Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.69/2016
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_69/2016

Urteil vom 9. Mai 2016

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Ursprung, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiberin Hofer.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Bruno Häfliger,
Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle Luzern,
Landenbergstrasse 35, 6005 Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente),

Beschwerde gegen den Entscheid
des Kantonsgerichts Luzern
vom 30. November 2015.

Sachverhalt:

A. 
Die 1957 geborene A.________ meldete sich im Mai 2002 unter Hinweis auf
Kraftlosigkeit und Schmerzen an der rechten Hand nach einem Hundebiss bei der
Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle Luzern sprach der
Versicherten berufliche Massnahmen zu. Im Februar 2006 meldete A.________ der
IV-Stelle eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes. Die Verwaltung holte
das Gutachten der Medizinischen Abklärungsstelle (MEDAS) Zentralschweiz vom 20.
Juli 2009 ein. Mit Verfügung vom 4. März 2010 verneinte sie einen
Rentenanspruch. Das damalige Verwaltungsgericht des Kantons Luzern (heute:
Kantonsgericht) hiess die dagegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 6. Juli
2010 gut und wies die Sache zur weiteren Abklärung an die Verwaltung zurück.
Die IV-Stelle veranlasste daraufhin das Gutachten der MEDAS Zentralschweiz vom
19. Oktober 2012 und den Abklärungsbericht Haushalt vom 30. Oktober 2012. Nach
durchgeführtem Vorbescheidverfahren lehnte sie den Rentenanspruch mit Verfügung
vom 4. Juni 2014 erneut ab.

B. 
Die von A.________ hiegegen erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht Luzern
mit Entscheid vom 30. November 2015 ab.

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________
beantragen, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei ihr ab 1. April
2004 eine Invalidenrente zuzusprechen. Zudem wird um unentgeltliche
Rechtspflege ersucht.
Das kantonale Gericht und die IV-Stelle schliessen unter Verzicht auf eine
begründete Stellungnahme auf Abweisung der Beschwerde.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter
Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1
und 2 BGG), nur die geltend gemachten Vorbringen, falls allfällige weitere
rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Das Bundesgericht legt
seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat
(Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen
oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht, und wenn die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 105 Abs. 2
BGG und Art. 97 Abs. 1 BGG). Als "offensichtlich unrichtig" gelten die
vorinstanzlichen Feststellungen, wenn sie willkürlich erhoben worden sind (Art.
9 BV; BGE 140 III 115 E. 2 S. 117; allgemein zur Willkür in der Rechtsanwendung
BGE 140 III 16 E. 2.1 S. 18 f.; 138 I 49 E. 7.1 S. 51; 138 III 378 E. 6.1 S.
379 f.; insbesondere zu jener in der Beweiswürdigung BGE 137 I 58 E. 4.1.2 S.
62; 135 III 127 E. 1.5 S. 129 f.; Urteil 2C_1143/2013 vom 28. Juli 2014 E.
1.3.4, nicht publ. in: BGE 140 I 153).

2.

2.1. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als
erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).

2.2. Die Beschwerdeführerin hat den nach Erlass des angefochtenen Entscheids
erstellten ärztlichen Bericht des Prof. Dr. med. B.________, Facharzt FMH für
Radiologie, vom 16. Dezember 2015 eingereicht. Dieses Dokument hat aufgrund des
Verbots, im Beschwerdeverfahren echte Noven beizubringen (BGE 139 III 120 E.
3.1.2 S. 123; 133 IV 342 E. 2.1 S. 344; Urteil 2C_793/2015 vom 29. März 2016 E.
2.3) sowie aufgrund der Bindung des Bundesgerichts an den vorinstanzlich
festgestellten Sachverhalt (Art. 105 Abs. 1 BGG) mit Beschränkung der Prüfung
in tatsächlicher Hinsicht auf die in Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG
festgestellten Beschwerdegründe grundsätzlich unbeachtet zu bleiben (Urteil
9C_908/2015 vom 14. April 2016 E. 1). Abgesehen davon äussert der Radiologe
gestützt auf bildgebende Befunde der Lendenwirbelsäule vom 18. Dezember 2012
und 25. November 2015 seine Sichtweise lediglich dahingehend, dass das
Verlaufsmuster im Bereich der Sakroilialgelenke nicht dem typischen
mechanischen Muster einer Degeneration entspreche, weshalb
differenzialdiagnostisch an eine Spondyloarthritis gedacht werden sollte. Die
Differenzialdiagnose bezeichnete er gestützt auf die MRT-Aufnahmen nur als
"wahrscheinlich". Damit ist der neu aufgelegte Bericht ohnehin nicht geeignet,
die Beurteilung der (medizinischen) Verhältnisse im massgebenden
Verfügungszeitpunkt zu modifizieren (vgl. BGE 132 V 215 E. 3.1.1 S. 220; 131 V
242 E. 2.1 S. 243; Urteil 8C_569/2015 vom 17. Februar 2016 E. 4.2).

