Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.711/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_711/2016

Urteil vom 15. Dezember 2016

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Ursprung, Frésard,
Gerichtsschreiber Hochuli.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Michael Ausfeld,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Aargau,
Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente),

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau
vom 22. September 2016.

Sachverhalt:

A. 
A.________, geboren 1967, bezieht von der Invalidenversicherung wegen einer
Beinlängendifferenz von fünf Zentimetern seit 2007 Hilfsmittel (orthopädische
Spezialschuhe). Ab Mai 2008 war er als Produktionsmitarbeiter mit 100 %-Pensum
für die B._________ AG tätig. Am 28. November 2013 meldete er sich bei der
Invalidenversicherung wegen seit Juni 2013 wiederholt geklagter
Arbeitsunfähigkeit in unterschiedlichem Ausmass zum weitergehenden
Leistungsbezug an. Nach erwerblichen und medizinischen Abklärungen verneinte
die IV-Stelle des Kantons Aargau bei einem Invaliditätsgrad von 22 % einen
Rentenanspruch (Verfügung vom 30. Mai 2016).

B. 
Die hiegegen erhobene Beschwerde des A.________ wies das Versicherungsgericht
des Kantons Aargau ab (Entscheid vom 22. September 2016).

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________
beantragen, die Sache sei unter Aufhebung des angefochtenen Entscheides zu
neuer Beurteilung an die Verwaltung zurückzuweisen.
Die vorinstanzlichen Akten wurden eingeholt.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter
Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1
und 2 BGG), nur die geltend gemachten Vorbringen, falls allfällige weitere
rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 S.
280; vgl. auch BGE 141 V 236 E. 1 S. 236; 140 V 136 E. 1.1 S. 137 f.). Das
Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung
nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf
einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht, und wenn die Behebung
des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 105
Abs. 2 BGG und Art. 97 Abs. 1 BGG).

1.2. Bei den gerichtlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur
Arbeitsfähigkeit handelt es sich grundsätzlich um eine Tatfrage (BGE 132 V 393
E. 3.2 S. 397 ff.). Ebenso stellt die konkrete Beweiswürdigung eine Tatfrage
dar. Dagegen sind die unvollständige Feststellung rechtserheblicher Tatsachen
sowie die Missachtung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 43 Abs. 1, Art. 61
lit. c ATSG) und der Anforderungen an den Beweiswert ärztlicher Berichte und
Gutachten Rechtsfragen (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; Urteil 8C_691/2015 vom 11.
Februar 2016 E. 1.2).

2.

2.1. Strittig ist, ob das kantonale Gericht bei gegebener Aktenlage die von der
IV-Stelle verfügte Verneinung eines Rentenanspruchs zu Recht bestätigt hat.

2.2. Die Vorinstanz hat die hierfür massgeblichen Rechtsgrundlagen im
angefochtenen Entscheid zutreffend wiedergegeben. Darauf wird verwiesen (Art.
109 Abs. 3 Satz 2 BGG).

3.

3.1. Verwaltung und Vorinstanz haben dem bidisziplinären,
psychiatrisch-rheumatologischen Gutachten der Dres. med. C.________ und
D.________ volle Beweiskraft zuerkannt. Dieses Gutachten wurde am 11. November
2015 unter der Firma "Medizinische Gutachten E.________" zuhanden der
Beschwerdegegnerin erstattet (nachfolgend: MG-Gutachten). Laut
Sachverhaltsfeststellung gemäss angefochtenem Entscheid ist die
Arbeitsfähigkeit des Versicherten in einer leidensangepassten Tätigkeit einzig
aus rheumatologischen Gründen um 20 % eingeschränkt. Der Beschwerdeführer rügt
sinngemäss eine falsche Rechtsanwendung. Das kantonale Gericht habe die
Beweislage bundesrechtswidrig gewürdigt. Das MG-Gutachten sei in
psychiatrischer Hinsicht mangelhaft, weil es eine somatoforme Schmerzstörung
nicht in Erwägung gezogen habe. Bei korrekter Sachverhaltsfeststellung sei die
Rechtsprechung gemäss BGE 141 V 281 anwendbar.

3.2. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung (Art. 61 lit. c ATSG) darf sich die
Verwaltung - und im Streitfall das Gericht - weder über die (den
beweisrechtlichen Anforderungen genügenden) medizinischen
Tatsachenfeststellungen hinwegsetzen noch sich die ärztlichen Einschätzungen
und Schlussfolgerungen zur (Rest-) Arbeitsfähigkeit unbesehen ihrer konkreten
sozialversicherungsrechtlichen Relevanz und Tragweite zu eigen machen. Die
medizinischen Fachpersonen und die Organe der Rechtsanwendung prüfen die
Arbeitsfähigkeit je aus ihrer Sicht (BGE 141 V 281 E. 5.2.1 S. 306; BGE 140 V
193 E. 3 S. 194 ff.; je mit Hinweisen).

