Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.734/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
8C_734/2016        

Urteil vom 12. Juli 2017

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin,
Gerichtsschreiberin Hofer.

Verfahrensbeteiligte
 A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Rainer Deecke,
Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zug, Baarerstrasse 11, 6300 Zug,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 29.
September 2016.

Sachverhalt:

A. 
Die 1964 geborene A.________ bezog gemäss Verfügung der IV-Stelle des Kantons
Zug vom 13. Oktober 1999 ab dem 1. Juli 1999 eine ganze Invalidenrente aufgrund
eines Invaliditätsgrades von 100 Prozent. Diese wurde in zwei
Revisionsverfahren bestätigt. Im Juli 2012 leitete die IV-Stelle eine
neuerliche Rentenrevision ein. Sie holte eine polydisziplinäre Expertise des
Ärztlichen Begutachtungsinstituts GmbH, Basel (ABI), vom 23. August 2013 ein.
Ferner zog die Verwaltung die Stellungnahmen ihres Regionalen Ärztlichen
Dienstes (RAD) vom 11. November 2013 und 18. Februar 2014 bei. Die von der
Versicherten im Rahmen des Vorbescheidverfahrens eingereichten Berichte des
Hausarztes Dr. med. B.________ vom 30. Mai 2014 und des behandelnden
Psychiaters Dr. med. C.________ vom 13. Juli 2014 legte sie dem psychiatrischen
Teilgutachter des ABI, Dr. med. D.________, zur Stellungnahme vor
(Stellungnahme vom 17. November 2014). Auf dieser Basis hob sie die
Invalidenrente mit Verfügung vom 11. Februar 2015 per 1. April 2015 auf, unter
Hinweis auf die am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen Schlussbestimmungen der
Änderung des IVG vom 18. März 2011 (6. IV-Revision, erstes Massnahmenpaket;
nachfolgend: SchlBest.).

B. 
Die von A.________ dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des
Kantons Zug mit Entscheid vom 29. September 2016 ab.

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ die
Weiterausrichtung einer Invalidenrente beantragen. Eventualiter sei eine
Oberexpertise anzuordnen.
Die vorinstanzlichen Akten wurden eingeholt. Ein Schriftenwechsel wurde nicht
durchgeführt.

Erwägungen:

1.

1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die
Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG), die Feststellung
des Sachverhalts nur, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 lit. a BGG beruht und wenn die Behebung
des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs.
1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

1.2. Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich
unrichtig, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und
augenfällig unzutreffend ist (BGE 132 I 42 E. 3.1 S. 44). Eine offensichtlich
unrichtige Sachverhaltsfeststellung weist damit die Tragweite von Willkür auf (
BGE 135 II 145 E. 8.1 S. 153). Es liegt noch keine offensichtliche
Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt,
selbst wenn diese als die plausiblere erschiene (Urteil 9C_570/2007 vom 5. März
2008 E. 4.2). Eine Sachverhaltsfeststellung ist etwa dann offensichtlich
unrichtig, wenn das kantonale Gericht den Sinn und die Tragweite eines
Beweismittels offensichtlich falsch eingeschätzt, ohne sachlichen Grund ein
wichtiges und für den Ausgang des Verfahrens entscheidendes Beweismittel nicht
beachtet oder aus den abgenommenen Beweisen unhaltbare Schlüsse gezogen hat (
BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9; Urteil 9C_275/2016 vom 19. August 2016 E. 1.2 mit
Hinweisen).

2. 
Streitig und zu prüfen ist, ob die seit 1. Juli 1999 ausgerichtete ganze
Invalidenrente zu Recht eingestellt wurde.

2.1. Nach lit. a Abs. 1 SchlBest. werden Renten, die bei
pathogenetisch-ätiologisch unklaren syndromalen Beschwerdebildern ohne
nachweisbare organische Grundlage gesprochen wurden, innerhalb von drei Jahren
nach Inkrafttreten der Änderung überprüft. Sind die Voraussetzungen nach Art. 7
ATSG nicht erfüllt, so wird die Rente herabgesetzt oder aufgehoben, auch wenn
die Voraussetzungen von Art. 17 Abs. 1 ATSG nicht erfüllt sind. Nach der
Rechtsprechung genügt die Diagnose eines unklaren Beschwerdebildes ohne
organische Grundlage und die allein darauf gestützte medizinische Einschätzung
der Arbeitsunfähigkeit nicht zum Nachweis einer rentenbegründenden Invalidität
(BGE 139 V 547 E. 6 S. 559). Die Arbeitsfähigkeit ist nach der sogenannten
Schmerzrechtsprechung zu beurteilen (BGE 141 V 281).