2.3. Weiter legt die Beschwerdeführerin die Berichte des Psychiatriezentrums
C.________ vom 28. Februar 2000, 28. Dezember 2000 und 19. Dezember 2001 ins
Recht. Auch dabei handelt es sich um unzulässige Noven (Art. 99 Abs. 1 BGG), da
sie ohne weiteres bereits im vorinstanzlichen Verfahren hätten eingereicht
werden können (BGE 136 III 123 E. 4.4.3 S. 129; Urteil 9C_887/2015 vom 12.
April 2016 E. 1). Zudem vermöchte die Beschwerdeführerin damit das Ergebnis des
psychiatrischen Teilgutachtens des Dr. med. D.________ ohnehin nicht in Zweifel
zu ziehen. Aus dem im MEDAS-Gutachten vom 19. Oktober 2012 auszugsweise
wiedergegebenen ersten Gutachten derselben MEDAS vom 20. Juli 2009 geht nämlich
hervor, dass die Versicherte laut eigenen Angaben seit dem Jahre 2000 zunächst
beim ambulanten psychiatrischen Dienst E.________ und seit 2002 bei Frau lic.
phil. F.________ in regelmässiger psychologischer Behandlung stand. Dasselbe
lässt sich auch dem der Beschwerde beigelegten, von Frau F.________
mitunterzeichneten Verlaufsbericht der Ambulanten Dienste G.________ vom 26.
August 2008 entnehmen. Dieser Bericht wurde im Aktenauszug des MEDAS-Gutachtens
vom 20. Juli 2009 auszugsweise wiedergegeben. Der Gutachter nahm die darin
erwähnte Diagnose im Rahmen seiner damaligen Beurteilung auf.

2.4. Nicht näher einzugehen ist auf die Beschwerde, soweit die Edition
sämtlicher Berichte des Psychiatriezentrums C.________ und des Schmerzzentrums
H.________ direkt im bundesgerichtlichen Verfahren verlangt wird. Das
Bundesgericht ist grundsätzlich an den kantonal festgestellten Sachverhalt
gebunden (Art. 105 Abs. 1 BGG) und führt keine eigenen Beweiserhebungen durch
(vgl. BGE 133 IV 293 E. 3.4.2 S. 295; Urteile 5A_707/2015 vom 5. Januar 2016 E.
1.2; 2C_347/2012 vom 28. März 2013 E. 3.2, nicht publ. in: BGE 139 II 185).

3. 
Streitig und zu prüfen ist der Anspruch auf eine Invalidenrente ab 1. April
2004.

3.1. Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und die von der Rechtsprechung
entwickelten Grundsätze zum Begriff der Invalidität (Art. 4 Abs. 1 IVG in
Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 ATSG), zum Rentenanspruch (Art. 28 Abs. 1 und 2
IVG), zur Beurteilung der sog. Statusfrage und damit zur anwendbaren
Invaliditätsbemessungsmethode (bei erwerbstätigen Versicherten nach der
Einkommensvergleichsmethode [Art. 28a Abs. 1 IVG in Verbindung mit Art. 16
ATSG]; bei teilerwerbstätigen Versicherten nach der gemischten Methode [Art.
28a Abs. 3 IVG und Art. 27bis IVV in Verbindung mit Art. 28a Abs. 1 und 2 IVG,
Art. 16 ATSG und Art. 27 IVV]; BGE 130 V 393 E. 3.3 S. 395 f.; 125 V 146 E. 2c
S. 150; vgl. ferner BGE 134 V 9; 133 V 477 E. 6.3 S. 486 f.; 130 V 97 E. 3 S.
98 ff.), zur Aufgabe des Arztes oder der Ärztin bei der Invaliditätsbemessung (
BGE 132 V 93 E. 4 S. 99) und zu den Anforderungen an beweiskräftige
medizinische Berichte und Gutachten (BGE 137 V 210 E. 6.2.2 S. 269; 134 V 231
E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352) zutreffend dargelegt. Darauf wird
verwiesen.

