Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.715/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     

{T 0/2}            
8C_715/2016

Urteil vom 6. März 2017

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichterinnen Heine, Viscione,
Gerichtsschreiber Hochuli.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Roger Zenari,
Beschwerdeführer,

gegen

AGV Aargauische Gebäudeversicherung, Bleichemattstrasse 12/14, 5001 Aarau,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Beat Frischkopf,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang),

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau
vom 21. September 2016.

Sachverhalt:

A. 
A.________, geboren 1954, arbeitete vom 1. August 2000 bis 31. Juli 2015 als
Lehrer mit einem 30%-Pensum in der Schule B.________. In dieser Eigenschaft war
er bei der AGV Aargauische Gebäudeversicherung (nachfolgend: AGV oder
Beschwerdegegnerin) gegen die Folgen von Unfällen versichert. Nach zwei
Unfällen (Schulterprellung rechts und Sturz auf rechte Seite) vom 2. April und
6. Mai 2015 begab er sich am 22. Juni 2015 wegen anhaltender rechtsseitiger
Schulterbeschwerden in ärztliche Erstbehandlung zu Hausarzt Dr. med.
C.________. Die AGV anerkannte ihre gesetzliche Leistungspflicht und übernahm
die Heilbehandlung. Nach erfolglosen physiotherapeutischen Bemühungen
überprüfte die AGV ihre Leistungspflicht mit Blick auf die für den Monat
November 2015 geplante Schulteroperation. Daraufhin hielt die AGV mit Verfügung
vom 21. Januar 2016, bestätigt durch Einspracheentscheid vom 6. Juni 2016, am
folgenlosen Fallabschluss per 1. August 2015 fest.

B. 
Die hiegegen erhobene Beschwerde des A.________ wies das Versicherungsgericht
des Kantons Aargau ab, soweit es darauf eintrat (Entscheid vom 21. September
2016).

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________
beantragen, der angefochtene Gerichts- und der Einspracheentscheid seien
aufzuheben, und die AGV habe ihm über den 31. Juli 2015 hinaus die Leistungen
nach UVG zu entrichten. Eventualiter sei die Sache zwecks Durchführung einer
externen orthopädisch-chirurgischen Begutachtung an die Vorinstanz,
subeventualiter an die AGV zurück zu weisen.

Während die AGV auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichtet das
Bundesamt für Gesundheit (BAG) auf eine Vernehmlassung.

Der Beschwerdeführer nimmt mit Eingabe vom 3. Februar 2017 Stellung zur
Vernehmlassung der AGV.

Erwägungen:

1. 

1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist
somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen oder es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 140 V 136 E.
1.1 S. 137 f.). Das Bundesgericht prüft indessen, unter Berücksichtigung der
allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), nur die
geltend gemachten Vorbringen, falls allfällige weitere rechtliche Mängel nicht
geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280; vgl. auch BGE 140 V
136 E. 1.1 S. 138; SVR 2016 UV Nr. 38 S. 128, 8C_898/2015 E. 1.1).

1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht
an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden
(Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2.

2.1. Fest steht, dass der Beschwerdeführer am 2. April und 6. Mai 2015 je einen
Unfall im Sinne von Art. 4 ATSG erlitt, für deren Folgen die AGV ihre
Leistungspflicht nach UVG anerkannt hat. Unbestritten ist sodann, dass der
Versicherte vor diesen beiden Unfällen an seiner rechten Schulter nicht über
behandlungsbedürftige Beschwerden klagte. Anlässlich der
Arthro-MRI-Untersuchung der rechten Schulter vom 10. August 2015 fand der
Radiologe Dr. med. D.________ unter anderem sowohl einen Riss der
Supraspinatussehne wie auch eine Teilruptur der Subscapularissehne. Am 3.
November 2015 führte Dr. med. E.________ im Spital F.________ eine
arthroskopische Rotatorenmanschettennaht (Supraspinatussehne/Übergang
Intervall), eine Acromioplastik und eine Bursektomie an der rechten Schulter
durch.