2.2. Das kantonale Gericht führte unter Hinweis auf den der Rentenzusprechung
vom 13. Oktober 1999 zugrunde gelegenen Bericht des Dr. med. E.________ vom 7.
Juni 1999 aus, die damals diagnostizierten Leiden (dissoziative
Bewegungsstörung des rechten Armes [ICD-10:F44.4] und anhaltende somatoforme
Schmerzstörung [ICD-10:F45.4]) würden in den Anwendungsbereich der SchlBest.
fallen. Dies ist letztinstanzlich unbestritten geblieben. Weiter hat die
Vorinstanz erwogen, im Revisionszeitpunkt habe gemäss dem polydisziplinären
ABI-Gutachten vom 23. August 2013 ein subakromiales Impingement der rechten
Schulter (ICD-10:M75.4) mit Tendinitis calcarea der Supraspinatussehne
(ICD-10:M75.3) vorgelegen. Wegen des subakromialen Impingements seien der
Beschwerdeführerin nur noch körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten
mit einer Hebe- und Traglimite von 10 kg bis höchstens 15 kg möglich, wobei
keine Bewegungen des rechten Armes oberhalb der Horizontalen oder hinter der
Körperebene vorgenommen werden sollten. Für Tätigkeiten mit darüber
hinausgehendem Belastungsprofil bestehe aufgrund der möglichen
Schmerzprovokation eine volle Arbeitsunfähigkeit. Des Weitern seien als
Diagnosen ohne Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit eine
Schmerzverarbeitungsstörung mit algogener Verstimmung (ICD-10:F54), Adipositas
(ICD-10:E66.0) und chronischer Nikotinabusus (ICD-10:F17.1) angeführt worden.
Die Vorinstanz hat das auf allgemeininternistischen, psychiatrischen und
orthopädischen Untersuchungen basierende ABI-Gutachten sowohl bezogen auf die
Beurteilung des somatischen wie auch des psychiatrischen Beschwerdebildes der
Versicherten als voll beweiswertig eingestuft.

3.

3.1. Die Beschwerdeführerin stellt die Beweiskraft der gutachterlichen
Schlussfolgerungen des ABI in Abrede.

3.2. Bei der Beurteilung der Arbeits (un) fähigkeit stützt sich die Verwaltung
und im Beschwerdefall das Gericht auf Unterlagen, die von ärztlichen und
gegebenenfalls auch anderen Fachleuten zur Verfügung zu stellen sind. Ärztliche
Aufgabe ist es, den Gesundheitszustand zu beurteilen und dazu Stellung zu
nehmen, in welchem Umfang und bezüglich welcher Tätigkeiten die versicherte
Person arbeitsunfähig ist. Hinsichtlich des Beweiswertes eines Arztberichtes
ist entscheidend, ob dieser für die streitigen Belange umfassend ist, auf
allseitigen Untersuchungen beruht, auch die geklagten Beschwerden
berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten (Anamnese) abgegeben worden ist, in
der Beurteilung der medizinischen Zusammenhänge sowie der medizinischen
Situation einleuchtet und ob die Schlussfolgerungen der Experten begründet sind
(BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352 mit Hinweis).

3.3. Bei den vorinstanzlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur
Arbeitsfähigkeit der versicherten Person handelt es sich grundsätzlich um
Entscheidungen über eine Tatfrage (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397 ff.), welche das
Bundesgericht seiner Urteilsfindung zugrunde zu legen hat (E. 1.1 hiervor). Die
konkrete Beweiswürdigung stellt ebenfalls eine Tatfrage dar. Dagegen ist die
Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes und der Beweiswürdigungsregeln
Rechtsfrage (BGE 132 V 393 E. 3.2 und 4 S. 397 ff.; Urteil I 865/06 vom 12.
Oktober 2007 E. 4 mit Hinweisen), die das Bundesgericht im Rahmen der den
Parteien obliegenden Begründungs- bzw. Rügepflicht (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106
Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.1 f. S. 254) frei überprüfen kann (Art. 106
Abs. 1 BGG).