3.2. Mit BGE 141 V 281 hat das Bundesgericht die Überwindbarkeitsvermutung
aufgegeben und das bisherige Regel/Ausnahme-Modell durch einen strukturierten
normativen Prüfungsraster ersetzt. An der Rechtsprechung zu Art. 7 Abs. 2 ATSG
- ausschliessliche Berücksichtigung der Folgen der gesundheitlichen
Beeinträchtigung und objektivierte Zumutbarkeitsprüfung bei materieller
Beweislast der rentenansprechenden Person (Art. 7 Abs. 2 ATSG) - ändert sich
dadurch nichts (BGE 141 V 281 E. 3.7 S. 295 f.). Die Anerkennung eines
rentenbegründenden Invaliditätsgrades ist nur zulässig, wenn die funktionellen
Auswirkungen der medizinisch festgestellten gesundheitlichen Anspruchsgrundlage
im Einzelfall anhand der Standardindikatoren schlüssig und widerspruchsfrei mit
(zumindest) überwiegender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sind (BGE 141 V 281
E. 6 i.f. S. 308).

4.

4.1. Die Vorinstanz hat in umfassender Würdigung der medizinischen Unterlagen,
insbesondere aber gestützt auf die beiden MEDAS-Gutachten vom 20. Juli 2009 und
19. Oktober 2012 für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich festgestellt,
dass die Beschwerdeführerin seit Ende März 2001 als Pflegerin nicht mehr
arbeitsfähig sei. Bis Juni 2006 sei ihr eine leichte Tätigkeit vollständig
zumutbar gewesen. Erst ab Juli 2006 hätten eine persistierende
Schmerzproblematik und eine sich schleichend entwickelte psychische
Beeinträchtigung zu einer Leistungseinschränkung von 30 Prozent geführt. Weiter
ging das kantonale Gericht davon aus, dass der Invaliditätsgrad zumindest bis
April 2004 (16. Altersjahr des jüngsten Kindes) aufgrund der gemischten
Bemessungsmethode zu ermitteln sei. Mit dem Wegfall der Betreuungspflichten
habe kein spezifischer Aufgabenbereich mehr vorgelegen, weshalb ab diesem
Zeitpunkt die allgemeine Einkommensvergleichsmethode zur Anwendung komme.
Aufgrund der gesamten Umstände müsse angenommen werden, dass die seit dem Jahr
2000 von ihrem Ehemann getrennt lebende (seit 2005 geschiedene; vgl. Urteil
5C.138/2006 vom 18. Juli 2006) Versicherte ohne gesundheitliche Einschränkungen
eine 50 prozentige Erwerbstätigkeit ausgeübt hätte. Gestützt auf einen
Invaliditätsgrad von 17 Prozent (gewichtet: 9 Prozent) für die Zeit vom 1. März
2002 (frühest möglicher Rentenbeginn) bis 31. März 2004 (Statuswechsel) und von
18 Prozent ab 1. April 2004 verneinte die Vorinstanz einen Rentenanspruch.
Daran ändere die ab 1. Juli 2006 attestierte Leistungseinschränkung von 30
Prozent bezogen auf ein 100 Prozent Pensum mit Blick auf die hypothetisch
ausgeübte Teilerwerbstätigkeit von 50 Prozent nichts.

4.2. Im vom kantonalen Gericht als schlüssig betrachteten polydisziplinären
MEDAS-Gutachten vom 19. Oktober 2012 wurden - mit Auswirkung auf die
Arbeitsfähigkeit - folgende Diagnosen festgehalten: Klinisch mässiges
zervikovertebrales Syndrom mit möglicher intermittierend spondylogener
Ausstrahlung (ausgeprägte mehrsegmentale degenerative Veränderungen [C3/4 bis
Th1/2]); Verdacht auf wahrscheinlich multifaktorielles lumbospondylogenes
Schmerzsyndrom links (differenzialdiagnostisch: Periarthropathia coxae nach
Hüfttotalprothese am 6. Januar 2011 infolge Coxarthrose/partieller
Femurkopfnekrose links) mit mässig degenerativen Veränderungen mehrsegmental L3
bis S1, ohne radikuläre Reizung, schwierig abgrenzbar von einer chronischen
Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (ICD-10:F45.41);
chronische Mittelhandschmerzen und Rhizarthrosebeschwerden rechts, bei
radiologischer STT-Arthrose und Mitbeteiligung eines Karpaltunnelsyndroms
rechts; Dysthymia (ICD-10:F34.1). Weitere von ihnen erhobene Diagnosen
bezeichneten die Gutachter als die Arbeitsfähigkeit nicht wesentlich
einschränkend: Nicht aktivierte Gonarthrose beidseits,
Genitofemorialisneuropathie links, Adipositas, rezidivierende depressive
Störung mit möglicherweise bis zu mittelgradigen Episoden mit somatischem
Syndrom, gegenwärtig remittiert (ICD-10:F33.4), Struma nodosa, diverse
Allergien, rezidivierende Quincke-Reaktion unklarer Ätiologie, Nikotinabusus,
Hypertriglyceridämie/Hypercholesterinämie/Hyperurikämie, Verdacht auf
arterielle Hypertonie. Zudem wurden von den Gutachtern diverse Nebenbefunde
angeführt.

5.

5.1. Die Beschwerdeführerin benennt verschiedene Punkte, welche ihrer
Auffassung nach den Beweiswert der rheumatologischen MEDAS-Teilexpertise von
Dr. med. I.________ in Frage stellen. In diesem Zusammenhang bringt sie
gestützt auf den Bericht des Prof. Dr. med. B.________ vom 16. Dezember 2015
vor, die Differenzialdiagnose einer Spondyloarthritis vermöge die von ihr seit
langem geklagten Beschwerden zu erklären. Falls sich diese mittels eines noch
in Auftrag zu gebenden medizinischen Gutachtens bestätigen sollte, wären
entgegen der Darstellung des Rheumatologen Gehstrecken von zwei bis drei
Stunden und Schreibarbeiten von ein bis zwei Stunden nicht mehr zumutbar. Auf
diese Einwände ist nach dem in E. 2.2 hievor Gesagten nicht näher einzugehen.
Im Übrigen konnte sich der rheumatologische Gutachter in einer eingehenden
klinischen Untersuchung ein umfassendes Bild über das körperliche Leiden
machen. Es ist nicht offensichtlich unrichtig, dass das kantonale Gericht
gestützt auf das MEDAS-Gutachten vom Zumutbarkeitsprofil einer körperlich
leichten und wechselbelastenden, Gehstrecken von maximal zwei bis drei Stunden
mit kürzeren Pausen und Schreibarbeiten von maximal ein bis zwei Stunden mit
ca. 1 stündiger Pause beinhaltenden Tätigkeit ausging.