2.2. Während die behandelnden Ärzte von einer unfallbedingten Heilbehandlung
ausgingen, vertrat die auf versicherungsinternem Postweg von der AGV
beauftragte orthopädische Chirurgin Dr. med. G.________ in zwei
Aktenbeurteilungen vom 29. September und 21. Dezember 2015 den Standpunkt, die
beiden Unfälle hätten nur für die Dauer von jeweils vier bis sechs Wochen zu
einer vorübergehenden Verschlimmerung des Vorzustandes geführt. Die
Rotatorenmanschettenläsion an der rechten Schulter sei vorbestehend und
degenerativer Natur. Darauf würden unter anderem die Befunde der
Arthro-MRI-Untersuchung - Stumpfretraktion und Muskelatrophie - hindeuten.

3. 
Strittig ist, ob das kantonale Gericht bei gegebener Aktenlage zu Recht den
folgenlosen Fallabschluss nach den beiden Unfällen per 31. Juli 2015 bestätigt
hat.

4.

4.1. Für die Bejahung der natürlichen Unfallkausalität eines Beschwerdebilds
genügt eine Teilursächlichkeit (BGE 134 V 109 E. 9.5 S. 125), wobei sich die
Leistungspflicht des obligatorischen Unfallversicherers auch auf mittelbare
bzw. indirekte Unfallfolgen erstreckt (nicht publ. E. 3a des Urteils BGE 127 V
491; SVR 2016 UV Nr. 21 S. 66, 8C_134/2015 E. 5.2.2 mit Hinweis).

4.2. Die Anerkennung der Leistungspflicht durch den Unfallversicherer ist in
rechtlicher Hinsicht von Belang. Ist die Unfallkausalität einmal mit der
erforderlichen Wahrscheinlichkeit nachgewiesen, entfällt die deswegen
anerkannte Leistungspflicht des Unfallversicherers erst, wenn der Unfall nicht
die natürliche und adäquate Ursache des Gesundheitsschadens darstellt, wenn
also Letzterer nur noch und ausschliesslich auf unfallfremden Ursachen beruht.
Dies trifft dann zu, wenn entweder der (krankhafte) Gesundheitszustand, wie er
unmittelbar vor dem Unfall bestanden hat (status quo ante) oder aber derjenige
Zustand, wie er sich nach dem schicksalsmässigen Verlauf eines krankhaften
Vorzustandes auch ohne Unfall früher oder später eingestellt hätte (status quo
sine), erreicht ist. Ebenso wie der leistungsbegründende natürliche
Kausalzusammenhang muss das Dahinfallen jeder kausalen Bedeutung von
unfallbedingten Ursachen eines Gesundheitsschadens mit dem im
Sozialversicherungsrecht allgemein üblichen Beweisgrad der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein. Die blosse Möglichkeit nunmehr gänzlich
fehlender ursächlicher Auswirkungen des Unfalls genügt nicht. Da es sich
hierbei um eine anspruchsaufhebende Tatfrage handelt, liegt die entsprechende
Beweislast - anders als bei der Frage, ob ein leistungsbegründender natürlicher
Kausalzusammenhang gegeben ist - nicht beim Versicherten, sondern beim
Unfallversicherer. Diese Beweisgrundsätze gelten sowohl im Grundfall als auch
bei Rückfällen und Spätfolgen und sind für sämtliche Leistungsarten massgebend
(SVR 2009 UV Nr. 3 S. 9, 8C_354/2007 E. 2.2 mit Hinweisen; Urteil 8C_956/2011
vom 20. Juni 2012 E. 4.1 mit Hinweis).

4.3. Mit dem Erreichen des Status quo sine vel ante entfällt eine
Teilursächlichkeit für die noch bestehenden Beschwerden (SVR 2010 UV Nr. 31 S.
125, 8C_816/2009 E. 4.3 mit Hinweisen). Solange jedoch der Status quo sine vel
ante noch nicht wieder erreicht ist, hat der Unfallversicherer gestützt auf
Art. 36 Abs. 1 UVG in aller Regel neben den Taggeldern auch Pflegeleistungen
und Kostenvergütungen zu übernehmen, worunter auch die Heilbehandlungskosten
nach Art. 10 UVG fallen. Demnach hat die versicherte Person bis zum Erreichen
des Status quo sine vel ante auch Anspruch auf eine zweckgemässe Behandlung,
welche auch operative Eingriffe umfassen kann (Urteil 8C_956/2011 vom 20. Juni
2012 E. 4.2 mit Hinweisen).

5. 

5.1. Sowohl das Verwaltungsverfahren wie auch der kantonale
Sozialversicherungsprozess sind vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht (Art. 43
Abs. 1 und Art. 61 lit. c ATSG). Danach haben Verwaltung und
Sozialversicherungsgericht den rechtserheblichen Sachverhalt von Amtes wegen
festzustellen. Diese Untersuchungspflicht dauert so lange, bis über die für die
Beurteilung des streitigen Anspruchs erforderlichen Tatsachen hinreichende
Klarheit besteht. Der Untersuchungsgrundsatz weist enge Bezüge zum - auf
Verwaltungs- und Gerichtsstufe geltenden - Grundsatz der freien Beweiswürdigung
auf. Führen die im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes von Amtes wegen
vorzunehmenden Abklärungen den Versicherungsträger oder das Gericht bei
umfassender, sorgfältiger, objektiver und inhaltsbezogener Beweiswürdigung (BGE
132 V 393 E. 4.1 S. 400) zur Überzeugung, ein bestimmter Sachverhalt sei als
überwiegend wahrscheinlich (BGE 126 V 353 E. 5b S. 360; 125 V 193 E. 2 S. 195,
je mit Hinweisen) zu betrachten und es könnten weitere Beweismassnahmen an
diesem feststehenden Ergebnis nichts mehr ändern, so liegt im Verzicht auf die
Abnahme weiterer Beweise keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör
(antizipierte Beweiswürdigung; BGE 134 I 140 E. 5.3 S. 148; 124 V 90 E. 4b S.
94). Bleiben jedoch erhebliche Zweifel an Vollständigkeit und/oder Richtigkeit
der bisher getroffenen Tatsachenfeststellung bestehen, ist weiter zu ermitteln,
soweit von zusätzlichen Abklärungsmassnahmen noch neue wesentliche Erkenntnisse
zu erwarten sind (Urteil 8C_608/2015 vom 17. Dezember 2015 E. 3.3.2 mit
Hinweisen).

5.2. Die orthopädische Chirurgin Dr. med. G.________ verfasste die beiden
Aktenbeurteilungen (E. 2.2 hievor) als beratende Ärztin der Beschwerdegegnerin.
Als solche ist sie, was den Beweiswert ihrer ärztlichen Beurteilung angeht,
einer versicherungsinternen Ärztin gleichzusetzen (Urteile 8C_608/2015 vom 17.
Dezember 2015 E. 3.3.3 und 8C_557/2015 vom 7. Oktober 2015 E. 5.2 mit
Hinweisen). Nach der Rechtsprechung kommt auch den Berichten und Gutachten
versicherungsinterner Ärzte Beweiswert zu, sofern sie als schlüssig erscheinen,
nachvollziehbar begründet sowie in sich widerspruchsfrei sind und keine
Indizien gegen ihre Zuverlässigkeit bestehen (BGE 125 V 351 E. 3b/ee S. 353
f.). Soll ein Versicherungsfall jedoch ohne Einholung eines externen Gutachtens
entschieden werden, so sind an die Beweiswürdigung strenge Anforderungen zu
stellen. Bestehen auch nur geringe Zweifel an der Zuverlässigkeit und
Schlüssigkeit der versicherungsinternen ärztlichen Feststellungen, so sind
ergänzende Abklärungen vorzunehmen (BGE 139 V 225 E. 5.2 S. 229; 135 V 465 E.
4.4 S. 469 mit Hinweisen; Urteil 8C_348/2016 vom 9. Dezember 2016 E. 2.4).

5.2.1. Dr. med. G.________ bestätigte mit Aktenbeurteilung vom 21. Dezember
2015 ihre schon zuvor am 29. September 2015 anlässlich einer ersten
Aktenkurzbeurteilung geäusserte Einschätzung, wobei sie damals noch keine
Kenntnis vom zweiten Unfall vom 6. Mai 2015 hatte. Dies, obgleich der
behandelnde Chirurg gerade dem zweiten Unfallereignis die ausschlaggebende
Bedeutung hinsichtlich der Verursachung der Befunde am rechten Schultergelenk
beimass. Abgesehen von den Aktenbeurteilungen der beratenden Ärztin der AGV
finden sich bei den spärlichen medizinischen Unterlagen keine anderen,
fachärztlich nachvollziehbar begründeten Einschätzungen, welche die
Arthro-MRI-Befunde vom 10. August 2015 als degenerativen Vorzustand
qualifizieren würden. Nur Dr. med. G.________ vertrat die Auffassung, dass
dieser angebliche - zuvor unbestritten stumme - Vorzustand
(Supraspinatussehnenriss und Teilruptur der Subscapularissehne) durch die
rechtsseitige Schulterprellung vom 2. April 2015 und den Sturz auf die rechte
Schulter vom 6. Mai 2015 lediglich vorübergehend habe verschlimmert werden
können. Und ohne medizinwissenschaftlich nachvollziehbare Begründung der
befristeten Dauer dieser Verschlimmerung schloss sie gestützt auf ihre
Aktenbeurteilung, dass die vorübergehend unfallbedingte Beschwerdezunahme an
der zuvor beschwerdefreien rechten Schulter innert vier bis sechs Wochen wieder
auf den Vorzustand abgeheilt sein müsse.

5.2.2. Bis zum Abschluss des Einspracheverfahrens lag keine fachärztliche
Beurteilung vor, welche sich mit der von Dr. med. G.________ vertretenen
Auffassung konkret auseinander setzte. Der seit 27. Juni 2016 anwaltlich
vertretene Versicherte liess im vorinstanzlichen Beschwerdeverfahren die
medizinisch begründeten Einwände des Dr. med. E.________ vom 3. August 2016
gegen die Aktenbeurteilung der Dr. med. G.________ einreichen. Das kantonale
Gericht hat die Ausführungen des Dr. med. E.________ und den Bericht des Dr.
med. C.________ vom 7. Juli 2016 unter den gegebenen Umständen zu Recht
mitberücksichtigt. Es hat bei der Beweiswürdigung grundsätzlich auch der
Erfahrungstatsache zutreffend Rechnung getragen, wonach behandelnde Ärztinnen
und Ärzte im Hinblick auf ihre auftragsrechtliche Vertrauensstellung in
Zweifelsfällen mitunter eher zugunsten ihrer Patienten aussagen (BGE 135 V 465
E. 4.5. S. 470 und Urteil 8C_610/2016 vom E. 3.2, je mit Hinweisen). In Bezug
auf die Beantwortung der Frage, ob die in den neuen Berichten geäusserte Kritik
an den Einschätzungen der Dr. med. G.________ medizinisch begründet ist, fehlte
es der Vorinstanz jedoch am nötigen Fachwissen.

5.2.3. Zwar können im Rahmen des Wahrscheinlichkeitsbeweises durchaus
medizinische Erfahrungssätze berücksichtigt werden, sofern sie der herrschenden
Lehrmeinung entsprechen (vgl. BGE 126 V 183 E. 4c S. 189 f.; RKUV 2000 Nr. U
363 S. 46 E. 3a; Urteil [des Eidg. Versicherungsgerichts, heute:
sozialrechtliche Abteilungen des Bundesgerichts] U 60/02 vom 18. September 2002
E. 2.2). Weder in den Aktenbeurteilungen der Dr. med. G.________ noch im
angefochtenen Entscheid finden sich jedoch solche Hinweise. Soll auf einen der
herrschenden Lehrmeinung entsprechenden medizinischen Erfahrungssatz abgestellt
werden, genügt es - entgegen der Einschätzung der Vorinstanz - nicht, auf die
angeblichen, "besonders ausgeprägten traumatologischen Kenntnisse und
Erfahrungen" der Vertrauensärztin der Beschwerdegegnerin zu verweisen.
Letztlich fehlt es an einer nachvollziehbaren Begründung dafür, weshalb ein
angeblicher - jedenfalls unbestritten stummer - Vorzustand infolge der beiden
Unfallereignisse mit Feststellung eines Supraspinatussehnenrisses nur zu
vorübergehenden, jeweils maximal vier- bis sechswöchigen unfallbedingten
Beschwerden geführt haben soll. Ist der Status quo sine vel ante noch nicht mit
dem erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erreicht und
eine Teilursächlichkeit noch nicht entfallen (vgl. SVR 2010 UV Nr. 31 S. 125,
8C_816/2009 E. 4.3 mit Hinweisen), hat der Unfallversicherer gestützt auf Art.
36 Abs. 1 UVG in aller Regel neben den Taggeldern auch Pflegeleistungen und
Kostenvergütungen zu übernehmen (Urteile 8C_604/2013 vom 28. Januar 2014 E.
4.2.2 und 8C_957/2012 vom 3. April 2013 E. 5.2.2 mit Hinweisen). Auch eine
allfällige Prädisposition in Bezug auf das radiologisch abgewinkelte Akromion
schliesst die Leistungspflicht der AGV über den Zeitpunkt des folgenlosen
Fallabschlusses hinaus nicht grundsätzlich aus. Schafft der Vorzustand eine
erst latente Schadensneigung, entspricht er lediglich einer Teilursache, welche
für eine Leistungspflicht des obligatorischen Unfallversicherers Raum lässt
(Urteil 8C_337/2016 vom 7. Juli 2016 E. 4.2.1 i.f.).

5.2.4. Nach dem Gesagten ist hinsichtlich der Prüfung des von der AGV per 1.
August 2015 verfügten folgenlosen Fallabschlusses nicht allein auf die
Aktenbeurteilungen der Dr. med. G.________ abzustellen. Angesichts der davon
abweichenden, medizinisch begründeten Auffassungen der Dres. med. C.________
und E.________ hinsichtlich der Qualifikation der Arthro-MRI-Befunde vom 10.
August 2015 als mindestens teilweise unfallkausale Folgen der Ereignisse vom 2.
April und 6. Mai 2015 besteht ergänzender Abklärungsbedarf.

5.3. Indem das kantonale Gericht ohne ergänzende versicherungsexterne
Abklärungen den von der Beschwerdegegnerin verfügten folgenlosen Fallabschluss
einzig gestützt auf die Aktenbeurteilungen der Dr. med. G.________ bestätigte,
hat es den Untersuchungsgrundsatz (Art. 61 lit. c ATSG) und die
bundesrechtlichen Vorgaben an den Beweiswert versicherungsinterner ärztlicher
Berichte verletzt. Mit Blick auf die gesamte Aktenlage fehlt es an einer
praxisgemäss den Anforderungen genügenden (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; vgl.
auch E. 3 hievor), zuverlässigen und schlüssigen orthopädisch-chirurgischen
Begutachtung der rechten Schulter. Aus versicherungsexterner Sicht wird die
Frage zu beantworten sein, ob die Befunde gemäss Arthro-MRI-Untersuchung vom
10. August 2015 mit überwiegender Wahrscheinlichkeit in einem zumindest
teilursächlichen Zusammenhang zu den beiden Unfällen vom 2. April und 6. Mai
2015 stehen. Das kantonale Gericht wird diese ergänzenden Abklärungen im Sinne
von Art. 44 ATSG veranlassen und hernach über die Beschwerde neu entscheiden.

6. 
Die Rückweisung der Sache an das kantonale Gericht oder an den
Versicherungsträger zur erneuten Abklärung (mit noch offenem Ausgang) gilt
praxisgemäss (BGE 132 V 215 E. 6.1 S. 235 mit Hinweisen) für die Frage der
Auferlegung der Gerichtskosten wie auch der Parteientschädigung als volles
Obsiegen im Sinne von Art. 66 Abs. 1 sowie Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG, unabhängig
davon, ob sie überhaupt beantragt, oder ob das entsprechende Begehren im Haupt-
oder Eventualantrag gestellt wird (SVR 2014 UV Nr. 27 S. 90, 8C_480/2013 E. 7).
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten (Art. 65 Abs. 1 und Abs. 4
lit. a BGG) von der AGV als unterliegender Partei zu tragen (Art. 66 Abs. 1
BGG). Sie hat dem aufgrund der angeordneten Rückweisung obsiegenden
Beschwerdeführer eine Parteientschädigung zu entrichten (Art. 68 Abs. 2 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und der Entscheid des
Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 21. September 2016 aufgehoben. Die
Sache wird zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen
wird die Beschwerde abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3. 
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 6. März 2017

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Der Gerichtsschreiber: Hochuli

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