3.4.

3.4.1. Die Beschwerdeführerin stellt unter Hinweis auf die Publikation
"Assessing work ability - a cross-sectional study of interrater agreement
between disability claimants, treating physicians, and medical experts" (in:
Scandinavian Journal of Work, Environment & Health, 06/2014; 40 (5) : 493-501),
an welcher (auch) Mediziner des ABI beteiligt waren, die Ergebnisoffenheit des
psychiatrischen Teilgutachtens des ABI in Frage. Die Studie basiert auf einer
Auswertung von ABI-Gutachten, die zwischen Januar 2005 und Dezember 2008
erstellt wurden. Aus dieser ergibt sich laut Beschwerdeführerin, dass das ABI
einer somatoformen Schmerzstörung allein noch nie eine Arbeitsunfähigkeit
beigemessen habe. Es sei vielmehr der Meinung, dass eine solche das Vorliegen
einer erheblichen somatischen oder psychischen Komorbidität voraussetze. Auf
der Website des ABI werde weiterhin BGE 130 V 352 dahingehend kommentiert, dass
eine somatoforme Schmerzstörung "in der Regel keine Arbeitsunfähigkeit"
begründe. Daraus schliesst die Beschwerdeführerin, dass der Nachweis einer
Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer somatoformen Schmerzstörung im Rahmen einer
ABI-Begutachtung unmöglich erbracht werden könne. Der am Gutachten beteiligte
Psychiater, Dr. med. D.________, habe somit gar keine unbefangene Beurteilung
vornehmen können. Seine Expertise basiere auf dem von Jörg Jeger in seiner im
Jusletter vom 13. Juli 2015 veröffentlichten Publikation "Die neue
Rechtsprechung zu psychosomatischen Krankheitsbildern" angesprochenen und als
"Bias" bezeichneten Vermischung der medizinischen Feststellungen mit den
rechtlichen Rahmenbedingungen. Die gestützt auf die Rechtsprechung zu den
Foerster-Kriterien (BGE 131 V 49 E. 1.2 S. 50; 130 V 352) ergangene
psychiatrische ABI-Begutachtung sei somit nicht ergebnisoffen im Sinne der mit
BGE 141 V 281 zur invalidisierenden Wirkung psychosomatischer Beschwerdebilder
präzisierten Rechtsprechung erfolgt. Danach wird im Rahmen eines - anstelle des
bisherigen Regel/Ausnahme-Modells tretenden - strukturierten, normativen
Prüfrasters im Regelfall anhand von auf den funktionellen Schweregrad bezogenen
Standardindikatoren das tatsächlich erreichbare Leistungsvermögen ergebnisoffen
und symmetrisch beurteilt, indem gleichermassen den äusseren Belastungsfaktoren
wie den vorhandenen Ressourcen Rechnung getragen wird (Urteile 8C_344/2016 vom
23. Februar 2017 E. 3.2; 9C_539/2015 vom 21. März 2016 E. 2.2, in: SVR 2016 IV
Nr. 30 S. 90). Unter Berufung auf Art. 6 EMRK und Art. 29 BV macht die
Beschwerdeführerin letztlich eine systemimmanente Gefährdung der
Verfahrensfairness bei Begutachtungen durch einen ABI-Gutachter geltend (BGE
138 V 271 E. 2.2.2 i.f. S. 277; Urteil 8C_599/2014 vom 18. Dezember 2015 E.
3.2, publ. in: SVR 2016 IV Nr. 8 S. 23).