5.2. Soweit die Beschwerdeführerin auch das psychiatrische MEDAS-Teilgutachten
des Dr. med. D.________ unter Hinweis auf die somatische Diagnose einer
Spondyloarthritis beanstandet, ist darauf aus den bereits erwähnten Gründen
(vgl. E. 2.2 hievor) ebenfalls nicht näher einzugehen. Eine Neubeurteilung der
Aspekte Komorbidität und Leidensdruck unter Berücksichtigung einer
Spondyloarthritis ist daher nicht erforderlich. Unbehelflich erweist sich auch
der Einwand, der psychiatrische Gutachter habe sich mit wesentlichen Vorakten
nicht auseinandergesetzt. Soweit die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang
auf neu aufgelegte Berichte des Psychiatriezentrums C.________ aus den Jahren
2000 und 2001 verweist, ist darauf nicht weiter einzugehen (vgl. E. 2.3
hievor). Mit der im Bericht der Psychiatrie G.________ vom 26. August 2008
gestellten Diagnose einer Angst- und depressiven Störung gemischt
(ICD-10:F41.2) hatte sich der psychiatrische Gutachter anlässlich seines ersten
MEDAS-Teilgutachtens vom 29. Juni 2009 bereits auseinandergesetzt. Im zweiten
MEDAS-Teilgutachten vom 2. Juli 2012 hat Dr. med. D.________ die erhobenen
Diagnosen, insbesondere auch mit Blick auf die Depression, diskutiert und seine
Schlussfolgerung einer rezidivierenden depressiven Störung, möglicherweise bis
zu mittelgradigen Episoden mit somatischem Syndrom, gegenwärtig remittiert
(ICD-10:F33.4) eingehend begründet. Diese hat keine Auswirkung auf die
Arbeitsfähigkeit. Der von der Beschwerdeführerin aufgelegte Bericht des
Schmerzzentrums H.________ vom 8. September 2010 lag den Gutachtern gemäss
Aktenauszug der zweiten MEDAS-Expertise vom 19. Oktober 2012 vor. Zur
Beantwortung der Frage, ob die damals von Dr. med. K.________ erwähnte
mittelgradige Depression zur Zeit der Untersuchung durch die MEDAS-Gutachter
noch bestand, trägt sein Bericht nichts bei. Soweit die Beschwerdeführerin
bemängelt, die im Schmerzzentrum H.________ erwähnte Suizidalität sei von Dr.
med. D.________ nicht berücksichtigt worden, ist festzuhalten, dass die vom
Schmerztherapeuten damals in Betracht gezogene stationäre Behandlung nicht
durchgeführt wurde. Der psychiatrische Gutachter konnte sich in einer
eingehenden psychiatrischen Exploration zudem ein schlüssiges Bild über die
psychische Befindlichkeit der Versicherten machen.

5.3. Im Übrigen wird in der Beschwerde nicht aufgezeigt, aus welchen Gründen
die aus einer medizinischen Gesamtsicht resultierenden und auf einer
umfassenden Anamnese basierenden Angaben der MEDAS-Experten nicht verlässlich
sein sollten. Die Vorinstanz durfte daher willkürfrei auf die
Schlussfolgerungen im Gutachten vom 19. Oktober 2012 abstellen. Von
zusätzlichen medizinischen Abklärungsmassnahmen sind keine neuen
entscheidwesentlichen Aufschlüsse zu erwarten. Es kann und konnte daher auf
weitergehende medizinische Erhebungen und eine nochmalige Begutachtung
verzichtet werden (antizipierte Beweiswürdigung; BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236).

6.

6.1. In Bezug auf die anzuwendende Invaliditätsbemessungsmethode ist nicht mehr
streitig, dass bis Ende März 2004 die gemischte Methode zum Zuge kommt und ab
1. April 2004 die allgemeine Einkommensvergleichsmethode heranzuziehen ist.

6.2. Die Beschwerdeführerin ist jedoch der Ansicht, für den Gesundheitsfall sei
von einer 100 prozentigen Erwerbstätigkeit auszugehen. Für ein Vollzeitpensum
habe sie sich in der Zeit ab April 2004 nur deshalb nicht beworben, weil ihr
vom Hausarzt lediglich eine eingeschränkte Arbeitsfähigkeit von 50 Prozent
attestiert worden sei. Da sie bis Mitte 2006 nicht gewusst habe, wie hoch die
Alimentenzahlungen ihres früheren Ehemannes ausfallen würden, hätte sie sich
bei guter Gesundheit ab der Entlastung von der Kinderbetreuung um eine
Vollzeitstelle bemüht. Dazu wäre sie auch im Hinblick auf den zu erwartenden,
bescheidenen BVG-Rentenanspruch verpflichtet gewesen.