3.3. Nach sorgfältiger und umfassender Würdigung der Beweislage hat das
kantonale Gericht mit in allen Teilen überzeugender Begründung, worauf
verwiesen wird (Art. 109 Abs. 3 BGG), zutreffend erkannt, dass dem MG-Gutachten
- entgegen dem Beschwerdeführer - volle Beweiskraft beizumessen ist. Immerhin
anerkennt der Versicherte vor Bundesgericht, seine im vorinstanzlichen
Verfahren vorgetragenen Rügen seien wohl zu Recht als ungenügend - weil
pauschal und unsubstantiiert - abgewiesen worden. Er geht in seiner
Beschwerdeschrift auf die massgebenden Erwägungen des angefochtenen Entscheides
kaum ein. Stattdessen begnügt er sich im Wesentlichen mit unzulässiger
appellatorischer Kritik (vgl. BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266) an der
vorinstanzlichen Beweiswürdigung. Er zieht aus denselben medizinischen
Unterlagen hinsichtlich der Feststellungen zum Gesundheitszustand abweichende
Schlussfolgerungen, ohne zu begründen, weshalb die Vorinstanz die Beweise
bundesrechtswidrig gewürdigt und den Sachverhalt offensichtlich unrichtig
festgestellt habe.

3.4. Das kantonale Gericht hat den massgebenden Sachverhalt (Art. 105 Abs. 1
und 2 BGG), wozu der Gesundheitszustand gehört, für das Bundesgericht
grundsätzlich verbindlich festgestellt (E. 1.2 hievor). Der Beschwerdeführer
legt nicht dar, inwiefern die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung
offensichtlich unrichtig ist oder sonstwie Bundesrecht verletzt. Er weist
selber darauf hin, dass die Vorinstanz weder eine anhaltende somatoforme
Schmerzstörung noch sonst ein vergleichbares psychosomatisches Leiden
festgestellt hat (vgl. SVR 2016 IV Nr. 41 S. 131, 8C_676/2015 E. 5.2 mit
Hinweisen), welches in den Anwendungsbereich der Praxis von BGE 141 V 281 E.
4.2 S. 298 fallen würde. Zutreffend ergänzt er, auch aus den beigezogenen
Gutachten ergäben sich keine entsprechenden Anhaltspunkte. Weshalb das
kantonale Gericht dennoch darauf hätte schliessen müssen und angeblich zu
weiteren Abklärungen verpflichtet gewesen wäre, zeigt der Versicherte nicht auf
und ist nicht ersichtlich. Stattdessen hat die Vorinstanz in tatsächlicher
Hinsicht festgestellt, dass der rechtserhebliche Sachverhalt aufgrund der
konkreten Aktenlage hinreichend geklärt ist. Dabei handelt es sich um
antizipierte Beweiswürdigung. Insoweit kann einzig Willkür gerügt werden (BGE
136 I 229 E. 5.3 S. 236 f. mit Hinweisen; Urteil 1C_135/2013 vom 16. Dezember
2013 E. 2; Urteil 8C_447/2016 vom 3. August 2016 E. 4.2 mit Hinweis). Dass die
vorinstanzliche antizipierte Beweiswürdigung willkürlich sei, macht der
Beschwerdeführer nicht geltend.

3.5. Zum Einwand der fehlenden Durchführung einer Evaluation der funktionellen
Leistungsfähigkeit (EFL) ist festzuhalten, dass bei zuverlässiger ärztlicher
Beurteilung der Arbeitsfähigkeit in der Regel keine Notwendigkeit besteht, die
Rechtsfrage der Erwerbsunfähigkeit durch eine EFL zu überprüfen. Ausnahmsweise
kann eine solche erforderlich sein, wenn mehrere involvierte Ärzte eine solche
angesichts eines multiplen und schwierig einzuschätzenden Krankheitsbildes
ausdrücklich befürworten (vgl. SVR 2009 IV Nr. 26 S. 73, 8C_547/2008 E. 4.2.1
f. und SVR 2011 IV Nr. 6 S. 17, 9C_1035/2009 E. 4; Urteil 8C_691/2015 vom 11.
Februar 2016 E. 3.4). Solche Umstände macht der Versicherte nicht geltend und
sind nicht ersichtlich. Zudem handelt es sich bei diesem Einwand um eine
erstmals vor Bundesgericht neu vorgebrachte Tatsachenbehauptung, welche nach
Art. 99 Abs. 1 BGG unzulässig ist, zumal nicht dargelegt wird, weshalb erst der
angefochtene Entscheid dazu Anlass gegeben haben soll (vgl. BGE 135 V 194;
Urteil 8C_71/2016 vom 1. Juli 2016 E. 2.1 mit Hinweisen).

3.6. Nach dem Gesagten ist nicht zu beanstanden, dass Verwaltung und Vorinstanz
gestützt auf das MG-Gutachten auf eine ausschliesslich aus rheumatologischer
Sicht um 20 % eingeschränkte Arbeitsfähigkeit in einer leidensangepassten
Tätigkeit geschlossen haben. Die darauf basierende Verneinung eines
Rentenanspruchs ist bundesrechtskonform, zumal sich der Beschwerdeführer - wie
bereits im kantonalen Verfahren - mit dem zu einem rentenausschliessenden
Invaliditätsgrad von 22 % führenden Einkommensvergleich nicht auseinandersetzt.

4. 
Die offensichtlich unbegründete Beschwerde wird im vereinfachten Verfahren nach
Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG - ohne Durchführung des Schriftenwechsels mit
summarischer Begründung unter Verweis auf den kantonalen Entscheid (Art. 102
Abs. 1 und Art. 109 Abs. 3 BGG) -erledigt.

5. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der unterliegende Beschwerdeführer
die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 15. Dezember 2016
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Der Gerichtsschreiber: Hochuli

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