllt nach dem Gesagten die Anforderungen von
Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG nicht. Eine Rückweisung zur Verbesserung ohne
Aufhebung des angefochtenen Entscheids kann nur erfolgen, wenn die Behebung des
Mangels den Ausgang des vorinstanzlichen Verfahrens sicher nicht tangiert
(FamPra.ch 2015 S. 931 E. 7.3.5, 5A_34/2015), etwa bei kanzleimässigen
Versehen, die der Berichtigung unterliegen (Bernhard Ehrenzeller, Basler
Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 21 zu Art. 112 BGG). Somit
ist der kantonale Entscheid aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz
zurückzuweisen, damit sie unter Beachtung der Vorgaben von Art. 112 BGG neu
entscheide.

3. 
Bei einer Rückweisung nach Art. 112 Abs. 3 BGG ist nicht das
Unterliegerprinzip, sondern das Verursacherprinzip massgebend (FamPra.ch 2015
S. 931 E. 8, 5A_34/2015). Das Bundesgericht hat die Vorinstanz schon mehrfach
auf die Bedenklichkeit ihrer "Dass-Entscheide" hingewiesen (vgl. Urteile 8C_7/
2013 vom 3. April 2013 E. 1, 8C_340/2011 vom 5. Juli 2011 E. 1.3, 8C_301/2011
vom 30. Juni 2011 E. 2, 8C_684/2010 vom 25. Januar 2011 E. 1.2, 8C_667/2010 vom
15. Dezember 2010 E. 1.3, 8C_197/2010 vom 13. September 2010 E. 2 oder 8C_790/
2009 vom 27. Juli 2010 E. 1.3). Unter diesen Umständen rechtfertigt es sich,
die Gerichtskosten dem Kanton Zürich aufzuerlegen (vgl. Urteil 2C_517/2016 vom
28. Juni 2016 E. 5). Die Versicherte hat Anspruch auf eine Parteientschädigung
(Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG; FamPra.ch 2015 S. 931 E. 8, 5A_34/2015).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 30.
September 2016 wird aufgehoben. Die Sache wird zur Beurteilung im Sinne der
Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Kanton Zürich auferlegt.

3. 
Der Kanton Zürich hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 5. Januar 2017

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Die Gerichtsschreiberin: Riedi Hunold

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben