Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.720/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_720/2016

Urteil vom 1. Februar 2017

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Frésard, Wirthlin,
Gerichtsschreiberin Schüpfer.

Verfahrensbeteiligte
 A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Manfred Lehmann,
Beschwerdeführer,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 12. September 2016.

Sachverhalt:

A. 
Der 1955 geborene A.________ arbeitete als Bau-Facharbeiter bei der B.________
AG und war demgemäss bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA)
versichert. Am 25. Juni 2013 rutschte er auf einer Baustelle aus und zog sich
am linken Unterschenkel einen Muskelfaserriss und eine Läsion der Achillessehne
zu. Die SUVA gewährte Heilbehandlung und richtete Taggeld aus. Der Versicherte
weilte in der Folge unter anderem in der Rehaklinik C.________ (stationärer
Aufenthalt vom 14. Mai bis zum 18. Juni 2014; Austrittsbericht vom 23. Juni
2014). Weiter holte die SUVA bei Dr. med. D.________, Facharzt FMH für
orthopädische Chirurgie, ein Konsilium ein (Bericht vom 25. November 2014). Am
1. Dezember 2014 führte Dr. med. E.________, Facharzt für orthopädische
Chirurgie und Traumatologie FMH, eine kreisärztliche Untersuchung durch und
nahm am 16. Januar 2015, nach Einholung einer Magnetresonanz-Untersuchung
(MRI), eine ergänzende Beurteilung vor. Mit Verfügung vom 29. Januar 2015
informierte die SUVA den Versicherten über den Fallabschluss. Aus
unfallkausaler Sicht bestehe in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als
Bau-Facharbeiter keine Arbeitsunfähigkeit mehr. Die Heilbehandlung und die
Taggeldleistungen seien per 31. Dezember 2014 eingestellt worden. Die
Einsprache des Versicherten hiess die SUVA dahingehend gut, als sie den
Heilbehandlungs- und Taggeldanspruch bis zum 16. Januar 2015 bejahte. Soweit er
weitergehende Leistungen, insbesondere eine Integritätsentschädigung beantragen
lies, wies sie die Einsprache ab.

B. 
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die dagegen erhobene
Beschwerde mit Entscheid vom 12. September 2016 ab.

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________
beantragen, in Aufhebung des angefochtenen Entscheides seien ihm die
gesetzlichen Leistungen auszurichten; eventualiter sei die Sache zur
Neubeurteilung an die Vorinstanz oder an die SUVA zurückzuweisen.
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit
verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1. 

1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Immerhin prüft das
Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung
der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend
gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich
sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).

1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht
an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden
(Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2. 
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz den Anspruch des Beschwerdeführer
auf Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung über den 16. Januar 2015
hinaus zu Recht verneinte. Prozessthema bildet dabei die Frage, ob in diesem
Zeitpunkt der medizinische-therapeutische Endzustand erreicht und der
Versicherte in seiner angestammten Tätigkeit als Bau-Facharbeiter wieder voll
arbeitsfähig war.

Das kantonale Gericht hat die zu beachtenden Rechtsgrundlagen zur
Leistungspflicht des Unfallversicherers (Art. 6 Abs. 1 UVG; BGE 129 V 181),
insbesondere auf den Anspruch auf Heilbehandlung (Art. 10 Abs. 1 UVG), auf
Taggeld (Art. 16 Abs. 1 UVG), auf eine Invalidenrente Art. 18 Abs. 1 UVG i.V.m.
Art. 8 ATSG) und auf eine Integritätsentschädigung (Ar. 24 Abs. 1 UVG)
zutreffend dargelegt. Dasselbe gilt bezüglich der Rechtsprechung über den
Beweiswert eines ärztlichen Berichtes oder Gutachtens (BGE 134 V 231 E. 5.1 S.
232; 125 V 351 E. 3b/ee S. 353). Es wird darauf verwiesen. Zu betonen ist, dass
bei Entscheiden gestützt auf versicherungsinterne ärztliche Beurteilungen, die
im Wesentlichen oder ausschliesslich aus dem Verfahren vor dem
Sozialversicherungsträger stammen, an die Beweiswürdigung strenge Anforderungen
zu stellen sind. Bestehen auch nur geringe Zweifel an der Zuverlässigkeit und
Schlüssigkeit der ärztlichen Feststellungen, ist eine versicherungsexterne
medizinische Begutachtung im Verfahren nach Art. 44 ATSG oder ein
Gerichtsgutachten anzuordnen (BGE 139 V 225 E. 5.2 S. 229; 135 V E. 4.4 S.
470).