3.4.2. Dr. med. D.________ war an der von der Beschwerdeführerin erwähnten
Publikation nicht beteiligt. Abgesehen davon lassen sich allein gestützt auf
die gesamte Gutachterstelle betreffende Daten keine Rückschlüsse auf einzelne
Experten ziehen. Sie vermögen daher den Beweis einer systematischen
Benachteiligung der versicherten Personen durch den Experten nicht zu erbringen
(Urteil 8C_599/2014 vom 18. Dezember 2015 E. 6.6, publ. in: SVR 2016 IV Nr. 8
S. 23). Hinzu kommt, dass seit der Studie zur Begutachtungspraxis in der Zeit
von Januar 2005 bis Dezember 2008 die Rechtsprechung mit BGE 141 V 281
hinsichtlich der unklaren Beschwerden eine erhebliche Änderung erfahren hat
(vgl. auch Urteil 9C_465/2015 vom 27. August 2015 E. 2). Die Rüge erweist sich
daher als unbehelflich.

3.5. In sämtlichen Fällen gesundheitlicher Beeinträchtigungen ist es nicht
allein Sache der mit dem konkreten Einzelfall (gutachtlich) befassten
Arztpersonen, selber abschliessend und für die rechtsanwendende Stelle
(Verwaltung, Gericht) verbindlich zu entscheiden, ob das medizinisch
festgestellte Leiden zu einer (andauernden oder vorübergehenden)
Arbeitsunfähigkeit (bestimmter Höhe und Ausprägung) führt (BGE 140 V 193 E. 3.1
S. 194 f.). Vielmehr ist es die primäre Aufgabe des (begutachtenden)
Mediziners, den Gesundheitszustand zu beurteilen und wenn nötig seine
Entwicklung im Laufe der Zeit zu beschreiben, d.h. mit den Mitteln
fachgerechter ärztlicher Untersuchung unter Berücksichtigung der subjektiven
Beschwerden die Befunde zu erheben und gestützt darauf die Diagnose zu stellen
(BGE 140 V 193 E. 3.2 S. 195). Bei der Folgenabschätzung der erhobenen
gesundheitlichen Beeinträchtigungen für die Arbeitsfähigkeit kommt der
Arztperson hingegen keine abschliessende Beurteilungskompetenz zu. Vielmehr -
aber immerhin - nimmt die Arztperson zur Arbeitsunfähigkeit Stellung, d.h. sie
gibt eine Schätzung ab, welche sie aus ihrer Sicht so substanziell wie möglich
begründet. Schliesslich sind die ärztlichen Angaben eine wichtige Grundlage für
die juristische Beurteilung der Frage, welche Arbeitsleistungen der Person noch
zugemutet werden können (BGE 141 V 281 E. 5.2.1 S. 306; 140 V 193 E. 3.2 S. 196
mit Hinweisen).

3.6. Bei nach altem Verfahrensstandard eingeholten, an den Foerster-Kriterien
orientierten gutachterlichen Einschätzungen ist unter Berücksichtigung der
erhobenen Rügen in jedem einzelnen Fall zu prüfen, ob die beigezogenen
Sachverständigengutachten auch mit Blick auf die materiell-beweisrechtlich
geänderten Anforderungen bei der Einschätzung des funktionellen
Leistungsvermögens eine schlüssige Beurteilung im Lichte der massgeblichen
Indikatoren erlauben (BGE 141 V 281 E. 8 S. 309). Das kantonale Gericht ist im
angefochtenen Entscheid in diesem Sinne vorgegangen. Dabei kam es zum Schluss,
dass das ABI-Gutachten eine schlüssige Beurteilung auch im Lichte der
massgebenden Indikatoren erlaubt. Eine Ergänzung des medizinischen Sachverhalts
erübrige sich daher.

3.7.

3.7.1. Die Vorinstanz hat erwogen, die Ausprägung der diagnoserelevanten
Befunde und Symptome könne mit Blick auf die von den Gutachtern attestierte
uneingeschränkte Arbeits- und Leistungsfähigkeit in körperlich leichten bis
mittelschweren Tätigkeiten nicht als schwer qualifiziert werden. Aus
psychiatrischer Sicht liege keine die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigende
Diagnose vor. Die Schmerzen würden von der Versicherten vage, diffus und mit
hoher Klagsamkeit geschildert. Im Rahmen der psychiatrischen Untersuchung sei
eine erhebliche Diskrepanz zwischen dem subjektiven Krankheitsbild und den
objektivierbaren Befunden festgestellt worden. Aus somatischer Sicht habe
lediglich ein subakromiales Impingement der rechten Schulter objektiviert
werden können. Dieses Leiden sei nicht solcherart, dass es besonders belastend
wäre und die Arbeitsfähigkeit der Versicherten stark einschränken würde. Die
Behandlungsergebnisse könnten aufgrund der unvollständigen Ausschöpfung der
therapeutischen Möglichkeiten nicht als unbefriedigend bezeichnet werden.
Sowohl der psychiatrische ABI-Gutachter wie auch der Hausarzt der Versicherten
hätten auf eine Malcompliance bei den verordneten Psychopharmaka hingewiesen,
was nicht auf einen hohen Leidensdruck hindeute. Wahnideen, Halluzinationen
oder Ich-Störungen lägen nicht vor. Es hätten auch keine Hinweise auf eine
Suizidalität gefunden werden können. Das Gutachten erwähne keine auffälligen
oder pathologischen Persönlichkeitsstrukturen. Obgleich das Aktivitätsniveau
der Versicherten eingeschränkt sei, sei sie kontaktfähig, lese regelmässig die
Zeitung in deutscher und albanischer Sprache und manchmal auch Bücher über
Geschichte. Morgens stehe sie um 6.30 Uhr auf, halte sich dann aber, abgesehen
von gelegentlichen Spaziergängen, mehrheitlich in der Wohnung auf. Nachmittags
helfe sie den Kindern bei den Hausaufgaben. Sie habe soziale Kontakte zu ihren
Nachbarn und zu Nichten und Neffen in der Schweiz. Zudem reise sie regelmässig
in ihre mazedonische Heimat. Die Diskrepanz zwischen der Selbsteinschätzung und
jener der Gutchter sei laut den medizinischen Gutachtern sowohl auf die
Schmerzverarbeitungsstörung wie auch auf IV-fremde Faktoren wie die fehlende
berufliche Ausbildung, den schwierigen Arbeitsmarkt, fehlende Sprachkenntnisse,
eine jahrelange Arbeitsabstinenz und die Berentungssituation zurückzuführen.
Die Vorinstanz hat die von den ABI-Gutachtern attestierte volle
Arbeitsfähigkeit in einer leidensangepassten Tätigkeit aufgrund dieser
Erwägungen bestätigt.

3.7.2. Das ABI-Gutachten erlaubt entgegen der Argumentation in der
Beschwerdeschrift eine zuverlässige Beurteilung der Arbeitsfähigkeit auch im
Lichte der nunmehr materiell-beweisrechtlich geänderten Anforderungen gemäss
BGE 141 V 281. Dem kantonalen Gericht war es durchaus möglich, sich in
Berücksichtigung der neu geschaffenen Prüfungsmethode mit dem
Gesundheitsschaden der Versicherten zu befassen. Gestützt auf die
entsprechenden Erwägungen ist die Feststellung, dass sich auch mit Blick auf
die im Regelfall beachtlichen Standardindikatoren in einer angepassten
Tätigkeit kein Nachweis für erhebliche funktionelle Auswirkungen der
medizinischen Diagnosen findet, durchaus bundesrechtskonform. Eine eingehendere
Prüfung der Gesundheitsschädigung drängte sich nicht auf. Unbehelflich ist
insbesondere der Einwand, die behandelnden Ärzte hätten den Schweregrad der
gesundheitlichen Störung der Versicherten höher eingeschätzt als der Psychiater
des ABI. Dazu hat Dr. med. D.________ ausführlich Stellung genommen und
überzeugend begründet, dass sich in Übereinstimmung mit den Feststellungen der
Ärzte der Psychiatrischen Klinik F.________ (Bericht vom 3. Januar 2011) bei
der Versicherten die Diagnose einer depressiven Störung nicht stellen lasse.
Die chronischen Schmerzen würden bei ihr zu einer gewissen Unlust und
Gereiztheit, möglicherweise auch zu einer leichteren Deprimiertheit und
Lustlosigkeit führen. Diese Befindlichkeiten ordnete der Gutachter einer
algogenen Verstimmung zu. Weiter vermögen die Ausführungen in der Beschwerde zu
den durchgeführten Behandlungsmassnahmen keine die Prognose negativ
beeinflussende Behandlungsresistenz zu begründen. Eine einfach strukturierte
infantile Persönlichkeit mit praktisch fehlender Introspektionsfähigkeit, wie
sie der damalige behandelnde Psychiater Dr. med. E.________ im Bericht vom 7.
Juni 1999 erwähnte, wird später von Dr. med. C.________ nicht mehr beschrieben
(vgl. Arztbericht vom 3. Oktober 2012). Auch dem Gutachter des ABI, welcher die
psychiatrische Einschätzung des Dr. med. E.________ in Frage stellt, sind
offenbar keine ressourceneinschränkenden Persönlichkeitszüge aufgefallen.
Sodann vermag die von der Vorinstanz vorgenommene Konsistenzprüfung das Fehlen
einer invalidenversicherungsrechtlich relevanten Einschränkung der
Arbeitsfähigkeit in einer angepassten Tätigkeit überzeugend zu begründen.
Inwiefern dieser Indikator offensichtlich unrichtig resp. willkürlich
festgestellt worden wäre, ist auch unter Berücksichtigung der Vorbringen in der
Beschwerdeschrift nicht ersichtlich.

3.8. Was die Kritik an Dauer ("gerade einmal 50 Minuten") und Umfang
("lediglich 4 1/2 Seiten") des psychiatrischen ABI-Gutachtens anbelangt, ist
darauf hinzuweisen, dass der für eine psychiatrische Untersuchung zu
betreibende zeitliche Aufwand der Fragestellung und der zu beurteilenden
Psychopathologie angemessen sein muss. Wie hoch dieser im Einzelfall zu
veranschlagen ist, unterliegt letztlich der Fachkenntnis und dem
Ermessensspielraum des damit befassten Experten (Urteil 9C_44/2017 vom 9. Mai
2017 E. 4.3). Massgebend ist in erster Linie, ob der Bericht inhaltlich
vollständig und im Ergebnis schlüssig ist. Wichtigste Grundlage gutachterlicher
Schlussfolgerungen bildet die klinische Untersuchung mit Anamneseerhebung,
Symptomerfassung und Verhaltensbeobachtung (Urteil 9C_688/2016 vom 16. Februar
2017 E. 3.4). Anhaltspunkte dafür, dass die am ABI-Gutachten beteiligten
Fachärzte und Dr. med. D.________ im Besonderen die entsprechenden Vorgaben
nicht bzw. nur ungenügend beachtet haben, sind nicht erkennbar.

3.9. Der Einwand der Beschwerdeführerin, das ABI-Gutachten sei nicht nach den
neuen Leitlinien der Schweizerischen Gesellschaft für Psychiatrie und
Psychotherapie (SGPP) verfasst worden, ist nicht stichhaltig und vermag keine
Verletzung von Bundesrecht zu begründen. Die Leitlinien datieren vom 16. Juni
2016 (vgl. SZS 2016 S. 435). Sie stellen eine Orientierungshilfe für die
gutachtenden Fachpersonen dar und sollen die Gutachtenspraxis im Hnblick auf
die normativ massgeblichen Gesichtspunkte konkretisierend anleiten (HANS-JAKOB
MOSIMANN, Beitrag der Leitlinien für die Rechtsprechung, SZS 2016 S. 513).
Weder Gesetz noch Rechtsprechung schreiben den Psychiatern eine Begutachtung
nach den entsprechenden Richtlinien vor (Urteile 8C_105/2017 vom 6. Juni 2017
E. 4.4; 9C_715/2016 vom 24. Januar 2017 E. 3.2). Insbesondere verliert ein
Gutachten nicht automatisch seine Beweiskraft, wenn es sich nicht an die
erwähnten Qualitätsrichtlinien anlehnt. Es ist denn auch nicht ersichtlich, was
sich hinsichtlich Qualität und Aussagekraft der Expertise des ABI ändern würde.

3.10. Unbehelflich ist schliesslich auch der Einwand einer lückenhaften
Erfassung des Psychostatus. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin
findet sich im Teilgutachten des Dr. med. D.________ sehr wohl ein Hinweis auf
die von ihr geschilderte Müdigkeit und Kraftlosigkeit ("die Explorandin
berichtet, sie sei total kaputt"). Der Gutachter nahm die Versicherte als
dysphorisch, d.h. als ängstlich-bedrückt, freudlos, gereizt und leicht reizbar
wahr. Ausgeprägtere Ängste hat die Versicherte auch gegenüber Dr. med.
G.________ nicht geschildert.

