Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.716/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_716/2016

Urteil vom 1. Februar 2017

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichterinnen Heine, Viscione,
Gerichtsschreiber Hochuli.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Kurt Gemperli,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons St. Gallen,
Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung
(Massnahmen beruflicher Art; Taggeld),

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 20. September 2016.

Sachverhalt:

A. 
A.________, geboren 1987, absolvierte vom 2. August 2004 bis 31. Juli 2008 eine
Schreinerlehre, die er mit Eidgenössischem Fähigkeitszeugnis (EFZ) abschloss.
Am 28. September 2012 meldete er sich wegen Kniegelenksbeschwerden rechts bei
der IV-Stelle des Kantons St. Gallen zum Leistungsbezug an. Am 8. Oktober 2012
teilte er der IV-Stelle mit, dass er sich zwischen 16. Oktober 2012 und 25.
Januar 2013 zum "PC-Techniker" umschulen lassen wolle. Gleichzeitig ersuchte er
die Invalidenversicherung um Übernahme der entsprechenden Kosten. Nach
erwerblichen und medizinischen Abklärungen erteilte die IV-Stelle mit Schreiben
vom 4. Juni 2013 Kostengutsprache für die erstmalige berufliche Ausbildung zum
Informatiker EFZ. Sie eröffnete dem Versicherten, dass er zu dieser Mitteilung
schriftlich eine beschwerdefähige Verfügung verlangen könne und für das Taggeld
eine separate Verfügung erhalten werde. Mit Verfügung vom 6. Juni 2013 sprach
die IV-Stelle dem Versicherten für die erstmalige berufliche Ausbildung das
sogenannte "kleine Taggeld" zu.
Hiegegen liess A.________ Beschwerde erheben und die Zusprechung des
sogenannten "grossen Taggeldes" beantragen. Das Versicherungsgericht des
Kantons St. Gallen hob die Verfügung vom 6. Juni 2013 aus formellen Gründen
(Nichtdurchführung des Vorbescheidverfahrens und Verletzung von Art. 42 ATSG)
auf und wies die Sache zur Gewährung des rechtlichen Gehörs und Neuverfügung im
Sinne der Erwägungen an die IV-Stelle zurück (Entscheid vom 17. September
2014). Letztere stellte sich auf den Standpunkt, ihre Mitteilung vom 4. Juni
2013 sei in Rechtskraft erwachsen. Nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens
trat die IV-Stelle auf das mit den erhobenen Einwänden verbundene
Wiedererwägungsgesuch des Versicherten gemäss Schreiben vom 17. Februar 2015
nicht ein. Mit Verfügungen vom 17. und 19. Februar 2015 hielt die IV-Stelle an
der Zusprache des "kleinen Taggeldes" mit Höchstansatz für die Dauer der
übernommenen "erstmaligen beruflichen Ausbildung zum Informatiker EFZ" fest.

B. 
Die hiegegen erhobene Beschwerde des A.________ wies das Versicherungsgericht
des Kantons St. Gallen ab (Entscheid vom 20. September 2016).

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________
beantragen, ihm sei unter Aufhebung der Gerichtsentscheide vom 20. September
2016 und 17. September 2014 das "grosse Taggeld" zuzusprechen. Eventualiter sei
die Sache im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz bzw. die IV-Stelle
zurückzuweisen.
Während Letztere sowie das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) auf eine
Vernehmlassung verzichten, schliesst die Vorinstanz auf Abweisung der
Beschwerde.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft
das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur
Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die
geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).

2. 
Strittig ist der Taggeldanspruch des Versicherten für die Dauer der beruflichen
Eingliederungsmassnahme. Während die IV-Stelle gemäss Mitteilung vom 4. Juni
2013 eine "erstmalige berufliche Ausbildung zum Informatiker EFZ" zusprach und
für deren Dauer am 6. Juni 2013 das "kleine Taggeld" von Fr. 103.80 pro Tag
verfügte, lässt der Beschwerdeführer sinngemäss geltend machen, ihm sei das
"grosse Taggeld" auszubezahlen, weil es sich nicht um eine erstmalige
berufliche Ausbildung, sondern um eine Umschulung handle.

3.

3.1. Vorweg ist festzuhalten, dass die IV-Stelle die berufliche Massnahme
gemäss Mitteilung vom 4. Juni 2013 gestützt auf Art. 58 IVG und Art. 74quater
Abs. 1 in Verbindung mit Art. 74ter lit. b IVV in formell zutreffender Weise
zugesprochen hat. Soweit ersichtlich hat der Versicherte bisher darauf
verzichtet, von seinem Recht im Sinne von Art. 74quater Abs. 1 IVV Gebrauch zu
machen und - wie in der Mitteilung vom 4. Juni 2013 ausdrücklich erwähnt - eine
beschwerdefähige Verfügung zu verlangen.

3.2.

3.2.1. Der Beschwerdeführer hat jedoch bereits bei Anfechtung der
Taggeldverfügung vom 6. Juni 2013 hinreichend klar zum Ausdruck gebracht, dass
er mit seiner fristwahrend erhobenen Beschwerde vom 18. Juni 2013 nicht nur die
Ausrichtung des "grossen", anstelle des verfügten "kleinen Taggeldes"
beantragte. Vielmehr beanstandete er auch die Begründung gemäss Mitteilung vom
4. Juni 2013, wonach es sich bei der zugesprochenen beruflichen Massnahme um
eine erstmalige berufliche Ausbildung handle. Stattdessen habe er die
Berufslehre als Schreiner mit EFZ abgeschlossen und nach der Lehre auf seinem
Beruf gearbeitet. Sei die zugesprochene Ausbildung zum Informatiker EFZ
folglich als Umschulung zu qualifizieren, habe er Anspruch auf das "grosse
Taggeld".

3.2.2. Zwar hat das kantonale Gericht in einem obiter dictum zur materiellen
Streitfrage (E. 2 hievor) gemäss unangefochten in Rechtskraft erwachsenem
Rückweisungsentscheid vom 17. September 2014 die Auffassung der IV-Stelle als
"falsch" kritisiert. In Verkennung der Rechtsprechung (MEYER/    REICHMUTH,
Bundesgesetz über die Invalidenversicherung, 3. Aufl. 2014, N. 5 zu Art. 58 IVG
mit Hinweis auf das Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts [EVG; heute:
sozialrechtliche Abteilungen des Bundesgerichts] I 166/93 vom 30. August 1993
E. 1 mit Hinweisen) trat es jedoch zu Unrecht auf die Rüge betreffend
umstrittener Qualifikation der beruflichen Massnahme nicht ein.

3.2.3. Im zweiten Rechtsgang beanstandete der nunmehr anwaltlich vertretene
Versicherte bereits im Vorbescheidverfahren, dass die obiter dictum geäusserte
Auffassung der Vorinstanz gemäss Rückweisungsentscheid vom 17. September 2014
unzutreffend sei. Das kantonale Gericht hätte auf die entsprechende Rüge schon
im ersten Rechtsgang eintreten und darüber materiell entscheiden müssen, ob die
IV-Stelle die zugesprochene Ausbildung zum Informatiker EFZ zu Recht als
erstmalige berufliche Ausbildung qualifiziert habe. Die Beschwerdegegnerin trat
auf diesen Standpunkt des Beschwerdeführers, den sie als Wiedererwägungsgesuch
entgegen nahm, mit Schreiben vom 17. Februar 2015 nicht ein. Stattdessen hielt
sie nach Gewährung des rechtlichen Gehörs mit Verfügungen vom 17. und 19.
Februar 2015 daran fest, dass der Versicherte im Rahmen der erstmaligen
beruflichen Ausbildung im Sinne von Art. 16 Abs. 2 lit. b IVG Anspruch auf das
"kleine Taggeld" mit Höchstansatz von Fr. 103.80 pro Tag habe.

3.2.4. Auf erneute Beschwerde hin bekräftige die Vorinstanz ihren Standpunkt
(vgl. hievor E. 3.2.2 i.f.), wonach sich die Beschwerde vom 18. Juni 2013 nicht
auch gegen die Mitteilung vom 4. Juni 2013 betreffend Zusprechung der
beruflichen Massnahme habe richten können. Die genannte Mitteilung sei daher
für die Parteien und das Gericht verbindlich.

3.3. Der Beschwerdeführer beanstandet die Auffassung des kantonalen Gerichts
auch vor Bundesgericht. Gestützt auf die einschlägige Rechtsprechung (vgl. E.
3.2.2 hievor) steht fest, dass auch eine auf dem Mitteilungsweg erfolgte
Leistungszusprechung revisions- und wiedererwägungsrechtlich gleich wie eine
auf einer formellen Verfügung beruhende Leistungszusprechung zu behandeln ist.
Daraus schloss die Rechtsprechung, dass einer Prüfung der streitigen
Qualifikationsfrage (Umschulung oder erstmalige berufliche Ausbildung) im
taggeldrechtlichen Beschwerdeverfahren nichts entgegensteht (Urteil [des EVG] I
166/93 vom 30. August 1993 E. 1 mit Hinweisen). Auf die entsprechenden Rügen
(vgl. E. 3.2.1 hievor) war folglich einzutreten (vgl.  MEYER/    REICHMUTH,
a.a.O., N. 5 zu Art. 58 IVG). Dem angefochtenen Entscheid sind keine Gründe zu
entnehmen, weshalb von dieser Praxis abzuweichen wäre. Er ist demzufolge schon
aus formellen Gründen aufzuheben.

4. 
In der Sache war sowohl im ersten als auch im zweiten Rechtsgang dieselbe
materiellrechtliche Frage (vgl. E. 2 hievor) strittig. Der rechtserhebliche
Sachverhalt ist hinreichend umfassend und zuverlässig geklärt. Nachdem die
Vorinstanz ihre diesbezügliche Auffassung sowohl im Rückweisungsentscheid vom
17. September 2014 als auch im hier angefochtenen Entscheid bereits als obiter
dicta jeweils unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hat, rechtfertigt es
sich auch aus prozessökonomischen Gründen, über die Streitfrage materiell
abschliessend zu entscheiden.

4.1.

4.1.1. Nach Art. 4 Abs. 2 IVG gilt die Invalidität als eingetreten, sobald sie
die für die Begründung des Anspruchs auf die jeweilige Leistung erforderliche
Art und Schwere erreicht hat. Gemäss dieser leistungsbezogenen Definition des
Invaliditätseintritts können Gesundheitsschäden mehrere Versicherungsfälle
auslösen, je nachdem, welche gesetzlichen Leistungen nach Art und Schwere der
gesundheitlichen Beeinträchtigungen erforderlich werden (MEYER/REICHMUTH,
a.a.O., N. 135 zu Art. 4 IVG).

4.1.2. Nach Art. 16 Abs. 1 IVG haben Versicherte, die noch nicht erwerbstätig
waren und denen infolge Invalidität bei der erstmaligen beruflichen Ausbildung
in wesentlichem Umfange zusätzliche Kosten entstehen, Anspruch auf Ersatz
dieser Kosten, sofern die Ausbildung den Fähigkeiten des Versicherten
entspricht (vgl. zur erstmaligen beruflichen Ausbildung Art. 5 IVV). Der
erstmaligen beruflichen Ausbildung gleichgestellt ist laut Art. 16 Abs. 2 lit.
b IVG die berufliche Neuausbildung invalider Versicherter, die nach dem
Eintritt der Invalidität eine ungeeignete und auf die Dauer unzumutbare
Erwerbstätigkeit aufgenommen haben.

4.1.3. Andererseits hat der Versicherte nach Art. 17 Abs. 1 IVG Anspruch auf
Umschulung auf eine neue Erwerbstätigkeit, wenn die Umschulung infolge
Invalidität notwendig ist und dadurch die Erwerbsfähigkeit voraussichtlich
erhalten oder verbessert werden kann. Als invalid in diesem Sinne gilt, wer
nicht hinreichend eingegliedert ist, weil der Gesundheitsschaden eine Art und
Schwere erreicht hat, welche die Ausübung der bisherigen Erwerbstätigkeit ganz
oder teilweise unzumutbar macht. Dabei muss der Invaliditätsgrad ein bestimmtes
erhebliches Mass erreicht haben; nach der Rechtsprechung ist dies der Fall,
wenn der Versicherte in den ohne zusätzliche berufliche Ausbildung noch
zumutbaren Erwerbstätigkeiten eine bleibende oder längere Zeit dauernde
Erwerbseinbusse von etwa 20 % erleidet (BGE 124 V 108 E. 2b S. 110 mit
Hinweisen; vgl. auch BGE 130 V 488 E. 4.2 S. 490).