3. 

3.1. Das kantonale Gericht erkannte, Kreisarzt Dr. med. E.________ habe in
seinem Untersuchungsbericht vom 1. Dezember 2014 - mit der Ergänzung vom 16.
Januar 2015 - schlüssig und nachvollziehbar begründet, dass im Zeitpunkt des
Fallabschlusses per 16. Januar 2015 bezüglich der Folgen des Unfalls vom 25.
Juni 2013 von der Fortsetzung der ärztlichen Behandlung keine namhafte
Verbesserung des Gesundheitszustands mehr erwartet werden konnte und keine
Arbeitsunfähigkeit mehr bestanden habe. Diese medizinische Beurteilung stehe
nicht im Widerspruch zu den Berichten und Einschätzungen anderer Ärzte. Es
bestehe kein Anlass, sie in Zweifel zu ziehen. Von weiteren medizinischen
Abklärungen seien keine entscheidrelevanten neuen Erkenntnisse zu erwarten,
weshalb davon abgesehen werden könne. Die Einstellung der Heilbehandlungs- und
Taggeldleistungen auf den verfügten Zeitpunkt sowie die Verneinung eines
Rentenanspruchs sei daher rechtens.

3.2. 

3.2.1. Der vorinstanzlichen Beweiswürdigung kann, wie der Beschwerdeführer zu
Recht vorbringt, nicht beigepflichtet werden. Dr. med. E.________
diagnostizierte in der kreisärztlichen Untersuchung vom 1. Dezember 2014 ein
chronisches Schmerzsyndrom nach vernarbter Läsion am muskulotendinösen Übergang
zwischen der Wade und der Achillessehne links). Nach einer am 6. Januar 2015 an
der Universitätsklinik F.________ durchgeführten MRI-Untersuchung) folgerte der
Arzt, die vom Versicherten angegebenen Beschwerden, das andauernde
Schmerzsyndrom, könne organisch nicht mit dieser Narbe erklärt werden. Es
bestehe keine Arbeitsunfähigkeit mehr. Diese medizinische Beurteilung steht im
Widerspruch zu allen anderen Arztberichten. Die Ärzte der Rehaklinik C.________
kamen im Austrittsbericht vom 25. Juni 2014 zum Schluss, die Beschwerden und
Funktionseinschränkungen seien mit den klinischen und radiologischen Befunden
weitgehend zu erklären. Damit sei dem Versicherten die berufliche Tätigkeit als
Spezialbaufacharbeiter/Schaler nicht zumutbar. Dr. med. G.________, Facharzt
für Chirurgie/Unfallchirurgie am Institut für medizinische Begutachtung, fand
anlässlich seiner gutachterlichen Untersuchung vom 25. August 2014 eine
eingeschränkte Beweglichkeit des linken Fusses im oberen und unteren
Sprunggelenk. In der klinischen Untersuchung sei eine Narbenbildung am
Muskelsehnenübergang tastbar. Zusätzlich sei die Wadenmuskulatur
verschmächtigt. Die Unfallfolgen begründeten insgesamt eine dauernde
Funktionsminderung des linken Fusses um 40 %. Eine wesentliche Änderung des
Unfallfolgezustandes sei nicht mehr zu erwarten. Der von der SUVA mit einer
konsiliarischen Untersuchung beauftragte Dr. med. D.________ kam im Gutachten
vom 25. November 2014 zum Schluss, die vom Patienten geschilderten Beschwerden
seien mit dem klinischen Befund und den bildgebenden Diagnostiken vereinbar. In
seinem Beruf als Bauarbeiter sei er nach wie vor arbeitsunfähig. Schliesslich
hielt auch der Arzt der Bundesagentur für Arbeit, H.________, fest, es bestehe
für eine leichte bis mittelschwere Tätigkeit in überwiegend sitzender
Körperposition eine vollschichtige Leistungsfähigkeit. Gegen die zuletzt
ausgeführte Tätigkeit beständen aus gutachterlicher Sicht dauerhafte
gesundheitliche Bedenken.