3.11. Dem Eventualantrag auf Anordnung einer medizinischen Oberexpertise ist
nicht stattzugeben. Es liegen umfangreiche schlüssige fachärztliche Unterlagen
vor, die eine Beurteilung der Streitsache ohne zusätzliche Beweismassnahmen
erlauben.

4. 
Die Beschwerdeführerin rügt überdies, die Revisionsvoraussetzungen gemäss den
SchlBest. dürften analog dem Grundsatz "Eingliederung vor Rente" erst geprüft
werden, wenn Eingliederungsmassnahmen durchgeführt worden seien. Der
misslungenen Eingliederung trotz hoher Motivation sei im Rahmen der
gesamthaften Prüfung Rechnung zu tragen.

4.1. Gemäss lit. a SchlBest. Abs. 1 Satz 2 wird die gestützt auf unklare
Beschwerdebilder zugesprochene Rente herabgesetzt oder aufgehoben, wenn die
Voraussetzungen nach Art. 7 ATSG nicht erfüllt sind. Wird die Rente
herabgesetzt oder aufgehoben, so hat die Bezügerin oder der Bezüger Anspruch
auf Massnahmen zur Wiedereingliederung nach Art. 8a IVG. Ein Anspruch auf eine
Übergangsleistung nach Art. 32 Abs. 1 lit. c IVG entsteht dadurch nicht (Abs.
2). Werden Massnahmen zur Wiedereingliederung nach Art. 8a IVG durchgeführt, so
wird die Rente bis zum Abschluss der Massnahmen weiter ausgerichtet, längstens
aber während zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Aufhebung oder Herabsetzung (Abs.
3).

4.2. Das Bundesgericht hat mit Urteil 9C_64/2015 vom 27. April 2015 E. 4.1
unter Verweis auf die einschlägigen Materialien und den Wortlaut von lit. a
SchlBest. erkannt, dass wenn die Rente im Sinne dieser Bestimmung herabgesetzt
bzw. aufgehoben wird, gleichzeitig ein Anspruch auf Massnahmen zur
Wiedereingliederung (mit akzessorischer Weiterausrichtung der bisherigen Rente)
entsteht (vgl. auch BGE 141 V 385 E. 5.5 S. 395). Über die Rentenrevision wird
mithin entschieden, bevor Massnahmen zur Eingliederung stattgefunden haben. Der
Anspruch auf Wiedereingliederung ist demnach Folge der Reduktion oder Aufhebung
der Rente. Die Betrachtungsweise, wonach über die Revisionsvoraussetzungen erst
nach Abschluss dieser Vorkehren zu befinden wäre, lässt sich mit dem Wortlaut
von lit. a SchlBest. nicht begründen. Die Massnahmen zur Wiedereingliederung
und die Weiterausrichtung der Rente sind als eine übergangsrechtliche
Unterstützung zu verstehen. Eine aufgrund von lit. a SchlBest. verfügte
Rentenaufhebung ist nach gescheiterten Wiedereingliederungsmassnahmen nicht
erneut zu prüfen (Urteil 8C_125/2015 vom 26. Juni 2015 E. 5.2). Zudem erstreckt
sich der gerichtliche Überprüfungszeitraum grundsätzlich nur auf den
Sachverhalt, wie er sich bis zum Erlass der streitigen Verwaltungsverfügung
(hier: 11. Februar 2015) verwirklicht hat (BGE 130 V 445 E. 1.2 S. 446). Aus
diesem Grund haben die in der Beschwerdeschrift angeführten, nach
Verfügungserlass datierten Unterlagen letztinstanzlich unbeachtlich zu bleiben
(Art. 99 Abs. 1 BGG). Daran ändert das in BGE 141 V 281 E. 4.3.1.2 S. 300
Ausgeführte nichts.

5. 
Zusammenfassend erweist sich die Beschwerde als unbegründet und ist abzuweisen.

6. 
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der unterliegenden
Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug,
Sozialversicherungsrechtliche Kammer, und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 12. Juli 2017

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Die Gerichtsschreiberin: Hofer

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