4.1.4. Für die Abgrenzung der Leistungsansprüche nach Art. 16 und Art. 17 IVG
kommt es nach Gesetz und Rechtsprechung entscheidend darauf an, ob die
versicherte Person vor Eintritt der Invalidität im Sinne des für die jeweilige
berufliche Massnahme spezifischen Versicherungsfalles bereits erwerbstätig war
oder nicht. Wie das EVG in BGE 118 V 7 E. 1c/cc S. 14 erkannt und was auch nach
den per 1. Januar 2004 in Kraft getretenen Änderungen des IVG noch Geltung hat,
gilt nur diejenige berufliche Ausbildung als Umschulung und fällt damit unter
Art. 17 IVG, welche die Invalidenversicherung einem schon vor Eintritt der
Invalidität - im Sinne des für die Eingliederungsmassnahme spezifischen
Versicherungsfalles (vgl. MEYER-BLASER, Zum Verhältnismässigkeitsgrundsatz im
staatlichen Leistungsrecht, Diss. Bern 1985, S. 168 Fn. 734) - erwerbstätig
gewesenen Versicherten nach dem Eintritt der Invalidität und wegen dieser
Invalidität schuldet (Urteil I 548/06 vom 11. Mai 2007 E. 4.4). Ein im Sinne
der Rechtsprechung ökonomisch relevantes Einkommen muss daher vor Eintritt der
Invalidität im Sinne des spezifischen Versicherungsfalles erzielt worden sein.
Nur auf diese Weise wird - vorbehältlich Art. 6 Abs. 2 IVV, welcher bei
invaliditätsbedingtem Abbruch einer erstmaligen beruflichen Ausbildung die neue
berufliche Ausbildung unter den dort näher beschriebenen Voraussetzungen der
Umschulung gleichstellt - eine Abgrenzung der Umschulung nach Art. 17 IVG
einerseits von der beruflichen Neuausbildung nach Art. 16 Abs. 2 lit. b IVG
andererseits erreicht (BGE 118 V 7 E. 1c/cc S. 14; SVR 2004 IV Nr. 33 S. 105, I
301/02 E. 4.2). Entscheidendes Abgrenzungskriterium ist also ein während
mindestens sechs Monaten gemäss BGE 110 V 263 erzieltes, ökonomisch bedeutsames
Erwerbseinkommen (vgl. BGE 118 V 7 und Urteil 9C_354/2010 vom 16. Dezember 2010
E. 3.2 mit Hinweisen). Noch nicht erwerbstätig ist demnach eine Person gewesen,
wenn sie noch kein ökonomisch relevantes Erwerbseinkommen erzielt hat in dem
Sinne, dass sie noch nicht während sechs Monaten ein Einkommen in Höhe von
mindestens drei Vierteln der minimalen vollen einfachen ordentlichen
Invalidenrente erzielt hat (SILVIA BUCHER, Leistungen der Invalidenversicherung
im Rahmen der erstmaligen beruflichen Ausbildung, der Umschulung und der
beruflichen Weiterausbildung, insbesondere für ein Universitätsstudium, in:
Liber amicorum für Martin Vonplon, Zürich 2009, S. 69 ff., insbesondere S. 71).
Für das Jahr 2009 betrug dieser Richtwert Fr. 855.- pro Monat (zwei Drittel von
Fr. 1'140.- laut Art. 37 Abs. 1 IVG in Verbindung mit Art. 34 Abs. 5 AHVG in
der Fassung gemäss Verordnung 09 über Anpassung an die Lohn- und
Preisentwicklung bei der AHV/IV/EO [AS 2008 4715 ff.]). Der Betrag von Fr.
1'140.- ist seither nur ganz geringfügig angehoben worden und beläuft sich
heute auf Fr. 1'175.- (Art. 34 Abs. 5 AHVG in der seit 1. Januar 2015 geltenden
Fassung).