6.3. Dr. med. L.________ ging im Bericht vom 15. September 2008 zwar von einer
möglichen Arbeitsfähigkeit von 50 Prozent in einem angepassten Umfeld aus. Er
umschrieb das Zumutbarkeitsprofil jedoch nicht näher. Kurze Zeit später
attestierten die MEDAS-Gutachter gestützt auf die Untersuchungen vom März 2009
eine Arbeitsfähigkeit von 70 Prozent (Einschränkung aus psychischen Gründen) in
einer Bürotätigkeit mit Aufteilung zwischen Empfang/Telefon und Büroarbeiten.
Die von der Versicherten bis Ende März 2009 - in einem Teilpensum von 40
Prozent - ausgeübte Tätigkeit im Altersheim entsprach laut den Gutachtern dem
Profil "Büro-Empfang-Telefontätigkeit" in idealer Weise. Da sich die psychische
Problematik laut den Gutachtern über Jahre schleichend entwickelt hat, ist für
die Vergangenheit eher von einer höheren Arbeitsfähigkeit auszugehen. Aufgrund
der Akten ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Versicherte
Anstalten unternommen hätte, ihre erwerblichen Möglichkeiten im Rahmen des
gesundheitlich Zumutbaren voll auszuschöpfen. Mangels konkreter Hinweise ist
daher auch nicht anzunehmen, dass sie im Gesundheitsfall eine 100 prozentige
Erwerbstätigkeit angenommen hätte.

7.

7.1. Das von der Vorinstanz im Rahmen des Einkommensvergleichs für die Zeit ab
1. April 2004 ermittelte Valideneinkommen von Fr. 26'798.- bezogen auf ein
Arbeitspensum von 50 Prozent wird von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.
Dieses ist jedoch nicht auf ein Vollpensum umzurechnen (vgl. E. 6.3 hievor).

7.2. Das Invalideneinkommen setzte das kantonale Gericht ausgehend von den
Schweizerischen Lohnstrukturerhebungen (LSE) des Jahres 2004 auf Fr. 21'915.-
fest (50 Pensum von Frauen in Ausübung von einfachen und repetitiven
Tätigkeiten unter Berücksichtigung eines Leidensabzugs von 10 Prozent). Weiter
hielt es fest, dass sich die ab 1. Juli 2006 attestierte Leistungseinschränkung
von 30 Prozent bezogen auf ein Vollpensum in der von der Versicherten
hypothetisch ausgeübten 50 prozentigen Erwerbstätigkeit nicht
leistungseinschränkend auswirke. Da diese im Rahmen des massgebenden 50
prozentigen Arbeitspensums in der Lage sei, die Leistungsfähigkeit im gleichen
Umfang auszuschöpfen, bleibe kein Raum für einen 10 Prozent übersteigenden
Abzug vom Tabellenlohn.
Soweit die Beschwerdeführerin von einem Invalideneinkommen von Fr. 29'220.-
ausgeht (Fr. 48'700.-; 70 Prozent Pensum; Abzug 10 Prozent), kann ihr nicht
gefolgt werden, da wie erwähnt nicht von einem Vollzeitpensum im
Gesundheitsfall auszugehen ist. Unbehelflich ist auch der Einwand, wegen der
Teilzeitbeschäftigung müsse aufgrund neuerer Erhebungen des Statistischen Amtes
des Kantons Zürich, entgegen der bisherigen Rechtsprechung, auch bei Frauen ein
zusätzlicher Abzug (von 6 Prozent) vom Tabellenlohn gewährt werden. Bei der
vorliegenden Konstellation einer Teilzeitbeschäftigung von 50 Prozent im
Gesundheitsfall und einer Einschränkung von 30 Prozent bezogen auf ein
Vollzeitpensum, würde sich die Berücksichtigung des Abzugs nicht
rentenbegründend auswirken (Art. 28 Abs. 2 IVG). Es bleibt demzufolge beim
vorinstanzlichen Entscheid.

8. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 Abs. 4 lit. a BGG). Die
Gerichtskosten werden der unterliegenden Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66
Abs. 1 Satz 1 BGG). Ihrem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege kann jedoch
entsprochen werden, weil die Bedürftigkeit ausgewiesen und die Beschwerde nicht
als aussichtslos zu bezeichnen ist; ferner war die Vertretung durch einen
Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin geboten (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Es
wird indessen ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4 BGG aufmerksam gemacht, wonach
die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie
später dazu in der Lage ist.

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Der Beschwerdeführerin wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt und
Rechtsanwalt Dr. Bruno Häfliger wird als unentgeltlicher Anwalt bestellt.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt, indes
vorläufig auf die Bundesgerichtskasse genommen.

4. 
Dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin wird aus der Bundesgerichtskasse
eine Entschädigung von Fr. 2'800.- ausgerichtet.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Luzern, 3. Abteilung, und
dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 9. Mai 2016
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Die Gerichtsschreiberin: Hofer

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