3.2.2. Insgesamt betrachtet vermögen die angeführten ärztlichen Zeugnisse
zumindest geringe Zweifel (vgl. E. 2 hievor) an der kreisärztlichen Beurteilung
vom 16. Januar 2015 erwecken. Das betrifft insbesondere die Schätzung der
Arbeitsfähigkeit. Dr. med. E.________ erwähnt weder im Untersuchungsbericht vom
1. Dezember 2014, noch im ergänzenden Abschlussbericht vom 16. Januar 2015,
dass es sich beim Beschwerdeführer um einen Baufacharbeiter handelt. In dieser
Funktion muss er sich während der gesamten Arbeitszeit auf unebenem Gelände
bewegen, Leitern und Gerüste erklimmen, in die Hocke gehen und Weiteres mehr.
Dr. med. E.________ begründet mit keinem Wort, weshalb dem Beschwerdeführer -
entgegen dem nur eine Woche vorher ausgestellten Zeugnis des Dr. med.
D.________ - seine angestammte Tätigkeit wieder uneingeschränkt zumutbar sein
soll. Die Abweichung der kreisärztlichen Einschätzung lässt sich entgegen den
Ausführungen im angefochtenen Entscheid keineswegs einzig mit dem Resultat der
MRI-Untersuchung vom 6. Januar 2015 erklären. Aufgrund des Gutachtens des Dr.
med. D.________ vom 25. November 2014 war Thema dieser Untersuchung einzig, ob
eine Operation eine weitere Verbesserung bringen würde oder mit anderen Worten,
ob von der Fortsetzung der ärztlichen Behandlung noch eine namhafte Besserung
des Gesundheitszustandes erwartet werden kann. PD Dr. med. I.________ äussert
sich in seinem Untersuchungsbericht vom 6. Januar 2015 denn auch nicht zur
Arbeits- und Leistungsfähigkeit. Schliesslich ist anzumerken, dass es die SUVA
auch unterlassen hat, die im Einspracheverfahren - am 1. Mai 2015 -
eingereichten Gutachten des Dr. med. G.________ vom 25. August 2014 und des
Arztes der Agentur für Arbeit, H.________, vom 16. Februar 2015 ihrem Kreisarzt
zur Stellungnahme zu unterbreiten. Die Vorinstanz setzt sich damit nicht
auseinander. Entgegen deren Ausführungen kann aufgrund der vorhandenen
Aktenlage nicht davon ausgegangen werden, dass ab dem 16. Januar 2015 keine
unfallbedingten Einschränkungen mehr vorhanden waren und eine volle
Arbeitsfähigkeit in der angestammten Tätigkeit bestand.

3.3. Zusammenfassend ist die Sache an die Unfallversicherung zurückzuweisen.
Sie wird weitere Abklärungen zur Frage zu treffen haben, ob der Abschluss der
Heilbehandlung erreicht ist, oder ob noch eine weitere wesentlich Besserung
erwartet werden kann. Sollte letzteres nicht der Fall sein, wird sich ein
Experte über die Einschränkungen in der Arbeits- und Leistungsfähigkeit zu
äussern haben. Insbesondere wird zu klären sein, welche Art von Tätigkeiten dem
Beschwerdeführer noch zumutbar ist. Je nach Resultat der medizinischen
Abklärung wird die SUVA über ihre eventuelle weitere Leistungspflicht in Form
von Heilbehandlung, Taggeld, Rentenleistung und Integritätsentschädigung neu zu
verfügen haben.

4. 
Der SUVA werden als unterliegender Partei die Gerichtskosten auferlegt (Art. 66
Abs. 1 BGG). Sie hat den Beschwerdeführer angemessen zu entschädigen (Art. 68
Abs. 1 und 2 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts
des Kantons Zürich vom 12. September 2016 und der Einspracheentscheid der
Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) vom 26. Mai 2015 werden
aufgehoben. Die Sache wird an die SUVA zurückgewiesen, damit sie über den
Anspruch des Beschwerdeführers auf Versicherungsleistungen neu verfüge.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3. 
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen.

4. 
Die Sache wird zur Neuverlegung der Parteientschädigung des vorangegangenen
Verfahrens an das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich zurückgewiesen.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 1. Februar 2017

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Die Gerichtsschreiberin: Schüpfer

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