4.2. Fest steht, dass dem Beschwerdeführer das Eidgenössische Fähigkeitszeugnis
nach erfolgreichem Abschluss der Schreinerlehre am 31. Juli 2008 ausgestellt
wurde. Gemäss Fragebogen für Arbeitgeber war er vom 22. September 2008 bis 30.
Januar 2009 im Auftrag der Personalvermittlungsfirma B.________ AG als
Schreiner erwerbstätig. In diesem Zeitraum war er nur während einer Woche
krankheitshalber arbeitsunfähig. Die Arbeitszeit betrug 42 Stunden pro Woche
und die Entschädigung erfolgte zu einem Stundenlohnansatz von brutto Fr. 30.-.
Vom 18. Februar bis 27. März 2009 verdiente er als Schreiner im Einsatz für die
C.________ AG einen Lohn von insgesamt mehr als Fr. 7'200.-. Demnach erzielte
der Versicherte nach seinem Lehrabschluss als Schreiner laut Auszug aus dem
individuellen Konto (IK) allein in den sechs Monaten von September 2008 bis
März 2009 ein AHV-pflichtiges Monatseinkommen von durchschnittlich deutlich
mehr als Fr. 4'000.-. Unbestritten ist ferner, dass der Beschwerdeführer auch
von April bis mindestens November 2009 basierend auf dem Gesamtarbeitsvertrag
für Schreiner im Auftrag der Personalberatungsfirma D.________ erwerbstätig war
und in diesem Zeitraum gemäss IK-Auszug ein AHV-pflichtiges Einkommen von Fr.
32'126.- realisierte. Daraus folgt, dass der Versicherte nach Abschluss seiner
Berufslehre als Schreiner offensichtlich während mehr als sechs Monaten im
erlernten Beruf ein ökonomisch relevantes Erwerbseinkommen erzielte, obwohl
bereits im Spätsommer/Herbst 2008 erstmals die Verdachtsdiagnose einer
pigmentierten villonodulären Synovialitis gestellt worden war.

4.3. Zusammenfassend war der Beschwerdeführer nach seinem Lehrabschluss als
Schreiner während mindestens sechs Monaten im erlernten Beruf voll erwerbstätig
und in der Lage, ein ökonomisch relevantes Erwerbseinkommen zu erzielen. Der
damals höchstens als Verdachtsdiagnose bekannt gewesene Gesundheitsschaden
wirkte sich jedenfalls in diesem Zeitraum und nach Aktenlage auch darüber
hinaus anfänglich noch nicht einschränkend auf die Ausübung seiner ursprünglich
erlernten Berufstätigkeit aus. Praxisgemäss sind demzufolge die Voraussetzungen
erfüllt, die an sich unbestrittene berufliche Eingliederungsmassnahme der
Ausbildung zum Informatiker EFZ als Umschulungsmassnahme zu qualifizieren
(MEYER/REICHMUTH, a.a.O., N. 4 i.f. zu Art. 16 IVG; vgl. auch Urteil [des EVG]
I 159/05 vom 16. März 2006 E. 3.5 f.).

4.4. Handelt es sich bei der fraglichen Eingliederungsmassnahme um eine
Umschulung, hat der Versicherte für die Dauer dieser Umschulung Anspruch auf
das "grosse Taggeld". Die Sache ist daher zwecks Ermittlung des "grossen
Taggeldes" in Anwendung von Art. 23 Abs. 1 und Art. 24 Abs. 1 IVG an die
Beschwerdegegnerin zurückzuweisen.

5. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Als unterliegende Partei hat
die Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Diese
hat dem Beschwerdeführer überdies eine Parteientschädigung zu entrichten (Art.
68 Abs. 1 BGG). Über die Kostenauferlegung im kantonalen Verfahren entsprechend
dem Ausgang des letztinstanzlichen Prozesses wird die Vorinstanz neu zu
befinden haben.

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des
Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 20. September 2016 und die
Verfügungen der IV-Stelle des Kantons St. Gallen vom 17. und 19. Februar 2016
werden aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verfügung an die IV-Stelle des
Kantons St. Gallen zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3. 
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen.

4. 
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des
vorangegangenen Verfahrens an das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen
zurückgewiesen.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 1. Februar 2017
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Der Gerichtsschreiber: Hochuli

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